refsorls mit feSetn Jahre: 1907 betrug er 74 Millionen, 1909: 94,1911: 120, 1912: 160 Millionen Rubel, um nun mit einem Schlageeinen gewaltigen Umfang anzunehmen.2. Die neue Flottenvorlage und die Parteien.Einige Tage vor der Schließung der dritten Duma hat dieRegierung das sogenannte„kleine Flottenprogramm" unter Dachund Fach gebracht, welches für 1912— 1917 Flottenbauten für übereine Milliarde Mark(602 Millionen Rubel) vorsieht. DieRegierung war offenbar der Ansicht, daß die Sündenlast der Dumazu klein war, und so. bürdete sie ihr kurz vor Toresschluß nocheine" Tat auf, die nicht nur dem Volke, sondern auch den Herr-schenden Gewalten schwere Erschütterungen verspricht. Es genügt,darauf hinzuweisen, daß der Etat des Marineressorts schon imnächsten Jahre 330 Millionen Rubel, d. h. mehr als der Marine-etat irgendeiner Seemacht, mit alleiniger Ausnahme Englands,betragen wird, und daß ferner das angenommene Flottenprogrammnur die Einleitung zu dem„großen" Programm(für 1918— 30]bildet, das nach den sehr mäßigen Berechnungen des Oktobristen-führers Gutschkow einen Gesamtaufwand von zweieinhalbMilliarden, nach anderen Berechnungen gar einen Aufwandvon dreieinhalb Milliarden Rubel oder 400 Millionenim Jahr erfordert, um allein die finanzielle Tragweite diesesBeschlusses zu kennzeichnen.Der Annahme der Flottenvorlage in der Duma ging eine ziem-lich heftige Diskussion in der Presse voraus, in welcher das Aben-teuerliche und Ungeheuerliche dieses Schrittes schlagend nachgewiesenwurde. Als Gegner der Vorlage trat u. a. auch der reaktionäreSchriftsteller M e n s ch i k o w in der„Nowoje Wremja" auf, derdie bisherige Rüstungstaktik verteidigte.„Natürlich"— schrieb er•—„seien Milliarden für die Flotte notwendig, aber vorher müsseman die Gewißheit haben, daß der Bau einer solchen Flotte durch-führbar sein." Unter den heutigen Verhältnissen könne die Ver-wirklichung des Flottenbauplanes nur dazu führen, einen Kriegzu provozieren. Mit äußerster Heftigkeit wurde die Vorlageauch von dem bekannten Marineschriftsteller„B r u t u s"(Pseu-donhm des Admirals a. D. Alexejew) bekämpft. Unmittelbar vorden Dumaverhandlungen trat er mit dem Nachweis in der Pressehervor, daß das Marineministerium bis zum gegenwärtigen Augen-blick nicht weiß, von welcher Größe die Schiffe sein sollen, diees bauen will, wieviel Geschütze diese tragen sollen usw. Könne da,schrieb er, ein Zweifel darüber bestehen, daß die halbe Milliardevon der Reichsduma einfach aufs Geratewohl verlangt werde, umso mehr, als von den fünf Werften, die mit Bestellungen bedachtwerden sollen, zwei zunächst nur auf dem Papier existieren undeine im Schiffsbau vollständig unersahren ist! Alle diese Ein-Wendungen und Enthüllungen fielen jedoch ins Wasser, denn dasSchicksal der Vorlage war bereits vom Zaren und der am Ruderbefindlichen Kriegspartei borausbestimmt, gleichviel ob die Dumaihre Zustimmung gab oder nicht.Um die„verfassungsmäßige" Form zu wahren, traten dieMinister und ihre Räte in der Kommission und im Plenum derDuma in Aktion. Zu einer eingehenden Erörterung kam es abergar nicht. Ministerpräsident Kokowzew drohte in der Kom-Mission, daß die Hinausziehung der Entscheidung bis zur MoskauerZarenfeier als Ablehnung aufgefaßt werden würde. Und in derDuma selbst wurde die Vorlage, die für das Reich von einschneidend-ster Bedeutung ist, in geheimer Sitzung an einem Tagedurchgepeitscht. In dem veröffentlichten Sitzungsbericht sind nurBruchstücke aus den Verhandlungen enthalten. Und die Rede desftßialdemokratischen Fraktionsredners, Genossen P o k r o w S k i, ist— da ihr Inhalt offenbar als„gemeingefährlich" angesehen wird—von der Regierung vollkommen unterschlagen worden.Mutzte das Häuflein der sozialdemokratischen Abgeordneten schonzur Verhandlung zugelassen werden, so war eben das schmählichsteMittel gut genug, um die sozialdemokratische Kritik dieses Atten-tates gegen das Reich dem Volke vorzuenthalten.Die Abstimmung über die Flottenvorlage ergab 223 Stimmenfür und 71 gegen das Gesetz. In der Minderheit stimmten dieSozialdemokraten, die„Arbeitsgruppe", die Kadettenfraktion und6 Oktobristen. Alle anderen Abgeordneten stimmten für die Vor-läge. Die Kadetten, die es sich natürlich nicht nehmen ließen,sich„grundsätzlich" als Anhänger des Militarismus und Marinis-mus zu erklären, formulierten ihre Kritik dahin, daß der politischeTeil der Vorlage ihnen verdächtig, der technische Teil—zweifelhaft, und der finanzielle Teil— irrig erscheine.Von den Oktobristen sprach nur ihr Führer Gutschkow gegendie Vorlage— den Fraktionsangehörigen selbst war die Art derAbstimmung f r e i g e st e l l t worden. Weshalb— geht aus folgen-der Meldung der gut unterrichteten„Wetfcherneje Wremja" hervor:„Die Banken haben sich vereinigt und gehen in geschlossenenReihen zum Angriff gegen die halbe Milliarde des Volksgeldesvor. Ihr Plan besteht in fMendem: die künftigen Flotten-bestellungen müssen in ihre Mnde gelangen; zu diesem Zwecksoll von den Werften Besitz ergriffen werden; geht das nicht,so mutz eine neue Aktiengesellschaft zur Gründung neuer Werftegebildet werden, denen die Flottenbestellungen zugeschanzt werdensollen.... Wie aus sicherer Quelle verlautet, sollen die be-treffenden Börsenleute die Gewißheit haben, daß die„kompetentenKreise" ihnen keine Hindernisse in den Weg legen werden, denndiese Kreise sind an der lebhaften Tätigkeitder Petersburger Banken weit mehr inter-essiert als an der richtigen und ernstenOrga-nisation des Schiffsbau s."Das Bachanal der Panzerplattenpatrioten und Spekulantenbegann also bereits, bevor die Vorlage unter Dach und Fach ge-bracht war; das erklärt zu einem großen Teil die plötzliche Flotten-begeisterung der„führenden" Dumapartei, die den Bank- undBörsenkreisen ebenso nahe steht wie der Bureaukratie. Die jetztinaugurierte Prestigepolitik ist ebenso nach ihrem Geschmack wiedie verstärkte Aktivität der zarischen Diplomatie in Persien undin der Mongolei, und die jetzt begonnenen gewaltigen Rüstungenwerden von ihr ausschließlich von diesem Standpunkt und derMöglichkeit fetter Profite bewertet. Ob das Reich hierbei demfinanziellen Ruin entgegengetrieben und das Volk noch mehr derVerelendung preisgegeben wird, ist diesen Hyänen des Schlachtfeldesebenso gleichgültig, wie die drohenden Perspektiven, die durch dasMettrüsten heraufbeschworen werden.ver Krieg.Türkische Soldatm, die zu den aufständischen Albanesenübergehen.Konstantinopel, 26. Juni. Nach näheren Nachrichten ausM o n a st i r soll die Zahl der bisher mit sieben Offizierendesertierten Soldaten hundert übersteigen. Es wird behauptet,die Bewegung sei gegen das jungtürkische Komitee gerichtet, wasaber noch nicht erwiesen ist. Die desertierten Offiziere sind sämt-lich Albanesen. Die Verfolgung der Deserteure ist eingeleitet, dochsoll sich die Regierung bemühen, auf sie durch Ratschläge eiuzu-wirken.Ein Communique des Ministeriums des Innern sagt, diedesertierten albanesischen Offiziere und Soldaten seien längst alsBekeumr der von den Rebellen verfochtenen Ideen erkannt worden.Ihr Vorgehen Mefie den Zwecken jener, Me gegKt die Interessender Türkei arbeiten und bilde einen Verrat, der die InteressenItaliens fördere. Die Regierung tue ernstlich ihre Pflicht. DieVerräter würden bestraft werden. Weiter besagt tms Communiquebezüglich der Desertationen in Monastir, daß ein Hauptmann, neunLeutnants und etwa 60 Soldaten aus den Garnisonen Monastir,Perlepe und Dibra desertiert seien. Den zur Verfolgung aus-gesandten Detachements gelang es, zwei Offiziere und zwei Sol-daten festzunehmen. Sechzehn Unteroffiziere und Soldaten sindreuig zurückgekehrt. Ueber den Vorfall ist eine Untersuchung ein-geleitet worden,Politilcde dcberRcbtBerlin, den 25. Juni 1912.Am 8. Juli Termin gegen Borchardt«nd Leinert!Frau Justitia hat es erstaunlich eilig, die GenossenBorchardt und Leinert auf die Anklagebank zu bringen. Nach-dem den beiden Genossen in den letzten Tagen der Beschlußder Strafkammer auf Eröffnung des Hauptverfahrens gegensie zugegangen war. ist am Dienstag, dem 25. Juni, bereitsdie Ladung zum Termin zur Hauptverhandlung erfolgt!Und zwar ist die Verhandlung bereits auf den 8. Juli, vor-mittags 9% Uhr, vor der 1. Strafkammer des Landgerichts IBerlin anberaumt. Der Staatsanwalt hat dazu den Abge-ordneten Dr. Schifferer als Zeugen geladen.Genosse Borchardt wird beschuldigt,„auS einemabgeschlossenen, zum öffentlichen Dienst bestimmten Raum,in dem er ohne Befugnis verweilte, auf die Aufforderungdes Berechtigten sich nicht entfernt zu haben und in diesenRaum widerrechtlich eingedrungen zu sein". Außerdem wer-den beide Genossen beschuldigt, den Schutzleuten,„welche zurVollstreckung von Befehlen und Anordnungen der Verwal-tungsbehörden berufen sind, in der rechtmäßigen Ausübungihres Amtes durch Gewalt Widerstand geleistet zu haben".— Der Antrag der beiden Angeschuldigten auf Eröffnungder Voruntersuchung wird abgelehnt. DieStrafkammer ist der Meinung, daß keine erheblichenGründe vorliegen, aus denen eine Voruntersuchungzur Vorbereitung ihrer Verteidigung er-forderlich erscheint!Die Justizbehörden haben offenbar die Absicht, dasStrafverfahren gegen Borchardt und Leinert so zu b e-schleunigen, daß es vor der Entscheidung despreußischen Kammergerichts über die Rechts-gültigkeit der Geschäftsordnung des preu-ßischen Landtags zu Ende kommt! Gegen denPolizeileutnant Kolb und seine Schutzleute ist Strafantragwegen Vergehen gegen das Strafgesetz erstattet, und zwarwegen Verletzung der Immunität unserer Genossen Borchardtund Leinert. Gibt das Kammergericht dieser StrafanzeigeFolge, dann liegt auf der Hand, daß Borchardt und Leinertnicht widerrechtlich handelten, als sie sich gegen die Ver-letzung der Abgeordnetenimmunität zur Wehr setzten. Indiesem Falle kann natürlich auch eine Verurteilung nicht er-folgen, und dieser Eventualität möchte man offenbar zuvor-kommen.Der blinde Eifer der Frau Justitia kann uns auS politi-schen Gründen natürlich nur hochwillkommen sein!Ein schönes Ende.Zum Krach in der nationalliberalen Partei des WahlkreisesBochum, über den wir gestern bereits kurz berichteten, wird unsausführlicher geschrieben:„Die Jndustriekonsevvativen und Oberscharfmacher im Wahl-kreise Bochum, die Baare, Kirdorf und Konsorten, haben eS sich be-kanntlich Hunderttausende von Mark kosten lassen, um den Wahl-kreis Bochum der Sozialdemokratie wieder zu entreißen. Sie stelltenschon vor der Wahl 1907 einen Generalsekretär und sieben Unter-sekretäre an, die auf die Hauptzentren des Wahlkreises verteiltwaren. Mit Hochdruck wurde jahrelang gearbeitet. Die organi-satorischen und besonders die finanziellen Erfolge, die man sichversprochen, blieben aber aus. So vorzüglich man sich auch aufdas Schnorren verstand: den Löwenanteil der gewaltigen Unkostenmußten nach wie vor die Zechen- und Hüttenbesitzer selber zahlen.Schließlich wurde man mit dem Generalissimus Hans Schackunzufrieden; man schob ihm den größten Teil der Schuld an denMißerfolgen zu. Vielleicht nicht ganz mit Unrecht. Aber das inter-essiert hier weiter nicht. Tatsache ist, daß die hochmögenden Macherder nationalliberalen Partei im Wahlkreise immer unzufriedenermit ihrem Schack und seinen Knappen wurden, und daß nur dieherannahende Reichstagswahl hemmend auf den Lauf der Dingeeinwirkte.Der Generalsekretär HanS Schack wußte, daß sein Schicksal hü-siegelt war, wenn es nicht gelang, der Sozialdemokratie den Wahl-kreis zu entreißen. So erklärt sich, daß dieser Mann, dessen ganzesAuftreten in nichts an seinen früheren Beruf als Pastor erinnerte,während des letzten Wahlkampfes zu den skrupellosesten Mittelngriff; so flrupellos, daß sich sogar der damalige Vorsitzende dernationalli'beralen Partei im Kreise, Rechtsanwalt Hchdeman, seiner'chämte. Aber der Zweck heiligt die Mittel. Diesen christlich-jesuiti-'chen Grundsatz hatte Schack sich zu eigen gemacht. Nicht nur hatteer es verstanden, mit den Bochumern Zentrumsführern, die er nochvor nicht langer Zeit in öffentlicher Versammlung mit den Worten:„Da sitzt die Schweinebandel" apostrophierte, ein schmachvollesStichwahlabkommen zu entrieren, er scheute nicht davor zurück,mit dem Zentrum den schamlosesten Schwindel zu betreiben, derbei der letzten Reichstagswahl verübt worden ist. Schack war es,der am Stichwahltage den Wahlkreis Bochum mit der elenden, vonden Bochumer Zentrumsleuten ausgeheckten Verleumdung über-'chüttete, daß Sozialdemokraten die polnische Kirche in Bochum mitKothaufen beschmutzt hätten. Was nach der von den Christenführernentfachten beispiellosen Hetze gegen Genossen Hue noch an der E«»weckung infernalischen Hasses möglich war, das wurde mit diesemKothaufenschwindel erreicht.So wurde der Renommier-Arbeiterkandidat Heckmann gewählt.Ein Mann, auf den die Ausführungen des Politikers vorzüglichpassen, der jüngst im„Deutschen Reichsarchiv" jammerte, daß füralles Mögliche ein Befähigungsnachweis verlangt werde, nur nichtdie Gesetzgeber.Und doch soll nun die Herrlichkeit ein Ende haben. Die Geld-leute der vorgenannten nationalliberalen Partei im Kreise könnenrechnen, und die kalkulieren offenbar so: Der Zweck, den wir mitdem kostspieligen Organisationsapparat verfolgt haben, ist erreicht:Hue ist hinaus. Und zwar mit geschlossener Hilfe des Zentrumsund der Zentrumsgewerkschaften. Was sollen wir da noch miteinem so großen und kostspieligen Hauspersonal während der stillenZeit? Und im übrigen: Der Schack und seine sieben Schwaben tunsja doch auch nicht, hätten den Kreis auch nicht erobern können, wenndie Schwarzen nicht bis aus den letzte» Wann mit angetretenUnd diese hassen sich tkuktmeyr«ich für bke Zukunft fest«gelegt. iDiese und vielleicht auch noch andere Erwägungen und lim-stände sind offenbar für den Entschluß entscheidend gewesen, dem!Hauspersonal zu kündigen. Die„Rheinisch-Westfälische Zeitung*berichtete in anerkennenswerter Offenheit über die Kündigung infolgender Form:„Die innere Krisis der nationalliberalen Gesambpartcikommt auch darin zum Ausdruck, daß die nationalliberale Wahl-kreiSorganisation Bochunr-Gelsenkirchen-Hattingen-Herne-Wittenwegen künftigen Wegfalls der bisherigen Unterstützung aus In.dustriekreiisen ihre Parteibureaus in Herne, Hattingen, Witten,Wattenscheid und Wanne mit dem 1. Juli eingehen läßt. Densechs Parteisekretären, von welchen fünf aus dem Arbeiterstandshervorgegangen sind, war am 1. April die vertragliche viertel-jährliche Kündigung zugestellt worden. Dem Generalsekretär desWahlkreises, Schack in Bochum, ist auf 1. April 1913 gekündägt."Das Talglicht von Buttenhansen.Eine recht interessante Charakteristik des Herrn Mathias Erz»berger gibt die neueste Nummer der antibachemitischen.KölnerKorrespondenz". Sie schreibt u. a.:„AuS der„Kölner" Presse erhält man den Eindruck, daß Bachem.Erzberger und Kaufmann die drei berühmtesten Männer deskatholischen Deutschland sind. Dr. Jul. Bachem und Dr. Kaufmannstehen sich als die feindlichen Feldherren gegenüber. Mathias Erz»berger, der alles weiß und alles kann, balanciert zwischenbeiden und bekommt daher bald auf der einen, bald auf deranderen Seite seine Gegenstöße. Es ist noch nicht lange her, da er»klärte Herr Erzberger, es w i d e r st r e b e ihm, der„Kölnische»Vollszeitung" eine Berichtigung zu schicken; vqn der„SchlesischenVolkszeitung"(Kölner Richtung) wurde er scharf zurechtgewiesen,und den Protest gegen die ZentrumskandidaturSpahn hat er mit unterschrieben. Momentan befindet er sichwieder auf der.Kölner' Seite. Seine Opportunisten-Natur undseine persönliche Kampfesweise drängen ihn zu den Kölnern hin,bei denen er nun hoffentlich für eimge Zeit hängen bleiben wird."Liberales Wahlabkommen für die wiirttembergische«Landtagswahlen.Für die Neuwahlen zum Württembergischeu Landtag habenNationalliberale und Fortschrittler ein Wahlbündnis geschlossen.Ueber die Einzelheiten sollen erst dann Mitteilungen gemacht werden,wenn die Landesausschüsse der beiden Parteien dem Bündnis ihr»Zustimmung gegeben haben. In vier Landtagswahlbezirken ist eineEinigung nicht erzielt worden; diese Bezirke scheiden bei dem all»gemeinen Wahlabkommen aus. Das Wahlbündnis geht dahin, daßin den einbezogenen Kreisen nur je ein liberaler Kandidat auf»gestellt wird. Die Kreise werden zwischen beiden Parteien auf»geteilt, Fortschrittler und NationaUiberale stimmen für dengemeinsamen Kandidaten.Die Liberalen setzen große Hoffnungen aus das WaWüodoiS.Bismarck über die Kolonialpolitik.In einem soeben erschienenen Buche„Gerhard RohlfS" vonKonrad Günther werden Briefe des bekannten Afrikareisendenveröffentlicht, die seine Erlebnisse mit dem Fürsten Bismarck schiUdern. RohlfS war in den achtziger Jahren ein häufiger Gast deSReichskanzlers. Im Jahre 1884 äußerte sich Bismarck in bezug aufdas belgische Kongounternehmen nach den Aufzeichnungen des ver»storbenen Afrikaforschers folgendermaßen:„Ich wäre gar nicht abgeneigt, in irgendeiner Weise einAbkommen zu treffen. Entweder wir übernehmen dasganze Unternehmen, kauften es dem König derBelgier ab und setzten uns an die Stelle der InternationalenGesellschaft, oder wir entschädigten den König der Bel-gier, übernehmen eine Art Protektorat, und setzen an dieStelle der International Association eine Art deutsch er Han-delskompagnie, ähnlich wie die frühere Englisch-Oesterreichische Kompagnie, die sich selbst regierte, worüber wir nurstaatlich die Oberaufsicht hätten, oder aber drittens, wenn Siefinden, daß schon koits accornplis vorliegen, dann muß man sehen»für die Deutschen dieselben Vergünstigungen zu be-kommen, die den anderen Nationen gewährt sind. Das wäredie Hauptsache. Eigentlich kolonisieren könnenund wollen wir nicht. Wir werden nie eine Flottehaben wie Frankreich. Und unsere Handwerker, R e f e-rendare, ausgediente Soldaten usw. taugenauch nicht zum Kolonisiere n."Auch hier zeigt sich wieder, daß Bismarck weit davon entferntwar, kolonial- und weltpolitischen Projekten zuzuneigen.»Wirwerden nie eine Flotte haben wie'Frankreich," prophezeite er da-■malS. Ein Vierteljahrhundert später hat Deutschland die franzö-fische Flotte bereits überflügelt, um nunmehr mit der englischenFlotte zu wetteifern! Der Heros des Jahrhunderts war also indieser Beziehung ein schlechter Prophet. Darin allerdings hater sich als scharfsichtiger Realpolitiker erwiesen, daßer die Meinung vertrat, unsere Referendare und ausge-dienten Soldaten taugten nicht zum Kolonisie-renl Unsere ganze kolonialpolitische Geschichte hat dies Faktumbestätigt. Und alle Zukunft wird dem Fürsten Bismarck von neuemrecht geben.Interessant ist aus den Briefen Rohlfs auch eine AeußerungBismarcks über den italienischen Bismarck, Herrn C r i s p i. Bis-marck erklärte bei derselben Unterredung mit dem Afrikaforschcr,Crispi sei„ein so indiskreter Mensch" und so„lügenhaftdazu", daß er, Bismarck,„schon hundertmal bereut habe, ihn einstin Gastein empfangen zu haben". Drei Jahre später war Crispimehrere Tage lang der Gast Bismarcks in Friedrichsruh!Der„nationale" Luftflottenverein.Der Luftflottenverein hat seine Schwenkung ins natio-nale Fahrwasser so gut wie vollzogen. Am Sonnabend, den22. Juni, fand in Berlin unter dem Vorsitz des Reichstags-abgeordneten Bassermann eine Ausschutzsitzung des DeutschenLuftflottenvereins statt. Der schon auf der letzten Mitglieder-Versammlung angeregte Gedanke, den Verein zu einem natio-nalen Verein auszugestalten, wurde im Ausschuß aufgenom-men und soll nun einer außerordentlichen Mitgliederversamm-lung, die Ende Oktober in Mitteldeutschland, wahrscheinlichin Kassel, stattfindet, vorgelegt werden.Der Verein wird nun in dem Ruf nach„Stärkungunserer Wehrmacht" mit dem Wehrverein und demFlottenverein in Wettbemerb treten nach der Parole: Uli»se r e Zukunft liegt in der Luft!Entschlüpfte Bekenntnisse.Die„Post" fuhr in ihrem Leitartikel von gestern. Dienstag, den26. Juni, aus Versehen den richtigen Weg, denn sie schrieb in dermexikanischen Mordsache:..... es geht in Mexiko, wie es ist Deutschland ist:wer da wagt, wider Yen amtlichen Stachel zu löcken, der stehtmit einem Fuße schon jenseits aller bürgerlichenEhrenrechte."Gerade die„Post" gehört zu den gewissenlosesten und schmutzigstenHetzern gegen die� Arbeiterbewegung, weil diese nicht so ist. wie es