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Streitjuftizblüten. zehnmal fobiel wie der Kleinste, Gaillon , mit 6100. Sier merkt Welche Verwirrung die Erledigung der massenhaften Streit- man freilich nichts von dem Eifer für die Gerechtigkeit des fachen bei den Gerichten im Ruhrgebiet angerichtet hat, dafür ist im Proportionalwahlsystems, den die Konservativen in der Frage des Laufe der letzten Wochen schon manch illustres Beispiel bekannt ge- Wahlrechts zur Rammer befunden. worden. Heute ein neues. Vor etwa drei Wochen wurde ein Berg­arbeiter aus Dahlhausen vom Schöffengericht in Steele a. d. Ruhr wegen angeblicher Mißhandlung eines Arbeitswilligen zu gwei Wochen Gefängnis verurteilt. Der Verurteilte hat Berufung ein­

China.

Die Ministerkrise.

einem Siege der revolutionären Tagesordnung geendet. Die Tages­ordnung Lerda erhielt 1228, die lintsreformistische Tagesordnung Modigliani 818 Stimmen bei 208 Stimmenthaltungen.

Auch der gleichzeitig in Forli tagende Kongreß der Sozialisten der Romagna ergab eine große Mehrheit für die revolutionäre Tagesordnung mit der Variante, daß die zur Annahme gelangte Tages­ordnung Francesco Ciccottis die Ausstoßung der Freimaurer aus der Partei fordert. Da in der italienischen Partei sehr viele Frei­maurer sind und auch einige in erster Linie fämpfende revolutionäre Genossen schon seit der Zeit, als noch keine sozialistische Partei be stand, dem Freimaurerorden angehören, kann diese Forderung mög licherweise zu einer Spaltung im revolutionären Lager führen. Schließlich nahm auch der provinziale Parteitag von Cremona eine revolutionäre Tagesordnung an. Wie weit diese vorbereitenden Abstimmungen auf einen Sieg der revolutionären Fraktion zu schließen berechtigen, das wird in der Folge in einem Artikel bar­zulegen sein. Gerade die Sozialisten der Romagna scheinen nicht übel Lust zu haben, ein Bündnis der Linksreformisten und der

Peking , 19. Junt.( Meldung des Reuterschen Bureaus.) Es gelegt. Aber noch bevor die Berufung zur Verhandlung fam, er- wird berichtet, daß Tangschaohi sich zur Abreise nach Hong hielt er nach dem Wurmrevier, wo er infolge seiner Maßregelung tong rüstet. Der Unterrichtsminister Tsaiyuenpai, ein Anhänger hatte Arbeit fuchen müssen, um Frau und Kind zu ernähren, Tangschaohis, ist gestern nach Tientsin abgereist. Man nimmt an, eine neue Anklageschrift nebst Ladung zum Schöffengericht Steele daß er nicht mehr hierher zurückkehren werde. Weitere Austritte zugesandt. Mit banger Erwartung tritt der Mann die Reise aus dem Kabinett werden nicht erwartet. Sämtliche übrigen vom Aachener Revier nach Steele an. Und siehe da: mit wachsen- Kabinettsminister haben in einer Sigung beschlossen, Yuanschikai dem Erstaunen wird ihm in der Verhandlung klar, daß über zu unterstüßen. Man erörtert eifrig die Frage, wer der nächste dieselbe Sache verhandelt wird, wegen der er Premierminister sein wird. Eine wachsende Gruppe begünstigt die von demselben Gericht unter demselben Vor- Ernennung Wutingfangs, denn man glaubt, daß er das starte Revolutionären herbeizuführen. fizenden bereits berurteilt worden ist! Schon hatte Band zwischen dem Norden und dem Süden bilden würde. Da= der Vertreter der Anklage den Strafantrag gestellt, als dem An- gegen drängt die Nationalversammlung auf Abschaffung des geklagten die Situation vollends Klar wird und er sagt: er sei doch Amtes des Premierministers, das eine ständige Quelle von deswegen schon verurteilt! Der Richter sieht den Angeklagten un- Reibungen gewesen sei und die Machtbefugnisse des Präsidenten gläubig an, er frägt seinen Belastungszeugen, ob das wahr sei; beschränke. diefer bestätigt es mit dem Vermert, daß ja doch der Vorsitzende selbst die Verhandlung geleitet habe.

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Da dämmerts auch dem Vorsitzenden, und der Missetäter kann gehen. So geschehen im Lande der vollendetsten Rechtsgarantien!

Reine Bahn.

Der Vorstand des Kreisfriegerverbandes Nordhausen Grafschaft Hohenstein hat den Vereinen des Verbandes folgende Eröffnung zur Mitteilung an ihre Mitglieder zugehen lassen!

Wer bei Gelegenheit der letzten Reichstagsstichwahl das frei­willig abgelegte Gelöbnis, die in den Kriegervereinssagungen niedergelegten Grundsätze gewissenhaft zu beobachten, nicht ge halten und auch die darauf hinweisenden Aufrufe des Vorstandes des Deutschen Kriegerbundes, den Sagungsbestimmungen gemäß zu wählen, nicht befolgt hat, wird aufgefordert, als ehrlicher Mann aus seinem Kriegerverein auszuscheiden, da niemand gehalten werden soll, aber auch niemand geduldet werden darf, der sich nicht mehr zu den für die Kriegervereine geltenden Grundsägen bekennen will."

Das ist konsequent. Sozialdemokratische Wähler sollten, sofern fie noch einem Kriegerverein angehören, ebenfo fonfequent fühlen und denken und den Hurrapatrioten den Rücken kehren!

Abgelehnt.

Die Mehrheit der Bürgerschaft der freien" Hansestadt Bre= men hat sich wieder ein Denkmal der Schande gesetzt. Die Bürger­schaft lehnte mit 57 gegen 30 Stimmen folgenden Antrag der sozial­demokratischen Fraktion ab:

Soldatenmenterei in Mukden .

Peking , 20. Juni. Eine gemischte Brigade in Mukden meuterte gestern abend. Regelloses Gewehrfeuer dauerte die ganze Nacht an. Mehrere Panken und Juweliergeschäfte wurden geplündert und ber­brannt. Hunderte von Häusern wurden zerstört. Leben und Eigen tum der Fremben wurde gewissenhaft respektiert. Frauen und Kinder flüchteten in das englische Konsulat. Heute ist die Stadt ruhig, aber die Läden sind geschlossen. Starte chinesische Wachen find an den Stadttoren aufgestellt.

Marokko.

Kämpfe in der Umgebung von Fez.

Fez, 20. Juni. Das Bataillon Gerald verließ vorgestern das Lager des Generals Gouraud, zerstreute den Feind und erbeutete eine Fahne. Gestern wurde Geschüßfeuer in Richtung des Lagers Gouraud gehört. Man glaubt an ein neues Treffen, da bedeutende Truppenansammlungen gemeldet sind.

Der Gegenfultan von Agadir . Paris , 19. Juni. Nach einer Blättermeldung aus Mogador ist der Prätendent des Susgebietes riba zum Sultan von Agadir ausgerufen worden.

Afrika .

Einführung der Miliz in Britisch - Südafrika . Wie das Militär- Wochenblatt" nach der" Army and Navy " Die Bürgerschaft wolle beschließen, an Stelle des heutigen, Gazette" Nr. 2782 mitteilt, hat das Abgeordnetenhaus in Rap den veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen nicht mehr entstadt( House of Assembly) das neue Wehrgesetz in dritter sprechenden Klassenwahlrechts für die Wahlen zur Bürgerschaft Lesung angenommen und dem Senat zur weiteren Beratung über das allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlrecht einzuführen wiesen. Es bestimmt, daß eine ständige Wehrmacht von 2500 be­und den Senat um eine dahingehende Vorlage zu ersuchen." rittenen Schüßen nebst fünf Feldbatterien unterhalten werden soll, von denen 2000 Mann zu Polizeizwecken Verwendung finden, während der Rest militärisch ausgebildet wird. Ferner wird eine Reserve gebildet, die die auf verschiedene Bezirke verteilten Schützen ablöst, wenn die Zusammenziehung der gesamten Streitkräfte nötig wird, sei es zu weiterer militärischer Uebung oder zu sonstigen 8weden.

Sammlungen für die National- Flugspende in Volksschulen.

Die Kühnheit der Flugsportpatrioten übersteigt nachgerabe alle Grenzen. In Bochum geben sich die Volksschullehrer dazu her, bie Kinder während des Unterrichts aufgufördern, sich an ber National Flugspende zu beteiligen. Zur Begründung erzählte einer dieser Herren den Kindern, daß die Franzosen einst den Deutschen Land weggenommen; dies set zurückerobert, und nun wollten die Franzosen Deutschland mit Krieg überziehen, um es wieder zurück zuerobern". Auch England wollte Deutschland mit Krieg überfallen. Deshalb baue Deutschland Luftschiffe, um mit deren Hilfe die Feinde Als einer der Lehrer mit Hilfe solchen vernichten zu können. inerhörten Mißbrauchs seiner pädagogischen Pflichten ganze 27 Pf. zusammengeschnorrt hatte, bemerkte er, das sei gar nichts, 27 Mart müßten es wenigstens sein, und forderte auf, am andern Tage mehr zu bringen.

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Da dieser Unfug nicht vereinzelt vorkommt, ist nicht aus­geschlossen, daß er auf höhere Weifang zurückzuführen ist.

Spionageprozeß.

In dem Spionageprozeß gegen den Bildhauer Anton Nicolas aus Metz wurde gegen 5 Uhr nachmittags das Urteil verkündet. Der Angeklagte wurde wegen versuchten Verbrechens nach§ 3 des Spionagegesetzes zu 5 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehrverlust berurteilt. 6 Monate Untersuchungshaft wurden ihm angerechnet. Nicolas hatte sich seit Jahren an Soldaten in Mez herangemacht, um für Frankreich militärische Geheimnisse auszufundschaften. Ein Soldat ging scheinbar auf das Ansinnen des Nicolas ein und ver schaffte ihm einen Plan, der aber keinerlei Geheimnisse enthielt.

frankreich .

Im Kriegsfalle wird die männliche Bevölkerung von ganz Britisch­Südafrika( d. H. der früheren Staaten Stapfolonie, Natal, Transvaal und Dranjefreistaat) auf Grund eines Milizsystems aufgeboten. Die heranwachsende Jugend wird in Kadettenorganisationen aus gebildet; 50 vom Hundert dieser Kadetten müssen während vier auf einander folgenden Jahren an Uebungen teilnehmen. Der Rest muß Schüßenvereinen beitreten, die gewisse Schießbedingungen mit staatlicher Munition erfüllen müssen. Bis zum bollendeten 45. Lebens­jahre verbleiben alle Dienstpflichtigen in der Reserve und können im Notfalle noch bis zum 60. Lebensjahre zur Verteidigung des Landes aufgeboten werden.

Zunächst wird nach Annahme des Gesetzes zur Errichtung eines Oberkommandos und der erforderlichen Stäbe geschritten, zu welchem 8wede im Juli dieses Jahres in Bloemfontein ein sechsmonatlicher Lehrgang für südafrikanische Stabsoffiziere beginnt, zu dem auch eine Anzahl früherer Burenoffiziere, die sich im letzten Kriege auszeichneten, herangezogen werden. Auch die Errichtung einer Fliegerschule ist in Aussicht genommen. Amerika.

Tafts und Roosevelts Boywettkampf um die republikanische

Kandidatur.

Chicago , 19. Juni. Die Führer der Anhänger Roosevelts und der Anhänger Tafts haben drei Stunden lang über den Antrag des Gouverneurs Hableh beraten, der 92 der angefochtenen Taftdele­gaten aus der Liste streichen und sie durch Anhänger Roosevelts er­feßen will. Als Watson, der Führer der Anhängerschaft Tafts, die Debatte schloß, wurde Hadley eine ohrenbetäubende Ovation dargebracht. Die Rooseveltanhänger zogen umher und schrien sich vor Begeisterung fast heiser. Als eine Dame dann von der Galerie herab ein Bild Roosevelts schwenkte, wuchs der Tumult ins Gren­zenloſe. Die Dame wurde von einigen Delegaten in den Saal geholt und auf den Schultern zur Rednertribüne getragen. Aus dem Höllenlärm ertönten abwechselnd die Rufe: Wir wollen Roose­belt, wir wollen Hadley!

Die Reaktion im Pariser Gemeinderat. Mit 38-43 unter 65 abgegebenen Stimmen hat der neu­gewählte Pariser Gemeinderat ein völlig reaktionäres -Bureau gewählt. Selbst die früher beliebte Ueberlassung einiger Posten an gemäßigte Republikaner wurde diesmal für überflüssig gehalten. Die 15 Sozialisten beteiligten sich nicht an der Wahl. In einer durch Genossen Varenne verlesenen Protest­erklärung weisen sie darauf hin, daß das arbeitende und republi­Der Lärm hielt dreiviertel Stunden lang an, und die Sibung kanische Paris dank dem geltenden Wahlsystem nicht gerecht im mußte während dieser Beit unterbrochen werden. Sobald Hadley Gemeinderat vertreten ist, und daß sie es ablehnen, diese Unge- sich wieder Gehör verschaffen konnte, beantragte er, daß seine Re­rechtigkeit durch Teilnahme an der Bureauwahl gutzuheißen. Bu solution der Kommission zur Prüfung der Beglaubigungssdyreiben gleich wandten sie sich damit gegen die republikanische Mehrheits- der Delegaten überwiesen werden solle. Gouverneur Deneen partei, die Radikalen: die Männer der Vergangenheit, die seit Illinois brachte einen Busabantrag ein, daß kein Delegat, dessen vielen Jahren die Macht innehaben, ohne die unabweisbaren Mandat bestritten sei, sich an der Abstimmung beteiligen dürfe. Reformen verwirklicht zu haben". Derem Kandidat Lampué, für Hierauf beantragte Watson, das Amendement Deneens unberüd­den 21 Radikale und unabhängige Sozialisten stimmten, hatte in ſichtigt zu lassen. Der Antrag Watsons wurde mit 564 gegen 510 Stimmen angenommen. Die Annahme bedeutet einen Triumph der Eröffnungsansprache, die er als Alterspräsident hielt, in für Taft. Die Abstimmung zeigt, daß Taft feit der gestrigen Ab­albern- gehässiger Weise die Organisation der Gemeindearbeiter Stimmung 6 Stimmen gewonnen hat. Die Angelegenheit der an­angegriffen und sich gegen jede Ausdehnung des Gemeindebetriebes gefochtenen Mandate wurde sodann unter Beifallskundgebungen der Anhänger Tafts dem Prüfungsausschuß überwiesen, und die ausgesprochen. Wie sehr die heutige Gemeindevertretung mit dem wirklichen Sigung wurde vertagt. Chicago , 20. Juni. Die Wahlprüfungskommission des repu­Willen der Pariser Wähler im Widerspruche steht, zeigt Genosse Cachin in der Humanité". Am.5. Mai haben 378 000 Wäh- blikanischen Nationalkonvents hat gestern einen Anhänger Tafts ler abgestimmt. Davon stimmten für die Konservativen 135, gegen einen Anhänger Roosevelts mit 30 gegen 18 Stimmen zu ihrem Präsidenten erwählt. Im Laufe des Abends verließen die Sozialisten 116, Radikalen 106, unabhängige Sozialisten Anhänger Roosevelts unter Protest die Kommission, da die Freiheit 21 Tausend. Danach müßten sie Vertreter zählen: Konservative 29 des Wortes unterdrückt werde. Sie fehrten zwar später zurüd, ber­( statt 39), Sozialisten 25( statt 15), Radifalen 22, unabhängige ließen jedoch bald darauf die Beratungen wieder, da sie auf ihr Sozialisten 4. Wie die Bureauwahl zeigt, zählen einige Gemeinde- Ersuchen, die Wahlen aller angefochtenen Delegierten nachzuprüfen, räte noch als Radikale, während sie tatsächlich den Konservativen feine befriedigende Zusicherung erhalten fonnten. zuzuzählen sind. Die ungleiche Verteilung der Mandate beruht auf der Ungleichheit der Wahlbezirke, die ein Berrbild des gleichen Wahlrechts geschaffen hat. Die zwölf Kleinsten Bezirke, fast sämt­lich reaktionär vertreten, zählen 155 240 Einwohner. Sie haben ebensoviel Vertreter wie die zwölf größten mit 830 300 Gin­wohnern, von denen zehn durch Sozialisten vertreten sind. Der größte Bezirk, Clignancourt, zählt 112.800 Bewohner, fast neun­

Aus der Partei.

Die Borberatung zum italienischen Parteitag. Rom , 18. Juni. ( Eig. Ber.) Der Kongreß der Sozialisten des Piemont, der unter dem Vorsitz der Genossen Trebes, Lerda und ẞistoja am 16. d. M. in Turin stattgefunden hat, hat mit

Jugendbewegung.

Auf dem Kriegspfade gegen die Arbeiterjugend. Im Februar d. J. unternahm die Arbeiterjugend 2iten­berg- Rummelsburg bei Berlin einen Ausflug nach den Gosener Bergen, wobei einige Volkslieder gesungen wurden. Als die Teilnehmer, zirka 60 an der Bahl, in lofen Zügen durch Köpenick ogen, wurden sie von einem Polizisten angehalten. Dieser bemühte sich, den Leiter des Buges festzustellen. Als ihm aber niemand den Leiter bezeichnen fonnte, glaubte er in dem Jugendlichen other den Leiter des großen nicht angemeldeten Aufzuges sehen zu müssen, weil dieser die Bemerkung machte, die Jugendlichen sollten nicht stehen bleiben und weiter gehen. Nother mit dem Zeugen Kliem wurden zur Polizeiwache fiftiert. Obwohl noch 5-6 Minuten an 9 Uhr fehlten, die Glocken aber schon läuteten, wurde hier ein Vergehen gegen die Sonntagsheiligung" festgestellt.

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Bei den Voruntersuchungen in Lichtenberg , auf dem Polizei­präsidium und vor dem Untersuchungsrichter gab man sich die größte Mühe, den Leiter des Buges ausfindig zu machen, weil Rother be stritt, der Leiter zu sein. Auch das Vorhandensein eines Vereins fonnte nicht festgestellt werden.

Das Schöffengericht Köpenick hatte sich am Mittwoch mit der Angelegenheit zu befassen. Auch hier konnte fein Leiter ermittelt werden. Der Amtsanwalt beantragte eine Strafe von 10 M. oder zwei Tagen Haft. In der Urteilsbegründung wurde zum Ausdruck gebracht, daß nicht erwiesen werden könnte, wer der Leiter des Zuges sei. Strafbar macht sich aber derjenige, der sich in einem derartigen Buge befindet. Ebenso wurde als erwiesen an­gesehen, daß der Hauptgottesdienst begonnen hatte, weil die Gloden der katholischen Kirche schon läuteten.

Der Angeklagte Rother wurde infolgedessen zu 2 M. Geldstrafe oder zu einen Tag Haft und zur Tragung der Kosten verurteilt. Der Nichter bemerkte in seiner Begründung, baß es bei ber­artigen Fällen immer so sei, die Sozialdemokratie habe zwar ihre Führer, aber sie seien in solchen Fällen niemals zu finden.

D6 man auch gegen Mitglieder des Pfadfinderbundes und andere nationale" Jugendorganisationen um einer ähnlichen Nichtig­feit willen das schiere Geschüß von Polizei und Justiz aufgefahren hätte? Der Arbeiterjugendbewegung fönnen solche Nadelstiche na­türlich keinen Abbruch tun. Im Gegenteil!

Soziales.

Beseitigung der Konkurrensffaufel!

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Der Ausschuß des Berliner Kaufmannsgerichts beschäftigte fich am Mittwoch mit folgendem Antrage, welcher von Gehilfenbeisibern ( Verein für Handlungskommis von 1858 in Hamburg und Kauf­männischer Hilfsverein, Verein Berlin ) gestellt war: Die bestehen­den§§ 74 und 75 des Handelsgesetzbuches fommen in Wegfall. An deren Stelle ist ein§ 74 mit folgendem Wortlaut zu sehen:" Jebe Konkurenzklausel, ob sie schriftlich oder mündlich in irgendwelcher Form und Absprache vereinbart wird, ist nichtig."

Falls dieser Antrag vom Ausschuß des Kaufmannsgerichts nicht angenommen werden sollte, hatten die Antragsteller folgenden Eventualantrag eingebracht, der die Forderungen des Hansabundes zur Frage der Konkurrenzflaufel präzisiert: Eine Vereinbarung zwischen dem Prinzipal und Handlungsgehil­1. Die bisherige Vorschrift des§ 74 des Handelsgesetzbuchs: fen, durch welche dieser für die Zeit nach der Beendigung des Dienst­verhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt wird, ist für den Handlungsgehilfen nur insoweit verbindlich, als die Be­schränkung nach Zeit, Ort und Gegenstand nicht die Grenzen über­schreitet, durch welche eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Handlungsgehilfen ausgeschlossen wird," soll dahin ergänzt werden, daß nach den Worten nur insoweit verbindlich" hinzuzu­fügen ist: als berechtigte Interessen des Geschäfts geschüßt werden follen und".

2. Es ist erforderlich, festzusehen, daß die Konkurrenzklausel nur noch für solche Handlungsgehilfen zulässig sein soll, welche ein Gehalt von mehr als 3000 m. beziehen.

3. Die Vereinbarung einer Konkurrenzklausel soll nur dann rechtswirksam sein, wenn dem Handlungsgehilfen für die über die Vertragsdauer hinausgehende Beschränkung seiner kaufmännischen Tätigkeit eine Entschädigung gewährt wird.

Diese vom Hansabund befürworteten sogenannten Verbesse rungen der Konkurrenzklausel wurden von dem größten Teil der Gehilfenbeifizer auf das schärffte bekämpft, weil den Handlungs­gehilfen nur mit einer völligen Beseitigung der Konkurrenzklausel gedient werden kann.

Als der Minister des Innern im Juni 1910 ein Gutachten auch von den Ausschüssen der Kaufmannsgerichte verlangte, stellte sich der Ausschuß des Berliner Kaufmannsgerichts in seinen Sibun gen im Oktober und November 1910 prinzipiell auf den Stand­punkt, daß die Konkurrenzklausel in jeder Form zu beseitigen fei. Seit jener Beit hätten sich die Verhältnisse wesentlich nicht verändert, so daß auch heute nur der erste Antrag auf völlige Beseitigung der Stonkurrenzflausel in Frage kommen fann. Von seiten der bürger. lichen Kaufleutebeifiber waren nur 4 Herren erschienen. Diese erklärten, daß sie über die Bugeständnisse, welche sie im Jahr 1910 bei Beratung der Vorschläge des Ministers des Innern gemacht Sie befürworteten hätten, auch heute nicht hinausgehen könnten. das Weiterbestehen der Konkurrenzklausel, weil diese für das Sandelsgewerbe unentbehrlich sei und der Handel bei Abschaffung derselben großen Schaden erleiden würde.

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Der Hauptantragsteller, der Vertreter des Vereins für Hand. Tungstommis bon 1858, fehlte in dieser Sigung, ebenso die Ver treter der Bankbeamten und des Leipziger Verbandes.

Bei der Abstimmung mußten trotzdem noch 2 Gehilfen aus. scheiden, da auf der Seite der Kaufleute nur 5 Beisiker anwesend waren. Für den Antrag auf völlige Beseitigung der Konkurrenz­flausel stimmten der sozialdemokratische Kaufmann und die 5 Ge­hilfenbeifiber, dagegen die 4 bürgerlichen Kaufleute. Der Antrag wurde also mit 6 gegen 4 Stimmen angenommen.

Zum Schluß der Sißung wurde zur Sprache gebracht, daß der Ausschuß im Oftober 1910 burch eine Kommission verschiedene Beschwerden über die unzulänglichen Räume des Berliner Gewerbe­und Kaufmannsgerichts beim Oberbürgermeister Kirschner an­gebracht habe. Hierauf erfolgte seitens des Magistrats erst eine Antwort im Mai dieses Jahres dahingehend, daß für Gewerbe­und Kaufmannsgericht zurzeit andere Räume nicht zur Verfügung stehen. Der Ausschuß erwartet von dem neugewählten Oberbürger­meister Wermuth mehr Entgegenkommen seiner Wünsche und will sich die seinerzeit gewählte Kommission an Herrn Wermuth zweds Abhilfe der zurzeit bestehenden Mißstände wenden.