Vielleicht fuhren später die Weg�e, die seit Jahren von-einander abwichen, wieder zusammen. Nicht der Nationalis-mus, nicht der Glanben an den Staat und nicht der Glaubenan die Allmacht des Jndividuunis, die mit Sozialismus nichtsmehr zu tun haben, tpohl aber die reformistische Kleinarbeitin den Massen können in der gemeinsamen Bewegung wiederPlatz finden, wenn erst die Lehren der Spaltung zum Er-fahrungskapital des italienischen Proletariats geschlagen fernwerden. Es gibt Umwege, die unvermeidlich sind, weil sielehren, die Kraft zu erhöhen und sammeln�-um in der Folgeden kürzesten Weg einzuhalten. Für uns ist die Partei-spaltung von Reggio ein solcher Umweg, und wir haben diefrohe und sichere Zuversicht, daß die revolutionäre Fraktionihn zum Besten des italienischen Proletariats, zur Stärkungund Vertiefung der soziahstischen Ideale nützen wird.eine prlnzenrecke.ES ist etwas Ungewohntes, datz Prinz Heinrich auch einmaleine politische Rede gehalten hat. Das letzte und wohl auch daserste Mal ist das ja wohl geschehen, alS vor einem Dutzend Jahrender seefahrende Prinz mit der Mission nach China geschickt wurde,dort den Boxern und eventuell noch andern obstinaten Weltmitbürgerndie gepanzerte Faust zu zeigen. Denn die Reden des Prinzen aufseiner minder kriegerischen Amerikafahrt waren recht harmloser Natur.Als Politiker machte Prinz Heinrich also erfreulich wenig vonsich reden, und was sonst von ihm bekannt wurde, ergab keinunsympathisches Charakterbild. Er betätigte sich— wie das ja füreinen Mann aus seinen Kreisen nahe lag— als enragierter Sportsmann, huldigte leidenschaftlich dem Automobilsport und wurde dann,als der moderne Flugsport in Mode kam, der erste und bis jetzteinzige Prinz aus einer.regierenden Familie, der sein Piloten-examen ablegte. Ins Gebiet der peinlich wirkenden Byzantinereienfiel es zwar, was bei dem vorjährigen süddeutschen Zuverlässigkeits-flug die Bourgeoispresse über den Eifer erzählte, mit dem der Prinzselbst im Stratzenschmutz und im Schweiße seines Angesichts den be-schädigten Flugapparat seines Favoriten ausbessern half— alleindas Faktum selbst machte dem prinzlichen Großadmiral keineswegsUnehre.Schade drum, daß nun auch dieser Hohenzoller unter diepolltischen Redner gegangen ist. Denn wenn auch das Sprüchlein„ein häßlich Lied, pfui, ein politisch Lied" keine allgemeineGeltung hat, so doch leicht für Persönlichkeiten, die wegen ihrerLebensstellung die Welt nur durch ein gefärbtes Glas zu sehenpflegen und deshalb meist von Dingen sprechen, die sie gar nichtkennen. Und da die Rednerlust ja sonst im Hohenzollernhause inungewöhnlichem Maße entwickelt ist, berührte die gesunde Enthalt-samkeit dieses Gliedes besonders angenehm.Und nun hat sich Prinz Heinrich doch zu politischen An-spielungen verleiten lassen. Und obendrein in einer Situation, inder es ein paar der üblichen farblosen Festpbrasen doch auch getanhätten. Bei dem Festmabl des.17. deutichen Bundes- und GoldenenJubiläums-Schießens 1Sl2" nämlich hielt Prinz Heinrich eine An-spräche, die er selbst als„ernstes Wort" deklarierte. In diesemernsten Wort„appellierte" er an die„bürgerliche n Parteien"als die„Träger des nationalen Gedankens", dieweilen ja 1862der deutsche Schiitzcnbund als„Träger des nationalen Gedankens"gegründet worden sei. Was aber der Prinz sich unter dem„nationalen Gedanken" vorstellte, verriet er dann unvorsichtig durchSätze, wie die folgenden:„Wer heutzutage sich nicht zu Kaiser und Reich bekennen-lnwill, der gehört nicht unter uns."„Jeder deutsche Stamm sei treu seinem Herrn, undwir alle seien treu unserem Oberherr n, Seiner Majestät,dem deutschen Kaiser."„Treff ist Trumps für den Bürger. Trumpf für denBürger ist aber auch der G e h o r s a m."DaS sind denn doch Redewendungen, die vielleicht hohen-zoller nschem Hausgebrauch entsprechen mögen, die sichaber in unserer Zeit ausnehmen, wie die urälteste Reichspost-schnecke eines Museums für Altertumskunde neben modernsten Typenunserer Automobile und Aeroplane lJa, sie waren schon urväterlich und moderduftig, wenn mansie selbst vergleicht mit dem Jahre 1862, mit dem ersten Frank-surter Schützenfest vor fünfzig Jahren und mit denReden, die damals den Geist des deutschen Bürgertums erkennenließen! Damals bedeutete die Sammlung des Bürgertums inTurner- und Schützenvereinen und ihren Festen nicht den Kotauvor. den Fürsten, sondern die Bekundung des Restes von selbst-bewußtem Bürgerstolz, den sich daS Bürgertum noch aus seinerrevolutionären Zeit gerettet hatte. Der Frankfurter„Volksfreund"— ein gut bürgerliches Blatt— rief 1862 den in Frankfurtzusammenströmenden Schützenbrüdern zu:„Der beste Schmuck des Festes ist die K u g e l i mLaufe, die Ihr mitbringt, und das Herz, das Ihr in der Brusttragt, das allein für Volv und Vaterland schlägt, und der Wille,diese Kugel jedem ins Herz zu jagen, der unser Land angreift.Wer hinfort Verrat an unserem Lande übt.sei er ein gekröntes Haupt oder ein anderer, mutzfallen!"Und Herr Schulze-Delitzsch, der gefeierte Fortschritts-Politiker, der es noch nach seinem Tode strotz oder auch wegenLassalleS vernichtender Abrechnung) zu einem öffentlichen Denkmalin Berlin gebracht hat, apostrophierte damals die Teilnehmer ai�.dem Frankfurter Bundesschießen mit den Worten:„Meine Herren! Sie mögen ermessen, mit welchen Gefühlendas Mitglied einer parlamentarischen Versammlung, welche indiesem Augenblick an einer Grundsrage alles parlamentarischenLebens steht, indem sie über das Prinzip der stehenden Heere undmit diesem Prinzip über die Möglichkeit der dauernden Enlwicke-lung freiheitlicher, konstitutioneller Zustände zu entscheiden hat,Sie mögen ermessen, mit welchen Gefühlen ein solches MitgliedIhre Bestrebungen entgegennimmt und von ihnen Zeuge ist.Diese Fpage, meine Herren. wird niemals den b e-stehenden Gewalten gegenüber eher gelöstwerden, als bis das Bolksheer in dem bewaffneten Volke selbstschon hinter dem Parlamente steht. �Stürmischer Beifall.! Unddazu, meine Herren, haben Sie. hat der Bund der deutschenTurner einen so würdigen und so viel oersprechendenAnfang gemacht. lBeikall.)... Alle politischeWiedergeburt, sie muß aus dem Schöße des Volkesselb st hervorgehen. sJubeluder Beifall.) Der deutscheSchühenbund und der deutsche Turnerb, ind, sie sind das Bor-Parlament, welches uns wirklich zum deutschen Parlamente führt."Und solchem Selbstbewußtsein des Bürgertumsgegenüber, wie eS sich vor einem halben Jahrhundert inder goldenen Mainstadt bekundete, weiß selbst der redekargste undschlichteste Hohenzollernprinz nichts Besseres zu sagen, als daß dasBürgertumsich zu„Kaiser und Reich", zu seinem»Ober-Herrn" in„Gehorsam" zu bekennen habe?!! Oder wardiese unglückliche Prinzenrede nur eine rasch improvisierte wenigtiberlegte Antwort auf den Festgrußartikel der„FrankfurterLolks stimme".-dessen interessanten historischen Remimszenzenwir die obigen Zitate entnommen haben?Wie dem auch sei: die Redeblllten deS Prinzen Heinrich sindweder für die Schützenbrüder, noch für den prinzlichen Festrednervorteilhaft. Denn sie helfen nur die unüberbrückbareKluft erweitern, die zwischen der D y n a st i e und der Bour-geoisie einerseits und all' den Teilen des Volkes andererseitsklafft, die sich den Männer st olz und Freiheitssinn ge-wahrt haben, der noch 1362 die Bundesschützen beseelte!Der Krieg.Vom tripolitanischen Kriegsschauplatze.Rom. 14. Juli.(Meldung der Agenzia Stestni.) Nach einemTelegramm aus�Ferua griff General Garioni heute früh vorSonnenaufgang mit allen Truppen seiner Division S i d i Ali an.General Garioni ließ in Sidi Said, Buchamez und aus der Halb-insel Macabez die allernotwendigste Besatzung und begab sich mitallen Truppen seiner Division nach Sidi Said. Hier wurden dieTruppen in ein Operationskorps unter dem General Leqjjio und ineine Reserve unter General Cavaciocchi geteilt. Um 314 Uhr rücktendie Truppen-des Generals Lequio in zwei Kolonnen auf Sidi Alivor. Eine dieser Kolonnen wurde bei Sidi Ali von den Vorpostendes Feindes mit Gewehrfeuer empfangen. Sie warf jedoch alsbaldden Feind zurück und pflanzte die Trikolore auf einem dort befind-lichen Marabut auf. Inzwischen wurde die andere Kolonne vonsehr zahlreichen Streitkräften deS Feindes angegriffen. Die feind-liche Artillerie wurde durch das Feuer der italienischen Geschützezum Schweigen gebracht. Der außerordentlich heftige Angriff desFeindes, dessen Kräfte durch Verstärkungen bis auf SOOO oder 6000Mann anwuchsen, wurde schließlich durch mehrere Gegenangriffemit dem Bajonett und mit Unterstützung der gesamten Artilleriedes Korps Lequio, des verschanzten Lagers von Sidi Said sowieder Gebirgsartillerie der Reserve zurückgeschlagen. Auf der Fluchtwurde der Feind dann durch das Kreuzfeuer der italienischenBatterien zerstreut. Die Italiener hasten 16 Take, darunter4 Askaris, und 73 Verwundete, darunter 19 AskariS. Di«Stellung von Sidi Ali wurde von Truppen der Kolonne desGenerals Lequio ausreichend verstärkt.Der Aufstand in Albanien.Konstantinopel, 14. Juli. Das Ministerium des Innern ver-öffentlicht Depeschen des Malis von Kossowo über die Vorfälle inPristina, in denen militärische Maßnahmen als notwendig be-zeichnet werden, um das vor einigen Tagen durch die Rebellen inLab eingeschlossene Bataillon zu befreien und Pristina vor lieber-fällen der Rebellen zu sichern, die sich der Stadt bis auf eine Ent-fernung von einer Stunde genähert haben. Von Pristina undMutschiten abgegangene Truppen haben gestern die Rebellen, dieden Engpaß von Kolina besetzten, zurückgeschlagen.— Einwohnervon Pristina baten die Pforte telegraphisch, die militärischen Ope-rationen unverzüglich einzustellen und die Forderungen der Auf-ständischen zu bewilligen. Der Minister deS Innern erwiderte,die Forderungen der Rebellen seien unannehmbar. Die Regierungführe die Reformen durch, sei aber bereit, berechtigte Wünsche zuprüfen.Konstantinopel, 16. Juli. Zahlreiche Arnauten von Pristinahaben bei dem Mutessarif gegen die Anwendung des Bandengesetzesgegen die Familien aufständischer Albaner Einspruch erhoben undeine dringende Eingabe an die Regierung gerichtet, in welcher siedarauf hingewiesen haben sollen, daß es an der Zeit sei, dem Blut-vergießen unter den Brüdern«in Ende zu machen und die Forde-rungen des albanischen Volkes anzunehmen. Die Lage hat sichweiter verschärft, weil die Führer der Albaner fortgesetzt versuchen,die Bevölkerung gegen die Regierung aufzuwiegeln. Bei Hasihaben neue Kämpfe stattgefunden, bei denen es Fadil Pascha ge-lungen sein soll, die Arnauten zu zersprengen. Die elfte Linien-brigarde ist mit der Eisenbahn nach Verisovic befördert worden.Die Regierung scheint entschlossen zu sein, den Widerstand derArnauten auf jeden Fall zu brechen.Oolitilcke Cleberlickr.Berlin, den 15. Juli 1912.Das bayerische Zentrum und die bayerische Lehrerschaft.Aus München wird uns berichtet:Die von dem Zentrum und der Zentrumsregierung mißhan-Velten Landlehrer Bayerns waren von dem Bayerischen Lehrerver-band auf Sonnabend nachmittag zu einer Versammlung in dem..Bürgerbräukeller" berufen. Es war eine Kundgebung von so ele-mentarer Massenwucht, solch hinreißender Leidenschaft, fester Soli.darität und zornigem Hohn gegen die schwarzen Lehrerfeinde. wiesie in dem politischen Leben Deutschlands bisher nur selten statt-gefunden haben. Es war die Stimmung wie vor einer großenKatastrophe. In dem glühend heißen Riesensaal war jeder Winkeleng besetzt von Lehrern und Lehrerinnen. Fast jeder Satz, den derVorsitzende des Bayerischen Lehrerverbandes, der liberale Abgeord-nete Schubert, sprach, fand enthusiastische Zustimmung. Die An-kündigung der Namen der erschienenen- Abgeordneten(Liberale.Sozialdemokraten, Bauernbündler) rief lebhafte Kundgebungen her-vor, ebenso die Begrüßungsreden, insbesondere auch des sozialdemo-kratischen Redners, des ehemaligen VolksschullehrerS Hoffmann.und der bäuerlichen Vertreter. DaS Fehlen der Zentrumsfraktionwurde mit Hohngelächter begrüßt. Die leiseste Erwähnung einesZentrumsblattes, eines Zentrumsabgeordneten, eines Zentrums-Ministers genügte, um Spott auszulösen. Jeder Appell an dieSolidarität entfesselte minutenlange Demonstrationen. Auch inder Resolution, die angenommen wurde, zitterte die Erregung derVersammlung durch: Sie lautet:Die heute im Saale des„Bürgerbräukellers zu München nachmehreren Tausend aus allen Teilen Bayerns versammeltenLehrer und Lehrerinnen beschließen folgende öffentliche Kund-gebung:1. Es ist Tatsache, daß die Gehaltsbezüge des Lehrpersonalsauf dem Lande, in den Märkten und kleinen Städten durch-aus unzureichend sind, um auch bei den bescheidensten An-sprächen in halbwegs anständiger Weise sich und eine Fa-milie erhalten zu können.2. Es ist Tatsache, daß ein großer Notstand vorhanden ist, dernur durch Entbehrung und Verschämung verhüllt wird.3. Es ist Tatsache, daß Staatsregierung und Landtag diese Zu-Stände als vorhanden und Hilfe als geboten anerkannt haben.4. Mit größtem Bedauern und im Gefühle höchster Enttäuschungund begreiflicher Entrüstung mußte die Lehrerschaft die Ver-kündigung entgegennehmen, daß trotz vermehrter Staats-einnahmen ihre materielle Lage auch in dieser Session nichtgrundsätzlich verbessert werden soll.5. Die bayerische Lehrerschaft hat nahezu den Glauben ver-loren, daß die unwürdigen und unhaltbaren Besoldungs-zustände in nächster Zeit entsprechend dem von der Staats-regierung 1908 aufgestellten Grundsatz:„Bei gleicher Vor-bildung. bei gleichwertiger Wichtigkeit und Verantwortlich.keit des Dienstes gleiche Besoldung"— geordnet werden.6. Es ist festzustellen, daß die„ungünstige Finanzlage Bayerns"sich wiederholt dem Lehrpersonal gegenüber am stärkstenfühlbar machte, wenn auch«merkaimt wird, daß bei ihmmehrmals, so 1908/09 Gehaltsverbesserungen eingetreten sind;aber niemals wurde das Uebel an der Wurzel gefaßt undeine grundsätzliche Regelung der Gehalts- und Pensionsver-Hältnisse in Angriff genommen.7. Die Lehrerschaft erwartet, daß noch in der laufendenLandtagssession mit Hilfe eines Nachtragspostulats wenigstensdie größte Not der Lehrerschaft einschließlich des unständigenund des pensionierten Lehrpersonals auf dem Lande, in denMärkten und kleinen Städten behoben, daß im nächstenBudget die grundsätzliche Ordnung der Gehalts-, Pensions-und anderer damit zusammenhängender Verhältnisse derLehrerschaft Bayerns nach der Denkschrift des BayerischenVolisschullehrervereins vom 12. März 1909 durchgeführt unohierfür die Zusicherung im Landtagsabschiede gegeben werde.Nicht„Wohltaten" erbitten wir— für Leistung eine Gegen,leistung—, wir fordern vor Gott und aller Welt GerechsigkeitfMünchen, den 13. Juli 1912.Die außerordentliche Versammlungdes Bayerischen Volksschullehrervereins.Zur Ausnutzung der Wasserkräfte in Bayern.In der bayerischen Abgeordnetenkammer wurde am Sonnabenddie Diskussion über die Ausnutzung der Wasserkräfte, Elektrisierungder Bahnen und die Elektrizitätsversorgung des Landes beendigt.Die Minister beharrten darauf, daß man sich nicht überstürzen dürfe.Genosse Adolf Müller wies darauf hin, daß der bisherigeDezernent der Regierung in diesen Fragen. Herr Hülß,aus dem Staatsdienst in die Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft über-getreten sei. Müller, der gegen die„negattven Minister" ernst und'witzig polemisierte, bemerkte zu diesem Skandal:„Die Privatindustrieund der Elektrotrust haben sich eine Zeitlang sogar innerhalb derbayerischen Regierung einen vom Volke bezahlten Agenten gehalten.der heute die Interessen des bayerischen Staates verrät. Man glaubenur ja nicht, daß Herr Hülß nicht in der Lage wäre, dem Elektro-trust wertvolle Mitteilungen zu machen. Denn die Herren sind beider Auswahl ihrer Agenten sehr geschickt, und so weiß Hülß sichermehr von dem, was in den Büchern der Regierung und in denKöpfen manches ihrer Vertreter steht, als man sich träumen läßt I"Ein ungenügendes Dementi.Die„Norddeutsche Allgemeine Zeitung" bringt folgende amt-liche Note:„Die in Hamburg-Berlin erscheinende Halbmonatsschrift„DieZeitschrift" veröffentlicht in Heft 20 vom 6. d. M. einen Artikelzur Emdener Hafenfrage unter der Ueberschrift„Kaiser und Hamburggegen Preußen". In diesem Aufsatz wird auf Seite 617 an-geführt: Seine Majestät der Kaiser habe einen Teil seinerKapitalien in Hapag- und Lloyd-Aktien angelegt. Weiter wirdbehauptet, der Besitz des Kaisers an Aktien der Hamburg-Amerika-Linie betrage 10—12 Millionen Mark.Diese Angaben find unbegründet. Wir stellen fest, daß sichim Vermögen Seiner Majestät keine Aktien der Hamburg-Amerika-Linie und des Norddeutschen Lloyd befinden. Die aus der Ueber»schrift des Artikels zu entnehmende bösartige Insinuation, als obder Kaiser hamburgische Interessen gegen Preußen begünstige,weisen wir aufs schärfste zurück."Die Hamburger„Zeitschrist" hat sich bisher als gut unterrichtetüber die Geschäftspraktiken und internen Verhältnisse der Hamburg.Amerika-Linie und des Norddeutschen Lloyd erwiesen, es muß des-halb abgewartet werden, was sie zur Begründung ihrer Angabenvorzubringen weiß._Fleischnot.Während die vegetabilischen Nahrungsmittel im Monat Junigeringe Preisermäßigungen gegen den Vormonat Mai aufweisen,sind die Fleischpreise weiter erheblich gestiegen. Auch die amtliche„Statistische Korrespondenz", deren Notierungen für Kleinhandels-preise allerdings nur mit Vorsicht zu gebrauchen sind, gibt diese Tat-fache in folgenden Worten zu:„In den vergangenen drei Monaten sind die Kleinhandelspreisesämtlicher Fleischgattungen ohne Unterbrechung weiter gestiegen undhaben fast durchweg den höchsten Stand erreicht.den die amtliche Statistik bisher zu verzeichnenhatte... Die starke Steigerung im Berichtsvierteljahr verbeut.lichen die Unterschiede zwischen den März- und Junipreisen; dieseErhöhung betrug im Gesamtdurchschnitt beim Rindfleisch 3'/» beimKalbfleisch rund 10, beim Hammelfleisch annähernd 16. beimSchweinefleisch fast 14 und beim Roßfleisch mehr als 2 Pf. auf dasKilogramm.Wird die Regierung nun endlich Maßnahmen ergreifen, dievon ihr selbst zugestandene außerordentliche Fleischteuerung zu be-seifigen? Verbilligung der Frachttarife für Vieh und Fleisch, Auf-Hebung der schikanösen polizeihygieniscken Grenzsperre und Beseiti-gung der Einfuhrzölle heißen unsere Forderungen im Interesse derVolksgejundheit.Was ist Terrorismus?Wenn in der Arbeiterpresse ermahnt wird, bei Einkäufen inerster Linie solche Geschäftsleute zu unterstützen, die der Arbeiter-schaft nahestehen, so heulmeiert die reaktionäre Presse über_sozialdemokratischen Terrorismus. Zwischen dem Hansabund unddem Bund der Landwirte ist nun ein lebhafter Streit darüber ent-standen, wer von den beiden Organisationen durch Anwendung desgeschäftlichen Boykotts Terrorismus treibt. Die Presse deS Hansabundes war in der Lage, den Agrariern eine ganze Anzahl Fällevorzuführen, wo Mitglieder des Bundes der Landwirte Anders-gesinnte mit dem wirtschaftlichen Boykott bedroht haben. Darauferklärt nun die„Deutsche Tageszeitung":„Die Agrarier sind eben unverbesserlich« Gemütsmenschen.die es sich sogar anmaßen. Leute, die mit ihnen auf dasselbepolitische und wirtschaftliche Glaubensbekenntnis schwören, auchim privaten Leben lieber zu unterstützen als diejenigen, die ihnenden politischen und wirtschaftlichen Kampf bis aufs Messer an-sagen. Wer das Boykott nennen will, der kann das ja gernetun."Ganz unsere Meinung! Dann darf aber auch die agrar-konservative Presse nicht mehr über Boykott und Terrorismuszetern, wenn die Arbeiterschaft es ablehnt, einen Scharfmacher oderSozialistenfreffer geschäftlich zu unterstützen.Demonstrationszug in Breslau.Zu einer gewalMen Demonstration gegen die Breslauer Recht-sprechung in Gewerkschafts- und Streikfragen gestaltete sich derUmzug durch die Stadt, den am Sonntag die dortigenfreien Gewerkschaften veranstalteten. Bei herrlichem Welterzogen 22 000 Gewerkschaftler mit 23 Festwagen durch die Straßender Stadt. An der Spitze des Zuges erschien eine Allegorie:„Die Arbeit als die Siegerin der Kultur"; dann folgten 46 Gewerk-schaffen, zum großen Teil in Berufstrachten und mit Fahnen, aufWagen auch Sinnbilder ihres Berufes mitführend. Die Metall-arbeiter waren 6000, Holzarbeiter 2000 Mann stark. Bauarbeiterund Fabrikarbeiter in ähnlicher Stärke erschienen. Die verurteiltenWölf Glaser waren in einem besonderen„Verbrecherwagen" ver-ammelt, der überall mit Zurufe» begrüßt wurde.Hinter dem Zug drängte eine nach Zehntausenden zählendeMenge nach dem Festplatz. Aus den Fenstern der Häufer, auch ingut bürgerlichen Stadtteilen, erfolgten Sympathiekundgebungen.Der Vorbeimarsch dauerte zwex Stunden; die Zugteilnehmer sangenwährend des Marsches Arbeiterlieder.