sationsunlustigen seitens der kapitalistischen Kartellgenossen—selbst öffentlichen Beschimpfungen, wie die zitierte„Agrackorrespon.denz" beweist— nicht fehlt, belegt Kestner ebenfalls.Jedenfalls gehört ein hohes Mast von Ungerechtigkeit,ja H e u ch e l e i dazu, von dem Mangel an sozialpolitischer Ein-ficht ganz zu schweigen, wenn die kartellierten Unternehmer ineinem fort nach„Schutz der Arbeitswilligen gegen den gewerk-schaftlichen Terrorismus" schreien, wo doch die von den Arbeiter»organisationen wirklich ausgeübten, durchaus gesetzlichen Organi-sationszwangsmittel nicht entfernt so drückend wirken können, wiedie von den kapitalistischen Kartellen gegen die Außenseiter shste-matisch angewandten Zwangsmastrcgeln. Wenn irgendwo, danntrifft aus die nach Ausnahmegesetzen gegen die Arbeiterverbänderufenden kapitalistischen Syndikalisten die Warnung zu: Wer imGlashause sitzt, soll nicht mit Steinen werfen IPolitische(leberficbt.Berlin, den 12. Juli 1912.Ablehnung des badischen Budgets durch die sozial-demokratische Kammerfraktion.Aus Karlsruhe wird telegraphisch gemeldet:In der heutigen Nachmittagssitzung der Zweiten Kammergelangte das Finanzgesetz mit 53 gegen 19 Stimmen zur An-nähme. Gegen die Annahme haben alle Sozialdemokratengestimmt mit der Erklärung, die Regierung habe von Anfangbis zu Ende der Tagung bewiesen, daß sie die Sozialdcmo-kraten nicht als gleichberechtigie Staatsbürger anerkenne. Esentspräche daher dem Gebote der Selbstachtung, das Budgetabzulehnen._Herr Erzberger als Kriegshetzer und Flottentreiber.Schon während der Marokkohetze im vorigen Jahremachte sich Herr Erzberger durch seine skrupellosenchauvinistischen Treibereien höchst unangenehm benierkbar.Jetzt setzt er sein sauberes Handwerk in einer Weise fort,daß jeder journalistische Kuli des Papzerplattenkapitals inihni seinen Meister verehren könnte/Offenbar geht ihm das deutsche Flottenrnsten, das in derWelt nicht seinesgleichen hat. noch zu langsam. Anders ist.lvenigstens der alarmierende Hinweis aus Englands ge-steigerte Flottenkonzentratiop im Kanal und in der Nordseenicht zu verstehen. Herr Erzberger weist die— allbekannte—Verschiebung der Hauptmasse der englischen Flottenmachtnach dein Kanal und der Nordsee zahlenmäßig nach undfügt dann— im roten„Tag"— wörtlich hinzu:»Diese Verschiebung der Reservcformolionen sagt noch deut-licher, iv o h i u die Absichten Englands gehen. Gegen-über solchen Zahlen sollten endlich die Redensarten überdie Verständigung aufhöre«: denn dieser Rahmen zeigtjedem Deutschen die iv i r k l i ch e n Absichten Englands.Mögen selbst englische Minister sich überbieten in Friedens-Versicherungen. Der kluge Mann schaut aus die Tat und»immrdanach seine Stellung ein."Ob dieser infamen Hetze gegen England scheint selbstdiesem abgebrühten Zentrumsdemagogen denn doch das Ge-wissen zu schlagen, denn er verwahrt sich gleich gegen dieallerdings nur zu nahe liegende Gegenbemerkung, daß dasdeutsche Flottenrüsten ja für diese Verschiebung verant-wortlich sei. Und die Leute, die sich zu dieser zwingendenLogik bekennen, glaubt er dann durch die Grobheit abtunzu können, daß es„auch solche Käuze im Herrgottsgartengeben" müsse. Denn— Deutschland habe ja doch„vom An-fang an bis heute betont, daß es nur eine Abwehr-flotte" baue. Es gehört schon Erzbergers Intelligenz undUnverfrorenheit dazu, in demselben Atemzuge Eng-l a n d s Abwehrmaßregeln als ä r g st e BedrohungDeutschlands anzuschlvärzen, wo er selbst die Friedens-beteuerungen des fabelhaft rüstenden Deutschland alsetwas hinstellt, woran zu zweifeln verruchtester Frevel sei.Aber solche krampsigen Elownspäße ist man ja bei einem Erz-berger längst gewöhnt.So bescheiden sind selbst die Verstandesgaben des Hern?Erzberger nicht, daß er nicht kapieren müßte, daß das fort-gesetzte Flottenrüsten, für das auch das Zentnim wieder beider neuesten Flottenvorlage eingetreten ist. zu einem unauf-hörlichen Rüstungswettkampf und selbstverständlich auch zurKonzentration der englischen Flottenmacht führen muß. Undivenn Herr Erzberger wenigstens so konsequent wäre, beidenNationen das Recht zun? Mißtrauen zuzugestehen. Aberwährend er es für Deutschland in Anspruch nimmt, unter-schiebt er England nach der Methode der frivolen Hetzapostelund Panzerplattenagenten die feindseligsten Absichten gegenDeutschland. Das Wettrüsten soll also weiter gehen, bis diewahnsinnige Ueberspannung wirklich zur Katastrophe führt,init der die Leute vom Schlage eines Erzberger ein so frivolesSpiel treiben I Ob den Leutchen denn gar nicht einmal der Gedankeaufdämmert, daß eine solche Katastrophe auch für unsere Kriegs-treiber selbst höchst verhängnisvoll werden könnte?!Nicht abfeilschen, sondern erkämpfen!In der Redaktion des»Berliner Tageblatt" sitzen drolligeMauze. Statt dagegen zu.protestieren, daß Genosse Eisner einpreußisches WahIbiindniS mit dem Fortschritt wegen der politischenUnzuverlässigkeit der Forischrittswähler für aussichtslos erklärthatte, entrüsten sich diese unentwegt liberalen Männer darüber, daßder„Vorwärts" sich nicht einer politischen Illusion ldec.Schwächung"des blauschwarzen Blocks wegen) zuliebe zu der Taktik bekehrenkann, dem Freisinn in einer Reihe von Wahlkreisen die sozial-demokratischen Urwähler zuzutreiben I Ja mehr noch: trotzdem der„Vorwärts" erklärte, daß es lediglich vom Freisinn abhänge, obfür die Abgeordneten wählen ein Abkommen zwischen Freisinnund Sozialdemokratie zustande komme, rät das»B. T." dem Frei-sinn, den Kampf»aus eigener Kraft" zu führen! Es geht nichtsüber freisinnige Selbstlosigkeit: die sozialdemokratische Unterstützungwollen sich die Herren in Preußen gnädigst gefallen lassen, aberüber die Gegenleistungen schweigt man sich vornehm aus.Sollen wir uns gegen die kindliche Unterstellung, der„Vorwärts"glaube wohl gar durch die Eroberung von einem Dutzend sozial-demokratischer Mandate»die Junker- und Geldsackfeste brechen" zukönnen, im Ernste verwahren? Besitzen wir doch nicht einmal denGrad von Naivität. unS einzubilden, daß etwa durch die Verstärkungdes Fortschritts um ein halbes Dutzend Mandate einereaktionäre Wahlrechtsflickreform für das Proletariat a k z e p-t a b l e r werden könne. An solche.Wunder" glauben wir allerdings'nicht, vielmehr sind wir der Ansicht, daß das Proletariat sich ausgeologische Zeitperioden einrichten, und mit mehr als Engelsgeduldwappnen müßte, wenn eS darauf warten wollte, bis es psu k peu, durch Flickrcförmchen auf Grund der Zusammensetzung des Drei-klassenparlaments sukzessive ein demokratisches Wahlrecht erhielte!Aus dieser historisch-politischcn Betrachtungsweise heraus, diefreilich selbst Fortschrittsmännern von der intensiveren Couleur des„Berliner Tageblatts" unverständlich sein mag, legen wir denn auchweniger Gewicht darauf, ob der Freisinn etliche Mandate mehr oderweniger erobert, als vielmehr darauf, auch die preußischen Abgeord-netenwahlen nach Möglichkeit dazu auszunutzen, die proletarischenVolksmassen zu politischen Kämpfern zu erziehen!Wenn die»Dresdener BolkSzeitung" unserer Auf«fassung nicht ohne weiteres zuzustimmen vermag, sondern vor allenDingen ein«»gründliche Vertiefung in die preußische Wahlstatistik"empfiehlt, so haben wir gegen diesen Rat natürlich nicht das ge-ringste einzuwenden, höchstens daß auch ein gründliche» Mitzurate-ziehen der ReichStagswahlstatistik zu empfehlen wäre. Nach dem V o r-liegen der Ergebnisse solchen Studiums wollen wir gerne weiterdiskutieren._Besitzsteuern zur gefälligen Auswahl.Reichskanzler und Reichsschatzsekretär sind, um sich dieGunst des schwarzblauen Blocks und der Nationalliberalennicht zu verscherzen, auf einen kuriosen Plan verfallen. Siewollen dem Reichstag nicht einen bestimmten Besitzsteuer-Vorschlag zur Genehmigung vorlegen und sich für dessen An-nähme einsetzen, sondern sie gedenken das Prinzip des Waren-Handels aus die hohe Reichsfinanzkunst anzuwenden. Sielassen eine ganze Reihe verschiedener Steuerentwürfe zurDeckung der neuen Heeres- und Marinelasten ausarbeiten, deneinen Vorschlag etwas mehr kapitalistisch-liberal, den anderenetwas mehr aqrarisch-konservativ, um diese dann den„staats-erhaltenden" Parteien zur„gefälligen Auswahl" vorzulegen.Die betreffenden Parteien sollen sich dann aus dem Hausenheraussuchen, was ihrer Jnteressc-npolitik entspricht, und fallssie Aenderungen wünschen, diese näher bezeichnen.Eine hiesige halbosfiziöse Korrespondenz berichtet über denschönen Geschäftsplan:Ein Gesetzentwurf über eine Besitzsteuer wird dem Reichs-tage, wie wir aus bester Quelle hören. voraussichtlich erstim März 1S13 zugehen. Im Reichsschatzamt sind Vor-bereitungen für einen solchen Entwurf erst insofern gettoffenworden, al» eine Denkschrift ausgearbeitet wird, die sichmit dieser Materie eingehend besaßt und die verschiedenenArten einer Besitzsteuer bespricht, ohne bestimmte Borschläge fürdie zulünstige Gesetzgebung zu machen. Diese Denkichrist wird.den Bundesstaalen zugehen und wird im Lause des nächstenWinters eine der Grundlagen bilden für die Verhandlungenzwischen den Finanzministern der Einzelstaaten. Bestimmte Plänein irgendeiner Richtung sind bisher noch nicht gefaßt und werdenauch erst in Monaten gefaßt werden können, da die neue Besitz-stcuer in Art und Höhe dcS Ertrages von den Einnahmen de?HaushaltSetatS abhängig gemacht werden soll. Tie Berhand-lungen über die Steuer werden kaum vor Dezember beginnen undeine endgültige Stellungnahme des Bundesrats ist kaum vor März1013 zu erwarten, sodaß die Vorlage schließlich erst im April denReichstag beschästigen wird, der eine frühere Vorlegung auch nichtgewünscht hatte.Bisher haben schon meist die Herren Minister im Reichund in Preußen ihre Stellung zu den Konservativen und ihrenÄerbündeten.so aufgefaßt, wie die eines Handlungskommis zuseinem Prinzipal: aber vor der Oeffentlichkeit haben sie sichwenigstens als selbständige Männer aufgespielt— jetzt lassensie auch diese Maske-fallen und gestehen offen zu:„Wirmachen alles, was gewünscht und verlangt wird!" SolcheOffenheit verdient alle Anerkennung: der Kammevlnkei sollnicht den Herrn spielen._Das bayerische Zentrum und die Lehrer.Das bayerische Zentrum hat sich mit der Verweigerung derGebaltSaufbesserung für die Lehrer in eine recht be-denkliche Situation gebrockt, rebelliert dock sogar der KatholisckeLehrerverein, den die Ultramontanen als Gegengewicht gegen de»liberalen Baycrtschen Lehrerverein ins Leben gerufen habe». Fürnächsten Sonnabend ist eine große P r o t e st v e r s a m m l u n g derbayerischen Lehrerschaft nach München einberufen. DaS Zentrumsteht zwar, wie feine Press« versichert, dieser Kundgebung»mit demvollsten Gleichmut" entgegen, das hindert jedoch manche Zentrums-p s a r r e r nickt, durch U r la u b s v e rw e i g e ru n g und münd-liche Bearbeitung die Lehrer vom Besuche dieser Versammlung zurück-zuhalten.Grostmäuligkeit.Das Berliner Bündlerblatt gebärdet sich, als ob eS gar nicktden Termin der Verhandlung gegen die Genossen Borckardt undLeinert erwarten könnte. Man iollte glauben, die Blamage, diedie Pappenheimer und ihre Helfershelfer bei der schmachvollenAffäre seinerzeit davongetragen haben, sollte sie gar. nicht so erpichtauf neue öffentliche Blamagen machen. Oder rechnen sie so bestimmtauf einen richterlichen Sullurs? Wenn ihnen der Prozeß nur nichtübel bekommt!Unvorsichtig im höchsten Maße— von Tattlofigkeit sprechen wirbei dem Bündlcrblatt absichtlich nicht— aber ist eS, daß es sichdarüber zu verwundern wagt, daß sich Genosse Borchardt auf dring-lichste ärztliche Mahnung schleunigst einer Kur unterzogen hat. Ja,haben denn nach Ansicht der„Deutschen Tageszeitung nur Gent-lemen vom Schlage des Phili Eulcnburg das Recht, aus Gesund-heitsrücksichten die Vertagung eines prozessualen Verfahren» zu ver«langen? Zudem mag sich das Lertel-Blatt ge trösten: Früher wiedie Eulenburg-Affäre wird die Affäre Borckardt schon zur Ver-Handlung kommen. Und sicherlich mcht zur Genugtuung der Scharf-niacher und Aufputscher des Herrn v. Erffa!Der Säugling im Gefängnis.Den Ruhm, Säuglinge ins Gefängnis gebracht zu haben, teiltmit der Justiz des Ruhrgebiets das heilige Köln. In einemSchöffengerichtssaal saß dieser Tage eine Frau mit einem dreizehnMonate alten Kindchen, mit dem sie schon zwei Wochenim Gefängnis zugebracht hatte. Sie war angeklagt, die KölnerArmenverwaltung und den katholischen Elisabethenverein. denletzteren um ü M.. die erstere in vier Fällen um je 3,ll M.»beschwindelt" zu haben. Um Brot und eine Strohunterlage für sichund ihren Säugling zu bekommen, hatte sie einen falschen Namenund Familienstand angegeben. Das Gericht sprach sie frei, da dieZeugen erklärten, daß die Frau die Beträge bei wahrheitsgemäßenAngaben auch bekommen hätte. Welche der„Wohlfahrtseinrichlungen"hat es auf dem Gewisse», die arme Frau von ihren drei anderenKindern gerissen und sie mit dem Säugling ins Gefängnis gebrachtzu haben? Glaubte man an— Fluchtverdacht bei der Muttervon vierKindern?_Das bayerische Zentrum als Sachwalter des Kapitals.Die Abgeordnetenkammer verhandelte am Freitag über denAusbau der Wasserlräfte, die Elektrisierung der Bahnen und dieVersorgung des Landes mit Elektrizität. Die heutige Regierungverschleppt den bereits 1913 vom Landtag beschlossenen Ausbau desWalchcnsees und läßt so den Elektrizitätstrust immer mehr inBayern eindringe». Im ReichSrat hat man die Regierung aufge-fordert, das ganze Projekt aufzugeben, und die Regierung hat aufdiese Angriffe Erklärungen abgegeben, die nicht anders aufzufassensind, als daß sie zwar die Pläne grundsätzlich festhält, ihre Aus-führung aber vorläufig zu verhindern gedenkt. Auch am Freitagkündigte der Minister des Innern langwierige Erwägungen an.Entschieden forderte der liberale Abgeordnete Hübsch, endlichmit dem staatlichen Ausbau zu beginnen. Er regte an, den staat-lichen Betrieben Auffichtsräte beizugeben, in denen auch Abgeord-nete vertreten seien. Herr O s e r, der Sprecher des Zentrums,riet dagegen der Regierung, sich nicht zu überstürzen.Die Unlust der heutigen Regierung und des Zentrums, einesder wichtigsten Kulturwerke in Angriff zu nehmen, wurde vomGenossen Sibolf Müller scharf kritisiert. Er erinnerte an dieBegeisterung, die noch vor zwei Jahren für das Werk herrschte.Heute vertrete die Partei rein privatkapitalistische Interessen. Vomagitatorischen Standpunkt könne unsere Partei mit der Verschleu-derung der Wasserkräfte zufrieden sein. Wir haben aber noch stetsden grundsätzlichen Standpunkt vertreten, daß die Wasserkräftedurch den Staat ausgebaut werden sollen. Das Land müsse un-bedingt Klarheit über die Verhältnisse haben, ob tatsächlich derVorwurf gegen den früheren Verkehrsminister berechtigt ist, daßer leichtfertig oder absichtlich Arbeiten verhindert oder vernach-lässigt hätte, die jetzt neu gemacht werden müssen. Sei der Bor-wurf berechtigt, so ergäbe sich die Notwendigkeit, nachträglich demfrüheren Verkehrsminister den Prozeß zu machen; sei er nicht berech-rigt, dann müsse er hervortreten und Stellung nehmen gegen dieunkontrollierbaren Angriffe, die aus dem Dunkel gegen ihn erfolgtsind. Im Reichsrat. so fährt Müller fort, habe das Privatinteressean der Ergatterung billiger Wasserkräfte einen Kampf gegen diestaatlichen Pläne geführt.Wegen des Ausdrucks„Kammer der Ausstchtsräte" wird derRedner vom Vizepräsidenten Frank gerügt, der es auch für un-zulässig erklärt, ein Mitglied des RcichSrats als Interessenten zubezeichnen.Genosse Müller wendet sich gegen die Unterbrechungen desVizepräsidenten:„Sie können mir ja das Wort entziehen, wennIhnen meine durchaus sachlichen Ausführungen nicht passen."Redner schilderte dann die Ausbreitung des ElektrizitätskapitalS,gegen die es nur eine einzige Rettung gäbe, den staatlichen Ausbauder Wasserkräfte. Was man jetzt gegen die Elektrisierung derBahn sage, ähnele dem. was man einst gegen den Bau von Eisen.bahnen gesagt habe. Wenn die Presse sich gegen das ElektrizitätS-kapital wende, so aus dem einfachen Grunde, weil bis in hoheKreise die Interessenten des Elektrotrusts tätig sind.Zum Schluß verliest der Redner die Ausführungen desMinisterpräsidenten, die er als Professor in einem Buche nieder-zelegt hat, gegen die Macht des Kapitals, der gegenüber eS Pflicht�»es Staates sei, Unternehmungen, welche ihrer Natur nach demInteresse aller dienen sollen, selbst zur Ausführung zu bringen,statt sie privaten Gesellschaften zu ihren eigenen Vorteilen zuüberlassen.Ter Verkehrsminister v. S e i d l e i n antwortet, daß die Re-gierung an ihren Plänen festhalte, aber die Verhältnisse hättensich geändert, die Dürre des vorigen Sommers hätte die Berech-nungen umgestoßen: jetzt brauche man noch zwei Jahre, um denPlan neu auszuarbeiten. Der Minister v. Soden beklagte sich,daß man seine Begeisterung für das Unternehmen bezweifle.Der Zentrumsabgeordnete Steininger stellt sich zu dieserFrage auf die Seite der Linken und protestierte energisch gegen dieverdächtige Verschleppungspolitik. In einer persönlichen Be-merkung stellte Genosse Auer fest, daß Minister v. Soden einevon ihm im Ausschuß getane Aeußerung gefälscht habe.Der Polizcikampf um die roten Kranzschleifen'N Breslau dauert ununterbrochen an. Ein besonders krasser Fall'nni diese Woche vor Gericht zum Austtag. Die Polizei attackierte'en Leichenzug der alten Genossin Weineck. der sich nur von derLeichenhalle des Friedhofes bis zum Grabe bewegte, um sich mitLewalt der Kränze oder der Schleifen zu bemächtigen. Als dießolizei die Kränze wegriß, trat der Sohn der Verstorbenen den,Wachtmeister entgegen, wehrte ihn ab und rief:»Der Kranz gehörtmeiner toten Mutter!" Der Wachtmeister riß trotzdem die Schleifenb, und der Sohn erhiet eine Anklage wegen Widerstandes gegendie Staatsgewalt. Selbst der Staatsanwalt sah in Anbetracht derder Sachlage den Fall.milde" an und beantragte»nur" 19 MarkGeldstrafe.Das Gericht gab sich mit 5 Mark zufrieden, da daS Borgehender Polizei aus den Friedhöfen geeignet gewesen sei,»doseSBlut" zu machen._Vom hessischen Landtage.Endlich ist die Beratung der hessischen Beioldungsvorlage beendet.Zie hat zu guter Letzt noch zu einer ganz unwürdigen Demütigungver Zweiten Kammer durch die Herrenlamnier geführt. Diese ver-kürzte die von der Zweiten Kammer beschlossene Besoldungs-Verbesserung um V,o und wollte den Lehrern nur 11 Proz. stattlf> Proz. Aufbesserung geben, wie die Zweite Kammer beschlossen> alle. Die Zweite Kammer nahm gehorsam die Verschlechterungfür die Beamten an, beschloß aber, den Lehrern wenigsten Ill'/z Proz.Aufbesserung zu geben. Die Erste Kammer, die Donnerstag fort-lauernd neben der Zweiten tagte, blieb jedoch fest, bis sie dieMehrheit der Zweiten Kammer mürbe hatte. Nationalliberale,Zentrum und Bnndler fielen nach wiederholter Beratung um, nurdie Sozialdemolraten blieben fest.Daraus wurde die tapfere Zweite Kammer bis zum Herbstvertagt.Ein neuer Chef des Generalstabes?Nack Mitteilung der»Tägl. Rundschau" soll noch in diesemJahr«in Wechsel in der Person des EhefS des Großen Generalstab»erfolgen. Ein in ntilitärischen Äreisen umlaufendes Gerücht willwissen, daß der gegenwärtige Chef des Generalstab« General derInfanterie und Generaladjutant v. Mottle im Herbst diese» JahreSaus seiner Stellung scheiden und durch den Rangältesten Ober-quarliermeister v. Windheim ersetzt werden wird.frankrcicb.Wie eine sozialistische Gemeinde das Nationalfest feiert.Paris, 19. Juli.(Eig. Ber.) Der Tag des Bastillesturmes istbekanntlich in Frankreich als„Nationalfest" zu einer banalenKundgebung des Klimbim-Patriotismus geworden, mit offtziellemZeremoniell, militärischem Spektakel und einträglicher Tanzmusikbei den Wcinmirten. Der ncugewählte sozialistische Gemeinoeratton Brest hat gleichwohl beschlossen, den 14. Juli gleich seinenBorgängern zu feiern, aber in einem bemerkenswerten Manifestan die Bevölkerung legt er dar, in welchem Sinne er sich an derFeier beteiligt, im besonderen an der militärischen Revue, der erin corpore beiwohnen wivd. Die Erklärung sagt:„Wenn wir uns an dieser militärischen Feierlichkeit beteiligen,sind wir uns bewußt, von dem Gedanken des internationalenSozialismus nicht das mindeste nachzulassen. Unser Antimili-tarismus besteht in Wirklichkeit keineswegs— wie man manchmalwähnt— in Beschimpft, ngen der Armee, ihrer Führer, ihrer Sol-daten und Seeleute. Sie beschimpfen? Wo doch die Armee unddie Marine wir selbst sind, unsere Verwandten und Freunde undzu einem großen Teil unsere arbeitende Klasse. Wo doch in derArmee und in der Marine zahlreiche republikanische Offiziere,Unteroffiziere, Soldaten und Seeleute sind, die den Quälereien,den Verfolgungen oer erstarkenden Reaktion preisgegeben, sich inihren legitimen Bestrebungen unserer Partei zuwenden und mituns die Republik gegen die Versuche eines immer drohender auf-tretenden CäsariSmuS verteidigen würde»,