Dr. 162. 29. Iahrgaag.1. Keilllge des„iormiittö" Kerlim JIolteMött.Soantilj, IL Itli 1912.Die Reorganiiation der Parteileitung.Von Wilhelm Sittmann.Seit die vom Jenaer Parteitage eingesetzte Reorganisations-kommission ihre Abänderungsvorschläge zum Parteistatut ver-ösfentlichi hat, wird in der Parteipresse sehr lebhaft über die zweck-mäßigste Ausgestaltung unserer Parteiorganisation diskutiert.Besonders eingehend wird dabei die Frage erörtert, wie unsereParteileitung zu erweitern ist, damit sie mehr politischeInitiative und Aktivität zu entwickeln vermag und stetsin Möglichst innigem Konnex mit den Parteigenossen im Lande steht.Die Ansichten darüber sind recht geteilt. Die Absicht der Reorgani-sationskommission, den erwähnten Zweck durch die Einsetzung einesZWpfigen Parteiausschusses zu erreichen, scheint nach den bis-herigen Auslassungen in unserer Presse mehr Widerspruch alsZustimmung zu finden. Die enge Fühlungnahme mit den ein-zelnen Landesteilen, die der neue Ausschuß ermöglichen soll, glaubtman besser durch die periodisch abzuhaltenden Sitzungen des Partei-Vorstandes mit den Bezirks- und Landesvorständen erreichen zukönnen. Für die Politisierung des Parteivorstandes schlägt manan Stelle des Ausschusses eine Vermehrung des ehrenamtlichenElements im Vorstande um 7 bis 9 Beisitzer und eine gleiche Ver-stärkung der Kontrollkommission vor. Diesen Vorschlägen gebe auchich den Vorzug vor dem Vorschlage der Kommission, in derenSchöße ich mich bereits in gleichem Sinne ausgesprochen habe.Wer ich halte auch jene relativ bessere Regelung nicht fürausreichend, da sie nur den Wirkungen und nicht den Ursachendes Uebels zu steuern sucht, als das man allgemein die U e b e r-bürdung der besoldeten Vorstandsmitglieder mitV e r w a l t u n g s a r b e i t e n ansieht. Dieser allseitig als uner-wünscht bezeichnete Zustand, der eine Folge des Wachstums unsererBewegung ist, bleibt nach wie vor bestehen, ob nun einneuer Parteiausschutz eingesetzt oder ob eine Verstärkung des ehren-amtlichen Elements in Vorstand und Kontrollkommission vorge-nommen wird. Will man das„Ueberwuchern des bureaukratischenGeistes" wirksam verhindern, so genügt es nicht, das ehrenamtlicheElement gegenüber dem besoldeten zu verstärken, sondern man mutzauch den besoldeten Vorstandsmitgliedern dieMöglichkeit geben, sich seiner erwehren zu köu-ne n. Diese Möglichkeit ist aber heute nicht da. Sehr zutreffendschildert die„Fränkische Tagespost" in Nürnberg in einemArtikel zur Aenderung der Parteiorganisation den heutigen Zu-stand und seine notwendigen Folgen, indem sie schreibt:„Die gewerblichen Unternehmungen der Partei, Druckereien,Hausbesitz usw. haben einen bedeutenden Umfang angenommen,sie absorbieren zum großen Teil die Arbeitskräste des Partei-Vorstandes. Da braucht man eine neue Maschine, dort ist eineHypothek zu beschaffen, hier wird ein Umbau unternommen oderein Grundstück angekauft usw. Ueberall mutz der Parteivorstanddabei sein, eine umfangreiche Korrespondenz erwächst. Reisen sindnotwendig, der Parteivorstand mutz diesen Unternehmungen seinegrößte Aufmerksamkeit zuwenden, er mutz überall mit Rat undTat beistehen, denn Verluste sollen vermieden werden, die Ge-schäfte sollen prosperieren. Es ist ganz selbstverständlich, daßdarunter die politische Aufgabe des Parteivorstandes leidenmutz.... Wo sollen denn Parteigenossen, die mit den Sorgenumfangreicher gewerblicher Betriebe belastet sind, die Initiativezu allen notwendigen politischen Aktionen hernehmen, wie könnensie überall und immer vorne dran sein, richtunggebend eingreifen,wenn sis' meist mit Geschäften zu tun haben? Man verlangt dazuviel."Diese Schilderung trifft den Nagel auf den Kopf. Ich möchtesie noch ein wenig ergänzen. In Berlin selbst wird der Parteivor-stand ebenfalls stark in Anspruch genommen durch allerlei not-wendige Sitzungen, sei es mit den Berliner Parteiinstanzen,der Pretzkommission des Zentralorgans, dem Bildungsausschutz,dem Pressebureau, dem literarischen Bureau usw. oder mit demJugendausschutz und der Gcneralkommission der Gewerkschaften.Dazu kommt serner, daß einige Vorstandsmitglieder Pflichten alsStadtverordnete, die meisten auch noch als Reichstags-abgeordnete zu erfüllen haben, durch die ihre Zeit periodischstark absorbiert wird und deren Ausübung durch sie durchaus imParteiinteresse liegt. Wenn die Parlamentsarbeit sie freigibt,baben die Vorstandsmitglieder zu sorgen, den Bericht für denParteitag zusammenzustellen, die Ferien beginnen, die keinMensch ihnen mitzgönnen wird, die aber naturgemäß während derSommermonate die Zahl der Arbeitskräfte im Vorstand verringern,die Vorbereitungen für den Parteitag kommen hinzu, später er-weist sich das Nachholen der durch den Parteitag verursachten Ver-zögerungen als notwendig, und dann beginnen bald die Parlamentekleines Feuilleton.Höllen auf Erden. Die Hitzewelle, die gegenwärtig wieder inAmerika wütet und ihre Opfer fordert, stellt auch uns das bedroh-liche Schreckbild einer Zeit vor Augen, in der die Strahlen derSonne nicht mehr Segnungen und Freude bereiten, sondern zu denverderbenbringenden Pfeilen des Phöbus Apollo werden. Dochselbst, wenn uns wieder, wie im Vorjahr einige Wochen der Schwülein Aussicht stehen sollten, so können sie doch höchstens als einkleines Fegefeuer betrachtet werden, im Vergleich mit den Höllen-aluten. die in manchen Gegenden unseres Erdballes etwas ganzAlltägliches sind. Unter diesen„Höllen auf Erden" ist wohl dieschlimmste die des Roten Meeres. Hören wir, was uns einReisender, der Franzose Chevrillon. davon erzählt:„Wir sind aufder Höhe von Massaua. Schwere, feuchte Hitze, in der sich dieGlieder gleichsam aus ihren Gelenken zu lösen scheinen, in derjedes Wesen schmilzt und schwach wird, nasse Schwüle, die Tagund Nacht lastet und entnervt. Trotz des Doppelzeltes, das aufallen Seiten das Schiff bedeckt und das Meer ebenso wie denHimmel verbirgt, sind die Augen entzündet von dem Uebermatz derHelligkeit. Kein Luftzug; die feurige Luft steht starr und un-beweglich wie eine brennende Mauer. Bisweilen blitzt das Meerauf durch einen Spalt im Zelt, und erscheint wie eine Decke vonflüssige Glas, trägt, dicht, drückend. Nichts Furchtbareres undBeklemmenderes gibt es, als ein unerträgliches Aufglühen imSonnenfeüer. Man dämmert dahin in einer schweren Betäubung,in der das Gehirn wüst erzittert, und einem plötzlichen Aufblitzender Angst, beim jähen Emporschrecken und jenen wilden Visionenvoll Grauen, die sich der widerstandunfähigen Phantasie bemäch-Todesfälle, die durch die Hitze während der Fahrt imRoten Meer hervorgerufen werden, sind zahlreich. Man zählthier bis zu bv Grad im Schatten, und wie in Amerika ist es dieFeuchtigkeit der Lust, die die Hitze noch unerträglicher macht. Aberder Witzeste Fleck ist das Rote Meer noch nicht; tn der Saharawerden noch ganz andere Temperaturen gemessen; die größteWärme, die Henri Duverrier hier feststellte, betrug 67 7 GradCelsius In den französischen Kolonien von Nordafrika steigt dieWärme häufig bis über 40 Grad, und man darf von Gluck sagen.wenn man wenigstens von dem glutheitzen. giftigen Wüstensandverschont bleibt. Eine Vorstellung von der Hitze gibt eine Ge-schichte, die der General Ouesnoy erzahlte. Er fuhr mit der Postvon Orleansville nach Tenes. als einer der Reisenden rief:...raswird aber heut eine heiße Fahrt, man kanns schon jetzt kaum aus-ltalten."„So heiß." antwortete der Postillon ruhig,„datz man d,eEier an der Sonne lochen kann". Eine Wette ward abgeschlossen;Vier rohe Eier wurden auf den Kutscherbock gelegt, und bevor mandie erste Station erreichte, waren sie ganz hart gekocht. Aber nichtnur die Hitze, sondern auch die Külte schafft Hollen auf Erden.fistne solche ist die Stadt Wetchojansf in Sibirien, 67 Grad 33 Minu-wieder. So sind unsere beamteten Vorstandsmitglieder in einen soverschlungenen Kreis von Pflichten und Arbeiten gestellt, datz siemehr von diesen geschoben werden, als daß sie über den Ar-beiten ständen, und sie beherrschten und dirigierten. Das ist einZustand, gleich unerwünscht für die Vorstandsmitglieder wie fürdie Partei.Mit den Kräften unserer besoldeten Vorstandsmitglieder wirdRaubbau getrieben, ihnen fehlt die Zeit und die Mutze zurAnteilnahme an der geistigen Fortentwickclnng der Partei und zuihrer eigenen Weiterbildung. Sie vermögen auf die Dauer demFortschreiten unserer Bewegung auf allen Gebieten um so wenigerzu folgen, als bei der immer größeren Spezialisierung der Partei-arbeiten es für den einzelnen überhaupt unmöglich wird, alleMaterien vollständig zu beherrschen und jeder, der sich nicht mitder Rolle des Dilettanten und Routiniers begnügen will, sich aufein bestimmtes Gebiet konzentrieren mutz. DieMöglichkeit hierzu sollte für unsere beamteten Vorstandsmit-glieder geschaffen und gleichzeitig die Arbeitserledigung innerhalbder Parteizentrale so geregelt werden, datz sie sich von selbst gegen-seitig über alles Wichtige auf allen Arbeitsgebieten der Parteilaufend unterrichten und vor den Einseitigkeiten jeder Speziali-sierung bewahren können. Das liegt ebenso sehr im Interesse derPartei, wie in dem der in Frage stehenden Personen.Da es zur Unmöglichkeit geworden ist, den Vorstand auslauter Genossen mit Universalqualifikationen zusammenzusetzen,mutz die Partei danach trachten, möglichste Universalitätdes Vorstandes, als der leitenden Körperschaft der Partei,dadurch zu erzielen, daß sie den Vvrfyand bildet aus anerkannten Autoritäten auf den verschiedenen Ar-beitsgebieten. Das sichert dem Gesamtvorstande, wie seineneinzelnen Mitgliedern dann auch die erforderliche Autori-t ä t, die ja in der Partei nur anerkannt wird, wenn sie aufWissen und Können basiert. Sich diese Erfordernisse erhaltenund sie laufend vervollständigen zu können, dazu mutz unserenbeamteten Vorstandsmitgliedern die nötige Zeit und Mutze ge-geben werden. Das ist der s p r i n g e n d e H u n k t bei der ganzenReorganisation der Parteileitung. Damit wird das Uebel an derWurzel angepackt. Leider ist man in unserer Partei vielfach vonder Vorstellung befangen, ein Parteibeamter müsse von früh bisspät mit Bureau- und Verwaltungsarbeiten beladen sein, und zueiner Anstellung entschließt man sich meist erst dann, wenn eigent-lich bereits Arbeit für zwei Kräfte vorhanden ist. Dabei betonenwir bei der Vertretung unserer Anschauungen immerfort, datz dieEntlastung von übermäßiger Berufsarbeit die erste Voraussetzungfür die Entfaltung der Fähigkeiten des einzelnen ist. Das trifftaber auch auf die Mitglieder unseres Parteivorstandes zu.Ohne gleichzeitige Verniehrung der besoldetenKräfte im Parteivor st ande ist daher die angeregte Ent-lastung der jetzigen Vorstandsbeamten nicht möglich. Andererseitsmutz man bei der Neuwahl besoldeter Vorstandsmitglieder daraufRücksicht nehmen können, für welches befondere Arbeits-gebiet im Vorstande eine neue Kraft notwendig ist, wenn manplanmähig im obigen Sinne vorgehen will. Das setzt wieder vor-aus, datz im Parteivorstande selbst eine systematische Ar-beitsteilung erfolgt, die derjenigen entspricht, die sich in derGesamtpartei im Laufe des letzten Jahrzehnts immer mehr her-ausgebildet hat; ebenso setzt das voraus, daß sich die jetzigen Vor-standsmitglieder für eins dieser Arbeitsgebiete als ihr Spezial-gebiet entschieden haben müssen. Ich habe schon im vorigen Jahredurch einen Artikel im„Vorwärts"(Nr. 292 vom 39. August 1311),durch den dir Frage der Reorganisation der Parteileitung in Flußgebracht wurde, darauf hingewiesen, datz etwa zehn bis zwölfSpezialgebiete mit je einem besoldeten Sekretär in Fragekommen könnten, und datz je zwei verwandte Spezialgebiete zueinem Ressort zu vereinigen wären, in dem sich die beiden be-treffenden Sekretäre gegenseitig zu vertreten haben würden. Zurbesseren Veranschaulichung führte ich damals beispielsweise fol-geude Einteilung an:I. Ressort: 1. Allgemeines und Neichspolitik.— 2. AuL-land und internationale Beziehungen.II. Ressort: 1. Sozialpolitik.— 2. Gewerkschaftswesen.III. Ressort: 1. Landespolitik.— 2. Kommunalpolitik.ZV. Ressort: 1. Presse und Literatur.— 2. Bildungswesen.Ressort: 1.V.VI.raüenbewegung.— 2. Jugendbewegung.Ressort: 1. Organisation.— 2. Finanzwesen.Bei einer solchen oder ähnlichen Ressortbildung wären etwawöchentlich zweimal regelmäßige Gesamtvorstandssitzun»gen notwendig, in denen jeder Ressortsekretär die wichtigsten Au-gelegenheiten seines Ressorts zum Vortrag bringen und der Be-schlutzfassung des Gesamtvorstandes unterbreiten müßte. Dadurchwürde alle Vorstandsmitglieder laufend über alle wichtigen Vor-ten 31 Sekunden nördlicher Breite. Steinhäuser gibt es hier nicht,sondern man wohnt in Holzhütten und Erdhöhlen; große Hitzewechselt hier mit noch größerer Kälte. Die Durchschnittstemperaturder heißesten Tage beträgt 39 Grad über Null, die der kältesten61,9 Grad unter Null.'Die Durchschnittstemperatur beläuft sichimmerhin auf 16,7 Grad unter Null. Die unglückliche Stadt hatnur 49 Tage im Jahr den Genuß des Sonnenlichtes.Di« Nerven beim Sonnenstich. Heber die Ursachen, die Merk-male und Folgen des Hitzschlages find schon viele Forschungen ver-öffentlicht worden, während der eigentliche Sonnenstich wegen seinesselteneren Vorkommens noch keine ganz ausreichende Ausklärung erfahren hat. Namentlich läßt die Kenntnis des Einflusses auf dieNerven noch zu wünschen übrig. Ueber diesen Punkt hat ProfessorWeisenburg aus Philadelphia eine ausführliche Arbeit veröffentlicht.Er schildert darin namentlich einige Fälle, die als ungewöhnlich �zubetrachten sind. Bei einem vom Sonnenstich betroffenen Mann wurden viel-fache Verletzungen der Nerven festgestellt, die zu einer vorüber-gehenden Gehirnlähmung führten. Bei einem anderen Fall, dermehr als Hitzschlag anzusprechen war, traten eigentümliche Muskel-krämpse auf. Ueberhaupt sind Lähmungserscheinungen bei derartigenUnfällen nicht selten, dagegen scheinen Störungen der SinneStätigkeitniemals vorzukommen.Ueber die Art der Nervenverletzungen bei Hitzschlag und Sonnen-stich ist deshalb so wenig bekannt, weil es verhältnismäßig seltenzu einer anatomischen Untersuchimg gekommen ist. Die Annahme,daß dabei eine Blutüberfüllung des Gehirns, die Bildung von Blut-gerinsel in den Adern, kleine Blutungen im Rückenmark, eine Gehirn-Hautentzündung, Veränderungen in den einzelnen Zellen, eineWasserentziehung aus den Geweben, eine Vergiftung der Säfteund dergleichen die Erklärung der Krankheitsmerkmale ab-geben soll, zeigt nur, wie wenig Sicheres über dieWirkung unmäßiger Hitze erwiesen worden ist. Steht dochjener Theorie von der Blutübersüllung eine andere gegenüber,wonach auch eine Blutleere des GehirnS zum Hitzschlag oderwenigstens zum Sonnenstich führen kann. Professor Weisenburghält es für nicht unwahrscheinlich, daß eine Vergiftung der Säftevorliegt, die wohl in einigen Fällen vielfache Blutergüsse verursacht.Außerdem muß aber im körperlichen Zustande eines Menschen etwasgegeben sein, was ihn besonders anfällig dafür macht, dem Einflußeiner hohen Temperatur zu erliegen. Der Forscher hat mehrereJahre als Stabsarzt auf den Philippinen zugebracht und trotz dertropiscben Hitze bei den neu angekommenen, also an das Klima nochgarnicht gewöhnten Soldaten nur sehr wenige Fälle von Hitzschlagerfahren. Unter den Eingeborenen kam er überhaupt niemals vor.Die Soldaten, die davon befallen wurden, hatten sich entweder mut-willig der Sonne ausgesetzt oder Alkohol genossen. Ueberhaupt legtDr. Weisenburg das stärkste Gewicht auf die Lehre, daß man sich beiungewöhnlich heißem Wetter des Alkoholgenusses enthalten müsse, be-sonders wenn man einer körperlichen Anstrengung in der Sonnen-l glut entgegengeht,kommnisse auf allen Arbeitsgebieten informiert und vor Einseitigkeitund Verknöcherung infolge der Arbeitsspezialisierung bewahrt.Ebenso würden auch die Beschlüsse des Vorstandes vor demselbenSchicksal behütet. Wenn außerdem gemäß den eingangs erwähntenVorschlägen noch eine Vermehrung des ehrenamtlichenElements im Vorstande erfolgt, ist jedenfalls die denkbar größteGarantie gegeben, daß nicht„des Gedankens Blässe", sondern das„frisch pulsierende Leben" allen Entscheidungen den Stempel auf-drückt.Die vorstehend in Vorschlag gebrachte Arbeitsteilung ist k e i n ewillkürliche, sie entspricht der in-der Partei organisch ent-standenen, die auch örtlich bereits stark ausgeprägt ist.Während- früher die örtlichen Parteileitungen alle Arbeitsgebietebeackern mutzten, haben wir jetzt überall eine Reihe von Spezial-körperschaften. wie die Bildungsausschüsse, die Jugendaus-schüsse usw.. die bestimmte Gebiete ausschließlich bearbeiten. Mttden Genossen, die in den Orten und Bezirken die einzelnen Zweigeder Parteiarbeit leiten, mützten natürlich die betreffenden Spezial-sekretäre im Vorstande lausend in innigem Konnex sich be-finden und aus diesen Kreisen würde sich für sie auch mit Leichtig-keit ein Sachverständigenbeirat ergeben, dessen Anregun-gen und Urteile die Arbeit in der Parteizentrale fördern und be-fruchten würden.Noch ein paar Worte zu den zu erwartenden Einwanden. Wenikman eine solche systematische Arbeitsteilung als„bureaukra-tisch" zu verschreien sucht, so bedeutet das eine Verkennung dersich in unserer Partei durchsetzenden organischen Entwickelung undauch des Begriffes der Bureaukratie. Man hüte sich, ihn«ISSchlagwort gegen jede Arbeitsteilung, Regelung und Ordnungzu gebrauchen, die unumgänglich mit der Differenzierung und Ver-tiefung unserer Bewegung und aller ähnlichen Organismen ver-Hunden sind. Solange nicht die leere Form die lebendige Sachebeengt und hindert, das Mittel nicht den Zweck beeinträchtigt, darfman nicht von Formalismus, Bureaukratismus usw. reden, wiedas vielfach geschieht. Auch das gegen eine solche Vorstandserweite-rung zu erwartende Argument, datz eine kleinere Körperschaftschneller entscheiden könne und beweglicher sei als eine grötzere.sollte man weniger oft anwenden, als es der Fall ist. LetztenEndes läuft es in seiner Uebertreibung darauf hinaus, daß dieAutokratie der Demokratie überlegen sei, eine Afterweisheit, diewir ja von unseren Gegnern tagtäglich hören können. UnsereGrotz-Berliner Genossen sind auch nicht vor der Alter-native zurückgeschreckt, ihren Aktionsausschuß aus zweiDutzend Genossen zusammenzusetzen und ihren Zentralvor-stand gar aus mehr als der doppelten Personenzahl, ganz abge«sehen davon, datz auch in der kommunalen Selbstverwal»t u n g(in Frankfurt a. M. besteht z. B. der Magistrat ouS 14 besoldeten und 14 unbesoldeten Mitgliedern) dafür genügend Vorbil»der vorhanden sind, datz eine Aktionskörperschaft sehr wohl 29 bis39 Köpfe stark werden kann. Wenn im Parteivorstande von denbesoldeten und unbesoldeten Mitgliedern eine solche Kopfstärkeerreicht ist, mag der jetzt schon hin und wieder angedeutete Auswegernstlicher Erwägung wert sein, ob statt einer weiteren Verstär-kung der Vorstandsmitglieder nicht eine Anstellung von nicht demVorstande angehörenden Beamten vorzuziehen sei; heute ist der Ge-danke noch verfrüht. Im übrigen sind auch jetzt schon dafür Ansätzevorhanden in dem angestellten technischen Zeitungssachverständige«und der angestellten Hilfskraft im Frauenbureau.In-dem jetzigen Stadium der Parteientwickelung muß eS darauf ankommen, den nötigen Einklang zwischen der organisch eni«standenen Arbeitsteilung in der Gesamtbewegung und der plan-mäßigen Arbeitsteilung in der Parteizentrale herbeizuführen und'damit gleichzeitig die nötige Entlastung der Vorstandsbeamtenvon Verwaltungsarbeitcn zu erreichen, die wiederum nur durchentsprechende Vermehrung der besoldeten Vorstandssekretäremöglich ist; die borjährige Vermehrung beseitigte nur die gröblichsteUeberlastung. Diese Matznahmen im Verein mit der sonst vor-geschlagenen Vermehrung des ehrenamtlichen Elements in Bor-stand und Kontrollkommission sichern die allseitig gewünschte Zurück-drängung des bureaukratischen Geistes und die Entfaltung größere"Initiative und Aktivität. Daher sollte die Partei die Reorganisatigg der Parteileitung in diesem Sinne vornehmen,.Der itaiieuiiche Parteitag.Reggio Emilia, den 10. Juki 1912.Vierter Tag.Im Anschluß an das gestrige Votum über den Ausschluß dervier rechtsreformistischen Abgeordneten ist Genosse C a n e p a, de»Paul Meyerheim wurde am Sonnabend siebzig Jahre alt.Gerade hatten wir Gelegenheit, in der«Großen" die Kunst diesesBerliner Malers kennen zu lernen: ei« sehr detaillierter, fleißiger,aber auch langweiliger Realismus. Dazu die LebenSengr der Zeitum 79, patriarchalische Großväterei und kleinstädtisches Spießertum.Darüber hinaus hat eS Meyerheim nie gebracht. Eines seiner be-kanntesten Bilder ist das einer Menagerie; es wurde mit wahlloserNeugierde für bedürfnislose Leute, Leser der.Gartenlaube' und des„Hinkenden Boten" gepinselt. Wenn man von Meyerheim baS bestesagen will, was überhaupt gesagt werden kann, so ist daS: daß erin die Gefolgichaft von Adolf Menzel gehört. Aber nur in denTroß. Darum ist es eine lächerliche Uebertreibung, wenn einigebürgerliche Blätter Jubiläumshymnen loslassen. Zwar murmelnsie beschämt zwischen den Hurras kritische Einschränkungen; immer-hin, sie feiern. Solche Sentimentalität ist albern und ist es dovpelt,weil Meyerheim nicht nur ein mäßiger und ganz belangloser Maler,sondern auch ein bewußter Gegner der modernen Kunst ist. Ein-geweihte wissen, wie er mit allerlei Mittelchen Herrn von Tschudibefehdete, wie er auch heute noch seinen Mißmut bestimmten Hof'kreisen vertraut, um so allem Neuen Hindernisse zu schaffe«!.Notizen.— D i e K i n o- Z e n s u r. Bei den Erörterungen über dieGefahren der Kinos ist vielfach eine Kino-Zensur gefordert worden.Tatsächlich haben wir die längst: 6'/, Kilometer FilmS werdentäglich im Berliner Polizeikinematographen der Zensur unter-worfen. Hier walten ständig zwei Zensoren und zwei Vorführerihres Amtes. Nachmittags siudet die Revision der von den Zensorenbeanstandeten Bilder statt. Sie wird unter Aufsicht eineS RegierungS-rats von zwei Polizeiräten gehandhabt; einem dritten liegt die Auf-gäbe ob, die für die Kindervorstellungen bestimmten Film» zu be-gutachten.— Sensationelle, blutrünstige, brutale FilmS kann diePolizei schon heute verbieten— wenn ihr daran läge.— D i e K u n st als G. m. b. H. kommt immer mehr inAufnahme. Für die von Reinhardt inszenierte Pantomime„DasWunder" hat sich eine G. m. b. H. gebildet. Auch der große HarryWaiden hat sich als G. m. b. H. etabliert.— Eine Sammlung politischer Broschürenaller(?) Parteirichtungen will die Deutsche Nationalbücherei inGotha einrichten, da diese Art Literatur meist verloren geht.— Der beurlaubte Verstand. Am Eingangstor eine?Verwaltungsbureaus in Metz war kürzlich ein Zettel angebracht, aufdem zu lesen stand:„Nur rechts klingeln. Amtsverstand beurlaubt.'— Die besten Witze über die Bureaukratie macht doch die Bureau-kratie selbst.— Ei» Perserteppich für 106909 M. Auf einerLondoner Versteigerung wurde ein persischer Seidenteppich desJahrhunderts der nur 8 Fuß lang und 5V, Fuß breit ist.ml» luoüuu vejahst.