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en-tstanden, und wir meinen, daß danach! auch diesen der Einfluß auf die politische Leitung eingeräumt werden muß. Wenn über- Haupt die demokratische Verfassung in der Partei ausgebaut werden soll, dann muß eben jeder Bezirk berücksichtigt werden. Die Zahl der Mitglieder kann nicht entscheiden das hat ja auch die Kom- Mission eingesehen. Denn sie hat Wahlkörper vorgesehen, die auS einzelnen Agitationsbezirken bzw. aus mehreren zusammengelegten gebildet werden sollen. Dabei kommen Wahlkörper zustvnlde, wo schon auf 5000 Mitglieder, und solche, wo erst auf 45 000 Mitglieder ein Ausschußmitglied entfällt. Damit scheint die Erkenntnis sich durchgesetzt zu haben, daß die wirtschaftlichen, sozialen und poli- tischen Verhältnisse entsprechenid zum Ausdruck kommen müßten. Aber in der Sorge, daß die leitenden Körperschaften allzu groß würden, ist die Kommission auf halbem Wege stehen geblieben. Durch das Zusammenlegen von Agitationsbezirken zu Wahlkörpern wird nicht nur der gewollte Zweck nicht erreicht, es würden sich auch leicht bedenkliche Unzuträglichkeiten zwischen den einzelnen Bezirken einstellen. Das östliche Westfalen ist beispielsweise mit dem west- Uchen Westfalen zu einem Wahlkörper zusammengelegt worden. Selbst wenn zwischen diesen beiden Bezirken eine Uebereinstimmung betreffs des Vorschlages des Ausschußmitgliedes erzielt werden sollte, so bleibt immer die Tatsache bestehen, daß in beiden Agi- tationsbezirken die verschiedenartigsten Verhältnisse herrschen. Wirtschaftlich und politisch treten hier wie dort ganz andere Fak- toren in Erscheinung, die schon jedem oberflächlichen Beobachter dieser Bezirke aufgezwungen werden. Genau so liegt es mit der Vcrschiedenartigkeit der Erwerbsverhältnisse selbst. Tatsache ist doch, daß dadurch eine andere Beurteilung der politischen Be- jätigung eintritt, die eben auch in der Parteileitung zum Aus- druck kommen muß. Im Interesse einer guten und geschlossenen Parteiphalanx liegt eS, wenn alle Gegenden des Reichs in dem Parteiausschuß eine Vertretung finden. Es ist als sicher anzunehmen, daß damit manche unnötige Auseinandersetzung in der Presse sowohl als auch auf den Parteitagen unterbleibt. Das Mindeste aber, was jedem der Agitationsbezirke, die trotz allem zu einem Wahlkörper zu- sammengelegt werden sollen, eingeräumt werden muß, ist: ein selbständiges Vorschlagsrecht. Der Parteitag, dem der Parteiaus- schuß unterstellt ist, mutz auch ein Entscheidungsrecht haben. Das hat er aber nur dann, wenn er zwischen den Kandidaten der ein- zelnen Agitationsbezirke die Auswahl treffen kann. Da, wo leine Einigung zwischen den Bezirken erzielt wird, muß dem Parteitag die Auswahl zwischen den Kandidaten ermöglicht werden. Die Vertretung der R e i chs ta g s frakt i o n auf dem Parteitage soll beschränkt werden! Offen gesagt, uns will das als nützlich nicht einleuchten. Im Gegenteil! Der Partei- tag soll doch die Kontrolle über die Tätigkeit der Fraktion üben und er muß deshalb auch grundsätzlich alle Abgeordnete zur Stelle wünschen. Das erfreuliche Anwachsen unserer Reichstagsfraktion sollte nicht gleich als Grund aufgegriffen werden, die Vertretung auf dem Parteitage zu beschränken. Gerade weil die Fraktion an- gewachsen ist, erscheint es uns um so notwendiger, alle Mitglieder auf dem Parteitage versammelt zu sehen. Die Anforderungen an die Partei bzw. an die Fraktion werden größer, und da ist eS rat­sam, daß dem Parteitag für die Erörterung aller Fragen auch die Möglichkeit erhalten bleibt. Dann aber ist nicht einzusehen, daß, wenn der Fraktion nur die Auswahl einer Delegation zum Partei- tage eingeräumt werden soll, dabei völlige Parität erzielt werden kann. Alle Reibungsslächen sollten aber dann vermieden werden, wenn sie gleichzeitig die Ursachen von Verstimmungen und die Be- einträchtigung von Richtungen zur Folge haben können. Lasten wir es dahep bei dem bisherigen Zustande: die gesamte Reichstags- fraktion ist zur Teilnahme an den Parteitagen berechtigt und sie hat abgesehen von den die Fraktion betreffenden Fragen volles Stimmrecht,._ Hus der Partei. Parteiliteratur. Im Verlag von I. H. W. D i e tz N a ch f. in Stuttgart ist soeben erschienen: Die rote Feldpost unterm Sozialistengesetz. Von I. Belli. Preis für das gebundene Exemplar 1 M. Die jetzt zu einem Buche zusammengefaßten Feuilletons sind vor einiger Zeit in einem Teil der Parteipresse abgedruckt worden. An den Verfasser wurde von verschiedenen Seiten das Ersuchen gestellt. das Ganze als Buch herauszugeben, dem er hiermit nachkommt. Er glaubte jedSch, daß eine kurze Einleitung mit Erinnerungen aus seinen Kinder-, Lehr- und Wanderjahren dem Buche vorangestellt werden müsse, da es für die junge Generation der Arbeiter nicht ganz ohne Nutzen und Interesse sein dürfte, zu erfahren, wie sich der Werdegang des Arbeiters und Handwerkers der alten Schule im allgemeinen gestaltete. Er hofft, daß auch die vorliegende Ausgabe noch recht viele Leser finden werde. Jugendbewegung. Wir sind Deutschlands Jugend. In Naumburg a. S. wird von den Herren Ernst Heinrich Bethge , Friedrich Blüthgen und Karl Hemprich eine Zeitschrift für nationale Jugendpflege herausgegeben, die den schönen Titel führt:«Wir sind Deutschlands Jugend". Welcher Objektivität sich dieses sogenannte Jugendbildungsorgan befleißigt, geht aus einer Darstellung hervor, die es über die bekannten Vorgänge im preußischen Abgeordneten- hause bringt. I» einer Rubrik.Unsere Staatsbürger" setzt eS den jugendlichen Lesern wichtige Vorgänge des politischen Lebens in Ge- fprächsform vor. Die Ereignisse im preußischen Dreiklaffenhause werden folgendermaßen geschildert: (Wilder Gesang aus einem Nebenraum.) Wir sind Sozialdemokraten. wir sind Feinde des Lichts I Vallera I Wir essen gern Schinken und Braten, und arbeiten tun wir nichts I Vallera I Wir treten zu Boden, wer was tut und wa« hat. Unsre Hoffnung ist und bleibt auf dieser Welt der Zukunftsstaat. (Nach dem Gesänge ertönt Radau. Brüllen und Pfeifen.) Franz: Was gibts denn da? DaS ist ja fürchterlich l Friedrich: Sie spielen Landtag. Franz: Ungarischen? Friedrich: Nein, preußischen. Dw wilden.Sechs' rücken an, Franz: DaS sollten die Kameraden doch nicht tun. So ein Gebaren I Das ist ja wie in einer Tiermenagerie. Friedrich: So haben die es doch gemacht..Borchardt, Lemert und Genossen w. Franz: Wenn auch. Etwas Häßliches soll man me uachmacheu. Friedrich: Es hat seinen Grund. Friedrich?�Sp�one sind wieder da. JolinSky mit S.Freunden'. Als Gälte Denen wollen sie die Komödie vorführen. Hör' doch, wie Müller Franz brüllt: Gewalt I Gewalt I Jetzt ist jedenfalls der Schutzmann bei der Arbeit. Hoffentlich versohlt er den Reklame- krakeelern das Fell gehörig, damit Jolinsky gleich unsere Meinung über den Skandal erfährt. Was sich die sechs Kerle einbilden, als ob sie die allein Berufenen wären, die Tätigkeit nneS ganzen Land- tages aufzuhalten. Staatsbürgerlicher Schwachsinn. Franz: Und diese Leute beanspruchen im Staatsleben gleiches Recht für alle! Friedrich: Ihrem Benehmen nach müßte für sie eine vierte oder gar fünfte Wählerklaffe eingerichtet werden. (Sechs Kameraden, darunter Müller Franz, betreten den Raum.) Franz: Nun, was wollt ihr? Müller Franz: Wir sind die rauSgesetzten wilden Sechs. Wir hatten die Absicht, den Landtag zu vergewaltigen. Es ist uns aber nicht gelungen. Friedrich: Seht ihr. Betragt euch wie anständige Staats- bürger, dann könnt ihr auch Anspruch machen aus Anerkennung eurer Forderungen. Mit Rüpeleien wird kein Landtag regiert, nicht mal in Ungarn . In solch unsäglich alberner Weise treibt man im.nationalen' Lager staatsbürgerliche Jugenderziehung. Aber nur weiter so, die Arbeiterjugend wird durch solche Methoden, in denen ihre Klasse und deren politische Vertretung mit Schmutz beworfen wird, gründlich über das Wesen dernationalen" Jugendpflege unterrichtet. Hud Industrie und Kandel . Der deutsche Knochentrust. Die Industrie der Abfallprodukte ist längst aus dem Stadium der Lumpenhändlerexistenz herausgetreten. Abfall- Produkte sind heute wichtige Verwertungsmaterialien, die im inter­nationalen Handel eine bedeutsame Stellung einnehmen. Metall- späne, zu Briketts zusammengepreßt, gehen als hochwertiges Roh- Material an die Hochöfenwerke, Eisenschlacke dient als Straßen- Pflaster der Großstädte, Knochen sind die Grundlage der kapita- listisch-großzügigen Gründungen des Scheidemantel- konzerns. des deutschen Leimtrustes! Die Scheidemantel-A.-G. hat sich von Anfang ihrer trust- artigen Ausdehnungen an darauf beschränkt, bestehende Fabriken zu verschlucken. Sie hatte planmäßig, unter Berücksichtigung von frachtlichen Gründen bei der Rohmaterialienzufuhr und der Ver- brauchsgebiete für den Warenversand, in unglaublich kurzer Zeit 18 Leimfabriken konzentriert. Erleichtert wurde ihr dies burch den Besitz einer Reihe von Patenten, die bessere Ausbeutung des Knochenmaterials gestatten, das kalte Extraktionsverfahren soll ihr einen materiellen Vorsprung vor den alten Systemen von 20 bis 30 Proz. Mehrausbeute gewährleisten. Die� nächste Arbeit, nachdem eine Zentralorganisation der Leimherstellung durch die Scheidemantelinteressenten, hinter denen die Dresdener Bank steht, geschaffen war, lief derauf hinaus, die Händler zu gemeinsamer Jntereffenwahrnehmung zu bringen. Mit 34 Knochenhandelsfirmen gründete die Schddemantel-A.-G. vor rund einem Jahre dieRohag", Rohprodukten- H a n d e l s- G. m. b. H., Berlin . Die Knochenhändler ver- pflichteten sich, ihr gesamtes Einkaufsmaterial an die Rohag ab- zuliefern, die Scheidemantelgesellschaft übernahm die Verpflichtung, die Knochen zu dem von der Rohag bezahlten Preise zu kaufen. Für den gesamten Geschäftsverkehr wurden drei Universalpreise festgelegt, trockene Sammelknochen, frische Stadtknochen und Pferde- und Abdeckerknochen kamen so schon sortiert in die Zentral- einkaufsstelle. Die Scheidemantelgesellschaft florierte bei diesem System, die Knochenpreise sowohl wie die Leimpreise sind seit einem Jahre ständig gestiegen, sie stehen heute um mehr als 50 Proz. höher wie 1911. Die Knochenpreise sind im besonderen deshalb in die Höhe geklettert, weil einmal die Auslandszufuhr ständig nachläßt, nicht zuletzt da im Auslande die Scheidemantel- gesellschaften direkte Abnehmer sind, zum andern weil die Anti- Rohagleute, die eine freie Knochenhändlervereini- gung gegründet haben, ständig versuchen, da» Rohmaterial in erster Linie in ihre Hände zu bekommen. W i e der Scheidemantelkonzern an der Vertrustung der Leim- indusirie arbeitet, dafür nur ein Beispiel aus dem Winter 1911 bis 1912. Es wurden damals zu gleicher Zeit zwei französische Knochcnverwertungsgesellschaften, Tancred und Ce leite, er- warben und unter einer neuen Firma vereinigt. Dies Unterneh- men, die Societe franxaise d'industrie chimique in Paris erschien als Aktiengesellschaft auf dem Plan. Das gleiche passierte der Firma G ermahn u. Co., Paris . Von den Aktien der Chemischen Fabrik Wilhelmsburg bei Hamburg erwarb der Scheidemantelkonzern die Majorität, wei- ter wurde in Wien eine neue Aktiengesellschaft, die A.-G. Fat- t i-n g e r u. Co. mit 2 Millionen Kronen Aktienkapital gegründet, die Nebenbetriebe der alten Firma stillgelegt, zum Teil umgeän- dert. Nach längerer Fehde kam sodann der Zusammenschluß mit der VereinigungvonFleischernundGa st Wirten in München . G. m. b. H., die samt ihrer erst als Konkurrenz ge- bauten neiftn Knochenverwertungsanlage im Schcidemantelkonzern verschwand. An der Superphosphatfabrik Salzwevel nahm Scheidemantel ebenfalls Interesse, die dortige Leimfabrik blieb, älteren Vereinbarungen enlsprechend, auch weiterhin still- gelegt. In Aranjuez wurde eine Leimfabrik gegründet, die in Rußland führende K n och en v e r k oh lu ng s- A.- G., die sogenannte Okase A.-G., wurde ebenfalls eng mit dem deutschen Leimtrustunternehmen verknüpft. Das war die Arbeit auch nur eines Winters! Selbstverständlich ist, daß dabei nicht mit Handschuhen zugefaßt wurde. Die schlimmsten Terrorismusmärchcn gegen die Arbeiter- bewegung sind harmlose Kindergeschichten gegenüber den wirk- l i ch e n Terrorismustatsachen, die heute in der kapitalistischen Großindustrie Alltäglichkeiten sind. Wenn der Industrie- terrorismus ebenso bestraft würde, wie der eingebildete, den Ar- beitern gegenüber, sämtliche Industriekapitäne Deutschlands säßen für das nächste Jahrtausend hinter Schloß und Riegel? So schrieb eines der wichtigsten Tochterunternehmen des Scheidemantclkonzerns Briefe, in denen sie den Knochenhändlern erst im guten" riet, sich in die Rohag zu verfügen, im anderen Fall: wenn es nicht theoretisch genommen zu einer Katastrophe kommen soll", in der die Aussicht auf Bankrott bei Ihnen größer ist als bei uns... Tatsächlich ist es dem Scheidemantelkonzern. der übrigens mit der Liebig Co. interessante Verbindungen hat, und in Amerika eigene Vorteile wahrnimmt, auf diese Art ge- lungen, seine Macht fortgesetzt zu vergrößern. Jetzt ist er drauf und dran, sich eine eigenes F i n a n z i e- rungsinstitut, eine Holdingcompanie, wie sie eben erst durch das amerikanische Antitrustgesetz aufgehängt worden sind, zu schaffen. Die in Antwerpen wegen des in Belgien ange- nehmen Aktengesellschaftsrechts! gegründete Societe A u x i- liare de l'indusirie Chimique a A n v e r s ist mit 12 Millionen Frank Kapital ausgestattet. Sie übernimmt von der Scheidemantel A.-G. eine ganze Anzahl Beteiligungen an Leim- Unternehmungen, doz>j die Patentausnutzung für das Ausland und gewährt 3 Millionen Frank Entschädigung, Aktienbeteiligung und ewiges Dividendengeschent. Die Absicht der neuesten scheidemantel- schen Gründung ist, von dem eigentlichen Fabrikationsgeschäft die Finanzierungsarbeit zu trennen. Die, Scbeidemantel A.-G. ge- winnt so wieder Luft, ihr Geldbeutel scheint nicht mehr so be- lastet, sie kann freier atmen und rascher an der völligen Konzen- trierung der internationalen Leimindustrie weiter arbeiten. Ueber- dies sitzt in dem Aufsichtsrat des neuen Unternehmens neben In- tercssenten der Dresdener Bank auch wieder die Liebig Extrakt Co. Die freien Knochenhändler müssen dabei bemerken, wie einer nach dem anderen untreu wird, und ins dividendensichere Lager Scheidemantels abschwenkt, wo Direktorenstellen. Aufsichts- ratsmandate usw. usw. fliegen, wenn sie eine bekehrte Seele auf- fangen will. Hier sind die technische Ueberlegenheit, verbunden mit der kapitalistisch-praktischen Rücksichtslosigkeit wieder einmal die Paten zu einem Trust im lieben Vaterlande gewesen, was jeden Spießer natürlich zwingt, aus das kapitalistisch verwahrloste Amerika zu schimpfen, und außerdem die Sozialdemokratie für den Ruin des vatcrlandstreuen Mittelstandes verantwortlich zu HölKB.~ Ei« großer Fischzug. Nach einer jetzt bekannt gewordenen Abrechnung über die Kaffee« vakorisation des Staates Sao Paulo hat die unter Mittvirkung der Deutschen Bank durchgeführte Verteucrungsinaßiiahme bis jetzt einen Ueberschuß von 112 Millionen Mark eingebracht. Bekanntlich hatte die Regierung als Interessenvertretung der Pflanzer sieben Millionen Sack Kaffee aufgekauft und eingesperrt. Zur Durchführung der Valorisation war auch eine Anleihe in der Höhe von 300 Millionen Mark aufgenommen worden. Durch allmähliche Abstoßung der eingesperrten Menge Kaffee zu den infolge des künstlich verringerten Angebots hinaufgetriebenen Preisen sollte die Valorisation finanziell günstig abschneiden. Der eigentliche Zweck der Uebung war natürlich, den Pflanzern dauernd höhere Erlöie zu sichern. Die Spekulation scheint in vollem Maße von Erfolg ge« krönt zu werden. Zwar war am 1. Januar 1912 immer noch ein Bestand von 4 401 663 Sack Kaffee vorhanden, aber die Abrechnung ergibt doch schon 112 Millionen Mark Ueberschuß. Im vergangenen Jahre erbrachte der Verkauf von 700 000 Sack rund 62 Millionen Mark. Die aufgenommene Anleihe konnte bereits bis auf 90 Millionen getilgt werden. Für die Konsumenten hatte die Valorisation sehr bittere Folgen. Die Zusammenstellungen der Preise in den Viertel» jahrsheften zur Statistik des Deutschen Reichs(Heft I. 1912) zeigt die Wirkung mit wünschenswerter Klarheit. Danach kostete Kaffee unverzollt in Hamburg ein Doppelzentner: 1908 1909 1910 1911 Mark 77,46 80,32 96,13 133,07 Und im laufenden Jahre ist der Preis noch höher als wie im Vov» jähre. Nach Hamburger Notierungen kostete unverzollt ein Doppel« zenlner im April 1911 1912 Campinas ... 123,80 M. 154, M. Rio..... 118,80, 147,, La Guayara.. 121,, 152, Danach wird der Jahresdurchschnittspreis noch um 30 M. über den vorjährigen hinaustreiben. I» früheren Jahren hatten wir auch schon hohe Preise, aber seit 1893 waren sie über 81,79 Mark nicht hinausgekommen. Der Preishochstand in den letzten Jahren ist zweifellos in der Hauptsache nur eine Folge der künstlichen Ver» teuerung. großkapitalistisch organisierter Schachzug. Emden als Answandererhafen. Die Deutsche Reederei-Akt.-Ges., hinter der der bekannte Fürstentrust steht, hatte beim Bundesrat die Auswanderer» konzession für die Linie Emden New Jork nachgesucht. Der Bundes» rat hat dieses Gesuch abgelehnt, in der gleichen Sitzung aber beschlossen, dem(später) gemeinsam eingereichten Konzessionsgesuch der Hamburg -Amerika-L inte und des Norddeutschen Lloyd zu entsprechen. Die beiden Großreedereien haben bei den Vorverhandlungen zugesagt, daß sie den Emdener Hafen von jetzt ab regelmäßig an« laufen werden, und zwar in erster Reihe mit Frachtdampfern. Je noch dem Bedürfnis soll dann auch Gelegenheit zur Beförderung von Suswanderern geboten werden. Die beiden großen Schiffahrts» Unternehmungen haben also über den Schützling des Fürstentrust endgültig gesiegt. Zugleich wird mit der Lösung den Wünschen der Stadt Emden und der preußischen Regierung, die große Summen in Hafenbauten zu Emden angelegt haben, entsprochen. Eine bedeutsame Fusion in der schottischen Eisenindustrie ist in diesen Tagen zustande gekommen. Eine Gesellschaft hat sich zur Uebernabme der hauptsächlichsten schottischen Schmiedeeisenwerke ge« bildet. Ihr Kapital beträgt ungefähr 20 Millionen Mark. In dio neue Gesellschaft gehen 13 Werke mit einer jährlichen Gesamt« produktton von 250 000 Tonnen über. Kein Borgehen gegen die Kaffcevalorisation in Frankreich . Kürzlich ist in den Vereinigten Staaten von Nordamerika ein Bot«" gehen gegen den Kaffeetrust vom Gerichtshof abgewiesen worden. Jetzt lehnte auch die Zollkommission der Pariser Kammer einen An» trag des Abgeordneten Riquet ab, der darauf abzielte, die für Rech » nung des ValorisationskomiteeS in den ftanzösischen Häfen lagernden Kaffeemengen zu entfernen, um dadurch auf die Kaffeepreise zu drücken. Die Kommission war der Ansicht, daß durch diese Maß» nähme das Kaffeegeschäft zugunsten HavreS nach Hamburg und Aul« werpen geleuk: werden würde. Hu9 der frauenbeweefung» Anti-Frauenbcwegung. Vor einiger Zeit erschien imBerliner Tageblatt' folgend� Anzeige: Anti-Frauenbewegung. J Zur Gründung einer äußerst lukrativen Zeit- schrift werden von erfahrenem Fachmann mit besten Referenzen eine oder zwei intelligente Damen mit ganz geringem Kapital von 3 6000 M. und. tätiger Mitarbeit gesucht. Die Betreffenden haben nicht nur die Chance, sich ein Vermögen zu verdienen, sondern werden sich auch eine geachtete, angesehene soziale Stellung schaffen. Zuschriften erbeten imt.Anti-Frauenbewegung 100" Berlin W. 57. Auf diese Anzeige hin wandte sich eine Genossin..weniger« um die gefordertenKapitalien" loszuwerden, di« sie leider gan nicht hat, als um zu erfahren, auf welche Spezies von denen, di« nicht alle werden, reflektiert wird", so schreibt uns die Genossin an denGründer". In dem Antwortschreiben stellt er sich als Her« Martin Salomon vor und beruft sich für seine Kenntnisse und Fähigkeiten als Zeitungsverleger aus den Seniorches der Firma Ullstein u. Co. und die Direktoren B. und M. von den Ver» einigten Verlagsanstalten Braunbeck und Gutenberg Druckerei A.-G. Die Gründung und Unterhaltung der.�Zeitschrift gegen die moderne Frauenbewegung" denkt sich Herr Salomon wirklich rührend einfach. In einem Expose entwirft er folgenden kühnen Plan: Kurz skizziert muß die Zeitschrift einen wissenschaftlichen Leitartikel enthalten, der die Zeitung nachsinnen und außen auf. dem ihr gebührenden hohen Stand hält. Tann müssen in kurzen Auszügen Mitteilungen über die gesamte Presse kommen und die Auswüchse gegeißelt und m ö g l i ch st i n s Lächerliche g e« zogen werden. Daran hätten sich Rechtsfragen zu schließen und nun käme der Teil, der ftir die große Masse der Frauen un» entbehrlich ist, d. h. ein Roman in Abschnitten, eine kurze Novelle. Rätsel, einige Witze, Moden und Praktisches für das Haus und die Küche... Es ist mit fast absoluter Sicherheit daraus zu rechnen, daß eine solche Zeitschrift sehr schnell 50 60000 Abonnenten und dann weiter in ebenso schnellem Tempo mehrere 100 000 Abonnenten be- kommen würde, wenn von Anfang an der Abonnemcntsprcls auf das Niedrigste, das heißt 1015 Pf. pxg Wochennummcr, sestge» setzt wird.., In späterer Zeit wurden die 6000 M. Gründungskapital nicht ausreichen, da den Akquisiteuren die 25 Proz. Provision im vor» aus bezahlt werden müssen und bei einem Jnseratcnumsatz vom 2300 000 M. und mehr für die Provisionen ein ungefähres Be« triebskapital von 50 75 000 M. zur Verfügung stehen müßte. Dieses spätere Betriebskapital wird dadurch leicht zu erhalten sein, daß man von Frauen, die bereit sind, die Anti-Frauenbewegung zu unterstützen. Abonnements auf 1. 2 und 3 Jahre mit Voraus» bezahlung annimmt. Rechnet man nur, daß man im ganzen Deut» s«Kn Reich 5000 derartiger Abonnentinnen erhält und rechnet mau den Durchschnitts-Abonnementsprcis bei wöchentlichem Erscheinen auf 6,50 M.. so hätte man ein verfügbares Betriebskapital von zirka 100 000 M.. mit dem die Zeitung, auch bei größtem Umsange« gemacht werden kann. Es gibt Zehn- und Hunderttausende von Frauen, die nur auf eine solche Gelegenheit ivarten, um sich teils auispiechcii zu köüiicn, teils die Hache choüss. js Sav