Hus der partel*poUzeUiebes, GcrichtHches uFvr.Ein Nachspiel zum Ruhrbergarbeiterstreik.Wolffs telegraphisches Bureau verbreitet dir Nachricht, daß derRedakteur W. Neumann von der Essener.Arbeiterzeitung" wegenöffentlicher Beleidigung von Wolffs Bureau und übler Nachredevom Schöffengericht zu 300 M. Geldstrafe verurteilt wurde.Hierzu wird uns aus Essen geschrieben:Am 14. Nöärz d. I., als infolge der infernalischen Hetze derbürgerlichen Presse Militär in das Ruhrgrbiet entsandt war, hattedie„Arbeiterzeitung" die ultramontane Presse gemeinerHetze und niederträchtiger Schwindelei überführt, aber auch dasWolffsche Bureau nicht geichont, das von Beginn des Kampfe?Falschmeldungen in die Welt gesetzt hatte. Durch diesen Artikelfühlte sich der Direktor des offiziösen Bureaus, Dr. Mantler, beleidigt und strenßte Privatklage gegen den Verantwortlichen der„Arbeiterzeitung", Genossen Neumann, an. Dieser bot für dieBehauptungen des Artikels einen umfassenden Wahrheitsbeweis an,indem er eine große Anzahl Fälle anführte, bei denen der wahreSachverhalt zu Ungunsten der Streikenden entstellt und verdrehtwar. Das Gericht ließ jedoch keinerlei Beweisführung über Fällevon Falschmeldungen zu, die nicht unmittelbar mit der Entsendungvon Militär ins Ruhrgebiet in Verbindung standen. So mußteaus der Darstellung ausgeschieden werden die falsche Bericht«erstattung über die Konferenz der Belgarbeiterführer beim MinisterDelbrück. Das Wolffbureau hatte mitgeteilt, daß die Führer desAlten Verbandes nochmalige Verhandlungen mit den Zechenbesitzernabgelehnt hätten; genau das Gegenteil war richtig. Ferner hatteWolffs Bureau berichtet, daß in der entscheidenden Revierkonferenzin Herne 32 polnische Delegierte nicht mitgestimmt hätten— offensichtlich sollte so in den„Dreibund" Verwirrung und Uneinigkeitgetragen werden— auch das war gänzlich erfunden. Ebenso wurdevom Gericht ausgeschieden die mitten im Kampfe mit riesigemTamtam verbreitete falsche Meldung, daß auf einer Zeche„KarlFunke" im Kreise Esset» die Altverbändler die Arbeit wieder auf,genommen hätten usw. Soweit das Gericht indessen den Wahr,heitsbeweis nicht ablehnen konnte, kam es zu dem Schlüsse, da;dem Wolffschen Bureau die Absicht zu fälschen, gleichwohl nichnachgewiesen sei. Die Vertreter des Bureau? erklärten, daß dieTatarennachrichten immer auf Informationen der Polizeibehörden,der Zechenverwaltungen usw. beruhten.Durch den Zeugen'Reichstagsabgeordneten Genossen Sachsewurde nachgewiesen, daß die Sekretäre des Alten Verbandeswiederholt beim Wolffschen Bureau wegen der unglaublich tendenziösen Berichterstattung interpelliert haben, und daß trotzdemRichtigstellungen nicht erschienen sind. Es wurde auch hingewiesenauf die wiederholte Erklärung der unbernehmerfreundlichen„Rheinisch-Westfälischen Zeitung", daß die Schauernachrichten überAusschreitungen der Streikenden nicht auf Wahrheit beruhten. DaSalles fruchtete nicht. Genosse Neumann wurde zu 300 M. Geldstrafeverurteilt.— Das Urteil wird der Berusungsinstanz unterbreitetwerden.Em Industrie und ftandel.Weiteres Vorgehen des RockefellcrtrustS in Dentschland.Vom Verbände Deutscher Petroleuminteressenten wirb uns ge-schrieben:Vor einigen Tagen haben, wie verlautet, did bekannten Nord»deutschen Eisioerke A.-G. ihr gesamtes Petroleumgeschäft an eineneu gegründete G. m. b. H. die„Norddeutschen Petroleumwerke" der»äußert. Der Unbefangene gewinnt vielleicht den Eindruck, daß eS sichhierum eine Finanztransaktion der Gesellschaft oder um ein neues un-abhängiges Unternehmen handle. In Wahrheit aber verbirgt flch hinterder neuen Firma wieder einmal, wie in so vielen ähnlichen Fällen derletzten Jahre, die Deutsch-Amerikanische Petroleumgesellschast, dieTochtergesellschaft der Standard Oil. Die Norddeutschen Petroleumwerke sind, wie so viele ähnliche Kannengeschäfte, um sie als Unter-nehmen hinzustellen, nur niit einem Kapital von 20 000 M. begründet worden, was indessen kaum ausreicht, um auch nur denvierten Teil der erforderlichen Betriebsutensilien, z. B. Wagen undPferde zu decken. Alle anderen notwendigen Mittel werden an-scheinend, wie in ähnlichen Fällen, von der D.«. P. G. bestritten.Die neue Gründung, die da« Ausscheiden eines der nam«haftesten selbständigen Kaimengeschäste bedeutet, ist wiederum«in typischer Fall für die Absichten der amerikanischenJmportgesellschaft, von Berlin aus da» ganze Kannengeschäftan sich zu reißen, was so viel heißt, als der Kundschaft direktmit Umgehung deS Handels die Ware ins HauS zu schicken. Unddiese Absicht wird weiter zu Preisen ausgeführt, die im besten Falleden billigsten Preisen des DetailgeschäflS angepaßt find... Cha-rakteristisch ist, daß die Amerikaner ihren Vorstoß mit der Grün,dung der Norddeutschen Petroleumwerke gerade in dem Augenblickunternehmen, in� dem sie daran gehen, ihre noch bis 1S13laufenden Verträge mit den Kleinhändlern auf weitere zweiJahre zu verlängern. Die D. S. P. G.. die es verstandenhat, zuerst den EngroShandel völlig auszuschalten, geht jetztdaran, das Rockefellersche Losungswort„von der Quelle bis zurLampe" mit einer beispiellosen Energie und skrupellos in der Wahlihrer Mittel durcdzusühren. Das neue Vorgehen bedeutet, daß imBerliner Petrolgeschäft ein ruinöser Kampf einsetzen wird, der nichtallein die in Berlin noch selbständig arbeitenden Kannenhändlervernichten, sondern vor allem auch den sicheren Ruin des KleinHandels mit Petroleum sowohl in der ReichShauplsiadt als auch in dertveileren Umgebung zur Folge haben muß.,Sozialea*Zur Wohnungsnot in Plaue» t. L.Die Wohnungsnot in Plauen i. B. schilderten wir bereitsgestern. Ueber die Entstehung des Wohnungselends und seinenZusammenhang mit der Bau- und Bodenspekulation informierennachstehende uns aus Plauen zugehende Darlegungen:„Arbeitsgelegenheit gibts hier in Fülle, aber keine Wohnungen.Die kaum glaublichen Zustände, wie sie gegenwärtig in der deut«schen Metropole der Spitzeninduftrie anzutreffen sind, dürftenwohl einzig in Deutschland dastehen. Sie hängen mit der rapidenEntWickelung Plauens in dem letzten Jahrzehnt zusammen. ImJahre 1806 hatte Plauen 64 960 Einwohner. Der Beherbergungdieser dienten 2827 bewohnte Grundstücke mit 11 886 HauShal-tungen. Vorherrschend war die Textilindustrie(Weberei, Stickerei,Appretur und Bleicherei). Der Boden zum Hausbau war umPlauen herum billig. Bauland zur großzügigen Erweiterung derStadt war genügend vorhanden.Gleichzeitig befand sich aber die Industrie in rapider Ent-Wickelung. Deshalb zogen immer mehr Arbeiter zu. Diese Ge-legenheit machten sich Spekulanten zunutze. Sie kauftengroße Flächen Bauland zu billigen Preisen. DerQuadratmeter Bauland wurde mit 60 Pf. bis 1,60 M.bezahlt. Es entstanden in kurzer Zeit 8 Vorstädte. DaS billigerworbene Bauland wurde zu immer höheren Preisen loSger-chlagen.Schon 19 01 kostete der Quadratmeter L— 12 M. undheute ist er gestiegen bis auf 16— 18 M.In der Meinung, die Industrie halte sich stabil, setzte nach 1896eine rege Bautätigkeit ein. So kam es, daß in den ersten Jahrennach 1900 Wohnungen im Ucberflutz vorhanden waren. Der größteTeil der neuerbauten Wohnhäuser gehörte dem Baugewerbe undeinigen Aodenbesitzern. Die Mietspreise hielten sich in Verhältnis-mäßig realen Grenzen. Es waren Halbetagen in den Vorstädten,also Stube, Kammer. Küche und Zubehör, mit 2L0— LSv M. Jahres,miete zu haben. Infolge der Spekulation wuchsen gHtze Straßenwie Pilze aus der Erde. Die Folge war, daß ein großer Teil derWohnungen leerstand. AIS 1906 die Krise einsetzte, kam eSbei zahlreichen Hausbesitzern und Schein-HauSbesitzern zum Krach.1906— 1908 fanden jährlich etwas über 290, 1908— 1910 über 100Zwangsversteigerungen statt.Inzwischen war die Einwohnerzahl im Jahre 1906 auf 107 923angewachsen, die Zahl der bewohnten Grundstücke bezw. Gebäudeauf 6204. Bis 1911 war die Einwohnerzahl auf 123 663, die Zahlder Gebäude aber nur auf 6689 gestiegen. Die rasche BevölkerungSzunähme hat in der raschen Erholung der Industrie nach denKrisenjahren ihren Grund. Während die Textilindustrie 1900etwas über 11 000 Beschäftigte zu verzeichnen hatte, waren eS ins,gesamt 1911 etwa 22 099. Die Boatländische Maschinenfabrik,deren Arbeiterzahl 1906 etwa 600 betrug, beschäftigte 1911 über3000 Personen.War vorher Ueberfluß an Wohnungen vorhanden, so trat An-fang 1911 ein recht fühlbarer Mangel an solchen ein, weil dieprivate Bautätigkeit und daS Baugewerbe die Produktion von Klein»Wohnungen vollständig eingestellt hatte. Für nahezu 30 MillionenMark Häuser standen und stehen noch heute zum Verkauf, findenaber infolge hoher Besitzwechselabgaben(zirka 1800 M. für eingrößere? Wohnhaus) und horrender Straßenbaukosten keine Käufer,Die Mieten aber stiegen infolge des WohnungSmangelS ins Unge-messen«. So kostete 1911 eine Halbetage 339— 380 M. und bisheute sogar über 400 M Die Wohnungsnot wurde abgeleugnet,die Hausbesitzer erließen Scheininserate und priesen Wphnungenan, hatten aber keine zur Verfügung. Miekkr mit einer kleinerenoder größeren Anzahl Kinder fanden infolge deS Treiben? imHausbesitzerverein überhaupt keine Dehnungen. Nur kinderloseFamilien wollte man als Mieter nehmen.Die Stadtverwaltung wurde im Sommer 1911 nach Wohnun-gen bestürmt, konnte aber wenig helfen. Im Juni 1911 war dieFrage der Wohnungsnot Gegenstand der Beratung des Stadt-verordnetcnkollegiumS. Da leugneten die Hausbesitzer, die imKollegium Dreiviertelmehrheit habe»(Sozialdemokraten sitzenleider nicht in der Gemeindeverwaltung), jede Wohnungsnot ab.Ein Stadtverordneter, der Häuserspekulant ist, erkühnte sich sogarzu behaupten. Wohnungsnot bestände nur für„faule" Mieter undsolche, die keine Steuern zahlen. Oberbürgermeister Schmid korri»gierte ihn sofort. Er konstatierte die Tatsache, daß über 80 FaMilien ohne Wohnungen seien, das seien pünktlich zahlende Mieternnd fleißige Familienväter, ohne Wohnung seien sie nur infolgereichlichen Kindersegens und weil r» keine Wohnungen gebe. DieStadtverordnetenversammlung stellte einige alte Gebäude, die imstädtischen Besitz waren, für diese Leute zur Verfügung. Oftmußten dort 2—3 Familien in einem Räume wohnen. Wer inner»halb von 8— 14 Tagen keine Wohnung hatte, kam ins ArmenhausDer Hausbesitzerverein aber gab eine gedruckte schwarze Liste fürseine Mitglieder heraus, auf der diejenigen Mieter verzeichnetwaren, die mit Miete im Rückstände oder den OffenbarungSeidgeleistet hatten.Die Matznahmen der Stadt zur Linderung der Not warenvöllig unzulänglich. ES beschlossen die Stadtverordneten am 11. Juli1911, solchen Leuten, die zur Beseitigung de» Mangels an Klein-Wohnungen solche bauen wollen, aus der städtischen Sparkasse Dar-lehen bis zur Höhe der Brandversicherungssumme zu 6 Proz. zugewähren. Der den üblichen Prozentsatz übersteigende Betrag biszum 6. Prozent diente der Amortisation. Davon wurde fast keinGebrauch gemacht. Die organisierte Arbeiterklasse machte Frontgegen das Wohnungselend. Darauf wurde in der Stadtverordneten-itzung vom 19. September ein; gemischter außerordentlicher Aus-chuß zur Beschaffung von Kleinwohnungen eingesetzt. Nach langenBeratungen gelangte der Ausschuß dazu, den Stadtverordneten am13. Februar 1912 eine Vorlage zu unterbreiten, nach der ganzeWohnhäuser mit insgesamt 9 Wohnungen zur Linderung derNot gebaut«erden sollten. Die Vorlage wurde angenommen, aberist bis heute nicht ausgeführt. Im wesentlichen sollte durch denBau der drei Häuser anregend auf die privnte Bautätigkeit gewirktwerden. Im Januar wurde ein„gemeinnütziger" Wohnungsbauverein gegründet. Der Verein bestand aus Mitgliedern des Vereinsmittlerer Staatsbeamten, des Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereinsund des evangelischen Arbeitervereins. Andere Leute hält sich der„gemeinnützige" Bauverein vom Leibe. In dem am 20. Februarbeschlossenen Statut heißt eS:„Der AufsichtSrat besteht auS 11 Perönen, davon müssen mindesten» 6 nationale» Bereinigungen ange-hören." Auch wer durch Asitatl»« für eine politisch« Partei denFrieden des Hauses stört oder Mitbewohner» lästig fällt, kannstatutengemäß au» der Genossenschaft auSseschlossen werden. Souchte man skrupellos die Wohnungsnot in politischem, arbeiter-eindlichem Sinne auszuschlachten.Die Partei und Gewerkschaften veranstalteten am 8. Junieine außerordentlich stark besuchte öffentliche Volksversammlung.Diese ersuchte in einer Resolution den Stadtrat und die Stadt»verordneten, Kleinwohnungen in eigener(städtischer) Regie unterAusschaltung deS privaten Baukapitals zu bauen. Dem kam derStadtrat nicht nach. Er beließ eS bei einer Vorlage, nach der demgemeinnützigen Wohnungsbauverein 16 000 Quadratmeter Baulandin der Ostvorstadt und zwar zum Preise von 1 M. für den Quadrat»meter zur Verfügung gestellt werden sollten. Der Zinsfuß sollteeinschließlich M Proz. Amortisation 4H. Proz. betragen. Die Ge-nossenschaft sollte sich verpflichten, etwa 90 Kleinwohnungen zubauen, die ganze Baufläch« sollte innerhalb 10 Jahren vollständigbebaut sein. DaS Recht deS Wiederkaufs des ganzen bebautenGeländes oder einzelner Teile sollte der Stadt vorbehalten bleiben.Selbst gegen diesen so unzulänglichen Plan lief daS Baugewerbeund das Spekulantentum Sturm und verwies ihn zur zweitenLesung, die wohl am Sankt Nimmerleinstag stattfinden wird. Umaber wenigstens den Schein einer Hilfe zu wahren, beschlossen dieStadtverordneten am 21. Juni, 100 Anteilscheine zu je 200 M. vomgemeinnützigen Wohnungsbauverein zu kaufen. Der Stadtrat warnur für den Ankauf von 60 Anteilscheinen.Inzwischen mehrt sich der Wohnungsjammer, steigen die MietS.preise von Monat zu Monat, das Vorgehen deS HauSbesitzervereinSwird immer brutaler; wer nicht pränumerando bezahft, fliegt.Das Baugewerbe treibt schamlosen WohnungSwucher, durch Aus-beutung der Notlage der Mietslustigen, hält mit dem Wohnungsbauzurück und steigert die Mieten. Die Stadtväter und der Stadtratknicken aber vor dem Kapital zusammen oder treiben skrupelloseJnteressenpolitik. Im November ist Stadtverordnetrnwahl, hoffent-lich machen eine Reihe sozialdemokratischer Vertreter diesem Trei-ben ein Ende,"Die Plauener Wohnungsnot zeigt sinnenfällig die Gemein-gefährlichkeit des Privateigentums am Grund und Bodsn»zuführen,«s soll mm kein MUttSrdienst sein, sondern ein Jahr de?sozialen Arbeit. Da dieser Gedanke immer lebhafter inner«halb der bürgerlichen Frauenbewegung diskutiert wird undseine Verwirklichung mehr und mehr ein Teil ihrerPropaganda wird, so müssen sich auch die proletarischenFrauen mit diesem Gedanken kritisch auseinandersetzen.Die« ist nun schwierig, weil die bürgerlichen Frauen noch nicht klardarüber sind, was sie in diesem Jahr eigentlich mit den jungenMädchen beginnen wollen. Während die einen meinen, eS solle einweiteres Schuljahr geschaffen werden, in dem die Mädchen für dieHauswirtschaft erzogen werden, meinen die anderen, eS soll« einJahr der sozialen Hilfstätigkeit sein. Gleich den Soldaten sollenauch die jungen Mädchen zwischen dem 17. und 18. Jahr in Kaserneneingeschlossen werden, und hier in den Krankenhausern und denSäuglingsheimen, in den Kindergärten und bei der Waisenerziehungbeschäftigt werden. Dadurch sollen sie einmal Interesse kür die so»ziale Hilfstätigkeit erhalten, sie sollen aber auch durch ihre ArbeitKindererziehung und Krankenpflege erlernen.Ist es überhaupt möglich, dieses Projett durchzuführen? Schonvom Standpuntt der Erziehung muß diese Frage entschieden der-neint werden. Es ist doch unmöglich, daß diese jungen Mädchenin einem Jahre Kinderpflege und Erziehung. Krankenpflege undHausverwaltung erlernen. Man müßte dann entweder wieder denseichtesten Dilettantismus erziehen oder man müßte die Mädchen füreines oder das andere erziehen, so daß sie wieder nicht alle Zweigeweiblicher Betätigung vereinen würden, sondern nur ein speziellesFach. Warum aber dann die ungeheuren Kosten aufwenden, die einesolche Kasernierung der weiblichen Jugend verursachen würden, wennman einfach jedem Mädchen durch die freie Berufswahl zu einerviel besseren Ausbildung in jedem einzelnen Falle verhelfen könnte.Es ist eben nicht möglich, alle diese weiblichen Berufe zu vereinigen und nicht« zeigt so deutlich, wie der kindliche Gedankediese« Dienstjahres, daß wir die Frau von dem Dilettantismusauf allen Gebieten nur befreien können, wenn wir ihr nicht mehrzumuten, daß sie eine ausgezeichnete Krankenp flegerin und Kinder-erzieherin und weiß Gott was noch alles ist. Aber auch auf dieCharaktererziehung würde dieses Dienstjahr nicht einwirken, denn dieHilfsbereitschaft, die Hingabe für andere wird immer nur erziehendwirken, wenn sie eine fteiwillige Leistung ist, die dem Drang zuhelfen entsprungen ist. Die erzwungene Hilfsbereitschaft wird viel-leicht das Gegenteil bewirken.Für die proletarische Frau ist dieses Hilföjahr nicht nur praktischvollständig unmöglich, denn eS würde die jungen Mädchen doch nurin ihrem Berufsleben hindern. Für das Mädchen der Arbeiterschaftmüssen wir vor allem eine tüchtige fachgewerbliche Ausbildung ver-langen. Wir müssen fordern, daß sie ebenso wie die jungenBurschen alle Gewerbeschulen Und Fachschulen besuchen kann, damitsie nicht durch mangelhaste Ausbildung die Schmutzkonkurrentin derMänner wird.Noch ein paar Worte über den Gedanken, ein allgemeines Schul-jähr zur Ausbildung in der Hauswirtschaft. In unserem Klassen»staat»st es ganz unmöglich, in einer Schule, die alle Kinder vereinigt,praktisch für die Hauswirtschast vorzubereiten. Da« einzige, waS rader Volksschule möglich ist, wäre Küchenchemie, die Führung des Hau?»haltungSbucheS, die Grundbegriffe der Pädagogik und die Anleitungzur manuellen Kinderbeschästtgung. Mehr kann der Schulunterrichtnicht geben und das könnte ganz gut in den acht Schuljahren gelehrtwerden, es müßte nicht«in eigenes Schuljahr noch dafür verwendetwerden.Für die Arbeiterinnen kann es natürlich nur eine» geben. Wirlehnen jedes Dienstjahr für die weibliche Jugend ab. Wir wollenden Kasernengeist bei den Männern ausrotten und wir werden nichteinen neuen Kasernengeist, mag er auch noch ein so schöne? sozialesMäntelchen umhaben, bei den Frauen züchten. Sollten diese bürger-lichen Vorschläge sich zu Gesetzentwürfen verdichten, dann müßtenwir sie entschieden ablehnen und bekämpfen.Frauenarbeit iu technischen Berufe«.Unter dieser Ueberschrift bringt die„Deutsche Jndustriebeamten»Zeitung" einen Artikel, dem wir folgendes entnehmen:Die Frauen eignen sich im allgemeinen wohl für den technischenBeruf. Es spricht nichts Grundsätzliches gegen ihre Betätigung aufmathematischem und naturwissenschaftlichem Gebiete. Und wenn dieVorbildung der Mädchen für diese Wissenszweig« bisher ungenügendwar und zumeist noch ist, so kann und muß eben darin Besserunggeschaffen werden.Aber warum sollte daS nicht ebensogut bei der praktischen,sagen wir handwerksmäßigen Vorbildnng möglich fein? DieSchwierigkeiten, die der praktisch-technischen Ausbildung der Frauenentgegenstehen, sind durchaus überwindlich und beruhen zum größerenTeile nur auf Vorurteilen. Ein wenig mehr Elastizität im Denkenund Urteilen, ein wenig Befreiung von überlieferten Vorstellungenund von den Erfordernissen einer bereits überwundenen Etikette,einige erste Versuche von ein paar kühnen Vorangängern, ejn bißchenStaunen über das nicht für möglich Gehaltene— und die Sachegeht. Es folgt in kurzer Zeit die Gewöhnung an dasvorher kaum Glaubliche, und alle Zweifel werden vergessen,am schnellsten von denen, die nur durch das Allgemeinwerden deSNeuen sich auch mit dahinein ziehen ließen.Warum soll nicht«in Mädchen im Schlosserkittel am Schmiede»euer stehen und den Hammer schwingen? Oder an der Drehbankarbeiten? Warum soll sie nicht eine Leiter ersteigen oder w einenKessel kriechen?Man sage auch nicht, die Arbeit könne darunter leiden, wennMänner und Frauen gemeinsam in mechanischen Werkstättenarbeiteten, und die an sich schon hohen Betriebsgefahren würdendadurch vergrößert. Es gibt wohl in der Industrie genug gesähr-liche Maschinerien, an denen Männer und Frauen zusammen arbeitenund die das Gegenteil beweisen.Der Berfasser zieht die Schlußfolgerung, daß bevor sich nochdie Frauen in größerer Zahl der Technik zuwenden, eS vor allemnötig sei. eine Grundlage zu schaffen, auf der eine wirkliche kollegialeGleichschätzung der Frauen seitens der Männer erwachsen kann. Daheißt eS aber: ererbte Vorurteile besiegen, anerzogenen Geschlechts-dünkel fallen lasten, Gerechtigkeit üben l Nur wenn die Frauen alsgleichwertige Arbeitsgenossen empfangen werden, kann von ihnensie gleiche Pflichterkenntnis und KampfeSdiSziplin erwartet werden.Leseabende.Lirfigvalde. Montag, den S.Juli, abend» 8'/, Uhr. in de«Borsigwalder Festsälm. Bortrag deS Genossen Kurt Heinig.Hua der f rauenbewegung*Das weibliche Dienstjahr.Das Argument, die Frauen hätten kein Recht an daS Wahl-recht, weil sie nicht gleich den Männern der allgemeinen Wehrpflichtgenügen, hat in der bürgerlichen Frauenbewegung den Gedankenreifen lassen, auch für die Frauen ein Jahr der Wehrpflicht ein-Versammlungen— Veranstaltungen.KrelS. Die Genossinnen deS Leseabend» 7. und S. Abteilung ver-anstalten am Dienstag, den 9. Juli, einen Ausflug nach derKrampenburg. Abfahrt morgens 8 Uhr vom Görlitzer Bahnhofnach Grünau. Ueberfahrt nach Wendenschloß. Frühstück bisIv'/z Uhr in Schmetterlingshorst, dann zu Fuß über Marienlustnach Krampenburg.Die Genossinnen der Leseabende des Westens und der Friedrichstadtdes 2. Kreises machen am Donnerstag, den 11. Juli, einenAusflug. Abfahrt 8 Uhr: Wannsee- Bahnhof bis Steglitz; dortbis 10 Uhr Frühstück im Birkenwäldchen, dann zu Fuß nachBeelitzhof. Im Wilhelmshof Kaffeekochen. Freibad in der Nähe4. Kreis. Am Dienstag, den 9. Juli, findet von der 38. Abteilungein Ausflug der Frauen und Kinoer nach Sadowa statt. Treff«Punkt und Abmarsch mittag» 1 Uhr bei Koblenz, TilstterStraße 27.6. Wahlkreis. Am Dienstag, den 9. Juli. Dampferpartte der Ge-noisinnen der 1.— 7. Abteilung nach Wernsdorf. Abfahrt 8 Uhrvon der M i ch a e l k i r ch b r ü ck e. Von 7 Uhr früh stehenEinsatzwagen der Straßenbahnlinien 46, 46, 49 zur Verfügung.«. Wahlkreis. Die Genossinnen der 17. und 20. Abteilung ver-anstalten am Montag, den 8. Juli, im Moabiter Schützenhau»ew gemütliches Kaffeekoche».