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Dr. 155. 29. Jahrgang. 3. Seilxge im, Amiirls" Krlim AlkMM. Sonnabend. 6. Inli l912. Partei- Angelegenheiten. 4. Wahlkreis. Am Dienstag, den 9. Juli, findet die Forr- setzung der Generalversammlung des Mahlvereins in den Kon- kordiasälen, Andreasstraße, statt. 1. Weiterberatung und Beschluß- fassung über die Anstellung eines dritten Angestellten und Anträge. 2. Beratung und Beschlutzfassung über das Wahlrcgulativ und An- träge. 3. Vereinsangelegenheiten. Der Vorstand. Vierter Kreis. Zum Bücherverzeichnis der Filialbibliothek ist der zweite Nachtrag herausgegeben. Neu eingerichtet ist eine Ab- teilung für Jugendschriften. Die Hauptbibliothek befindet sich im Bureau, Stralauer Platz 1/2, und ist von 92 und S 3 Uhr, außer Sonntags, geöffnet. Die Filiale befindet sich bei Neumann, Rotherstraße, Ecke Behmestraße. Büchcrausgabe jeden Mittwoch am Zahlabend nicht und Sonnabend, 89'/a Uhr abends. Der Vorstand. Nieder- Schönhausen- Nordend. Während der Schulferien bleibt die Bibliothek des Wahlvereins geschlossen. Nowawes  . Mittwoch, den 19. Juli, abends Uhr, findet im Schmidtschen Lokal, Wilhelmstr. 4143, die Versammlung des Wahl- Vereins mit folgender Tagesordnung statt: 1. Geschäftliches. 2. Be- richt des Vorstandes und der Funktionäre. 3. Neuwahl des Vor- standes und der Funktionäre. 4. Verschiedenes. Der Vorstand. JBerlimr]Vacbncbtcn. Märkische Forsthäuser. Der Märker, der seinen Wald so sehr liebt, hat von jeher eine starke Vorliebe auch für das Forsthaus. In ungezählten Romanen spielt es als Zufluchtsort des kleinen geflügelten Schwerenöters mit Köcher und Pfeil eine verschwiegene Rolle. Regierende und andere Fürsten haben hier ihre oft recht an- rüchigen Herzensgeheimnisse vor der neugierigen Welt ver- borgen, und Millionen von Sterblichen zweiter Klasse dünkt die grünumsponnene Einsiedelei des Försters ein Stück Eden aus der nüchternen Erde. Mit der enormen Zunahme der Verkehrs- Verbindungen, mit dem Drang unserer heutigenLebensrichtung, im Banne der Natur das Heimweh nach etwas Verlorenem zu stillen, ist das Forsthaus verjüngt und modern geworden. Im Winter, wenn es die hungrigen Tiere des Waldes zu den schwach blinkenden Fensterchen treibt, träumt der Forsthof. Lebendig und lustig wird er im Hochsommer. Längst hat der Forstmann, so viele Jahrzehnte abseits der großen Heer- straße des Lebens, aus der Erkenntnis geschöpft, daß Geld- verdienen eine schöne Sache ist. Wohl kaum eins der nach Hunderten zählenden märkischen Forsthäuser kann sich dem Zuge der Zeit, die Wirtschaftslage aufzubessern, entziehen. Forsthaus, Sommerfrische und Ausflug sind untrennbare Begriffe geworden, der untere Förster, dem seine Vorgesetzten keine Rosen streuen, kennt das Lied vom rollenden preußischen Rubel so gut wie der Geschäftsmann und stopft während der Sommermonate in sein Häuschen hinein, was nur hinein will au Menschen. Die kleinsten, niedrigsten Bodenkammern müssen herhalten zur Aufnahme der bleichgesichtigen Großstadtgäste. Und bei den meist billigen Preisen ist es auch dem einen oder �anderen Proletarier, der sich das Geld zu ein paar Erholungswochen am Munde abgespart hat, gegönnt, mit der lachenden grünen Waldfreude aufzustehen und schlafen zu gehen. Es hat einen eigenen Reiz, dieses Sichgehcnlassen auf der Wicsenlichtung vor dem Forsthofe oder süßes Nichtstun in der geisblatt- umrankten Försterlaube, und man sehnt sich in dieser Wald- einsamkeit wahrhaftig nicht nach schriller Tanzmusik oder rollenden Kegelkugeln in den Vergnügungslokalen am Rande des Waldes. Eng, niedrig und altersgrau sind die meisten Forsthänser, aber auch tadellos sauber. Im Komfort fühlt sich der Förster nicht behaglich. Der ständige Umgang mit der Natur hat ihn anspruchslos gemacht, unter dem ragenden Dome der Vaumtvipfel ist ihm mn ivohlsten, und diesem Leben und Weben für den ewiggrünen Waldsegen paßt sich auch der freudetrunkene Gast aus der Großstadt bald an. Die Förster in der näheren und entfernteren Umgebung Groß- Berlins standen jahrelang mit der Berliner   Bevölkerung auf freundschaftlichem Fuße. Selbst am Walde und seiner Schön- heit mit allen Fasern hängend, haben sie auch Herz und Ver- ständnis für die Waldfreude des Großstädters. Und die alt- patriarchalische Gastfreundschaft auf dem märkischen Forsthofe für mäßiges Entgelt und wenig gute Worte brachte beide Teile näher. Man ist froh, wlnii man nach stundenlanger Wanderung endlich auf ein Forsthaus stößt und an guter frischer Milch und an einer Schinkenstulle Durst und Hunger stillen kann I In unmittelbarer Nähe Berlins  , im Grunewald  , haben bestimmte Förster sich das Labebedürfnis der Wanderer sehr zu nutze gemacht und geradezu Großbetriebe etabliert mit Preisen, die enornie genannt werden müssen. Dagegen laufen die Interessenten Sturm, die ihre schweren Abgaben entrichten müssen, und sie haben erreicht, haß den Grunewaldförstern der Gewerbebetrieb in Zukunft nicht mehr gestattet ist. Es sollte aber dafür Sorge getragen �werden, daß genügend Er- srischungsmöglichkeit auch im Walde geboten wird. Von der Generalvormundschaft. Aus dem Bericht der beruf- lichen Generalvormundschaft in Charlottenburg   geht hervor, daß die Verpflichtung zum Vormund bei 819 Mündeln stattfand. Von den Müttern waren Dienstmädchen 285, Aibeiterinnen 240, Aufwärterinnen 21, Näherinnen. Schneiderinnen. Putzmacherinnen 31, kaufmännische Angestellte 39, Verläuferinnen 33, Stützen und Gesellschafterinnen 25, Kinderpflegerinnen 14, Künstlerinnen 7, Krankenpflegerinnen 6, Kellne- linnen sowie Erzieherinnen und Lehrerinnen je 3, Fri- feurinnen 2, Telcphonistin 1, ohne Beruf 75. Die Väter waren dem Stande nach Handwerker 197, Arbeiter 191, kaufmännische An- gestellte 81, Akademiker 49, Beamte 37, Diener, Kutscher   und Pförtner 35, Mechaniker 33, selbständige Kaufleute 27, Landwirte und Künstler je 15, Soldaten 11, Kellner 9, Schreiber 7, Chauffeure 6, Schiffer 5, Offiziere und Artisten je 4. In Berlin   ist bekanntlich seit dem 1. April die Berufsvormund- schaft eingeführt worden. Die großen Gewitterregen und die städtische Kanalisation. In der gestrigen Magistrals-Sitzung erstattete der Vorsitzende der Deputation für die Kanalisationswerke und Güter Berlins   Geheimer Regierungsrat Marggraff darüber Bericht, wie die städtische Kanali- sation bei dem Gewitterregen am Dienstagabend den 2. cr. funk- »ioniert hat. Die Stärke des RegensallS war in den einzelnen Stadtteilen verschieden. Die gefallenen Regenmengen sind bei den 13 Pumpstationen gemessen worden. Die' Messungen ergeben sehr große Unterschiede: während im Gebiete der Xll. Pumpstation nur 8,1 Millimeter Regen fiel, wurde bei der IX. Pumpstation 87,7 Millimeter Regen gemessen. Im allgemeinen ist die städtische Kanalisation imstande gewesen, die ungewöhnlich großen Wassermassen aufzunehmen und abzuführen. Schädliche Wasser- ansammlungen haben nur stattgefunden im Gebiete der Radial- fhsteme V und X, und zwar in der Greifswalder-, Beller- mann- und Gleimstraße, sowie in der Schönhauser Allee   zwischen Danztger- und Gneiststraße. In der Greifswalderstraße ist das Wasser in verschiedene Häuser gedrungen. Diese Wasseransamm- langen erklären sich aus der Tatsache, daß im Gebiete der Greifs- walderstraße ein Regen von ca. 299 Litern pro Hektar und Sekunde und im Gebiete der Schönhauser Allee   ein Regen von ca. 269 Litern pro Hektar und Sekunde gefallen ist, gegenüber einer Menge von 63 Litern pro Hektar und Sekunde, die im allgemeinen auch bei starken Regenfällen nicht überschritten wird, und die deshalb bei Anlage der Kanalisation der Berechnung der Leitungen zugrunde gelegt worden ist. Mitgewirkt bei den Wasseransammlungen haben auch die Ge- staltungen der Straßenoberflächen, die das Abfließen des Wassers nach tiefgelegenen Stellen begünstigte. Die Einnahmen der städtischen Straßenbahnen im Juni betrugen 174556,79 M. gegen 169 639,15 M. im Juni 1911, d.i. eine Tages- einnähme von 5818,56 M. gegen 5364.64 M. im Juni 1911. ES wurden insgesamt 1 874 466 Personen gegen 1743 822 Personen im Vorjahre befördert. Die Anzahl der im Juni gefahrenen Wagen- kilometer(Motorwagen und Anhängewagen) ist von 337 877 des Vorjahres auf 377 423 gestiegen. Die Einnahme für den Wagen- kilometer beträgt 46,25 Pf. gegen 47,54 Pf. im Borjahre. Der hineingefallene Gcmeindeschullehrer. Die Bekanntschaft mit einer Pseudogräfin hat einen Steg- litzer Gemeindeschullehrer sieben Hundertmarkscheine gekostet. Der Lehrer' lernte die Dame vor einer Reihe von Tagen in einem Stadtbahnzüge zufällig kennen und verabredete mit ihr einige Rendezvous. Die Dame, die kaum zwanzig Jahre alt war, stellte sich dem Lehrer alsGräfin Z a k r e w s k i" aus der Bukowina vor und erzählte ihm, daß ihre Eltern dort große Besitzungen hätten. Sie selbst habe von ihren Großeltern ein um- fangreiches Gut geerbt und befinde sich jetzt auf einer vergnügungs reise durch Deutschland  . Die Vornehmheit ihrer Familie suchte sie dadurch hervorzuheben, daß sie erzählte, Kaiser Franz Josef   weile wft bei ihren Eltern zur Jagd. Gleichzeitig ließ die Gräfin durchblicken, daß sie nicht abgeneigt sei, den schmucken Lehrer zu heiraten und daß sie dafür Sorge tragen würde, daß er adoptiert und den Namen eines Grafen Zakrewski führen werde. Die Gräfin hatte in einem Hotel am An haller Bahnhof mehrere Appartements gemietet und ließ sich durch ein Vermittelungsbureau eine Zofe, einen Diener und eine Bonne verschaffen, denen sie fürstliche Löhne in Aussicht stellte. Schließlich schöpfte man aber in dem Hotel Verdacht, da die angebliche Gräfin fast gar kein Gepäck bei sich führte. Man erkundigte sich nach ihrem Gatten und mußte hören, daß dieser zurzeit in einem Berliner   Vor- ort weile und dort geschäftlich in Anspruch genommen sei. Er werde aber in den nächsten Tagen in da» Hotel am Anhalter Bahnhof übersiedeln. Als schließlich der ahnungslose Lehrer in dem Hotel er- schien, um seiner zukünftigen Braut einen Besuch abzustatten, erklärte die Gräfin  " dem Hotelpersonal, daß dies ihr Gatte gewesen sei. Bald darauf kam aber der Lehrer in den Verdacht, ein Mädchenhändler zu sein, und dies veranlaßte die Kriminalpolizei zum Einschreiten. Beide wurden gestern getrennt vernommen. Während dieGräfin  " all ihre Schwindeleien zunächst aufrecht erhielt, gab der über- raschte Lehrer zu, daß er seinerBraut" bereits 799 M. ge opfert habe, da sie ihm erzählte, daß ihr Geld in wenigen Tagen in Berlin   eintreffen werde. Als man darauf der Gräfin auf den Kopf zusagte, daß sie eine Schwindlerin sei, legte sie ein reumütiges Geständnis ab. Sie gab zu, daß sie eine Friseuse aus Steglitz   sei und die Wohnung ihrer Mutter'verlassen habe, weil sie mit ihr in Streit geraten war. Da sie kein Geld hatte, sei sie aus den Gedanken gekommen, sich dem Lehrer gegenüber als reiche Gräfin auszugeben. Heftig weinend erzählte sie noch, daß sie auch einem Kaufmann gegenüber als Gräfin aufgetreten sei und ihn um die gleiche Summe betrogen habe. Nach Erledigung des Verhörs wurde die abenteuerliche Friseuse die letzte Nacht über im Polizeipräsidium behalten und gestern morgen dem Unter- suchungsrichter vorgeführr. In den Bormutagsstunden erschien vor dem Hotel eine mit vier Pferden bespannte Equipage, die die Gräfin für eine Spazierfahrt bestellt hatte. Sie mußte wieder um- kehren, da die Gräfin bereits ihren Wohnsitz nach Moabit   ver- legt hatte._ Zu der Tragödie in Steglitz   wird uns mitgeteilt, daß die im Kreiskrankenhause in Groß-Lichterfelde   befindliche Frau Friedrich immer noch nicht über ihre Verzweiflungstat vernommen werden konnte, da ihr Zustand cS noch nicht erlaubt. Ihr Mann, der Jalousiearbeiter Friedrich, der die arme Frau oft mißhandelte, und dadurch zur Verzweiflung trieb, ist auf Grund eines Haftbefehls des Untersuchungsrichters am Amtsgericht Schöneberg   wegen schwerer Körperverletzung verhaftet und nach dem Untersuchungsgefängnis in Moabit   gebracht worden. Gestern vormittag fand die gerichtliche Obduktion der fünf Kinderleichen statt, die den früher gemeldeten Befund bestätigte. Wegen eines Kinderballs in den Tod. Ein betrübender Un- glückssall ereignete sich im Hause Königgrätzer Str. 29/39. Auf dem Hofe befindet sich dort ein etwa 5 Meter hohes Nebengebäude, zu dessen EingangStür man auf einer Steintreppe gelangt. Vor- gestern abend fiel spielenden Kindern ein Ball in die Dachrinne. Bureaudiener Karl Heinke erkletterte von der Treppe aus einen Mauerabsatz und umflammerte zu seiner Sicherheit eine auf dem Absatz stehende etwa 1,29 Meter hohe, gemauerte schlanke Säule. Nachdem er den Ball aus der Dachrinne herrausgenommen hatte, warf er ihn über seinen Kopf hinweg auf den Hof. Infolge des plötzlichen starken Rucks brach die Säule um und Heinke stürzte mit ihr auf die steinerne Treppe hinab. Der Portier des Hauses brachte ihn mittels Droschke nach der Hilfswache in der Eichhorn straße, Ivo der Arzt nur noch den infolge Schädelbruchs eingetretenen Tod feststellen konnte. Bon seinem eigenen Fuhrwerk überfahren. Ein schwerer Unfall ereignete sich am gestrigen Freitagmorgen gegen 4 Uhr in der Schwedenstraße. Der 29jährige Kutscher Rudolf Herrmann, Neinickendorf, Grüner Weg 53 wohnhaft, fuhr mit seinem zwei- spänniaen Wagen, auf dem er Gemüsekörbe ausgeladen hatte, durch die Schwcdenstraße, um sich zur Zentralmarkthalle zu be- geben. Plötzlich scheuten die Pferde vor einem vorüberfahrenden Automobil und rasten gegen die Bordschwelle. Bei dem Anprall verlor der Kutscher   das Gleichgewicht und stürzte so unglücklich von seinem Wagen herunter, daß ihm das linke Hinterrad über den rechten Oberschenkel hinwegging. Außerdem erlitt eine schwere Gehirnerschütterung, sowie eine Kopfverletzung und mehrere Quetschwunden. Er wurde auf der Unfallstation in der Badstraße verbunden und dann nach dem Augusta-Hospital übergeführt. Große Anftegnng riefen gestern vormittag zwei durchgehende Gespanne hervor. An der Emmauslirche in der Skalitzer Straße gingen gegen 11'/» Uhr plötzlich die beiden Pferde eines Kehricht- Wagens des Fuhr- und Speditionsgeschäftes von Julius Fedkenhauer aus der Reichenberger Straße durch, während sich der Kutscher   deS Wagens und sein Begleiter in einem benachbarten Hause befanden. Die Tiere rasten mit dem schweren Wagen durch die Görlitzer Straße bis zum Görlitzer   Uker. Vorübergehende mochten wiederholt Ver- suche, die Pferde aufzuhalten, doch ohne Erfolg. Die gefährdeten Personen konnten alle noch rechtzeitig ausweichen. Am Görlitzer Ufer fielen zwei Schutzleute und der 21 Jahre alte Kutscher Karl Loßmann aus der Dossestraße 15 zu Lichtenberg  , der dort mit seinem Fuhrwerk hielt, den Pferden in die Zügel. Es gelang ihnen auch, die Tiere zum Stehen zu bringen, doch trug sich hierbei ein bedauerlicher Unfall zu. Der Kutscher Loßmann geriet unter den Wagen und wurde über Schulter und Kopf gefahren. Schwer verletzt brachte man ihn zuerst zur Hilfswache in der Görlitzer Straße und dann nach dem Krankenhaus Bethanien. Das zweite Gespann ging im Friedrichs- bain durch und hätte leicht noch größeres Unheil anrichten können. Hier ging ein Pferd mit einem besetzten Krankenwagen des Verbandes für erste Hilfe am Schiffbaucrdamin durch und rannte mit dem Ge» fährt gegen einen Baum. Die eine Seite des Wagens wurde ganz eingedrückt und die Hälfte des Verdecks heruntergerissen. Der im Wagen liegende Kranke blieb glücklicherweise unversehrt, doch trug dessen Frau, die an der eingedrückten Seite des Wagens faß, einige leichtere Verletzungen durch die herumfliegenden Glassplitter davon. Auch einer der Begleiter des Wagens hatte sich eine Beinverletzung zugezogen. Den Führer soll keine Schuld treffen. Wie behauptet wird, soll sich das Pferd im Zaumzeug festgebisfen, und somit dem Kutscher die Gewalt über dasselbe genommen haben. Das Tier soll schon wiederholt die Tücken gezeigt haben. Jedoch soll der Fuhrherr trotz Weigerung des Personals strickte darauf bestanden haben, das- selbe auch weiterhin zu benutzen. Hoffentlich gehen die zuständigen Körperschaften der Sache etwas näher auf den Grund. 11 Tage tot in der Wohnung gelegen hat der 68 Jahre alte Tischler Johann Schönrock aus der Holzmarktstr. 37s. Der Mann» dessen Frau vor einem Jahre starb, bewohnte für sich allein Stube und Küche im 3. Stock des Seitenflügels. Schönrock ging immer seiner Arbeit nach und ließ sich mit seinen Nachbarn fast gar nicht ein. Es fiel daher auch nicht auf, daß man ihn lange nicht mehr gesehen hatte. In den letzten Tagen machte sich aus seiner Be- hausung ein immer stärker werdender, übler Geruch bemerkbar, der den Verwalter des Hauses gestern veranlaßte, die Wohnung Schönrocks aufzuschließen und nach ihm zu sehen. Sie fanden den Mann stark in Verwesung übergegangen aus seinem Sofa liegen. Es ließ sich nicht mehr feststellen, ob der Mann einem Herzschlag erlegen ist oder Selbstmord verübt hat. Der Mann war seit drei Wochen beschäftigungslos und hatte mit Nahrungssorgen zu kämpfen. Das lctztemal gesehen wurde er von Hausbewohnern am Montag vergangener Woche. Durch Spielen mit einer Schußwaffe schwer zu Schaden ge» kommen ist in der letzten Nacht der Schankwirt Girke. In dem Lokal des G. in der Finowstr. 31 erklärte der Drogist Wilhelm Ureck, Finowstr.8 wohnhaft, dem Gastwirt den Mechanismus seiner Browningpistole. Plötzlich ging ein Schutz loß und traf Girke in die rechte Brustseite. Ein hinzugerufener Arzt legte sofort einen Notverband an und ließ den Schwerverletzten nach dem Bictoria-Krankenhause in Rummelsburg   schaffen. Der SchutzmannSsäbel spielte gestern nachmittag auf dem Wedding   wieder einmal eine Rolle. Der Koloniestr. 25 wohnhafte Händler Paul Tiey bot in der Nähe des Nettelbeckplatzes Waren feil. Der patrouillierende Schutzmann forderte T. auf, weiter zu fahren. Aus diesem Anlaß kam es zwischen T. und dem Schutz» mann zu einem Wortwechsel und einem Rencontre, in desien Ver« lauf der Schutzmann, der von T. eine Ohrfeige erhalten haben soll, den Säbel zog und dem T. so stark über den linken Arm hieb, daß der Knochen zerplitterte. T. wollte sich nun wehren, doch wurde« weiter mit dem Säbel bearbeitet. Er erhielt noch einige Stiche in den Leib. Nach Anlegung von Notverbänden auf der Unfallstation in der Badstraße fand T. im Virchow-Krankenhaus Aufnahme. Im Schloßgarten zu Charlottenburg   erhängt hat sich gester» ein anscheinend den bessergestellten Kreisen angehörender Mbnn, der keine Papiere zur Feststellung seiner Persönlichkeit bei sich führte. Der Tote ist ungefähr 25 28 Jahre alt und etwa 1,79 Meter groß, hat rotblondes Haar, einen kleinen blonden Schnurr- bart und graue Augen und trug einen grauen Jakettanzug, braune Schnürschuhe, eine Reisemütze, ein weißes Hemd und gestreift« Unterwäsche. Die Leiche wurde nach dem Schauhause gebracht. Unheilbare Krankheit hat den 43 Jahr? alten Arbeiter Robert Schulz aus der Gitschiner Str. 61 in den Tod getrieben. Der Mann war seit Jahren krank, kannte aber die Ursache seines Leidens nicht. Als ihm bei einer jetzt vorgenommenen Untersuchung er« klärt wurde, daß er an Rückenmarkschwindsucht leide, wurde er so verzweifelt, daß er beschloß, aus dem Leben zu scheiden. In der Abwesenheit seiner Frau ging cr zum Boden und erhängte sich dort an einem Balken. Als man ihn auffand, war cr schon tot. Die Leiche des Mannes wurde nach dem Schauhause gebracht. Nach Betrug und Unterschlagung von Juwelen und Schmuck- fachen im Werte von mehreren tausend Mark ist seit dem 1. d. M. flüchtig der Goldarbeiter David Lampel, geboren 17. 19. 1879 zu Tornow in Galizien  , der bisher in der Kommandantenstraße 19 eine Reparaturwerkstatt betrieb und in Neukölln, Pflügerstraße 5 wohnte. Lampel entnahm bei hiesigen Grossisten Juwelen und Schmucksachen auf Kommission, um sie sofort zu versetze». Vermutlich versucht er über Hamburg   nach Amerika   zu entkommen. Da Lampel vermutlich noch mehr Geschäftsleute betrogen hat, so werden Geschädigte gL» beten, sich beim Polizeipräsidium, Zimmer 495, zu melden, oder zum Aktenzeichen 2514. IV. 29. 12. Anzeige zu erstatten. Ein sehr gefährlicher Brand kam gestern nachmittag angeblich aus Unvorsichtigkeit auf einem der Stadt Berlin   gehörigen Lager- platz in der Kunkelstraße 3/4 an der Ravenestrahe auf dem Wedding  aus. Dort stand ein großer Holzschuppen mit Rüstzeug usw. in Flammen. Diese hatten schnell reiche Nahrung gefunden und be» drohten die angrenzenden Vorräte und Schuppen. Zum Glück war die Gefahr gleich bemerkt worden und die Feuerwehr in sehr kurzer Zeit zur Stelle. Der 21. Automobilzug gab sofort von einer Dampfspritze mit dem stärksten Kaliber kräftig Wasser. Dieses Vorgehen war sehr wirksam. Wenn auch der an der Panke   erbaute Holzschuppen nicht mehr gerettet werden konnte, so blieben doch die übrigen und die Hölzer, die mehreren Firmen gehören, zum größten Teil erhalten. Das Feuer hatte eine große Menschenmenge herbei, gelockt. Vermißt. Am 31. Mai, morgens gegen S'/a Uhr, entfernte sich der Gastwirt Gustav Sckrinner, 5. September 1879 in Greif ge- boren, nach vorangegangenem Streit aus seinem Zimmerstr. 64 be» legenen Schanllokal und ist seitdem spurlos verschwunden. Alle Nachforschungen nach seinem Verbleib find bisher erfolglos ge» blieben. Schrinner ist mittelgroß, von kräftiger, untersetzter Gestalt. hat blondes, volles Haar und Schnurrbart, dunkle Augen, blonde Augenbrauen, gesundes, rundes, volles Gesicht, vollständige Zähne, breites Kinn, spricht deutsch   mit schlesischem Dialekt und war be» kleidet mit schwarzem, steifem Hut, dunklem Jackett und Weste, dunkclgestreifter Hose, schwarzen Zugstiefcln, hellbtaugestreiftem Ucberhemd, Stehumlegclragen, schwarzer Schleifenkrawatte und trug einen Trauring gez. lil. S. Sachdienliche Angaben, welche zur, Er- tnittelung des S. führen könnten, werden in jedem Polizeirevier sowie im Polizeipräsidium beim V. Krimiualbezirk, Zimmer 405, 3 Treppen, entgegengenommen.