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denen in den südwestafrikanischen Kolonialhauptplätzen d i e ganze Bevölkerung lebt, wäre Südwestafrika, die herrlichste deutsche Eroberung, einfach tot! Dazu kommt noch, dah sich immer mehr herausstellt, daß man die Resultate der Diamantenfunde überschätzt hat. Wenn es erst einmal zu einer völligen Säuberung auf dem Gebiete der Diamantengesellschaften ge- kommen ist, wird es in Südwestafrika noch trauriger werden. Eisenbahnen besaß Südwestafrika Ende 1911 2126 Kilo- meter, davon 711 Kilometer im Bau. Die Weißen, die im Eisen- bahnbetrieb ultd am Eisenbahnbau beschäftigt sind, gehören natür- lich auch zur weißenBevölkerung" Südwestafrikas! Auf den vollspurigen Eisenbahnkilometer kommen in Deutschland zwölf Eisenbahnpersonen, diese Verhältnisziffer läßt sich nicht auf Süd- westafrika übertragen, nimmt man dort auch nur für jeden Kilo- meter eine Person an, und wird die im Bau begriffene Strecke ebenso mitgerechnet, so sind das wieder 2126 Personen, die mit der eigentlichen Produktion gar nichts zu tun haben resp. nur insoweit zu tun haben, als die Kolonie wirtschaftlich lebenskräftig ist. Abgesehen von der Versorgung der mntlich tätigen weißen Bevölkerung, die im besonderen für das Militär ziemlich um- fangreich ist, kommt in Südwestafrika in erster Linie die Diamantenausfuhr in Betracht; sie erbrachte 1911 ins- gesamt 11,4 Millionen Mark mehr als 1919. Nur 1,2 Millionen Mark der Steigerung in der Gesamtwarenausfuhr kommen auf andere Waren, darunter in erster Linie auf die Kupfer- ausfuhr, die um eine Million Mark zugenommen hat. Die Blei ausfuhr hat sich vermindert. Die W o l l ausfuhr ist um ganze 56 666 M. gestiegen. Die K l e i n v i eh ausfuhr wieder ist um 46 289 M. zurückgegangen, im Vorjahr war sie um gerade ungefähr soviel gestiegen! An Farmbetrieben, die, wie wir weiter oben schon ausführten, gerade einen Farmer mehr bekommen haben, exi- stierten 1141 in Privatbesitz . Sie wurden am 1. April 1911 ge- zählt. Davon sind 1911 116 verkauft und 56 verpachtet worden. U n b e w i r t scha ftet waren 146 Farmen! Noch nicht bewirtschaftet 18. Die Viehziffern zeigen eine kleine Steigerung. So sieht es in der bedeutendsten deutschen Kolonie Südwestafrika aus. Interessant ist auch, nachzuprüfen, aus welcherlei Einnahmen sich die Steuerkassen dieser Kolonie füllen. Da haben wir eine Spirituosen-, Scheck- und Handelssteuer, eine B rannt» weinsteuer, eine Biersteuer und eine Hundesteuer, die zusammen 435 666 M. einbringen sollen Etatentwurf 1911, alle anderen Steuereinnahmen Grundsteuer, Umsatzsteuer bringen 346 666 M. Alles in allem, die Regierung und ihre bürgerlichen Parteien mögen sichs das nächste Mal, ehe sie Südwestafrika wieder er- wähnen, genauer überlegen, es wird ihnen manche Wahrheit zu sagen sein. Der(Krieg. Tie Masscndesertion türkischer Soldaten in Manien. Konstantinopel , 26. Juni. Nach den letzten Meldungen aus Monastir soll die Zahl der fahnenflüchtigen albanischen Soldaten zweihundert überschreiten. Der Rangälteste der desertierten Offiziere ist der albanische Hauptmann Tajar Bey. Die Deser- teure, die angeblich einige Maschinengewehre in ihrem Besitz haben, sollen sich im Gebirgsgcbiete bei Demirhissar, etwa dreißig Kilo- meter nördlich von Resna, befinden. Hauptmann Tajar Bey hat ein Schreiben an den Kommandanten von Monastir hinterlassen, in welchem er erklärt, die Bewegung sei nicht gegen das Vater- land, sondern gegen die Herrschaft des jungtürkischen Komitees gerichtet. Zwei Bataillone sind zur Beobachtung der Deserteure, mit denen die Alttürken sympathisieren sollen, abgesandt. Südlich von Skutari haben am 23. Juni zwischen Regierungstruppen und Malissoren Zusammenstöße stattgefundeni, wobei es auf beiden Seiten einige Tote und Verwundete gab. Schwierige Lage der Türkei in Arabien . Rom , 22. Juni. DieAgenzia Stefani" meldet aus Massaua Von gestern: Die türkische Garnison der Farsaninseln, die aus über 866 Mann bestand, ist von den Truppen Said Jdris(des rebellischen und jedenfalls mit italienischem Gelde unterstützten Araberscheiks. D. R. ), die auf 11 kriegsmäßig ausgerüsteten arabischen Segel - schiffen dorthin geschickt waren, gefangen genommen worden. Die Garnison leistete nur geringen Widerstand. Auf dem Festlande haben während der letzten Wochen mehrere Zusammenstöße stattge- funden, die sämtlich günstig für Said Jdris waren. Soliman Pascha , der sich eingeschlossen in Ebha befindet, versucht« auSzu- brechen, wurde aber nach kurzem Kampfe, in dem er über zwei- hundert Mann verlor, gezwungen, sich von neuem in der kleinen Festung einzuschließen, wo er, nur mit dem Notwendigsten an Lebensmitteln versehen, belagert wird. Auch Kunfuda ist von den Truppen Said Jdris belagert. Loheia und Hodeida droht die Be- lagerung. Die Zahl der Anhänger des Schecks wächst mit jedem Tage. Auch einer der stärksten Stämme Jman Jahias, der Stamm Hasced, der mehrere tausend Gewehre zählt, ist von Jman Jahia zu Said Jdris übergegangen und befindet sich gegenwärtig in Haroda. Diese Tatsache ist sehr wichtig, weil der Abfall der Leute von Jman Jahia auch die Lage in Sana, der Hauptstadt des Jemen , schwierig macht. Ueber türkische Bewegungen gegen den Scheik liegen keine Nachrichten vor, im Gegenteil, die Nachrichten über An- käufe von Kamelen, die die Türken vornehmen sollten, werden aus guter Quelle in Abrede gestellt. politische(lebersicbt. Berlin , den 26. Juni 1912. Strafe dem» der sein Recht für das Volk gebraucht! DieDeutsche Tageszeitung" tritt mit lebhafter Befriedigung über das Eiltempo der Anklagebehörde in der eigenartigen Anklage gegen die Genossen Borchardt und Leinert ein. Sie hält die mit der Verfassung und dem Gesetz unvereinbare Anklage für völlig begründet. Weshalb? Die Gründe muß man zwischen den Zeilen lesen. Wie liegt denn der Sachverhalt? Die Angeklagten sind zu Mitglie- dern des preußischen Abgeordnetenhauses gewählt. Als solche haben sie das Recht und die Pflicht, an den Sitzungen des Abgeodnetenhauses teilzunehmen. Das taten sie. Ein Polizeileutnant tund eine Anzahl Schutzleute hat den auf Grund der Verfassung im Sitzungs- saal weilenden Abgeordneten Borchardt gewaltsam aus dem Saal entfernt, also einen Hausfriedensbruch und das im Z 165 St.G.B. gekennzeichnete Verbrechen gewaltsamer Entfernung eines Abge- ordneten aus dem Sitzungssaal begangen. Darauf wird Borchardt, dessen verfassungsmäßig feststehendes Recht zum Aufenthalt im Sitzungssaal aufs gröblichste verletzt ist, wegen Hausfriedens­bruchs angeklagt. Genosse Leinert, der von der Polizei zum Regierungstisch getragen wurde, erhielt, wie überdies Borchardt, die Anklage wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt. Die «DkUtsche Tageszeitung" findet das ganz in der Ordnung, weif der Präsident des Abgeordnetenhauses die Polizei zu ihrer Hand- lung veranlaßt hatte. Wäre die Auffassung der agrarischen Zeitung richtig, so würde ein Bauer, der sich einer gewaltsamen Fortnahme seiner Kuh widersetzte, oder der Redakteur Dr. Oertel, der dem gewaltsamen Fortnehmen seiner Uhr Widerstand leistete, strafbar, wenn der Präsident die Fortnahmeangeordnet" hatte. Einer auf diesem unsinnigen Schluß aufgebauten Anklage würde Dr. Oertel mit Recht entgegenhalten:Ich bin nicht strafbar, weil ich von meinem Recht Gebrauch gemacht habe! Uebrigens ist es ja eine tolle I u st i z, daß die Anklage gegen mich erhoben ist, bevor über meine Beschwerde wegen Nichtanklage gegen den Dieb und Anstifter zum Dieb st ahl ent- schieden ist!" Im Fall Borchardt und Leinert aber solls mit einem Male anders liegen! Weshalb? Weil die beiden angeblichen Missetäter Sozialdemokraten sind und weil der SatzStrafe dem, der das Recht eines anderen verletzt" umgedreht wird in den Satz:Strafe dem, der sein Recht für das Volk ge- braucht". Uns ist es recht, daß so recht unverhüllt durch diesen Prozeß vor aller Welt gezeigt wird, daß nach dem Wunsch der Agrarier Recht und Gerechtigkeit für Arbeiter und Arbeitervertreter in das Gegenteil zu wandeln ist. DieDeutsche Tageszeitung" nimmt noch Bezug auf einen uns nicht bekannten Aufsatz des Staatsrechtsprofessors von Bor . In diesem Aufsatz lege von Bor dar, daß die oberstaatsanwaltliche Ablehnungsbegründung der Anzeige gegen den Polizeileutnant und die Schutzleute hinfällig sei, denn die Oberstaatsanwaltschaft, die das Recht zum Eingriff des Präsidenten und der Polizeitruppe aus der Geschäftsordnung deduziere, verwechsele die Begriffe autonomund souverän. Diese Anficht stimmt mit der von uns wiederholt dargelegten und im Jahre 1879 im Reichstag auch von konservativer Seite geäußerten Ansicht durchaus überein. Das Abgeordnetenhaus ist autonom, das heißt von Regierung, Herren- haus und anderen Faktoren unabhängig bei Schaffung seiner Ge- schäftsordnung. Der Inhalt dieser Geschäftsordnung darf aber gegen kein Gesetz, insbesondere nicht gegen die Verfassung oder ein Reichsgesetz verstoßen. Das tut aber eine Aufforderung, einen Ab- gordneten aus dem Saal zu entfernen oder dem Dr. Oertel seine Uhr fortzunehmen. Sie ist rechtswidrig, verletzt die Verfassung und enthält im Falle Borchardt den Tatbestand der in K§ 165, 166 StGB. mit Zuchthaus bedrohten Verbrechen, im Fall Dr. Oertel den Tat- bestand des Z 242 StGB.(Diebstahl). Das Recht des Präsidenten wie das eines anderen Abgeordneten, im Sitzungssaal anwesend zu sein, beruhe auf derselben Quelle, der Verfassung und der Wahl. Beide haben«in Recht auf Anwesenheit im Sitzungssaal und keiner von beiden habe ein größeres Recht, dem, der von diesem Recht Ge- brauch macht, des Hausfriedensbruchs zu zeihen, ist der Gipfel der Verwilderung des Rechtsgefühls. Professor v. Bor soll weiter darlegen, eventuell könne vielleicht ein Notwehrrecht des Präsidenten in Frage kommen. Notwehr ist diejenige Verteidigung, welche erforderlich ist, um einen gegenwärti- gen rechtswidrigen Angriff von sich abzuwehren. Auf feiten Borchardts und Leinerts kann von einem rechtswidrigen Angriff ihrerseits gegen den Präfidenten ganz und gar keine Rede sein. Würde Beweisaufnahme über den Vorfall angeordnet werden solche in einer Voruntersuchung vorzunehmen wäre am Platze ge- wesen, so würde nochmals in aller Oesfentlichkeit klar gelegt wer- den, daß für die Entfernung des Genossen Borchardt nicht die ge- ringst« Veranlassung vorlag. Hätten die Abgeordneten Borchardt oder Leinert die Truppe, die unter Verletzung der Verfassung und des Strafgesetzbuchs den rechtswidrigen Angriff vornahm, nieder- geschossen, so hätten sie in berechtigter Notwehr gehandelt. Eine stürmische Sitzung im bayerischen Landtage. Am Schluß der Mittwvchsitzung, in der der Etat des Innern beraten wurde, kam es in der Kammer der Abgeordneten zu einem eit zwei Jahrzehnten im bayerischen, Landtage nicht erlebten Zu» sammenstvß der Linken mit dem Präsidium. Genosse Segitz sprach über die Nichtbeftätigwng sozialdemokratischer Beigeordneter und Bürgermeister. Das frühere Ministerium hat von Fall zu Fall entschieden, je nach Lage der Verhältnisse. In großen, Ge- meinden hat eS die Wahl von Sozialdemokraten bestätigt, in kleineren Gemeinden aber die Bestätigung versagt. Von einem grundsätzlichen Ausschluß der Sozialdemokraten als Bürgermeister und Beigeordnete war jedoch keine Rede. Die früheren Minister hatten also, so schloß Segitz, jedenfalls vor der Verfassung mehr Achtung und Respekt als die jetzigen.(Sehr richtig! links.), Vizepräsident Frank erwiderte, es sei nicht zulässig, wenn auch auf indirektem Wege, einem Minister die absichtliche Mißachtung der Verfassung vorzuwerfen.(Großer Widerspruch links.) Segitz: Es kann gar kein Zweifel darüber sein, daß die Nichtbestätigung sozialdemokratischer Bürgermeister ein glatter Verfassungsbruch ist.(Stürmische Zustimmung bei den Sozial- dcmokraten.) Vizepräsident Frank, der sich kaum Gehör verschaffen kann, erklärh ev rufe den Redner abermals zur Ordnung, denn sein Verhalten verstoße gegen die Ordnung des Haufes.(Ent- rüstungsfturm links. Rufe: Schmarrn! Feuerwehr! Andauernder Lärm.) Segitzi verlas nunmehr die entsprechenden Verfassumgs- bestimmungen. Er wiederholte, daß die Nichtbestätigung sozial- demokratischer Bürgermeister ein glatter Verfaffungs-bruch fei.(An- haltender Beifall bei den Sozialdemokraten; große Bewegung.) Vizepräsident Frank: Ich muh nunmehr dem Redner das Wort entziehen.(Entrüstete Rufe bei den Sozialdemokraten!: Unerhört! Schutzmann!) So kann man die Verhandlungen nicht weiterführen.(Rufe links: Wo ist der Leutnant?!) Abg. v. Volkmar(Soz.)(zur Geschäftsordnung): Ich will in alle»' Ruhe dem Präsidenten beweisem daß er im Unrecht ist. Wir sind hier als Volksvertreter und haben das Recht, Beschwerden gegen die Regierung vorzubringen, und wenn wir sinden, daß die Regierung sich mit Gesetz und Verfassung in, Widerspruch gesetzt hat, so müssen wir das auch sagen dürfen.(Lebhafte Zustimmung links.) Ich würde den Präsidenten bitten, sich die ganze Sache nochmal zu überlegem und er wird einsehen, wie unrecht er hat. Vizepräsident Frank machte geltend, daß das Wort Verfassungsbruch" in diesem Zusammenhange sicherlich nicht etwa bloß die objektive Tatsache einer Verfassungsverletzung enthalte, sondern die subjektive Absicht der Verletzung und Mißachtung der Verfassung ausdrücken solle.(Stürmische Zwischenrufe links: Zu solcher Unterscheidung fehlt Ihnen ja die Intelligenz!) Im übrigen, schloß Frank, könne an das HauS appelliert werden. Abg. Sützheim(Soz.): Es ist eine unberechtigte Zu- mutung des Präsidenten, vom Kollegen Segitz zu verlangen, daß er erklärt, wie er seinen Ausspruch gemeint hat. Wenn wir der Ueberzeugung sind, daß eine Maßnahme der Regierung eine Vcr- lctzung der Verfassung darstellt, so ist es unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit als Volksvertreter, das auch zum Ausdruck zu bringen. Die Nichtbestätigung von Sozialdemokraten als Bürger- me.istex}{| eine Maßnahme, die im glgjleo Widerspruch steht mit dcft Bestimmungen und dem Geist« der VerfassuNA Wfr hallfll die Verpflichtung und das gute Recht, dies zum Ausdruck zu bringen und werden uns in diesem Recht nicht irre machen lassen, sobald ein Minister die Verfassung bricht. Ich nehme den Ausdruck des Kollegen Segitz auf und wiederhole ihn unter der vollen Zu- stimm ung meiner ganzen Fraktion.(Stürmisches Bravo! links.) Vizepräsident Frank rief nunmehr auch Süßheim zu* Ordnung.(Lärm links.) Segitz verlangte nun Abstimmung über die Berechtigung des Ordnungsrufts und der Wortentziehung. Vizepräsident Frank: Das ist der vrdiumgSmäßige Weg, den auch ich für das allerbeste Halle. Es folgte die Abstimmung, deren Resullak vom Präsidenten für zweifelhaft erklärt wurde; aber es schien unzweifelhaft, daß bei der schwachen Besetzung der rechten Seite des Hauses die Linke die Mehrheit hatte. Vizepräsident Frank proklamierte nun namentliche Abstimmung, um Zeit zu, gewinnen, und schwarze Hilfstruppen aus den umliegenden Kneipen herbeiholen lassen zu können. Das Resultat war schließlich, daß das Haus mit 54 Stimmeck der Rechten gegen 42 Stimmen der Sozialdemokraten und Liberaleck das Vorgehen des Präsidenten billigte, so daß dem sozialdemokrati- scheu Redner das Wort entzogen blieb. Die Sitzung wurde nach einigen weiteres Reden unker große? Bewegung geschlossen._" T Streikjustiz. Ei» Bubenstück gemeinster Art. Der Bergmann Joh. wer aus Oespel bei DorMun? wurde lange nach dem Bergarbeiterstreik, am 16. Aprik. abends, in angetrunkenem Zustande vor der Wirtschaft Mügge körperlich mißhandelt. Wie Böwer angab, mit einem durch einen scharfen Gegenstand verstärkten Gummischlauch. Böwer herhielt mehrere Schläge ins Gesicht und war 21 Tage arbeitsunfähig. Der Ge» schlagene wußte nicht, wer der Täter war. Sehr interessiert zeigte sich ein Bekannter Böwers. Dieser, mit Namen Otto Hake, teilte Böwer mit, daß der Bergmann Friedr. Heine aus Oespel den Ueberfall verübt habe. Hake soll auch die Anzeige gemacht haben, Bei der Polizei hat er mehrfach erklärt und unterschriftlich be« kräftigt, daß er gesehen habe, wie Heine aus der Wirtschaft Mügge kam und den gleich danach kommenden Böwer überfallen habe. Böwer und Hake haben während des Streiks gearbeitet, Heine hat gestreikt. Die Beschuldigung brachte ihm als Angeklagter vor die Streik kammer. In der Verhandlung wollte Hake sein« polizeilichen Angaben nicht wahr haben. Er erklärte, nicht de» stimmt Heine als den Täter bezeichnet zu haben, er habe eS nur angenommen. Den Vorfall wollte Hake beobachtet haben, als er vor der Wirtschaft in einem Graben saß. Eine Erklärung dafür, warum er da seinem Kameraden nicht geholfen habe, wußte Hake nicht zu geben. Der Wirt Mügge stellte bestimmt in Abrede� daß Heine an dem Tage überhaupt in seiner Wirtschaft gewesen sei. Heine vermochte auch leicht und rasch nachzuweisen, daß er zu der Zeit wo anders gewesen ist. Die Entlastungszeugen wurden gar nicht alle vernommen. Hake hingegen machte sich sehr der« dächttg; er bestritt zwar unter Eid, selbst der Täter zu sein, eis Wirt Uhland bekundete jedoch, daß Böwer und Hake vor den» Ueberfall in seiner Wirtschaft gewesen seien, dort gezecht hätten� in einen Wortstreit geraten seien und daß Hake dem Böwer ge« droht habe, dieser verds noch seine Schlag« be« kommen!, n Der Staatsanwalt beantragte selbst die Freisprechung, Der Verteidiger hielt den Verdacht dringend naheliegend, vag durch eine wissentlich falsche Anzeige ein Buben« stück schlimm st er und gemeinster Sorte berübl worden ist, wie ja die Streckjustiz häufiger benutzt worden sei, um einer schmutzigen persönlichen Racho genügen zu können. Kein einziger Fall sei bebannt, daß Streckende nach Beendigung des Streiks schwere Körperverletzungen begangen hätten. Im vorliegenden Fall sei eS um so unwahr­scheinlicher, weil Böwer Tagcsarbeiter sei. Hake habe unwahre Angaben gemacht. Der Gedanke liege recht nahe, baß Hake, der dem Böwer Prügel angedrochi yabe, den Mann selbst mißhandelt und dann, um seih zu schützen, wissentlich falsch Heine beschuldigt habe. Der Staatsanwalt werde wohl jetzt untersuchen, ob Hake einen Meineid geleistet habe. T| Das Gericht kam zur Freisprechung. Auch fciS not­wendigen persönlichen Auslagen des Angeklagten, einschließlich der Kosten des Verteidigers, wurden der Staatskasse zur Last gelegt, In der Begründung wurde ausdrücklich erklärt, daß die Unschuld Heines erwiesen sei. Das Gericht ließ.dahingestellt" oh Hake oder ein anderer der Täter sei. Hagenow - Grevesmühlen . Der Landesvorstand der sozialdemokratischen Partei Mecklenburgs und der Vorstand des sozialdemokratischen Wahl­vereins für den Kreis Hagenow- Grevesmühlen haben be- schlössen, die sozialdemokratischen Wähler dieses Kreises auf- zufordern, ihre Stimme bei der am 28. d. Mts. stattfindenden Stichwahl zwischen dem freisinnigen Kandidaten Oberlehrer Sivkovich und dem konservativen Kandidaten Pauli für Herrn Sivkovich abzugeben. Sie haben deshalb bereits äm 24. d. Mts. folgenden Aufruf erlassen: An die sozialdemokratischen Wähler des ersten mecklenburgische« Wahlkreises Parteigenossen! Nachdem der sozialdemokratische Kandidat in der Hauptwahl ausgefallen, hat nunmehr Stichwahl zwischen den bürgerlichen Kandidaten stattzufinden. Wir fordern unsere Wähler auf, ihre Stimme dem liberalen Oberlehrer Sivkovich zu geben. Herr Sivkovich hat unsere Januar- Stichwahlbedingungen unterschriftlich anerkannt. Der Landesvorstand. I. A.: W. Kröger. Der Kreisvorstand. _ I. A.: O. Turban. Oekteireldi-clugan». Die Polizei gegen de« Bolksproteft. Eine Massenversammlung, die am Sonntag in Mährisch-Ostrau gegen die Annahme der Wehrvorlage protestierte, wurde vom Polizeikommissar aufgelöst und von den Gendarmen auseinander» getrieben. Gegen den Redner, den tschcchoslawischen Sozialisten Ab­geordneten Prokesch wurde wegen seiner Kritik des Eingreifens des Kaisers in die Beratungen des Parlaments von der Polizei eine Anzeige wegen Majestätsbeleidigung erstattet. Ein Protest der ungarischen Opposition. Tisza hatse jüngst behauptet, daß die von dAst Sitzungen nicht ausgeschlossenen oppositionellen Abgeordneten von niemandem ge» hindert würden, ihr Mandat auszuüben, weshalb manerklären" müsse, daß fix den Beratungen des Abgeordnetenhauses.freiwillig"