GewerhfcbaftUcbes.Demohratie oder Bauernfang?Die Abstimmung im Schmiedeverband über den eben-Wellen Uebertritt in den Metallarbeiterverband veranlatztedie„Volkszeiwng" neuerdings zu einer Reihe von Artikelnund Notizen, die darauf berechnet sind, den Schmieden denMetallarbeiterverband zu„verekeln". Wenn man diesen Zweckder Uebung kennt, weiß man schon, woher die Besorgnis der«Volkszeitung" um die freien Gewerkschaften und speziell umdie Metallarbeiter stammt, auch wenn nicht einer der Artikelausdrücklich mit Karl W i e s e n t h a l gezeichnet wäre. Unterdem entrollten Banner der Demokratie— der Artikel trägtdie Ueberschrift:„Bureaukratie oder Demokratie in den Ar-beiterorganisationen?"— zieht die„Volkszeitung" gegen diezentralverbändlerische Bureaukratie zu Felde. Speziell imMetallarbeiterverband würde jede berufliche Eigenart in daszentrale Schema gezwängt. Neben Grobschmieden organisiereman im Metallarbeiterverband Eisenarbeiter, Uhrmacher usw.Nur kn passant sei erwähnt, daß die Forderung, demBranchenindividualismus unbeschränkten Spielraum� zu ge-währen, mehr anarchistische, denn demokratische Neigungenverrät. Auch weiß man, daß ein gewisses Vereinchen sehr gernden Zentralverbandsmantel tragen möchte. Nur weil dasKönnen allzusehr mit dem Wollen kontrastiert, übt man dieTugend lokaler Begrenzung. Der Uebung Zweck bei derKritik des Zentralverbandssystems zielt dahin, dieses als Ur°fache einer Ohnmacht der Arbeiter, einer Ueberlegenheit derUnternehmerorganisationen zu denunzieren. Nachdem der„Demokrat" die Ohnmacht der Mitglieder in den Zentralver-bänden mit gebührendem Augenaufschlag bedauert, über dieWillkür der obersten Spitze sich genügend empört hat, legt erweiter los:„Es ist schon erwähnt worden, daß jeder Streik der Ge-nehmigung des Hauptvorstandes bedarf. Dadurch übernimmtder Hauptvorstand natürlich auch die Verantwortung fürden Lohnkampf den Unternehmern gegenüber. Der Verband derMetallindustriellen schlägt nun gegenüber dieser zen-tralistischen Organisation folgende Taktik ein: Wenn die imMetallarbeiterverband organisierten Mitglieder einer Branchean einem Ort Forderungen stellen und sie durch einen Streikdurchsetzen könnten, dann beschränkt der Arbeitgeberverband denLohnkampf nicht auf die Branche und den Ort, wo die Arbeitergute Aussichten auf den Sieg haben, sondern er kündigt eineAussperrung in weiten Gebieten und anderen Branchen an, umso das Kampffeld auszudehnen und die Kasse desMetallärbeitervcrbandeS zu schwächen. Diese Taktik hat in denletzten sieben Fahren meist den Erfolg gehabt, daß der Haupt-Vorstand des Metallarbeiterverbandes eingriff und die B e e n-d i g u n g eines Streiks erzwang, den die Streikenden a u fsich allein gestell-t, wohl gewonnen hätten. Der un-günstige Friedensschluß mußte aber erfolgen, weil sonstMassen von unbeteiligten Arbeitern ausge-sperrt und die Verbandskasse um Summen geschwächt wordenwäre, die zu den Vorteilen eines Sieges der einzelnen Branchein einem Orte in keinem Verhältnis standen. Wenn es beieinem Kampf sich um das vereinigte Kapital der organisi-rtenArbeiter und auf der anderen Seite um das vereinigteKapital der Großindustriellen handelt, dann sind dieUnternehmer fast immer die stärkeren. So schwächtder Zentralismus in der Gewerkschaft die einzelnen Mitgliederdadurch, daß dem organisierten Untcrnehmcrtunm eine zu" breite Angriffsfläche geboten wird. Außerdemist auch das Wachstum der gelben„Gewerkschaften" gerade in derMetallindustrie zum großen Teil aus der Erbitterung der-jenigen Mitglicoer zu erklären, denen die Fortsetzung eines er-folgversprechenden Streiks durch den Zcntralvorstandunmöglich geniacht wurde."Das dumni-pfiffige Gerede ist darauf berechnet, Eigenbrödlern, Stänkern und gekränkten Leberwürsten ein fachliches Argument für ihre Zersplitterungsversuche an die Handzu geben. Wie liegen die Verhältnisse in Wirklichkeit? Awgenommen es bestünden nur lokalbegrenzte Branchcnorganisa�tionen, wie sie der Artikel weiter als gewerkschaftliches Heilherausstreicht, glaubt man allen Ernstes, die Unternehmerwürden dann nicht aussperren? Nur Narren und Schwindlerkönnten mit Nein antworten! Allerdings läge dann für dielokalen Organisationen, die unfreiwillig in einen Konflikthineingezogen würden, formell keine Unterstützungsverpflichtung vor: der— Demokrat will glauben machen, eine Unterstützungspflicht bestünde dann überhaupt nicht. Die Rechnunghat ein Loch!� Wenn auch nicht formell, moralisch müßten dielokalen Vereine in solchen Fällen Arbeitslosenunterstützungzahlen. Nehmen wir einmal an, sie verweigerten jede Unter-stützungsleistung. Wie würde dann der Volkszeitungsmannüber mangelnden sozialen Geist, über Rücksichtslosigkeit undBrutalität der freien lokalen Organisationen ins Zeug gehen.Und wir sagen: Mit vollem Recht! Ganz gleich, nach welchemSchema die Organisation aufgebaut, bei einem Frontangriffder Unternehmer und bei der Abwehr, die Unbeteiligte inden Kampf hineinzieht, muß die Organisation auf jeden Fallfür die betroffenen Mitglieder eintreten. Sich solcher Pflichtzu entziehen, wäre Lumperei! Die Gründung von Lokalver-bänden zu dem Zwecke, sich an der Unterstützung der Opferkapitalistischer Willkür vorbeizudrücken, müßte man als ge�werkschaftliche Hochstapelei bezeichnen.Doch der Stürmer gegen die Zentralorganisation be-kündet schließlich noch mehr bösen Willen, als wie Kenntnisder tatsächlichen Wechselwirkungen. Gerade weil die Unter-nehmer mit ihren Aussperrungen Unbeteiligte das Wesen desKapitals kosten lassen, sind mit Beginn der Aussperrungstaktikdie Organisationen so riesenhaft gewachsen. Das muß jedererkennen, der nicht gerade mit lokalistischen Scheuklappen be-haftet ist.In den meisten Fällen wäre heute übrigens die lokaleBranchenorganisation ein kraft- und blutloser Schemen, fürwelchen die Unternehmer Prämien bezahlen könnten weil erdie Arbeiter hübsch in Illusionen wiegt, dem Kapital dieAusbeutung erleichtere!— Man unterstelle einmal, es be-stünden nur lokale Branchenorganisationen. In Berlin for-dern die Werkzeugmacher in einem Betrieb der A. E.-G Lohn-erhöhung. Sie bekommen aber einen Fußtritt und streiken.Die A. E.-G. läßt nun in irgendeiner anderen Stadt, oderVon den Schlossern eines anderen Werkes Streikarbeit an-fertigen. Die Werkzeugmacher sind die Gelackmeierten—oder die lokale Organisation in dem anderen Ort. oder gar diein einem anderen Verbände organisierten Schlosser müßtenden Streik mitmachen. Da wären zunächst erst Verhandlungen mit der Unzahl von Organisationen notwendig. Mandenke sich das aus. wenn die eine Firma in Dutzenden vonStödten Unternehmen besäße, und auf alle den Konflikt aus-dehnte, oder das Eingreifen der Unternehmer vielleicht Hun-derte von Lokalorganisationen engagierte. Das gäbe einnettes Durcheinander. Ehe die genialen Lokalverbandsdirek-toren sich selbst zurechtgefunden, hätten die Unternehmer drei-mal gesiegt.— Man braucht nur eine praktische Konsequenz�zu ziehen und sieht sofort, daß die antizentralverbändlerischenArgumente Scheineinwände geringster Qualität sind.Die industrielle Entwickelung weist den Gewerkschaftenmit zwingender Gewalt ihren Weg. Es zeugt von einer rechtunzulänglichen Auffassung, anzunehmen, die Formen desWirtschaftlebens und der sozialen Organisationen würden vondem subjektiven Ermessen und dem taktischen Geschicke ein-zelner Staatsmännchen bestimmt. Die Gesetze des Kapitalsund seines Erpansionsbedllrfnisses � sind die bestimmendenFaktoren, denen sich richtig anzupassen die Aufgabe der Ge-Werkschaftsleitung ist. Wer dem Rade der Entwickelung indie Speichen fällt, wird von ihm zermalmt.In der modernen Großindustrie verbindet die Produk-tionstechnik eine Reihe von Branchen zu einer Produktion--einheit. Eine Branche ist auf die andere angewiesen. DasVersagen einer Berufsgruppe beeinflußt die andere mit un-vermeidlicher Sicherheit. Hier, wo der Produktionsprozeß dieAngehörigen Dutzender verschiedener Branchen einer Kettegleich in Bewegung setzt, würde das Vorhandensein so vielerOrganisationen wie Glieder in der Branchenkette die Arbeiterzur Ohnmacht verurteilen. Die Fortschritte in der Konstruk-tion von Arbeitsmaschinen zu minutiösen Teiloperationenmacht den Unternehmer immer unabhängiger von einer mitumfassenden Fähigkeiten und Kenntnissen ausgestatteten Be-rufsgruppe. Im Falle eines Konfliktes könnte er immer beidem' Vorhandensein diverser Branchenverbändchen aus denanderen Gruppen Ersatzkräfte heranziehen. Zu welchemTohuwabohu sollte es führen, wenn dann Dutzende vonBranchenorganisationen olme Rücksicht auf die Situation fürdie anderen und deren Schlagfertigkeit, über Kamps undFrieden beschließen wollten? Es gäbe zum Gaudi des Kavi«tals ein Zerfleischen der Arbeiter untereinander.— Untersotanen Umständen Branchenorganisationen zu gründen, istentweder gewerkschaftliche Kinderei, unbewußte Handlangereifür das Kapital oder Schlimmeres!Der von Wiesenthal gezeichnete Artikel ist übrigens eingefundenes Fressen für das wütendste Scharfmachertum. W.behauptet nämlich, daß so ziemlich alle Streiks, an denen derMetallarbeiterverband in den letzten 1l) Iahren beteiligt war,von diesem nicht aus sachlichen Motiven, nicht im Interesse derArbeiter, sondern lediglich in der Absicht, andere Organisa-tionen zu vernichten, inszeniert worden seien. Das geht janoch über die frechsten Beschuldigungen von seiten der Christ-lichen und Tillemänner hinaus. Daß W. mit solch toller Be-hauptung sich selbst ins Gesicht schlägt, wird die Gewerkschafts-feinde nicht hindern, ihn zum Kronzeugen avancieren zulassen. Jeder nur halbwegs Tenkfähige muß sich aber dochfragen: Wie ist es möglich, daß der Metallarbeiterverbandgroße Kämpfe führt, nur um kleine Verbändchen zu ver-nichten, wenn er nach dem anderen Zeugnis des W. vollständigoMmächtig ist, gegen die Unternehmer zu kämpfen? Daß die„Volkszeitung" bei dieser Gelegenheit wieder einmal ordent-lich sich demaskierte, ist ebenso erfreulich, als wie das Heraus-wagen der Organisationszersplitterer. Man weiß nun, washinter dieser Demokratie steckt— Bauernfängerei!Verlin und Qmqegrnd.Der Streik der Fuhrleute.Bis zum Donnerstagabend hatten 80 Firmen den Vertragmit dem Deutschen TranSportarbeiterverbanoe unterzeichnet. Bei31 Firmen, die zusammen 388 Mann beschäftigen, wird der Kampfweitergeführt. Wenn die Zahl der Streikenden sich vermehrt hat(gestern gaben wir die Zahl 350 an, obgleich mehr Betriebe in Be-tracht kamen als heute), so liegt dies daran, daß einige große Be-triebe, die zuerst für diese Bewegung nicht in Frage kamen, woaber Streikarbeit übernommen wurde, hinzugekommen sind.Die Arbeiter dieser Betriebe wehrten sich gegen die Streikarbeitund nahmen die Gelegenheit wahr, eine Regelung ihrer Arbeits-bedingungen zu verlangen. Ueberhaupt hat die Bewegung weitereKreise gezogen, und die unorganisierten Arbeiter vieler Betriebewünschen jetzt, daß der Verband für sie die Kastanien aus demFeuer hole. Für die Unorganisierten kann der Verband natür«lich nur in bedingter Weise etwas tun; jedenfalls können die Ar-beiter aber eine gute Lehre daraus ziehen, wie wertvoll für siedie Organisation ist.Die Firma Nicolai, die den Tarif anerkannt hat, sollStreikarbeit übernommen haben. Die Arbeiter dieser Firma habenbeschlossen, Streikarbeit nicht zu verrichten und, falls die Firmadarauf bcharrt, von neuem die Arbeit niederzulegen.Von der Firma T a b b e r t, Mühlenstraße, am SchlesischenBahnhof, wurde gemeldet, daß städtische Stratzenreiniger abkom-mandiert sind, Streikarbeit zu verrichten. Die Nachricht hat vielEntrüstung hervorgerufen.Die Streikenden wünschen, daß die Bauarbeiter darauf achten,von welchen Kutschern und von welchen Firmen das Baumaterialherangeschafft wird, damit den Streikenden die Kontrolle erleichtertwird.Di« folgenden Firmen haben den Tarifvertrag am Donnerstagunterzeichnet:Kaczorowski, Reinickendorf-Ost. Malzahn, Lichten.berg, H o l z i n g e r, Tempelhof, Theuerkauf, Dahlke,Beatus, Berlin, P o l I a ck. Plötzensee, Trost. Charlotten-bürg, Sielaff, Charlottenburg. Finke, Reinickendorf-Ost,Karl B u r g h a s e, Kottbuser Ufer 12—15. Georg G e n s ch m e r.Alt-Stralau 32.Achtung, Dachdecker und BerufSgenoflenl Zur ArbeitSein-stellung von Dachdeckern und Berufsgenossen ist es auch bei derEirma Ventz in Friedenau, Schmargendorfer Str. 18, gekommen.err Ventz zahlt jetzt den Arbeitern, die bei ihm neu in Arbeitgetreten sind, nur 55 Pfennig. Er hat diesen Arbeitern also einenAbzug von 5 Pf. pro Stunde gemacht. Dies« Werkstelle ist vonjedem Dachdecker und Berufsgenossen zu meiden!Zentralverband der Dachdecker.Deutteius Reich.Streik der Arbeiter am Nordostseekanal.Mittwoch ftüh legten sämtliche Arbeiter der Firma Philipptolzmann, die am Schleuscnbau und am Verbreiterungsbau desaiser-Wilhelm-Kanals beschäftigt sind, die Arbeit infolge Lohn-difterenzen nieder. Die Arbeiter an den Maschinen und der Kabel.bahn erklärten sich solidarisch und hörten ebenfalls auf zu arbeiten.Metallarbeiterbewegung in Düsseldorf.In vier großen Werken der Düsseldorfer Metallindustrie, demStahlwerk Oecking A.-G., Gebr. Inden, FittingSwerk, Woeste u. Cie..FittingSwerk. und dem Röhrenwerk I der Firma Phönix A.-G. sindDifferenzen ausgebrochen, welche in allen vier Werken zur Nieder-lcgung eines Teiles der Belegschaft geführt haben. In den erstercndrei Werken handelt es sich um die Verkürzung der Arbeitszeit vonöl) auf 57 Stunden die Woche, während auf dem Werk der PhönixA.-G. die Dreher sich in einem Abwehrstreik befinden, welcher dieFirma veranlaßt hat, eine Aussperrung der übrigen Arbeiter anzu-drohen. 50 Proz. der im Werk beschäftigten Arbeiter haben dieKündigung schon erhalten. Die beteiligten Unternehmer machenzum Teil große Anstrengungen, Arbeitswillige in allen TeilenDeutschlands zu finden. Zuzug ist daher fernzuhalten.Kcllnerstreik in Frankfurt a. M. Am 17. Juli, mittags 1 Uhr,haben in dem der Stadt gehörenoen Etablissement Cafe Haupt-wache sämtliche 32 Zahlkellner und Zuträger die„__ �___.__ Arbeit niedergelegt. Erstrebt wird zunächst die Abschaffung der..________________.__verantw. Redakteur: Albert Wach», Berlin. Inseratenteil verantw.! rh.Gl«ckr.Beri'N. Druck u. Verlag: vorwärts Buchdr. u öerlagsanstalt PauISing-räCo..B-rlin SW. Hierzu 2 BeilagenuAnterhchtunMllseitens der Z a h I k e l l n e r an den Pächter zu zahlendm Ab-gäbe von drei Prozent der Einnahme, sowie die Erringunaeiner menschenwürdigen Behandlung.Ausland.Ter Generalstreik als„Anfrnhr".Aus Zürich wiro uns geschrieben:Das sinnlose Wüten herrscht in Zürich weiter. Nachdem sichdie Arbeiter ruhig verhielten und sich nicht nach dem Wunsche desScharfmachertum- auf die Schlachtbank führen fließen, vermehrtdie Regierung ihre Ungesetzlichkciicn. Dem Streikpostenverbot,dem Verbot der Versammlungen im Freien und der Demonstra-tionszüge folgt eine Untersuchung gegen die„Urheber" des Gene-ralsireils wegen Aufruhrs. In aller Seelenruhe wird derGeneralstreik als Aufruhr im Sinne der nachstehendenParagraphen oes Strafgesetzbuches erklärt, um einen Vorwand fürMassenverhaftungen und Massenausweisungen zu bekommen:„Wenn eine größere Anzahl von Personen sich öffentlichzusammenrottet und die Absicht an den Tag gelegt hat, einegewaltsame Veränderung der Verfassung des Kantons Zürichherbeizuführen oder mit Gewalt die verfassungsmäßige Staats-gewalt aufzulösen, so machen sich die Personen des Aufruhrsschuldig.Ebenstj wird als Aufruhr bestraft, wenn solche Zusammen-rottungen die Absicht kundgegeben haben, sich den verfassungs-mäßig bestellten Behörden mit Gewalt zu widersetzen, um� ent-weder eine Verfügung oder die Zurücknahme einer getroffenenVerfügung zu erzwingen oder deren Vollzug zu hindern oderwegen einer Amtshandlung Rache zu nehmen."Die Strafe, die für den Tatbestand des Aufruhrs vorgesehenist, lautet im Minimum auf zwei Jahre Gefängnis.Daß der Generalstreik im Ernst gesprochen nicht als Aufruhrim Sinne dieser Strafartikel eingeschätzt werden kann, geht aufden ersten Blick hervor. Einmal fehlt das Moment der öffentlichenZusammenrottung und des Widerstandes gegen die Staatsgewaltund auf die Aenderung d�r Verfassung zielt der Generalstreik erstrecht nicht ab. Auch handelt es sich keineslvegs darum, Rache wegenVollzuges einer Amtshandlung zu nehmen. Die Verhaftungen,die in Anwendung der Aufruhrparagraphen vorgenommen wurden,sind daher ungesetzlich und die ganze Staatsaktion stellt einejurististische Ungeheuerlichkeit dar, wie man sie soschnell nicht erlebt. Wäre die Anwendung der Aufruhrparagraphenzulässig, so brauchte es auch keiner Antistreikgesetze mehr, weil jajeder Streik als„Aufruhr" bezeichnet und daher verboten werdenkönnte. Des weiteren müßte konsequenterwcise auch die Aus-sperrung der Unternehmer als Aufruhr unter das Strafgesetz ge-stellt und die Urheber der Aussperrung in VerHaft genommen undbestraft werden. Nur ein Gericht, das sich die schamloseste Rechts-beugung zum Prinzip gemacht hat, könnte es wagen, den Miß-brauch der politischen Gewalt durch die Regierung zu schützen.Soweit dürften aber vorläufig auch die Klassenrichter der Demo-kratie noch nicht sein. In Parteikrcisen besteht die Ansicht, daßdie ganze Aufmachung nur zum Zwecke der Verhaftung mißliebigerGenossen stattfand und die Untersuchung, nachdem eine Reihe vonAusweisungen vollzogen wurden, eingestellt werden wird.Am Dienstag und Mittwoch wurden in allen Partei» undGewerkschaftsbureaus die Haussuchungen fortgesetzt. Alles wasihr in die Hände fiel, schnappte die Polize, weg. Mitgliederlistenwurden konfisziert, Protokolle eingezogen und immer weitere Ber-Haftungen vorgenommen. Die Verhaftungen des Sekretärs desMalerverbandes bestätigt sich allerdings nicht, dagegen sind fastalle Mitglieder des Arbeiterunionsvorstandes sowie zwei Arbeiter-sekretäre in Untersuchungshaft gesetzt worden.Die Partei, die sich zuerst an der Aktion offiziell nichtbeteiligte, hat sich nun der Sache angenommen und damit denbürgerlichen Soldschvcibern das Argument aus den Händen ent-wunden, als ob der Generalstreik nur von den Gewerkschaften undunter ausdrücklicher Mißbilligung der„Politiker" durchgeführtworden sei. Um die Matznahmen zur Verteidigung der Arbeiter-schaft einzuleiten, ist ein aus Schweizerbürgern bestehendesAktionskomitee eingesetzt worden, dem unter anderem die GenossenNationalrat Sigg, Bezirksanwalt Kaufmann, BezirksrichterR i e d e r angehören.Das aufgebotene Militär, das sich übrigens viel korrefterverhielt als bei früheren Gelegenheiten, wird in den nächsten Tagenentlassen. Um seiner Aktion aber den nötigen Schliff zu geben,hat der Regierungsrat des Kantons Zürich zwei andere Batailloneauf Piket stellen lassen._Letzte JHadmcbten.s�liegerabsturz in Johannisthal.Gestern abend rutschte auf dem Flugplatz der FliegerStiefvater mit seinem Passagier namens Türk aus25 bis 30 Meter Höhe in einer Kurve ab und stürzte zuBoden. Stiefvater brach die rechte Kniescheibe,während sein Passagier eine Gehirnerschütterungdavontrug. Das Flugzeug wurde stark beschädigt.Die„Pazifizicrung" Marokkos.Pari», 18. Juli.(W. T. B.) Aus Rabat wird vom 17. Juligemeldet: Das ganze Dukkalagebiet zwischen Marrakesch, Masagenund Asemmur und dem Umcrribia befindet sich im Aufruhr.Der Londoner Hafenarbeitcrstrcik.London, 18. Juli.(W. T. B.) Beiden Parteien angehörigeParlamentsmitglieder aus den Londoner Wahlkreisenhaben Borschläge zur Beilegung des Streiks auf derGrundlage der unverzüglichen Rückkehr zur Arbeit, Berücksichtigungder Beschwerden und Wiedereinstellung der Streikenden ausge-arbeitet. DaS Streikkomitee hat sich in Erwiderung daraufentschieden dagegen verwahrt, daß sich irgendwelche Personen selbstdazu aufwerfen, den Arbeitnehmern, ohne mit ihnen beraten zuhaben. Bedingungen zu stellen, die deren Interessen zuwiderliefen.Das Komitee erklärt die Vorschläge für einen hinterlistigenVersuch, die Arbeiter zur Wiederaufnahme der Arbeit ohneAnerkennung der Transportarbeitervereinigung zu zwingen, undfügt hinzu, die Bedingungen der Arbeiter seien, daß die aus denfrüheren Streitigkeiten herrührenden Abmachungen innegehaltenwürden. Sie würden die Arbeit unter keinen anderen Bedin-gungen wiederaufnehmen._Vom Schlachtfeld der Arbeit.Halle a. S., 18. Juli.(H. B.) Auf der Braunkohlen-grübe Oberbeuna der Beunaer Kohlenwerke bei Niederbeunaereignete sich heute eine Explosion, bei der etwa 10 Arbeiterzum Teil sehr schwer verletzt wurden. Anscheinend infolge Selbst-«ntzündung explodierte im Kesselhause Kohlenstaub. Eine gewal-tige Flamme schlug auf und verbrannte die dort beschäftigten Ar-beiter in entsetzlicher Weise. Es gelang, die Verletzten aus demHaufe ins Freie zu bringen. Ein Arzt war sogleich zur Stelleund veranlasste, daß die Verunglückten per Automobil ins„Berg-mannstrost" übergeführt wurden, aber bereits nach der Einliefe-rung starb einer von ihnen, der Schlosser P f a u t f ch aus Merse-bürg. Vater von drei Kindern. Hoffnungslos liegen darniederdie Heizer Strehle. Gliebing und Baumgarten. Dieanderen hofft man am Leben zu erhalten. Der Brand selbstkonnte gelöscht werden. Der Umfang des Schadens läßt sich nochnicht übersehen, doch kann der Betrieb aufrechterhalten werden.Preßburg, 18. Juli.(H. B.) In T u r k e v e e x p l o d i e r t cder Kessel einer Dreschmaschine, wodurch zwei Personen getötet,fünf schwer verletzt und zwei leichter verwundet purden.Die Ursache des Unglücks ist noch nicht ermittelt.