Hobrechts Nachfolger.Nach einer Mitteilung der„Danziger Zeitung" soll als ge-weinsamer deutscher Kandidat im Landtagswahlkreise Bereut-Pr.-Stargard Konteradmiral a. D. Kalau vom Hose aufgestellt wer-den. Nach dem bestehenden Kompronzitz haben die Liberalen dieseKandidatur vorgeschlagen. Der Herr Konteradmiral zählt zu denNationalliberalen mit ganz mattem Liberalismus.Zur Reichstagsersatzwahl im Wahlkreise Pfarrkirchen.Eine Vertrauensmännerversammlung des Bayerischen Bauern-bundes stellte am Sonntag für die Reichstagsersatzwahl den Oeko-nomen Josef Bauer aus Matzöd(also nicht den Landtags-abgeordneten Eisenberger) als Kandidaten auf. Das Zentrum,das immer noch keinen Kandidaten hat, war nach' einer Meldungdes„Berl. Tagebl." ebenfalls an Bauer herangetreten, um ihm dieKandidatur anzubieten. Bauer lehnte jedoch die Zentrums-kandidatur ab._Portugal.Verhaftung von Monarchisten.Lissabon, 14. Juli. In Cabeceiras do Basto sind zehn«eitere Aufständische getötet worden. Fünfzehn Priester sind ver-haftet worden.— In C o i m b r a wurde aus dem Hause einesRoyalisten eine Bombe geworfen, die jedoch nur Sachschaden an-richtete.— In Evora ist ein Stiefbruder des Erzbischofs ver-haftet worden.— Auch in B e l l o s wurden nach Vornahme vonHaussuchungen mehrere Angehörige der hohen Gesellschaftverhaftet.Lissabon, 15. Juli. In Loures, Bucells und zwei anderen inder Nähe von Lissabon gelegenen Gemeinden haben die Republi-kaner die Ortsgeistlichen vertrieben. Zahlreiche Einwohner ver»folgten die Geistlichen bis vor die Tore von Lissabon.— DerPfarrer in Bellas ist verhaftet worden. Die Blätter melden außer-dem noch weitere Verhaftungen, die damit begründet werden, daßin Bellas eine Empörung angezettelt werden sollte.Der Konflikt mit der spanischen Regierung.Madrid, 15. Juli. Der Minister des Innern Barroso teiltemehreren Berichterstattern mit, daß die Note der portugiesischenGesandtschaft mit der von der portugiesischen Regierung über-reichten Note gleichlautend sei. Es sei dies ein ungewöhnlichesVorgehen. Der Minister fügte hinzu, daß die Schwierigkeiten zumTeil auf die von dem portugiesischen Konsul begangenen Fehlerzurückzuführen seien. Die spanischen Blätter sprechen sich im all-gemeinen über das Vorgehen der portugiesischen Regierung ab-fällig aus. Die republikanischen Mitgl�der desMadrider Gemeinderats haben an die p o r t u g i e-fische Regierung eine Sympathieadresse gerichtet.Spanische Karlisten gegen die Republik Portugal.Madrid, 14. Juli. In Granollers bei Barcelona drangen heuteK a r l i st e n in eine republikanische Versammlung ein und feuer-ten mit Revolvern aus das Publikum. Ein Mann wurde getötet,drei verletzt.— In Barcelona veranstalteten die Ka�istenKundgebungen, bei denen gerufen wurde:„Nieder mit der Repu-blik Portugal! Es lebe das Haus Braganza." Zehn Leute wurdenverhaftet.Marokko.Die Unruhen in Marrakesch.Paris, 15. Juli. Aus Marrakesch wird unter dem 9. Juligemeldet: Der Konflikt zwischen El Glaui und Mtugi dauert an.In der Bevölkerung wird schon davon gesprochen, daß Hriba, derPrätendent des Susgebicts. als Sultan anerkannt wird. GeneralLyautcy hat dem französischen diplomatischen Agenten Anweisungengegeben für den Fall, daß eine Räumung der Stadt not-wendig werden sollte.Die Eisenbahn Tanger— Fez.Madrid, 14. Juli. Gestern nachmittag ist in Gegenwart desMinisters des Aeußeren Garcia Prieto von der französisch-spani-schon Kommission der Bericht über den Bau der EisenbahnTanger— Fez unterzeichnet worden.Cktna.Ministcrdemissionen.Peking, 14. Juli. Wie amtlich mitgeteilt wird, hat der Präsi-beut die Rücktrittsgesuche von vier Mitgliederndes Kabinetts, die von ihren politischen Anhängern zumRücktrftt gezwungen waren, angenommen. Auch der Finanz-minister Hsiunghsiling ist zurückgetreten, um sich gänzlich demStudium der Finanzlage des Landes widmen zu können. DerPremierminister, der Finanzminister und der ehemalige Finanz.minister Chowtszchi werden ein Komitee bilden, das sich mit der'Frage der fremden Anleihen beschäftigen soll. Der Minister desInnern Chaopingchun wird das Finanzministerium interimistischverwalten, bis die finanzelle Lage sich gebessert hat. Alsdann wirddas Finanzministerium der frühere Finanzminister ChowtszchiÜbernehmen._Russische Intrigen in der Mongolei und in Turkcstan.Petersburg, 14. Juli. Wie offiziell mitgeteilt wird, umringtenim Dorfe Tschira bei Chotan in Chinesisch-Turkestanchinesische Soldaten und Ortsbewohner, an dei�n Spitze der ausKaschgar nach Tschira entsandte chinesische Revier Siun stand, dasHaus des russischen Untertans Said Effendi. Ein chinesischer Be-amter forderte Said Effendi widerrechtlich auf. vor dem Revisorzu erscheinen. Said Effendi weigerte sich und suchte die Mengezuerst mit Worten und darauf mit Schüssen auseinander zu treiben.Dabei wurden zwei Angreifer getötet. Nunmehr befahl Siun denSoldaten, zu schießen und das Haus Saids anzuzünden. In demHause befanden sich etwa hundert russisch e Untertanens?), von denen viele erschossen wurden und viele in den Flammenumkamen. Der Generalkonsul von Kaschgar erstattete Meldungüber den Vorfall. Die russische Regierung hat ihrenGesandten in Peking aufgefordert, die ernstesten Vor-stellungen zu erheben und volle Genugtuung zu fordern.Tschugutschak, 15. Juli. Der interimistische Generalgouver-neur der Provinz Jli Delehung ist heimlich über Rußland nachPeking abgereist. Delegierte aus Urumtschi und Kuldscha habenin dem russischen' Konsulat(!) einen Vertrag über diegemeinsame Verwaltung der Provinzen Jli. Altai. Tarbagatai undKaschgar durch den Gcneralgouverneur der Provinz Sin Tsiangunterschrieben. Zur Wiederherstellung der Ruhe in Kaschgar»Verden chinesische Truppen aus Jli und Uru-mtschi dorthin entsandt.Klus der Partei.Aus den Organisationen.Von der Generalversammlung des 21. sä chsi sch e n R e ichS-tagSwahlkreifes ist mitzuteilen, daß die Orgamjwtwn»mletzten Jahre 599 neue Mitglieder, die Chemnitzer„Volks-stimm e" 1200 neue Abonnenten gewonnen hat. Ueber den Partei-tag referierte Genosse Grenz, der sich auf den Standpunkt stellte.daß der Vorschlag der Reorganisationskommission, einen Beirat zuwählen, nicht zu empfehlen ist, sondern lieber eine Verstärkung derKontrollkommission und Erweiterung deren Rechte im Parteiinter-esse. Diese Stellung wurde von der Parteiversammlung einstim-mig gutgeheißen. Als Delegierte für den Parteitag wurden Partei-sekretär Jung nicke! und Genosse Felisch gewählt.Die Generalversammlung des Sozialdemokratischen Kreisver-eins für den ersten weimarischen Wahlkreis nahm amSonntag in Weimar Stellung zum Parteitage in Chemnitz. Sieerklärte sich für die Erhöhung des Mindestbeitrages mit Berücksich-tigung einer Uebergangszeit für die finanzschwachen ländlichenWahlkreise; dagegen empfiehlt sie die Ablehnung der Vorschläge übereine Teildelegation der Reichstagsfraktion und über Einsetzungeines Parteiausschusses. Als Delegierter wurde Genosse Beck-Weimar gewählt. Die Mitgliederzahl ist im letzten Jahre von 1689auf 1924 gestiegen.Die Partei in Schwarzburg-Rndolstadk.Am Sonntag trat in Blankenburg i. Th. der aus 42 Ortenbeschickte Parteitag von Schwarzburg-Rudolstadt zusammen. DerBericht des Landesvorstandes zeigt, daß das verflossene Berichtsjahr,das so reich an Kämpfen und Erfolgen war. auch in organisato-rischer Beziehung sehr gute Resultate zu verzeichnen hat. Die Zahlder Ortsgruppen stieg von 34 auf 42, die Mitgliederzahl auf 2336,davon sircd l09 weibliche. Sozialdemokratische Gemeinderatsmit-glieder haben wir in 27 Orten 53, Stadtverordnete in 6 Städten14. Es wurden 237 Volksversammlungen abgehalten, 14 000Kalender, 133 000 Exemplare Flugblätter verteilt. Die„Gleichheit"wird in 140, die„Arbeiter-Jugend" in 55 Exemplaren gehalten.Der Kassenbericht war ebenfalls ein erfreulicher. Außer einemBeitrag von 2000 M. aus der Parteikasse in Berlin hat die Landes-kasse alle Unkosten der im Berichtsjahr stattgefundenen 2 Landtags-Wahlen und der Reichstagswahl selbst zu tragen vermocht. DieEinnahmen und Ausgaben balanzieren in Höhe von 10 922,30 M.,der Vermögensbestand beträgt 1759,22 M. Bezüglich der Bildungs-bestrcbungen ist zu berichten, daß man mehr als bisher bestrebt seinwird, Fortschritte zu erzielen. An 10 Orten ist es gelungen, ge-meinsam mit den Gewerkschaften Bildungsausschüsse zu gründen.In der Frage der Jugenderziehung liegen die Dinge in Schwarz-burg-Rudolstadt noch sehr schwierig. Arbeitersekretär Genosse Ottoempfahl, um in dieser Beziehung vorwärts zu kommen, an allen'Orten mit den Arbeiterturnvereincn in Verbindung zu treten, umendlich etwas Positives zu erzielen. Bezüglich der Schaffung einergemeinsamen Parteiprcsse mit Schwarzburg-Sondershausen ver-tritt der Vorstand den Standpunkt, daß nach Lage der Sache aneine solche Gründung vorläufig nicht zu denken sei. Nach dem ein-stimmig genehmigten Vorstandsbericht hielt der Reichstagsabge-ordnete des Kreises, Genosse Artur Hofmann, einen instruktivenVortrag über die verflossene Rcichstagswahl. Eine ausgedehnteDebatte rief der Punkt„Presse" hervor. Das in Saalfeld erschei-nende„Volksblatt" hat zurzeit 7000 Abonnenten, davon 3250 inSchwarzburg-Rudolstadt. Ein Wunder Punkt ist das Porto an diekleineren Filialen, das im letzten Jahr über 5000 M. betrug undden Etat des Blattes sehr belastet. Ueber den deutschen Parteitagreferierte Genosse Sartmann. Besondere Bedenken bestehen hin-sichtlich des einheitlichen Monatsbeitrages von 40 Pf., da fürSchwarzburg Rudolstadt noch ein Monatsbeitrag von 20 Pf. be-steht. Als Delegierter zum deutschen Parteitag wurde GenosseSöhle-Frankenhausen gewählt._Bor den Gemeindewahlen in Olöppingen,die am 11. Dezember vorigen Jahres stattfanden, waren Stimm-zettel verbreitet worden, die eine andere Stimmenhäufung vor-sahen, als in der Versammlung des Sozialdemokratischen Vereinsbeschlossen worden war. Bei dem Proportionalwahlverfahren inWürttemberg hat der Wähler das Recht, innerhalb eiues Wahlvor-schlages dem zur Wahl Vorgeschlagenen mehrere Stimmen, undzwar bis zu drei, zuzuführen. Die Parteiversammlung hatte be-schloffen, daß die Kandidaten Schiriner und Frank je 2 Stimmen,die Kandidaten Kienle und Ehrhardt je eine Stimme erhalten soll-ten. Nach den geänderten Zetteln sollten Schirmer eine weitere.Stimme, Ehrhardt aber zwei weitere Stimmen erhalten, so daß dieGenossen'Frank und Kienle ausschieden. Die Herausgabe geän-derter Stimmzettel führte zur Einleitung des Ausschlußverfahrensgegen vier Genossen, welche an der Verteilung der Stimmzettel be-teiligt gewesen sein sollten. Der Herausgeber der Stimmzettel istbis heute noch nicht ermittelt. Das Schiedsgericht, das am 12. Juliunter dem Vorsitz des Genossen Müller- Berlin in Göppingentagte, stellte einstimmig fest, daß zwei der angeschuldigten Ge-Nossen eine Verbreitung der abgeänderten Stimmzettel nicht nach-gewiesen werden konnte. Die Genossen Huttelmayer und Webergaben zu, geänderte Stimmzettel verteilt zu haben. Beide er-klärten, daß sie glaubten, dazu berechtigt gewesen zu sein, und daßsie ihr Verhalten auch nicht bedauerten, trotzdem am Tage derWahl vor Abgabe geänderter Stimmzettel gewarnt worden war.Das Schiedsgericht erblickte in dem Vorgehen der Genossen Huttel-mayer und Weber keine ehrlose Handlung, aber es entschied mit viergegen drei Stimmen, daß ein beharrliches Zuwiderhandeln gegenden Beschluß der Parteiorganisation vorliege, durch das das Jnter-esse der Partei geschädigt wurde. Nachdem ein Antrag auf Aus-schluß aus der Partei abgelehnt worden war, erkannte das Schieds-gericht gegen beide Genossen auf Ausschließung von Vertrauens-ämtern für die Dauer von zwei Jahren.Die steuerpflichtige„Vergütung" des Vertrauensmannes.Im Landkreise Hagen liegt ein Ort von ungefähr 3000 Ein-wohnern— Bommern. Natürlich hat auch der sozialdeino-kratische Verein Hagen-Schwelm dort eine Mitgliedschaft(130 Mit-glieder).Der Vertrauensmann des Vereins von Bommern erhob gegenseine Steuerveranlagung Einspruch, weil er als B e r g m a n n zuhoch eingeschätzt war.Er reklamierte nun beim Vorsitzenden der neuen staatlichenEinkommensteuerkommission und erhielt darauf folgendes einzig da-stehende Schreiben:H a g e n» den 6. Juli 1912.Der Vorsitzendeder Veranlagungskon» Mission.Bei Erörterilng Ihres Einspruches gegen die Veranlagungfür 1912 ist festgestellt, daß Sie als sozialdemo-kratischer Agitator und Vertrauens in ann fürden Wahlverein Hagen-Schwelm tätig sind.Nach dem Umfange der Tätigkeit muß an-genommen werden, daß Sie hierfür eine Ver-gütung erhalten.Unter Hinweis auf die Strafbestimmung—§ 72 deS Tin-kommensteuergesetzes— fordere ich Sie hiermit auf, binnen achtTagen hier durch schriftliche Bescheinigungen nachzuweisen, wiehoch diese« Einkommen iin Kalenderjahr 1911 war bezw. daß Siekein Einkommen für diese Tätigkeit hatten.Sollten Sie diese Bescheinigung nicht vorlegen oder eine un-zureichende Auskunft geben, so würde ich nötigenfalls die gericht-liehe weitere Verfolgung in Frage ziehen müssen.Dr.......(Name unleserlich)Regierungsassestor.WaS allgemein bekannt ist, braucht eine Behörde nicht zu wissen— daß die Vertrauensleute der sozialdemokratischen Partei ehren-amtlich tätig find und dadurch persönlich noch große Opfer bringen.Da im Wahlkreise annähernd 200 Vertrauensleute in den 37 Ortentätig sind, kann ja jedermann selbst ungefähr einen Etat der Parteiaufitellen— wenn diese alle besoldet werden.Der Vertrauensmann von Bommern hat denn auch umgehendgeantwortet:An die SteuerveranlagungSkommission.Auf Ihre Anfrage, ob ich als Vertrauensmann der sozial-demokratischen Partei eine Vergütung erhalte, teile ich mit, daßdies nicht der Fall ist.Wohl entstehen mir dadurch solch große persönliche Opfer,daß ich gern bereit bin, diese einzeln anzugeben, falls die Kam-Mission diesen Betrag in Anrechnung bringen will.(Rame.)Bin der Parteipresse.Zum politischen Redakteur des„Fränkischen Volksfteund" inWürzburg wurde Genosse W. S o l l m a n n, nicht wie es inNr. 160 hieß Genosse Seltmann, gewählt.In der vor einigen Tagen veröffentlichen Notiz über die Zu-sammensetzung der Redaktion der„Schwäbischen Tagwacht"ist noch richtig zu stellen, daß der Redakteur des lokalen Teils derGenosse H e r p i ch(nicht Verlich) ist.Hua Induftrie und HandelDie Handelsintereffen in der Orientfrage.Genosse P a r v u s schreibt miS autz Konstantinopel:Es ist längst bekannt, daß die Orientfrage, im GrundeqUe-nomnien, eine europäische Frage ist, d. h. eine Auseinandersetzungzivischen den Großstaaten Europas um den Einfluß im Orient.Verschiedene Momente spielen da mit, darunter auch solche, dievon der Geschichte überliefert worden sind und jetzt noch, obwohldem Wesensinhalt unserer Zeit ganz entftemdet, noch immerUnheil stiften. Am meisten aber treten in den Bordergrunddie wirtschaftlichen kapitalistischen Interessen der europäischenStaaten.Hier ist aber wieder eine Wandlung wahrzunehmen.Gegenwärtig spitzt sich die kapitalistische Auseinandersetzung umden Orient immer mehr auf einen Konflikt zwischen den MächtendesDreibundes und den Mächten der Triple-Entente zu. Aber nochwährend des K r i m k r i e g e s gab es nur zwei Mächte, die w i r t-s ch a f t l i ch am Orient interessiert waren, nämlich England undFrankreich. Oesterreich und Rußland waren nur politisch interessiert, Deutschland gar nicht. Nicht anders war die Situation beimruisisch-türkischen Krieg 1878. Das hat sich aber seitdem geändert.Die EntWickelung der kapitalistischen Industrie hat ein Export-bedürfnis geschaffen, das Deutschland sowohl wie Oesterreich inimmer nähere Handelsbeziehungen zum Orient brachte und so einKonkurrenzinteresse gegenüber England und Frankreich erzeugte.Es liegt mir eine Statistik vor, die diese Wandlung zahlen-mäßig klarlegt. Die englische Handelskammer in Konstantinopel hatnämlich soeben eine Uebersicht der Einfuhr der Türkei aus denwichtigsten Ländern seit 1887 verössentlicht. Der Vergleich ergibtfolgendes Bild:Im Jahre 1887 betrug die gesamte Wareneinfuhr der Türkeirund 10 Millionen Pfd. Sterl. Davon kamen etwa 6,2 Millionen,also über 60 Proz. aus England. Frankreich lieferte 1,9 Millionen.Der kleine Rest der Einfuhr verteilte sich auf Oesterreich, Deutsch-land, Italien.Im Jahre 1910 betrug die türkische Wareneinfuhr bereits25 Millionen Pfd. Sterl., sie stieg also um 150 Proz. An dieserSteigerung nahm aber England nur wenig Anteil. Seine Ausfuhrnach der Türlei stieg während dieses Zeitraums von 6,2 auf8,3 Millionen, also um nicht ganz 40 Proz. Frankreich erreichte2,9 Millionen, also eine Vermehrung um die Hälfte. Dagegen stiegwährend des gleichen Zeitraums die Wareneinfuhr aus Oesterreichvon 1,35 auf 5,36 Millionen Pfund— das bedeutet eine Ver-vierfachung. Die Einfuhr aus Deutschland stieg von 0,6 auf5,2 Millionen, also fast auf das Zehnfache. Die Einfuhr aus Italienstieg auf daS Achtfache. Im Jahre 1887 betrug die Einfuhr ausDeutschland nicht einmal den dritten Teil der Einfuhr auS Frank-reich, jetzt ist sie fast doppelt io groß. Ebenso ist Frankreich vonOesterreich überflügelt worden, schließlich selbst von Italien. Den,im Jahre 1910 betrug die Einfuhr der. Türkei auS Frankreich2 916 800 Pfund, jene aus Italien 2 924 0001Die gewaltige Steigerung der italienischen Wareneinfuhr nachder Türkei zeigt uns, beiläufig, welche Torheit Italien beging,indem es sich in das Tripolisabenteuer stürzte. Es hat dadurchauf Jahre hinaus seinen Handelsverkehr mit der Türkei verdorbenund wird sicherlich in Tripolitanien niemals«wen Ersatz für diesenVerlust finden können.Diese steigende Konkurrenz mußte offenbar zu einer Ver-schärfung der politischen Spannung zwischen den Großstaaten führen.Doch damit ist das kapitalistische Interesse an der Türkei noch langenicht erschöpft. Neben dem Handelsintereste und mit diesem engzusammenhängend gibt es einen Kampf um Konzessionen— inerster Linie beim Eisenbahnbau, aber auch auf anderen Gebieten.Es sind Eisen- und Kohlenbergwerke, Kupferminen und Petroleum-quellen zu vergeben. Es sind Wälder do. die man abtragen kann,gewaltiger städtischer Besitz— ganz Konstantinopel— und immenseLändereien, die man aufkaufen oder hypothekarisch verpflichten kann.ES werden Trusts gebildet, wie z. B. der gewaltige Teppichtrust,und Staatsmonopole si»»d da, um deren Pachtung man sich streitet.Dieser Wirrwarr miteinander konkurrierender kapitalistischer Interessenist weit schlimmer, als der nationale Hader, der die Türkei zersetzt.Es ist eine Art kapitalistischer Vivisektion, der dieses arme Landunterworfen wird, oder in einfacheren Worteq: eS wird bei lebendigemLeibe geschunden IVersammlungen.Die Filiale Berlin deS Textilarbeiterverbandes hielt amDonnerstag bei Nowottnick in der Langestraße eine zahlreich be»suchte Generalversammlung ab, in der zunächst der Kassen-b e r i ch t für das erste und zweite Quartal vorgelegt wurde Imersten Quartal betrugen die Einnahmen 19 922,68 M., die AuS-gaben 15 662,77 M. Unter den Ausgaben sind 2134,30 M. fürKrankenunterstützung, 2946,05 M. für Arbeitslosen-, 187,11 M. fürStreikunterstützung, und 4990,47 M. wurden in bar an die Haupt-kasse abgeliefert. Der Kassenbestand war im Laufe des Quartalsvon 3353,68 M. auf 4259,91 M. gestiegen. Im zweiten Quartalwaren die Einnahmen 20 876,21 M., die Ausgaben, darunter2002.15 M. für Kranken-, 1808,20 M. für Arbeitslosen-, 3542,01 M.für Streikunterstützung, 15 989,43 M. Der Kassenbestand ist imLaufe dieses Quartals auf 4686,78 M. gestiegen.— Die Versammlung erteilte dem Kassierer einstimmig Decharge. Der zweite Punktder Tagesordnung war die Berichterstattung vom Stutt.garter Verbandstag. Von den drei Delegierten der Filialeberichtete zunächst Gruhl über die Verhandlungen, soweit sie denVorstands- und Kassenbericht sowie die übrigen allgemeinen Punkteder Tagesordnung betrafen. Darauf gab Simon Unger eineausführliche Uebersicht über die Erledigung der verschiedenen An-träge, die den Verbandstag beschäftigt hatten, und schließlichschilderte Fräulein T i e S l e r in kurzen, anregenden Worten dieBedeutung der Forderung des freien Sonnabendnach.mittags und gab den Hauptinhalt des Vortrages wieder, denMartha Hoppe über diese Frage auf dein Verbandstage ge-halten hat. An die Referate schloß sich eine lebhafte Debatte, in dernamentlich einige besondere Fragen der Organisation in Verbin-dung mit der Taktik bei Lohniämpfen besprochen wurden. DieDebatte wurde schließlich auf die nächste Versammlung vertagt.Hierauf wurden die Neuwahlen der unbesoldeten Mtalieder desZentralvorstandes und des Gauvorstandes vollzogen. Sie hattenfolgendes Ergebnis: In den Zentralvorstand wurden gewählt:Äiebing, Kutzleb, Schüler, Bröcker» Zernicke,Trump er und Massuthe; als Ersatzleute: Voigt undGranowskh; als Revisoren: Degenhardt. Schädlich,Niemetz, Amhaus und K u n e r t; in den Gauvorstand�Baasch. Saufit&of« FrÄckü» Tisülfis und AliÄvev»