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Gewerkfchaftlicbcg. (Hürde I Die beleidigte Würde eines Berufsgenossen rechtfertigt für alle anderen desselben Standes den Bruch eines Vertrags- Verhältnisses! So hat das Reichsgericht entschieden! Mancher, der das liest, wird ungläubig den Kopf schütteln. Man denke nur: Ein Unternehmer verlangt von einem organisierten Arbeiter, er solle durch Verübung von Streikbruck) oder Anfertigung von Streikarbeit seinen Berufs- und Klassengenofsen in den Rücken fallen! Wegen solcher beleidigenden Zumutung wer- den seine Kollegen mit ihm kontraktbrüchig. Glaubt jemand, daß sich ein Gericht finden werde, das den Streikbruch für gerechtfertigt erklärte? Wer solcher Hoffnung sich hingibt, ist ein weltfremder Narr! Und doch hat das Reichsgericht den obigen Grundsatz aufgestellt. DieJuristische Wochen- schrift" berichtet darüber folgendes. Zwei Kassenärzte hatten der Bitte eines Kaufmannes, seiner Frau Geburtshilfe zu leisten, nicht entsprochen. Den Vertragspslichten zufolge, waren sie auf Grund einer, im vorliegenden Falle allerdings direkt nicht vorhandenen Bescheinigung einer Hebamme der- bunden gewesen, dem Anspruch zu genügen. Den beiden Aerzten legte die Kasse die Kosten der Zuziehung eines be- amteten Arztes auf, kürzte ihnen das Gehalt und überwies ihnen einen anderen Stadtteil als Wohnsitz. Hierin erblickte das Reichsgericht, der Vorinstanz folgend, die Anmaßung einer Strafgewalt und einen mit der Würde und Stellung des Arztes unvereinbarlichen Mißbrauch der Dienstgewalt. Wegen dieses die Rechte der Aerzte verletzen- den Vorgehens waren nicht bloß die zunächstbetroffenen, son- dern auch die anderen Kassenärzte berechtigt gewesen, das Vertragsverhältnis als nichtig zu betrachten, weil alle Aerzte vom gleichen Vorgehen bedroht waren. Daß die Kasse das Wohl der Kassenmitglieder so energisch wahrnahm, muß sympathisch berühren, während die Weige- rung der Aerzte, aus rein formalen Gründen einer Frau in ihrer schwersten Stunde Hilfe angedeihen zu lassen, nichts anderes ist, wie ein Shylockpochen auf ein Scheinrecht I Die materiellen Voraussetzungen für die verlangte Hilfe waren gegeben, sonst hätte die Kasse natürlich überhaupt nichts gegen die unfreundlichen Herren unternehmen können! Trotz alledem, obwohl Menschenleben in Frage kamen: die Würde des Standes geht über alles! So ent- schied das höchste Gericht! Solches Urteil muß aufpeitschend, wie klatschende Hiebe ins Gesicht der Streikbrecher und ähnlicher Gentlemen wir- ken. Das Gericht erklärt die Solidarität der Berufsgenossen für eine Pflicht der Standeswürde. Ja, das Gefühl der Würde soll sogar so stark sein, daß man materiell berechtigte Maßnahmen gegen einige Berufsgenossen mit Vertragsbruch beantwortet und beantworten darf! Aber, solches Würderecht spricht man den Arbeitern ab! Diese sollen Streikbruch und ähnliche bezahlte Verrätereien fleißig üben. Während man den Arzt, RechtsaniMlt mit Schimpf und Schande aus seinem Stande ausstößt, der sich in ähnlicher Weise gegen seine Berufsgenossen verginge wie ein Streikbrecher gegen seine Arbeitsbrüder, lobt man die Streikbruchlumperei als brave, vom Staate extra zu schützende Heldentat. Und die Streikjustiz demonstriert die Würde- differenzierung mit wünschenswerter Deutlichkeit. Nicht der Arbeiter, der auf Würde hält, der dem Streikbrecher und Kon- sorten die gebührende Verachtung bekundet, wird gegen die unwürdig handelnden Berufsgenossen geschützt, sondern um- gekehrt: die Justiz versucht, dem Streikbruch, dem Arbeiter- verrate alle Hindernisse aus dem Wege zu räumen! Sie, die dort als Verteidigerin der Sjandeswürde funktioniert, tritt hier als Schutzengel des Verrates gegen Berufsgenossen auf. Nur in einer Beziehung besteht eine Aehnlichkeit: in beiden Fällen verteidigt man an sich unanständige, der- dammenswerte Handlungen! Diese zwiespältige Rechtsprechung und Auffassung ist der Reflex einer unsagbaren Arbeitermißachtung. Für diese soll eS keine Würde, keine Selbstachtung geben. Dem Arzt macht man die rücksichtslose Wahrnehmung der Interessen aller feiner Berufsgenossen zur Standespflicht, der Arbeiter aber soll aus kleinlichem Egoismus seine Arbeitsgenossen schädi- gen. weil das Interesse des Kapitals es also gebietet. Solche Wertung der Arbeiter muß empörend, muß aufreizend und hoffentlich auch belehrend auf die noch nicht ganz verlumpten Strikbrechergesellen wirken. Wer solche Hoffnung täuscht, verdient die Verachtung, die ihm durch die unterschiedliche Wertung ausgesprochen wird. Sie bleiben Lumpen trotz des Dekorums, Stützen der Plünderordnung zu sein! Berlin   und Omgcgcnd. Achtung, Steinarbeiter und Bauarbeiter aller Berufe! Der Streik bei Jüngers u. Schills ist auf sämtliche Bauten ausgedehnt worden. Außer dem NeubauSarotti  *. Tempelhof  , kommen die Bauten in der Beymestraße im Grunewald   und Köpenicker Straße  , Ecke Adalberistraße in Betracht. Zu den gemeldeten 22 Kollegen kommen noch neun hinzu. Ein Steinmetz  , namens Max Schultz, geboren 3. März 1839 in Denn bei Brück a. d. Ahr  , ist abtrünnig geworden. Im Streik stehen jetzt 31 Steinmetzen. Um sie zu er- setzen, greift man zu den kuriosesten Mitteln. Man stellt ungelernte Arbeiter an ihre Stelle, g'bt ihnen Steinmetzwerkzeuge in die Hand und läßt sie auf den zu bearbeitenden Beton loShauen. Zur Aus- Übung deS SteinmetzhandwerkeS gehört jedoch noch etwas mehr, und um dieses zu erreichen--- bindet man.den Pseudosteinmetzen noch eine nagelneue blaue Schürze(das aus der zünftlerischen Zeit übernommene Wahrzeichen der Steinmetzen) um. Wenn das nicht zieht... Welchen Zweck dieses Manöver verfolgen soll, ist nur zu durchsichtig. ES fragt sich nur, wer am meisten getäuscht werden soll, die Streikenden   die einen vollgültigen Ersatz ihrer Arbeits- kraft durch die.Beschürzten" erblicken und dadurch wankelmütig ge- macht werden sollen oder die Bauleitung der Firma Sarotti  . Nun, wir werden beides zu verhindern wissen. Die Hauptsache ist. daß der Zuzug von Stein- und Betonarbeitern strikte ferngehalten wird und ersuchen deswegen die Arbeiter aller Bauberufe, uns in der Fernhaltung von Arbeitswilligen zu unterstützen. Arbeiterfreundliche Blätter werden um Nachdruck gebeten. Zentralverband der Steinarbeiter. Ortsverwaltung Berlin  . An die Arbeiter und Parteigenossen Groß-Berlins! Seit Jahren schon sind die Fensterputzer Berlins   be- müht, sich im Deutschen   TranSportarbeiter-Verbande zu organi« fieren. Leider gelingt da» nickt in der erforderlichen Werse, da eine große Anzahl Frrmen in ihren Betrieben keinen organisierten Arbeiter dulden. Diese Firmen haben jedoch viel Proletarierkundschaft. Sie nehmen also, da ja Geld nicht riecht, das Geld der organisierten oder freiheitlich denkenden Geschäftsleute; aber der Organisation selber stehen sie feindlich gegenüber. Hier können uns aber die Ar- beiter und Geschäftsinhaber, insbesondere unsere Parteigenossen, sehr viel unterstützen. Frage jeder Geschäftsmann seinen Fensterputzer nach seiner Verbandslegitimation. Bernntw. Redakteur: Albert Wachs, Berlin  . Inseratenteil verantw.;' Ie d e r A r b e i t er fordere imBierlokak oder in der Zerkstatt die Legitimation de« Verbandes von dem Fensterputzer und er verhilft dadurch einer kleinen, aber vorwärts strebenden Gruppe zum Siege. Arbeiter, Genossen! Wo ihr einen Fensterputzer trefft, fragt ihn nach seiner grünen Legitimations- karte für 1312. Die Sektion der Fensterputzer. Deutscher Transportarbeiter-Verband Groß-Berlin. Achtung, Kunststeinarbeiter! Bei der Firma B o r ch m a n n u. C o. ist es wegen Nichtinnehaltung der tariflichen Bestimmung zur Ge- samtarbeitseinftellung gekommen. Der Betrieb ist für alle Kunst- fteinarbeiter gesperrt. Fabrikarbeiterverband. Verwaltung Berlin  . Achtung, Friscurgchllfcn! Aufgehoben ist die Sperre bei Herrn Möller, Zielenstr. 31. In die Liste der Geschäfte, deren Inhaber bewilligt haben, ist nachzutragen: In Neukölln: Euchen, Kaiser- Friedrich-Str. 78; Waldau, Weichselstr. 68; Henschke, Karls- gartenstr. 29. Reinickendorf  : Jost, Herbststr. 14; Gahde, Scharn- wcbcrstr. 116. Ferner: Borowsky, Ruppiner Str. 24; Pfützen- r e u t e r, Lausitzer Str. 24. Verband der Friseurgehilfen. veutkcbes BeieK. Die Lohnbewegung der Stukkateure im Jahre 1911. Seit Anfang dieses Jahres ist der Verband der Stukkateure dem Bauarbeiterverband angeschlossen. Ueber das letzte Jahr seiner Tätigkeit sollen hier einige Angaben folgen, um zu zeigen, daß der Verband durchaus imstande war, seiner Aufgabe, die wirtschaftliche Lage der Mitglieder zu heben, gerecht zu werden. Trotz der besse- ren Baukonjunktur war das Jahr 1911 nicht reich an Lohn. bewegungen, weil viele bestehende Verträge darüber hinaus Gültigkeit hatten. Von den 8319 Verbandsmitgliedern unter- standen nicht weniger als 6796 oder 84,2 Proz. den bestehenden Verträgen. In 41 Fällen stellten die Stukkateure Forderungen, in 74 Fällen hatten sie sich gegen von den Unternehmern beabsichtigte Arbeits- Verschlechterungen zu wehren. Von den 74 Abwehrbewegungen konnten 66 ohne Arbeitseinstellung erledigt werden. Zu den 41 Angriffs- und 8 Abwehrstreiks kam noch eine Aussperrung in Berlin  , aus Anlaß der Maifeier. An den Angriffsstreiks waren 4�3, an den Abwehrstreiks 184 Arbeiter, an der Aussperrung 11 Personen beteiligt. Von den insgesamt£59 Lohnbewegungen konnten 42 durch Verhandlungen erledigt werden, in 36 Fällen fanden diese Verhandlungen zwischen den Vertretern der beiden Organisationen statt, in 6 Fällen zwischen Arbeitern und Unter- nehmer direkt und in zwei Fällen unter Mitwirkung eines Un- parteiischen. Von diesen Bewegungen endeten 46 erfolgreich und 2 erfolglos; 38 Tarife wurden abgeschlossen, 24 zum erstenmal. Insgesamt wurde erzielt für 574 Beteiligte eine Verminderung der Arbeitszeit von wöchentlich 1879 Stunden; außerdem wurde zurück» gewiesen für 65 Personen eine ArbeitSzeitverlängcrung. Lohnerhöhungen wurden insgesamt für 2213 Personen um wöchentlich 7942 M. oder pro Person 3,18 M. erreicht. Ferner wurden für 2927 Personen sonstige Vorteile erreicht, wie Regelung der Auslösung bei auswärtigen Arbeiten, höhere Bezahlung der Ueberstunden usw. Die gesamten Unkosten der Bewegungen belaufen sich auf 15 939 M., von denen 7968 M. auf die Durchführung der Sperren aus den Filialkassen verwandt wurden. Das Bestreben der Organisation, überall geregelte Arbeits- Verhältnisse zu schaffen, ist im Jahre 1911 um einen guten Schritt weitergekommen. Von den 19 492 Mitgliedern, die die Organi- sation im Jahresdurchschnitt 1911 zählte, arbeiteten nicht weniger als 9954 oder 95,7 Proz. unter tariflich geregelten Verhältnissen. Die Scharfmacher im Töpfer- und Ofensetzergewerbe. In der Schlußversammlung des 7. VerbandZtages des Ver- bandeS der Arbeitgeber des Töpfer- und Ofensetzergewerbes Deutsch- landS, der dieser Tage in Hannover   tagte, beantragte der Provinzial- verband Berlin   und Umgegend Festsetzung eines einheitlichen Ablauftermins für sämtliche Lohntarife im Bcrbandsgebiet. Die Besprechung dieses Antrages war in vieler Beziehung inter  - essant. Meister Unterberger- Breslau erlaubte sich den be- scheidenen Einwurf, daß es bei den Eigenorten des Gewerbes sehr schwierig sein würde, einen einheitlichen Ablaufstermin festzusetzen bezw. durchzuführen. Aus diesem Grunde würde man sich wohl daran genügen lassen müssen, das Ziel des Antrages nach Möglichkeit anzustreben. Demgegenüber markierten ver- schieden- andere Delegierte die starken Männer, sie schwadronierten von Einheitstarifen, Tarifgemeinschaflen und ähnlichen schönen Dingen, die erforderlich seien, um den doch wiederkehrenden Ansprüchen der Gehilfen einen wirksamen Damm entgegen- zusetzen. Ein Hamburger Redner war so ehrlich, zu er- klären, daß die vorher von dem Provinzialverbande Hamburg  beantragte Erhöhung deS Jahresbeitrages von 3 auf 5 M. in erster Linie dazu dienen sollte, für Kampfzwecke Geld in die Verbandskasse zu bekommen. Groß war ferner der Aerger, als von einem Brandenburger Delegierten der ziemlich kritische Begrüßungsartikel imTöpfer" verlesen wurde. Der Vcrbandstag beschloß dann, den Vorstand zu beauftragen, bezüglich des Ablausstcrmins, worin ein Zusammengehen mit den Bestrebungen des ArbeitgeberverbandeS für das Baugeioerbe betont wurde, mit dem Fabrilanlenverbande und auch mit dem Gesellenverbande in Unterhandlungen zu treten. Hierauf kam ein noch scharfmacherischer Antrag des Provinzialver- bandes Schlesien  : Der Hauptverbandstag möge beschließen, für den Fall, daß in irgend einem Unterverbande trotz des Bestehens einer Tarif- gemeinschaft die Gehilfen in einen Sympathiestreik eintreten, solle der Hauplverband ohne weiteres, nach Prüfung der Sachlage, er- mächtigt sein, innerbalb einer Frist von 8 Tagen, bei Firmen, die mit ihren Leuten Kündigungsfristen Vereinbarl haben, unter Zu- grundelegung der kürzesten Kündigungsfrist, die Aussperrung für den betreffenden Provinzialverband und innerhalb 14 Tagen für den Hauplverband zu veranlassen." Unterberg- Breslau begründete den Antrag mit dem Hin- weise, daß ein Hauptzweck des Verbandes darauf gerichtet sein müsse, bezüglich der Organisation der Arbeitnehmer ein Gegengewicht zu schaffen behufs Ermöglichung von Tarifgemeinschaflen und deren Geltendmachung durch Eintreten einer geschlossenen Korporation gegenüber dem Arbeitnehmerverbande. Allemhalben würde wohl das Gefühl bestehen, daß man aufhören müsse, die teilweise exorbitanten(!) Gehilsenforderungen zu befriedigen, und eS angebracht erscheine, das Ueberlegenheitögefühl der Arbeilnehmerverbände auf ein vernünftiges Maß zurückzusühren, ein Zweck, der nur durch eine allgemeine Aussperrung erreicht werden könne. Dabei gelte die alte Regel:Die beste Abwehr ist der Hieb". Antrag und Begründung der biederen Schlefier gefielen so aus- nehmend, daß der VerbandSlag ohne Debatte zur einstimmigen An- nähme kam!! Vom Hamburger Hafen  . Während es anfangs den Anschein hatte, als würde für das Schiffs- und Kesselreinigergewerbe kein von beiden Parteien aner- kannter Tarif zustande kommen, ist nunmehr doch Aussicht dafür vorhanden. Dxn Stein des Anstoßes bildeten für die Arbeiter der AnfangSlohn und die Ueberstundenlöhne. Sie lehnten deswegen den ersten Tarifcntwurf ab und ersuchten unter eingehender Be- gründung ihres Standpunktes die Unternehmer um anderweite Re- gelung. Obwohl die Unternehmer durch den Hafenbetriebsverein hatten erklären lassen, daß sie im Falle der Ablehnung den Tarif autonom, aber ohne die vorgesehene Staffelung, einführen würden, haben sie sich doch offenbar den Gründen der Arbeiter nicht ver- schließen können und sind deren Wünschen entgegengekommen. Der neue Entwurf beseitigt die am meisten beanstandeten Mängel. Wenn die Arbeiter in ihrer dieser Tage stattfindenden Versamm- LH. Glocke, Berl'i. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u Verlagsamtalt lung dem neuen Tarife zustimmen, ist für eine weitere starke Ar« beitergruppe das Arbeitsverhältnis tariflich geregelt. Das Ergeb- nis der Lohnbewegung besteht in einer nicht unerheblichen Lohn- erhöhung, namentlich für die jugendlichen Arbeiter, die endlich für ihre schwere und ungesunde Tätigkeit eine halbwegs angemessene Bezahlung bekommen. Für die Schiffsreiniger beträgt die Lohn- zulage für das erste Jahr bis 39. September 1913 29 Pf., für das zweite 39, für das dritte 49 Pf. pro Stunde, für die Kessel- reiniger über 18 Jahren 79, 89 bezw. 99 Pf., für die jugendlichen 59 Pf. Außerdem sind in den Sonderbestimmungen über Extra- löhne usw. verschiedene Verbesserungen geschaffen. Weitere Ab- schlösse sind zurzeit nicht zu verzeichnen, dürften aber in der nach- sten Woche erfolgen._ Auf dem Stahlwerk Mark in W e n g e r n/Ruhr wurde wegen Differenzen am 39. Mai sämtlichen Arbeitern zum 15. Juni das Arbeitsverhältnis gekündigt. Am 12. Mai machte die Direktion durch Anschlag bekannt, daß diejenigen Arbeiter, die weiter arbeiten wollten, sich bei ihrem Meister melden sollten. Die Direktion be- halte sich aber die Wiederannahme vor. Ein Teil der Unorgani- sierten ist wieder zu Kreuze gekrochen; die Organisierten haben aber diesem Lockruf keine Folge geleistet. Sie waren überzeugt, daß die Direktion eine Auslese vornehmen würde und sind am 15. Mai in den Streik getreten. Die Gießerei liegt vollständig still; nur einige Lehrlinge sind am Arbeiten. Wenn es gelingt, den Zuzug von Formern fernzuhalten, wird eS nicht lange dauern und die Firma wird sich mit ihren Leuten einigen münen. Zuzug von Metall- arbcitern aller Branchen ist von dem Stahlwerk Mark streng fern- zuhalten. Ausland. Zuzug von Waggonarbeitcrn aller Branchen ist von Nessels- darf in Mähren   unbedingt fernzuhalten. Wie unS ein Telegramm von dort meldet, sind gestern dort 197 deutsche Streik- b r e ch e r(!) angekommen. Die in Frage kommenden OrganisationZ- leitungen werden gebeten, alles zu tun, was den Zuzug verhindern kann. Berliner   Streikbrecherexport. Wie der Reichenberger Vorwärts" mitteilt, sind als Arbeitswillige bei dem Formerstreik in der Automobilfabrik Christian Linser in Reichenberg, Nord- böhmen, auch etliche Leute aus Berlin   tätig. Sie heißen: Karl Zander  , Neukölln  -Berlin  , Otto M a t H e S aus Pankow   bei Berlin  , Heinrich Berek aus Berlin.   Ob das Hintzesche Sieben- monatskinder sind, wird nicht angegeben. Ein staatliches Amt gegen italienische Streikbrecherdienste. (Eig. Ber.) Italienische bürgerliche Blätter haben viel Lärmens davon gemacht, daß das staatliche italienische Auswanderungsamt in der Schweiz   dort vielen aus der Türkei   ausgewiesenen Arbcitern Beschäftigung nachgewiesen hätte. Demgegenüber teilt das Aus- wanderungsamt mit, daß es nicht daran denke, die aus der Türkei  ausgewiesenen Arbeiter in der Schweiz   anzustellen, wo zurzeit eine nicht unbedeutende Arbeitslosigkeit herrscht. Das Amt teilt weiter mit, daß es die Gesuche mehrerer Schweizer   Firmen um Zuweisung von Arbeitern abgelehnt hat, weil die Konsulatsbehörden die Arbeits- bedingungcn für unangemessen und unannehmbar hielten. Somit erbringt ein staatliches Amt den Beweis, daß das Unternehmertum sofort aus dem Unglück der Ausgewiesenen Vorteil zu ziehen gesucht hat, um sich billige Arbeitskräfte zu verschaffen. Rührend ist dabei der internationale Geist des Kapitalismus: die Türkei   weist italienische Arbeiter aus, und gleich sind die Schweizer Kapitalisten bereit, ihre einheimischen Arbeiter zu entlassen, um die ausgewiesenen Italiener...unterTarif anzustellen! ZrCtzU Nachrichten. Die Lage in Peking  . Peking  , 18. Juni. Hier ist ein Manifest veröffentlicht worden, welches dem Ministerpräsidenten Tangschaoyi einen Urlaub von 5 Tagen gibt, damit er sich in Tientsin ausruhen und seine Krankheit heilen lassen könne. Ter Privatsekretär Duanschi- kais, Liangshiyi, der nach Tientsin gesandt worden war, um den Ministerpräsidenten zur Rückkehr zu bewegen, berichtete, der Ministerpräsident wünsche Tientsin   nicht zu verlassen, da er erwarte, daß die Nationalversammlung die provisorische Ernennung Liugt- sengtangs zum Ministerpräsidenten billigen werde. Man glaubt hier allgemein, daß Tanschaohi nicht zurückkehren werde. Die Frage, wer sein Nachfolger werden wird, beschäftigt bereits das öffentliche Interesse._ Ein hochstapelnder Fahnenjunker. Dresden  , 18. Juni.  (H. B.) In Obermößnitz bei Dresden  ist der frühere Fahnenjunker Richard Eich au» Marienbura, der in Frankfurt   a. M. Waren im Werte von 29 999 M. erschwindelt und dabei die Uniform eines preußischen Ulanenfähnrichs getragen hatte, auf der Flucht hier verhaftet worden. Rangierers Los. Frankfurt   a. M., 13. Juni.  (P.-C.) Der 19jährige Strecken- arbeiter Heinrich Schroth   aus JgelSbach, der am hiesigen Haupt- bahnhof als Rangierer beschäftigt war, fiel heute nachmittag von dem Bremserhäuschen eines Güterwagens auf das Gleis. Leide Beine wurden ihm abgefahren. Drei Abstürze bei der Kieler Flugwoche. Kiel  , 18. Juni.  (W. T. B.) Der heutige Flugtag begann bei prächtigem Wetter. Es fanden zahlreiche Aufstiege statt. Leider stürzten drei Flugzeuge ab; zuerst Stiefvater mit Leutnant Grevenschütz als Fahrgast. Beide Flieger trugen erheb- liche Verletzungen im Gesicht davon und wurden sogleich nach dem Krankenhause gebracht. Das Flugzeug war voll- ständig zertrümmert. Ferner stürzte Krieger mit Kor- vettenkapitän a. D. F r i e d l ä n d e r bei der Levensauer Hochbrücke ab. Beide Flieger blieben unversehrt. Ihr Flugzeug ist beschädigt. Der dritte Absturz ereignete sich in der Nähe des Flugplatzes. Der Flieger K r u m s i e k mußte nämlich infolge Versagens de» Motors plötzlich niedergehen, wobei sich der Apparat überschlug. Der Flieger blieb unversehrt, das Flugzeug wurde nur gering beschädigt. Im übrigen wurden dem Publikum prächtige Flüge geboten. Neuer Weltrekord in der Aviatik. Paris  , 18. Juni. Nach einer Blättermeldung legt« der Militär- flieger Leutnant de MarmieS mit einem Fluggast heute früh die 285 Kilometer lange Strecke von Buc bei Versailles   nach Verdun  in 2 Stutzdeu zurück und stellte damit einen Weltrekord auf. Schwerer Kraftomnibusunfall in Paris  . Paris  , 18. Juni.  (P.-C.) In der Rue de la Roquette fuhr heute nachmittag um 4 Uhr ein Kraftomnibus, der einem entgegen- kommenden Lieferungskraftwagen einer großen Firma ausweichen wollte, in einen Laden hinein. 8 Insassen de« Autobu» wurden schwer verletzt. Zwei sind ihren Lerletzuagen erlege». Raubüberfall in einem Bahnzuge. JekaterinoSlaw, 18. Juni.  (W. T. B.) Vergangene Nacht überfielen acht bewaffnete Banditen in einem Zuge auf der Strecke Ejadowaja Kolatschewskoje den Kassierer einer russisch-belgischen Gesellschaft, raubten elftausend Rubel, brachten den Zug zum Stehen und entkamen. Bei dem Ueberfall wurde ein Polizist ge» t öt e t, der Überfallene Kassierer und zwei andere Passagiere ver- w u n d e t. Paul Singer ä Co., Berlin   LV/. Hierzu 3 Beilagen m Unterhaltungsbl.