Nr. M?9. Jahrgang. Z. Cfiliip Ks.lotronrlfj" Mm WsM Ssuvllbtlld, 13. Juli 1913. Partei- Angelegenheiten. Zweiter Berliner Rcichstagswahlkreis. Sonmaa, den 14. Juli: Großes Sommerfe st in den Gesamträumen der Berliner Bockbrauerei, Tempelhofer Berg. Konzert, Gesang, Kine- matograph, Ball sHerren zahlen 50 Pf. nach). Jedes Kind erhält einen Bon zur Stocklalerne gratis. Die Kaffeeküche ist von 2—6 geöffnet. Vorverkauf: Billett 20 Pf., an der Kasse 30 Pf. Der Vorstand. Charlottcnburg. Tie Genossen und Genossinnen der 7. Gruppe veranstalten am Sonntag, den 14. Juli, einen Ausflug nach Pichelsbergs und treffen sich um 2 Uhr nachmittags im Restaurant Freund. Johannisthal . In den Monaten Juli und August werden die sonntäglichen Bibliotheksstunden nur alle 14 Tage abgehalten und ist die Bibliothek am Sonniag, den 14. und 28. Juli sowie am 11. und 26. August geschlossen. Reiilickcndorf-West. Dienstag, den 16. Juli, abends pünktlich 8'/z Ubr, finde: in den Cickbornsälen<Jnh. H. Schiller), Eichbornstraße 60, die Generalversammlung des Bezirkswahlvereins statt. Tagesordnung: 1. Aufnahme neuer Mitglieder. 2. Bericht und Wahl sämtlicher Funktionäre. 3. Anträge zum Parteitag. 4. Vereinsangelegenhciten und Verschiedenes.— Ohne Mitglieds- buch oder Aufnahmeichein kein Zutrrilt. Die Bezirksleitung. Bezirk Borsigwalde-Wittcnau. Sonntag, den 14. Juli, findet im Willenauer GejellschaftShaus ein Sommerfest, veranstaltet vom Wahlverein Borsigwalde-Wiltenau, statt. Für Unterhaltung ist reich- lich gesorgt. Anfang nachmittags 2 Uhr. Nieder-Schönhausen-Nordend. Morgen Sonntag, den 14. Juli, findet im Lokale von Liedemit, Inhaber Perschke, an der Kirche ein großes Sommerfest statt, verbunden mit einem großen Garlcnkonzert, ausgeführt vom Gewerkschaflsorckester(Dirigent Herkcwitz) und unter Mitwirkung des Teßmannschen Männergesang- Vereins(Mitglied d. D. A.-S.°B.), des Berliner Humvrquartetls; Turnerische Aufführungen von Mitgliedern des Arbeiler-Turnvereins Pankow. Für Kinderspiele ist bestens Sorge getragen. Die Kaffee- küche ist von 2 Uhr ab geöffnet. Eintritt 2ö Pf. Buch. Heute, Sonnabend, den 13. Juli, abends pünktlich Vjö Uhr, Zahlabend bei Paul Starke, Bahnhofstr. 6. Friedrichsfrlde. Die Teilnehmer an der L a n d a g itation treffen sich Sonntag früh Va7 Uhr bei Brunk. Rudow . Der Wahlverein hält Sonntag, den 14. Juli, nach- mittags 5 Uhr, bei P a lm seine alljährliche Generalversammlung mit wichtiger Tagesordnuif) ab. Hcrzfclde. Eine Mitgliederversammlung des hiesigen Wahl- Vereins, in der wichtige Punkte aus der Tagesordnung stehen, findet Sonnabend, den 13. Juli er., abends 8 Uhr, im Restaurant„Zum goldenen Stern" statt. Alt-Landsbcrg. Sonntag, den 14. Juli, findet im Lokal von Thomas Schmidt, All-Landsberg-Süd, das So mm er fest der hiesigen Parreigeuossen, bestehend aus Konzert, Tanz und Kinder- spielen, statt. Woltcrsdorf. Der Bezirkswahlverein Erkner- Wolters dorf hält am Sonntag, den 14. Juli, von nachmittags 3 Uhr ab in den Räumen des Restaurants.Dampfboot"(Jnh. Scholtz) in Wolters- dorf ein S o m m e r f e st unter Mitwirkung der Arbeitervereine der beiden Orte ab. Eintritt 2ö Pf. Lerliner I�admcKten. 300 Akademiker für die Erhaltung der Grunewaldseen. Der Berliner Waldschutzverein hat dem Verband Grotz-Berlin eine Petition überreicht, die von rund 300 der angesehensten Ver- treter der deutschen Wissenschaft unterzeichnet worden ist. Die Pe- tition lautet: „Die unterzeichneten Mitglieder der medizinischen und phi- losophischen Fakultät der königlichen Friedrich-Wilhelm-Univer- sität zu Berlin und Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspflege sehen in der dauernden Entwässe- rung der Grunewaldseen— Nikolassee, Schlachtensee, Krumme Lanke, Riemeistersee— und der dadurch bedingten Versandung ihrer Ufer und Vernichtung einer eigenartigen Flora und be sonders schöner landschaftlicher Reize, sowie der damit ver bundenen schweren direkten und indirekten Fährdung der ösfent liehen Hygiene eine schwere Schädigung der Volkswohls, durch welche unersetzliche Werte für jetzt und die Zukunft verloren gehen. Sie bitten den Zweckverband von Grotz-Berlin , mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln der drohenden Gefahr entgegen- treten zu wollen, insbesondere eine Kommission einzusetzen,- die unter Heranziehung von Sachverständigen die Mittel und Wege klarstellt, deren schnelle Anwendung die Rettung der gefährdeten Seen sichert." Unter den 300 Unterschriften finden sich neben dem Vorsitzenden des Waldschutzvereins, �(Aeh. Medizinalrat Professor Ewald, auch der derzeitige Rektor der Universität, Geheimer Rat Professor Lenz, Gustav Schmoller , sowie' viele bekannte Namen, wie Hans Delbrück , R. du Bois-Reymond, Rudolf Eberstadt, E. Francke, Johannes Orth, Max Scring sowie die Geologen Erdmannsdörffer, Potonie, Wahnschaffe und viele andere. Notdürftiges. Sehr notdürftig sind die Einrichtungen für des Publikums Notdurft auf den Bahnhöfen in Berlin . Das tritt nicht nur zur jetzigen Zeit des starken Verkehrs hervor, das ist eine regelmäßige Erscheinung, die der große Reiseverkehr nur besonders deutlich macht. Ein Wort der Kritik ist da einmal am Platze, um so mehr, als gerade der Teil des Publikums sich beschwert fühlt, der nicht für jede Gelegenheit einen Groschen ausgeben kann und mag: das Publikum der dritten und vierten Klasse, das den Bahnen die größten Einnahmen bringt. Man hat in den letzten Jahren die verschlossenen Klosetts vermehrt und die freien dadurch vermindert, die gerade eine Vermehrung nötig hatten; man preist die verschlossenen mit der Aufschrift an, daß„Spiegel und ansteckungs- freies Toilettenpapier" zur Verfügung stehe, aber— einen Groschen Herl Wenn nun ein armer, schwerbedrängter Mann eine bessere Verwendung für seine Groschen hat und der Meinung ist, seine Notdurft frei verrichten zu dürfen, dann muß er eben warten, denn die freien Klosetts sind in der Regel besetzt, und gewöhnlich warten schon einige andere Leute in gleicher Lage.— Von freier Waschgelegenheit für die Reisenden ist keine Rede, das kostet manch- mal noch mehr wie einen Groschen. Schlimm ist es auf den Bahnhöfen der Hoch- und Untergrund- bahn bestellt, für das Publikum wie für die Angestellten. Da stellt man sich ganz unschuldig und weiß auf allen 27 Bahnhöfen über- Haupt nichts von einer Notdurft des Publikums, weder für große noch für kleine Bedürfnisse, weder für Männer noch für Frauen; sonst ist wenigstens immer noch etwas für die Männer gesorgt. Verspüren die Angestellten einen unabweisbaren inneren Drang, so müssen sie nach bestimmten Zwischenstationen fahren. Das Pu- blikum erhält auf Befragen die Auskunft, daß es sich nach der nächsten Anstalt auf der Straße umsehen müsse.— Wird es auf den Bahnhöfen der Hoch- und Untergrundbahn, die jetzt im Bau begriffen sind, anders werden? Schwerlich, wenn das Publikum es nicht energisch verlangt. Uebcr die Bedürfnisanstalten auf den Straßen und Plätzen herrscht die alte Klage, daß auf die Frauen zu wenig Rücksicht genommen ist. Die Frauen finden wenig Gelegenheit und muffen immer bezahlen.„Nur ein Sechser", sagen manche Leute, aber sie bedenken nicht, daß arme Frauen ihre„Sechser" lieber anders verwenden. Uebrigens haben die Frauen oft große Not, in einer Rotunde ein Unterkommen zu finden, selbst wenn sie sogar einen Groschen bezahlen �vollen. An Sonntagen und in verkehrsreicher Gegend sieht man nicht selten, wie die Einlaß begehrenden Frauen vor den Rotunden Reihen bilden. Das macht einen sehr pein- lichen Eindruck, um so mehr, als manche Leute es sich nicht ver- kneifen können, schlechte Witze darüber zu machen. Und wieder Beelitz . Der Vorstand der Landesversicherung macht uns darauf aufmerksam, daß die zweite Hälfte der Beelitzer Heilstätten vor 4>/a Jahren eröffnet worden sei. Anfangs zählte die Heilstätte 600 Betten. Seit Ende 1907 ist die Zahl der Betten auf über 1200 gestiegen. Mit dieser großen Zahl der Betten sei allmählich die Zahl der Besucher gestiegen, die zurzeit an einem Sonntag auf 1200 geschätzt wurden. Durch diese Zuschrift wird lediglich dargetan, daß unser gestriger Hinweis auf die Zeit der Eröffnung des zweiten Teiles der Heilstätten einer Korrektur bedarf, mehr auch nicht. Die Patienten wie deren Angehörigen können aber doch nicht verantwortlich gemacht werden dafür, daß die Beelitzer Heilstätten so umfangreich sind, daß sie über 1200 Patienten beherbergen können. Man kann doch nicht in Rücksicht auf die Größe einer Anstalt Patienten wie deren Angehörigen die Besuchserlaubnis beschränken. Der Besuch ist sehr oft geeignet, einen kranken Menschen wieder Lebensfreude und Erheiterung zu bringen und somit auf das körperliche Wohlbefinden günstig einzuwirken. Und deshalb bleibt die Maßnahme des Vorstandes schikanös und kleinlich._ Professor Dr. Hugo Neumann ist gestern im Alter von 55 Jahren gestorben. Mit dem Verstorbenen ist ein Mann dahingeschieden, dessen Haupttätigkeit der Sorge um Mutter und Kind galt. Von Haus aus vermögend, widmete sich Neumann in besonders hervorragendem Maße der Fürsorge der Säuglinge und des unehelichen Kindes in der uneigennützigsten Weise. Mit großen Mitteln rief Neumann das Kinderhaus in der Blumenstraße ins Leben und arbeitete hier mit großer Opferfreudigkeit an seiner Lebensaufgabe. Zu der Einrichtung der Säuglingsfürsorgestelle in Berlin hat Neumann viel beigetragen. In seinem Kinderhaus wurde die erste Fürsorgestelle errichtet. Die verschiedensten Abteilungen im Kinder- hause, die Kinderpoliklinik, das Wöchnerinnenheim, die Abteilung für kranke Säuglinge zeugen von der außerordentlichen Tätigkeit Hugo Neumanns. Daneben unternahm der Verstorbene eine Reihe Unter- suchungen der Berliner Schulkinder und Veröffentlichungen über die in Berlin geborenen unehelichen Kinder. Professor Neumann war ein prächtiger Mensch, dem ein tst'-s soziales Empfinden eigen war. Drei Schulkinder ertrunken. In der Nähe der Stadt C a m b u r g an der Saale hat sich Donnerstag gegen abend ein schrecklicher Vorgang abge- spielt. In der Ortschaft Neuengönna verbringen seit An- fang dieses Monats etwa vierzig Berliner Schulkinder unter Aus ficht ihres Lehrers ihren Ferienurlaub. Die Kinder gingen wie alle Tage in die Saale baden. Der Fluß ist an dieser Stelle ziemlich seicht, und das Waffer fließt nur. sehr langsam dahin, da sich unmittelbar daneben eine Landzunge befindet, die fast, bis in die Mitte des Fluffes hineinragt. Ueber Nacht müssen sich im Fluß bett tiefe Löcher gebildet haben, von denen niemand etwas wußte. Dies sollte den Kindern zum Verhängnis werden. Als die Knaben ins Wasser stiegen, ließ sie der die Aufficht führende Lehrer sich gegenseitig die Hände reichen, so daß eine lange Kette gebildet wurde. Kaum waren die Kinder ein Stück in den Fluß hinein- gegangen, als sich plötzlich ein lautes Geschrei erhob. Der vorderste Teil der Kette war in einen Strudel geraten und riß die anderen Kinder hinter sich her. In den nächsten Augen- blicken verschwanden einige der Kinder unter der Oberfläche. Der Lehrer, der am Ufer stand, sprang sofort ins Wasser und konnte zwei der Knaben retten. Außer ihm waren auch noch einige andere Erwachsene in das Wasser gesprungen, sie mußten sich aber darauf beschränken, die in großer Auftegung befindlichen Kinder an das Land zu führen. Man glaubte jetzt allgemein, daß sämtliche Kinder geborgen seien. Als man aber die Kinder abzählte, stellte es sich heraus, daß drei fehlten. Sofort stiegen der Lehrer und einige andere hilfsbereite Personen wieder ins Wasser hinein und suchten die ganze Strecke ab. Sie fanden aber keinen der ertrunkenen Knaben. Erst in den späten Abendstunden konnten Fischer ein Stück weiter flußabwärts die Leichen der beiden Schüler Erich Borsdorf und Otto Rückert ans Land bringen. Der dritte ertrunkene Schüler, Otto Kublank, ist noch nicht geborgen. Geständnis des Kassenboten Haase. Der Kassenbote Max Haase hat gestern nachmittag seinem Vefteidiger, dem Rechtsanwalt Paul Bvedereck auf längeres, ein- dringliches Zureden hin, das Geständnis abgelegt, daß seine erste Angabe, daß ihm das Geld von einem Straßenmädchen in dem Hotel am Anhalter Bahnhof gestohlen worden sei, nichtzutreffe. Er habe vielmehr das Geld an einer bestimmten Stelle auf dem Tempelhofer Felde vergraben. Weil Haase bei seiner Vernehmung durch den Untersuchungsrichter, Landgerichtsrat Gaze, seine Be- hauptung aufrecht erhielt und er sich bereit erklärte, die Stelle genau zu bezeichnen, ging man der Sache gleich auf den Grund. Gegen 4 Uhr fuhren in zwei Kraftdroschken der Kassenbote Haase in Begleitung mehrerer Kriminalbeamter, der Untcrsuchungsrich- tcr, Landgerichtsrat Gaze, Kriminalkommissar Fritsch und zwei Chefs der Amerian Expreß Co., der bekanntlich Haase die Summe unterschlug, nach dem Tempelhofer Felde. Nicht weit vom Bahnhof Tempelhof in der Richtung nach Neukölln zu entfernt, bezeichnete Haase dicht neben dem Bahnzaune zwei Stellen, wo er das Geld vergraben haben wollte. Kaum hatte man den ersten Spatenstich getan, da stieß man, ungefähr 30 Zentimeter tief, auf einen harten Gegenstand, eine eiserne Kasette, die bare 85 000 M. in Tausendmarkscheinen barg. Einige Fuß weiter fand man, eben- falls nur etwa 30 Zentimeter tief vergraben, einen Wachsleine- Wandbeutel, der das übrige Geld in Hundertmarkscheinen und Gold- rollen enthielt. Die 94 000 M. konnten sogleich der American Expreß Co. zurückerstattet werden. Sonderbar ist es. wie unvor- sichtig Haase bei seinem Versteck war. Er hatte das Gras zwar vorsichtig abgestochen und wieder heraufgelegt, so daß man eine frische Stelle nicht sah, doch hätte der Schatz sehr leicht von spielen- den Kindern gehoben werden können, da diese doch an allen Stellen des Tempelhofer Feldes, und gerade am liebsten an den Zäunen „buddeln". Ein Falschmünzer verhaftet. Durch die Kriminalpolizei wurde Tonnerstag abend in Tempelhof der am 8. März 1890 in Oberhausen geborene Techniker Albert H a v e n i t h wegen Falschmünzerei verhaftet. Die Polizei hatte vor einigen! des Mannes verließ, mit der Drohung, Frau.Gärjke wgd ; Tagen schon dir«) Arbeiter Wilhelm Z. bd der Verausgabung eines falschen AvtWzigmarkstückcs abgefaßt. Weitere Falschstücke wurden bei ihm niht vorgefunden. In Begleitung des Verhafteten wurde ein änderet Mann gesehen, der später in einer Herberge ' in der Koppenstrasie ermittelt wurde. In seinem Besitz wurden noch mehrere gefälschte Goldstücke vorgefunden. Als Falschmünzer kam aber auch dieser Verhaftete nicht in Betracht. Dagegen fand man bei ihm dnen Zettel, der die Adresse des Technikers H a v e n i t h trug. Dieser wurde jetzt längere Zeit beobachtet, und schließlich wurde zu einer Haussuchung geschritten. In Ler Woh- uung des Verdächtigen in der Strausberger Str. 19 fand man ein vorzügliches, zur Herstellung von falschen Zwanzignrarkstücken dieziendes Handwerkszeug, außerdem noch zahlreiche aus Kupfer hergdtellte Falschstücke, die den alten Zwanzigmarkstücken täuschend ähnlich�sehen. Wie festgestellt wurde, sind eine Anzahl dieser ge- fälschten Zwanzigmarkstücke von Havenith nach dem Rheinland geschickt worden. Das ganze Werkzeug und die Falschstücke hatte Havenith schon in einen Koffer gepackt, um damit abzureisen. Er war erst zwei Monate in Berlin , und da er mehrere Sprachen beherrscht, war es ihm ein leichtes, sich überall durchzufinden. Die Falschmünzerd muß er auch schon außerhalb Berlins betrieben haben. Hier hatte er, um keinen Verdacht zu erregen, die Stelle eines Monteurs bei der Privattelephongesellschaft angenom- men. Als er für diese in Tempelhof tätig war, wurde er von der Kriminalpolizei verhaftet. Havenith war bei der Brüsseler Weltausstellung als Polizeibeamter tätig. Angesichts des schwerwiegenden Belastungsmaterials konnte er bei seinem Verhör die gegen ihn erhobenen Beschuldigungen nicht bestreiten. Gestern nachmittag wurde Havenith dem Untersuchungsrichter vorgeführt. Bei seiner eingehenden Vernehmung gab der junge Mann an, daß er lediglich das Opfer seiner Wißbegierde geworden sei. Schon in seiner frühesten Jugend habe er mit großem Inte» esse Bücher über chemische und galvanische Experimente gelesen. Zuerst sei er auf den Gedanken gekommen, sich einen Anhängsel für die Uhrkette in der Form eines Zehnmarkstückes herzustellen. Dies sei ihm auch zu seiner Zufriedenheit gelungen. Nach und nach habe er es so weit gebracht, daß seine Medaillons von echten Gold- stücken nicht zu unterscheiden gewesen seien. Daraufhin habe er das Strafrecht studiert und darin gelesen, daß das Anfertigen dieser Nachahmungen nicht strafbar sei, wenn sie nicht in den Ver- kehr gebracht würden. Er sucht sich damit herauszureden, daß er dies auch nicht gemacht habe, vielmehr nur seinen Freunden Wilms und Zittlau die von ihm angefertigten Zwanzigmarkstücke zur Ansicht übergeben habe. Wenn diese nun gegen sein Wissen die nachgemachten Goldstücke in den Verkehr gebracht hätten, so sei das nicht seine Schuld. Zwei tödliche Strassenunfälle erdgneten sich gestern nachmittag. Gegen 5 Uhr wurde der 16 Jahre alte Straßenreiniger Bernhard Zander aus der Straße 16b Nr. 19, als er mit seinem Karren vom Spittelmarkt kommend in die Grünstraße einbiegen wollte, an der Ecke der Gertraudtenstraße von einem Kraftomnibus der Linie 53 erfaßt und umgerissen. Er geriet hierbei unter das linke Hinterrad, das ihm den Brustkasten völlig eindrückte. Auf' dem Transport nach der nächsten Unfallstation verschied der Un- glückliche. Beim Spielen verunglückt ist die 5 Jahre alte Tochter Wally deS Arbeiters Wunderlich aus der Aörlitzer Str. 66. Das Kind spielte gegen 3 Uhr vor dem elterlichen Hause. Dabei kam es unter einen mit zwei Pferden bespannten Bierwagen der Berliner Bock- brauerei. Ehe der Kutscher, der nur im Schritt fuhr, das Fuhr- werk zum Stehen bringen konnte, war das rechte Hinterrad des schweren Wagens über den Kopf der Kleinen gefahren, so daß sie auf der Stelle verschied. Tödlichr Unfall einer Greisin. Als die 72 Jahre alte Frau Wilhelmine Naujoks, geborene Koch, ihre im Hause Falckenstcin- straße 9 belegene Wohnung aufsuchen wollte, glitt sie auf der untersten Stufe der Treppe zum 1. Stock aus und fiel so unglück- lich hin, daß sie dabei einen Schädelbruch erlitt. Ein sofort be- nachrichtigter Arzt konnte nur noch den Tod der alten Frau fest- stellen. Ein schwerer Strahenbahnunfall ereignete sich am gestrigen Freitag um 10 Uhr an der Marschallbrücke. Dort sprang eine Frau Pauline Kümmert, Alt Moabit 55 wohnhaft, trotz der Warnung des Schaffners während der Fahrt vom Hinterperron des Motor- Wagens 2395 der Linie 14 ab, kam zu Fall und erlitt einen Bruch des linken Oberschenkels. Die Verunglückte wurde nach der Charit« übergeführt. Beim Tanz gestorben. Einen traurigen Abschluß nahm eine Kremserpartie, welche mehrere im Prenzlauer Stadtviertel wohnende Familien nach dem Müggelsee unternommen hatten. Auf dem Rückwege kehrte man abends in einem Tanzlokal in Hirschgarten bei Köpenick ein, um noch ein wenig zu tanzen. Unter den Teilnehmern befand sich auch der 36 jährige Pferde- Händler Isidor Katz aus Berlin , der diesem Vergnügen lebhaft huldigte. Plötzlich, in den Armen seiner Tänzerin brach K. leblos zusammen. Ein sofort aus Köpenick hinzugcrufener Arzt konnte nur noch den infolge Herzschlag eingetretenen Tod feststellen. Die Leiche des K., der schon seit längerer Zeit leidend gewesen sein soll, wurde nach der Friedrichshagener Leichenhalle übergeführt. Schwere Brandwunden im Gesicht erlitt bei der Arbeit der 30 Jahre alte Rohrleger Joseph R. aus der Teltower Straße 28. Als er in einem Neubau in der Düsseldorfer Straße in Berlin- Wilmersdorf die Gasröhren prüfte, schlug aus der Gasleitung eine große Stichflamme heraus, durch die der Rohrleger im Gesicht ver- brannt wurde. Der Bedauernswerte erhielt auf der Unfallstation am Olivaer Platz die erste Hilfe und wurde von dort mittels Krankenwagen dem Neuköllner Krankenhause zugeführt. Zu dein Mordversuch in der Fehrbcllincr Straße wird mitge» teilt, daß die Frau sich soweit erholt hat, um eingehend vernommen werden zu können. Ihre Aussage bestätigte die Ermittelungen, die die Kriminalpolizei inzwischen gemacht hatte. Der Täter ist danach der am 28. August 1878 zu Berlin geborene Maler Willy R e i n e l t, der zuletzt in der Wcißenburger Straße 82 wohnte. Reinelt war mit den Eheleuten Gärtke bereits seit zwei Jahren bekannt. Er erregte, da er angab, Witwer und Vater von sieben Kindern zu sein, das Mitleid der Familie. Es wurden ihm des- halb Gelegenheitsarbeiten überwiesen, für die er Entschädigung erhielt. Das Verhältnis zwischen Rcinelt und der Familie Gärtke gestaltete sich mit der Zeit immer freundlicher. In letzter Zeit wurden ihm auch Darlehen gewährt. Diese freundschaftlichen Be- Ziehungen der Familie Gärtke bedankte er damit, daß er vor sechs Monaten die Frau mit Liebesanträgen verfolgte. Verschiedenlich versuchte er Frau Gärtke zu veranlassen, das Geld aus ihrem Ge- schäfte herauszuziehen und mit ihm zusammen nach einer Pro- vinzstadt zu ziehen und dort gemeinschaftlich zu leben. Frau Gärtke nahm den Vorschlag Rcinelts aber nicht ernst, weil dieser im Einverständnis mit ihrem Manne ganz zu ihnen gezogen war. Vor acht Tagen unterschrieb Frau Gärtke dem Maler einen Zettel, indem sie sich damit einverstanden erklärte, daß sie mit ihm aus dem Leben scheiden wolle, ohne aber auch diesen ernst zu nehmen. Die Nachstellungen Rcinelts nach der Frau Gärtke waren in der letzten Zeit so arg geworden, daß diese am Tage der Tat ihrem Manne in Gegenwart des Malers von dessen Aufdringlichkeit Mit- teilung machte. Es kam hier zu einem Austritt, der damit endete.. daß Neinelt die Wohnung der Eheleute Gärtke auf Vcranlasstm� cm----.—---—..... 1 er-
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