liegenden Kapitalien angewachsen seien und wie ivenig Veran-laffung die Sozialdemokraten hätten, von der Vermögens- odergar besitzlosen Arbeiterklasse zu reden. Und der einzelne Armekehrt im Angesicht der imposanten Ziffern seine Taschen um und istvon Staunen überwältigt, daß gerade er keinen Anteil an demSegen hat.Sie haben gut reden, die kapitalistischen Heuchler? UnsereStatistik hütet sich, über die wirkliche Beteiligung der Arbeiter andiesen Summen zuverlässige Erhebungen anzustellen. Unter diesenUmständen ist es von größtem Interesse, die Ergebnisse einer Kasse�u betrachten, die wegen der Art ihrer Organisation einen Einblickin die Beteiligung der Arbeiter und kleinen Leute an den Spar-kassenguthaben ohne weiteres gestattet. Im RegierungsbezirkAachen gründete man vor nahezu 80 Jahren einen gemeinnützigenVerein, der den schönen Namen„Verein zur Beförderung derSparsamkeit" führt. Dieser Verein besteht heute noch. Er verfolgtden Hauptzweck, in den breiten Schichten der Bevölkerung den Spar-sinn zu wecken. Er hat eine eigene Sparkasse gegründet, die vcr-yältnismähig hohe Zinsen zahlt(augenblicklich Proz.). Damitdie Kasse ihren Zweck erfülle, sind statutengemäß nur Arbeiter ein-lagcberechtigt. Diese Kasse nennt man die Prämienkasse. Außer-dem hat der Verein noch eine allgemeine Sparkasse. Es ist nunselbstverständlich, daß Arbeiter wegen des höheren Zinsfußes(der„Prämie") ihre Gelder in die Präniienkasse tun.In dem jetzt erschienenen Jahresbericht dieses Vereins ergebensich interessante Vergleiche zwischen den Ergebnissen der allgemeinenVereinssparkasse und den der Prämienkasse. Die Zahl der Sparerin der Prämienkasse betrug am Jahresschlüsse 88 306, eine Ziffer,in der sich die Sparmöglichkeit der Arbeiter des RegierungsbezirksAachen zweifellos erschöpft. Die Zahl der Sparer hatte in diesemGeschäftsjahre um 5866 zugenommen, trotzdem aber hatte derBestand der Prämienkasse um 400000 M. abgenommen. In dem gleichen Geschäftsjahre jedoch erhöhte dieVerein ss parkasse für die besser situiertenSparer ihren Bestand um 3 917 510 M. Hierbei kommt noch inBetracht, daß die Zahl der Sparer in der Vereinssparkasse kleinerist als in der Prämienkasse. Durchschnittlich sanken in der Prämien-kasse die Einlagen pro Buch von 558 M. im Vorjahre auf 463 M.Der Bestand in der Kasse der proletarischen Sparer nahm also um400 000 M. ab, während er in der Kasse der bürgerlichen Sparerum etwa da? Zehnfache zunahm. So steht es mit den berühmtenstaatserhaltendcn Sparguthaben der deutschen Arbeiter!Daß es sich bei der Prämienkasse um eine reine Arbeiter-spar kasse handelt, stellt der Jahresbericht ebenfalls zweifellosfest, indem er eine Aufstellung der Mitglieder nach Berufen gibt.Von den Mitgliedern der Prämienkasse waren: Arbeiter in Tuch-fabrikcn 6941, in Nadclfabrikcn 1147, Maschinen 543, Wagen 133,Messing 103, Papier 1226. Eisen 2200. sonstige 6233, Bergwerk4313, Eisenbahn 1131, Gerbereien 314, Buchdruckereien 407, Dienst-boten und Knechte 22 606, Näherinnen 5832, Tagelöhner 11405,selbständige Handwerker ohne Gesellen 12 888, sonstige 8518.Sozialea,Pommersche Landarbciterverhältniffe.In der Nummer 20 der unternehmerfreundlichen Zeitschrift„Das Land vom 15. Juli 1912 berichtet ein Dr. Karl Gutmannüber die Verhältnisse auf einem Gut im Kreise Grcifswald. Wennes sich auch nur um ein Gut von mittlerer Größe mit 14 Arbeiter-familien handelt, so scheinen die Verhältnisse doch so typische zusein, daß es lohnt, darauf etwas näher einzugehen.Vorausdemerkt muß werden, daß das' Verhältnis zwischenUnternehmer und Arbeitern ein offenbar ziemlich gutes ist, weildas Gut sich schon 60 Jahre in Pacht derselben Familie befindetund viele alte Arbeiterfamilien schon viele Jahre dort wohnen. Umso bezeichnender ist cS, daß der Verfasser hervorhebt, das früherUnternehmer und Arbeiter vereinende Erntefest habe sich schon sehrgeändert, die Bewirtung der Arbeiter habe aufgehört und das Festhabe an Herzlichkeit verloren, so daß eS wohl nicht mehr allzu langeBestand haben werde.Auf diesem Gut, das also noch eine Art Mustergut ist, sind dieVerhältnisse doch recht, bedenklich. Die regelmässige Arbeitszeit bc-trägt im Sommer fast 12 Stunden, in der Ernte aber erheblich»ehr. im Winter mindestens 8 Stunden. Eine„Taxe für Vergütungetwaiger Ueberftunden" existiert nicht, sie werden also nicht bezahlt.Sonntagsarbeit außer Pflege des Viehs wird„möglichst ver-mieden". Aber„der siebente Tag der Woche wird von den Arbeiternfür die Bestellung ihrer eigenen Wirtschaft in hohem Grade be-nutzt", soweit sie nicht von Frauen und Kindern besorgt wird. Manbewirtschaftet also ihnen nicht ihr Land,'wie immer behauptet wird.Frauenarbeit wird zum Melken der Hofkühe, zur großen Wäscheim Gutshausc und während der Ernte und des Dreschens auch fürlängere Zeit benutzt.„Für die Kinder besteht dieselbe Arbeitsdauer wie für diedes an Kohlensäure reichen SelterserS. 1730 erschien schon in""k,1.791'» Berlin eine„Anweisung, auf wohlfeile Weisekünstliche Mineralwasser zu bereiten". Jetzt begannen die Apo-theker, dergleichen Wasser, besonders kohlensaure, zu bereiten; aberder. Konsum war gering. Viel taugten auch die Produkte nicht.und an Geschmack standen sie hinter den natürlichen Mineral-wassern zurück, auch war ihre Haltbarkeit gering. Allmählich, vorallem durch die Forschungen von Berzelius, lernte man die Zu-sammensetzung der natürlichen besser kennen, und eS fehlte nur derMann, der die Theorie in die Praxis umsetzte.Er fand sich durch einen Unglücksfall. Der Apotheker Dr. A.5:® t r u v e in Dresden hatte 1808 bei der Darstellung vonBlausaure, deren Retorte gesprungen war, schweren Schaden ge-nommen und Ivar an den Beinen gelähmt worden. Andere körper-liche Störungen traten hinzu, und er mutzte Karlsbad und Morien-bad besuchen. Als ihm dies später nicht möglich war, kam erauf den Gedanken, das Wasser ihrer Quellen selbst nachzubilden.Aber leicht war das nicht, und erst nach zehnjährigen mühsamenVersuchen konnte er an die Herstellung im großen gehen. 1817eröffnete er seine Fabrik und Trinkanstalt in Dresden, 1821 einein �eipzig, 1823 in Berlin. Bald fand er Konkurrenz, durch dienicht nur der Preis gedrückt, sondern auch die Qualität gebessertwurde, und heute ist die Fabrikation kohlensaurer SBasscr insNresengroße gediehen. Ebenso die aller Mineralwasser überhaupt.Allerdings, der alte Streit, ob die künstlichen den natürlichen ganzgleichwertig seien, ist auch aufgelebt, und viele glauben, daß dienatürlichen, weil radiumhaltig, besonders wirksam seien.Das Begräbnis des Neufundländers. Ein schöne» Sittenbildist es, das der„Matin" in einem vom 17. Juli datierten Berichteaus Toulon zeichnet:„Die Bevölkerung von Toulon", liest manda,„wohnte heute einer nicht alltäglichen Trauerfeier bei. Heutefrüh blieb das große Drogengeschäft von Aubert in der Rue deCanon geschlossen. Auf einem schwarz umränderten Plakat an derLadentür las man:„Geschlossen wegen des Ablebens unseres ge-liebten PhöbuS, der von einem Schurken getötet wurde." Phöbuswar ein prächtiger Neufundländer mit gelblichrotem Haar, dasmähnenartig geschnitten war, und federstutzartigem Schwanz: ersah aus wie ein Löwe. Der ganze Stadtteil kannte und liebte ihn,und sein Herr betete ihn an. Heute nachmittag erschien vor demDrogenladen ein sehr schöner Leichenwagen; in den Wagen schobman einen mit einem weißen Tuche bedeckten Sarg, in welchemder tote PhöbuS ruhte. Acht weiße Blumenkränze und Blumen-sträuße schmückten den Sarg. Herr Aubert, der Herr des ver.sn»rbencn Hundes, nahm neben dem Kutscher auf dem LeichenwagenPlatz. Der mit zwei weißen Pferden bespannte Wagen fuhr durchdie Hauptstraßen von Toulon, und die feierliche Beisetzung desHundes fand auf einem vor den Toren der Stadt gelegenen Land»gute des Herrn Aubert statt. Da der tief trauernde Herr Aubertuberzeugt ist, daß das Tier vergiftet wurde, hat er bei der Staats-anwaltschaft Anzeige gegen.Unbekannt" erstattet.Männer; während der Schulzekt arbeiten sie natürlich nur einenhalben Tag. Eine allgemein bestimmte Altersgrenze begeht für dieKinderarbeit nicht", sagt der Verfasser. Danach scheint die Aus-beutung der kindlichen Arbeitskraft eine grenzenlose zu sein, undzwar zum Hüten, Rübenverziehen, Kartoffelnsammcln usw.„Na-türlich geschieht dem Schulbesuch durch diese Tätigkeit mancher Ab-bruch", setzt der Verfasser hinzu. Trotzdem scheinen die Bildung.»-Verhältnisse nicht so traurige wie z. B. in Ostpreußen zu sein, dennes soll fast jeder lesen und schreiben können, wenn auch mit ver-schiedener Fertigkeit. Nach dem letzten statistischen Jahrbuch konntenin Pommern im Jahre 1910 von 2000 Heiratenden nur 5V ihrenNamen nicht unterschreiben, während eS in Westprrußen noch 37,2waren. Bedürfnis nach Literatur scheint zu bestehen, nach Büchernund Zeitungen, jedoch politisches Perständnis spricht der Verfasserden Arbeitern ab— was in diesem Fall stimmen mag.Wie in Westpreußen, so sind auch hier die Wohnungsverhältnissedas traurigste Kapitel, wenn auch gegenüber Westpreußen ein ent-schiedener Vorzug besteht. Die Arbeiterhäuser des Gutes sind 60bis 70 Jahre alt, das jüngste 30 Jahre. Sie wurden schon bei einervor 20 Jahren erfolgten Erhebung der Oekonomie-Deputation als„der Erneuerung bedürftig" bezeichnet. Daß sie Strohdach haben,ist wohl nichts Außergewöhnliches. Jede Wohnung besteht aus einerStube von 12 Quadratmeter Bodenfläche und 2)4 Meter Höhe mitKachelofen(in Westpreutzen ist es roher Ziegelofen), einer Kammervon 6 Quadratmeter Bodenfläche, Küche von 9 Quadratmeter Boden-fläche und Vorratskammer, dazu Schweine- und Geflügelstall.Früher logierten die Schweine im Hause selbst. Gegenüber West-Preußen besteht der Vorzug, daß eS dort keine Küche und keine Vor-ratskammer gibt und der Ofen ein roher Ziegelofen ist. Leider istdie Wohnung nicht näher beschrieben; es wäre interessant gewesenzu erfahren, wie es in Pommern mit dem Fußboden, den Fensternund Türen, dem Kartoffelk-ller usw. aussieht, ob man in Pommernauch Lehm- und Ziegelfußboden und ein Loch im Fußboden als Kar-tofselkcller hat. Jedenfalls genügt die Beschreibung schon, um zudem Schluß zu kommen, daß das eigentlich keine menschliche Woh-nung ist. Tie Kammer mit 15 Kubikmeter Luftinhalt wird meist vondem Hofgänger bewohnt, in der Stube von 30 Kubikmeter Inhaltschläft die ganze Familie. Rechnen wir nur 4 Kinder— bei denfruchtbaren Landarbeitern bekanntlich eine Ausnahme—, so kommtauf jeden ein Luftraum von 5 Kubikmetern, während das Mindest-maß für Schlafsäle in Gefängnissen 16 Kubikmeter und bei nichtganz idealer Lüftung 20 Kubikmeter für eine Person ist. Bestehtdie Familie, wie es gar keine Seltenheit ist, auS 10 bis 12 Personenund werden sie sogar auf Stube, Kammer und Küche verteilt, soist der hygienische Zustand ein überaus trauriger.Gar nicht erwähnt der Verfasser die Einkommens- und Lebens-Verhältnisse der Arbeiter. Viel Gutes wird davon wohl nicht zuberichten sein. Er sagt nur, die Lage der Arbeiter scheine derartigzu sein, daß Ersparnisse gemacht werden können, und das, nachdemer soeben berichtet, daß einige Familien stark verschuldet sind. AlsGrund dafür muß natürlich die mangelnde Wirtschaftlichkeit derFrau und die Vergnügungssucht des Mannes herhalten, die dochnur die Folgen der traurigen sozialen Lage sind.Gegenüber so häufig auftauchenden entgegengesetzten Berichtensoll nur noch angeführt werden, daß die Arbeiter in Krankheitsfällenfreie ärztliche Hilfe nur für ihre eigene Person erhalten, daß sieApothekerkostcn selbst bezahlen müssen, während der Krankheit leine»Geldlohn, sondern nur die Naturalbezüge weiter erhalten. DerVerfasser erwähnt besonders, daß das dem allgemeinen Brauch ent-spreche; es scheint also wie in Westpreußen überall in Pommernso zu sein.So liegen nach der Schilderung eines unternehmerfreundlichenBlatts die Zustände auf einem Gut, das anscheinend als Musterguthingestellt wird. Wie müssen danach die Zustände auf den meistenanderen Gütern liegen, die nicht unter die Mustergüter gezähltwerden können._Unsummen für Ehrenämter in der Bcrufsgenossenschaft.Unter Bezugnahme auf den unter dieser Ueberschrift von unsam 5. Mai gegebenen Artikel ersucht uns Justizrat Sandberg auSEberswalde im Auftrage des Stadtrats Büsscher um Aufnahmefolgender„Berichtigung":„Gegenüber den Angaben in der 3. Beilage der Nr. 104 des„Vorwärts", die geeignet sind, ihn in der öffentlichen Meinungherabzusetzen, aber nicht den Tatsachen entsprechen, erklärt meinMandant, daß seine sämtlichen Liquidationen nach Gesetz undStatut aufgestellt und von den zuständigen Stellen nachgeprüftund angewiesen worden sind."Der Einsendung geben wir Raum, wiewohl sie keineswegs dem8 11 des Preßgesetzes entspricht. Sie ist keine Berichtigung, sonderneine Bestätigung der von uns mitgeteilten Tatsachen. Wir habennicht behauptet, daß die Liquidationen de» Vorsitzenden derSektion ll der Nordöstlichen BaugewerkS-Berufsgenossenschaft demGesetz oder Statut'entgegen aufgestellt oder abgehoben sind, son-dern haben die nutzlose Ausgabe ungeheurer Summen für Ehren-ämter kritisiert. So schrieben wir:__.. ,,„Wie einige Herren eS verstehen, solche Ehrenamter zu rechteinträglichen Posten zu gestalten, dafür dient als Beispiel dieStellung des Herrn BÜSschrr. der Sektionsvorsitzender ,n Eber».Wolde, zugleich zweiter Borsitzender im Hauptvorstand und Bei-sstzer im ReichsversichernngSamt ist. Für die Sitzung>m Reichs.versicherungSamt tthält Herr Büsscher 15 M. TaaeSölaten. Ansolchen Tagen pflegt er, wenn möglich, nach der Sitzung auch«in-mal im Bureau der Genossenschast vorzusprechen. Dafür hat erden üblichen Satz von 15 M. zu liquidieren. Wird der v,el be-schäftigte Mann noch im Bureau der Sektion der BaugewerkS-berufsgenossenschaft verlangt, so kommen abermals 15 M. in An.satz. Es kommt also, abgesehen von Reisespesen, allein an TageS«diäten in ehrenamtlicher Stellung die nette Summe von 45 M.zusammen.An Reisespesen gewährt die Genossenschaft Eisenbahnbillett2. Klasse und 8 Pf. Kilometergelder, Zu- und Abgang je 1,50 M."Wenn Herr Büsscher meint, diese Tatsachen setzten ihn in deröffentlichen Meinung herab, so wollen wir�mit ihm darüber nichtstreiten. Aber wir sind es doch nicht, die für die Tagesdiäten von45 M. in der ehrenamtlichen Stellung des Herrn Büsscher schuldsind. Schuld daran ist da» von uns niedriger gehängte zuungunsteninsbesondere der kleineren Unternehmer gehandhabtc System derBerufsgenossenschaft.__§ 63 des Handelsgesetzbuchs.Der Bijouteriewarenhändler Vaum hat in seinen AnstellungS-Verträgen, die er mit seinen Verkäuferinnen schließt, die dem Ge-Hilfen im 8 63 des Handelsgesetzbuchs gewährleistete Gehalts-zahlung im Krankheitsfalle für 6 Wochen ausgeschlossen. In einemkürzlich vor der I. Kammer des Berliner KaufmannSgerichtS verhandelten Fall handelte eS sich um ein an Tuberkulose erkranktesjunges Mädchen, das einen Monat dem Geschäft fernblieb. DerBeklagte berief sich auf den Vertrag und bestritt, daß die Klägerinden ganzen Monat krank war. Der Kassenarzt bekundete, da? jungeMädchen hatte beginnend« Tuberkulose. Die Patientin war schonvor dem 31. März— dem Tag«, an dem ihr gekündigt wurde—krank, und nur auf ihr eindringliches Bitten, er möge sie doch ge-sund schreiben, damit sie nicht Ihre Stellung verlöre, kam er diesemWunsche nach. Gegen sein Verbot ist sie dann einen Tag in» Ge.schüft gegangen. Von einer Tätigkeit im Geschäft konnte währendder ganzen Zeit keine Rede sein, in den ersten Wochen durfte sienicht einmal daS Haus verlassen.Trotz dieses Gutachten» weigerte sich der Beklagte. Gehalt fürdie Zeit bis Ablauf der Kün!»igung zu zahlen, indem er sich auf denGehaltsausschlußrivers stützt. Das Kaufmaansgrricht verurteilteihn jedoch antragsgemäß zur Zahkung bon 90 M. Des Beklagtenweiterer Antrag, die Summe hinterlegen zu dürfen, wurde abge-lehnt, weil das Urteil nicht der Berufung unterliegt.Gerichts- ZeitungDie Heranziehung des Ehemannes zur Kirchensteuer fürdie Frau. In der bekannten Streitsache des Rentiers PeuserWiesbaden, über die wir seinerzeit berichteten, und die vielAufsehen gemacht hat, liegt jetzt die schriftliche Urteils-ausfertigung des preußischen Oberverwaltungsgerichtsvor. Peuser, der aus der Kirche ausgetreten ist, war von derevangelischen Kirchengemeinde zu Wiesbaden für seine Frau,die als zur Kirchengemeinde gehörig angesehen wurde, zurKirchensteuer herangezogen. Das Oberverwaltungs-gericht als letzte Instanz stellte ihn jedochvon der veranlagten Summe frei.(Urteil vom14. Mai 1912.)Der Wiedergabe des maßgebenden Teils der Gründe seifolgendes vorausgeschickt. Es gibt im Königreich Preußennicht bloß ein evangelisches Kirchensteuergesetz. Es sindKirchensteuergesetze erlassen für die alten Provinzen, fürHannover, für Schleswig-Holstein, sowie für die anderenLandestcile und auch für einzelne Bezirke, so für Frankfurtam Main, für den Bezirk des Konsistoriums zu Wiesbaden usw.Alle diese Kirchen st euergesetze stimmen aberüberein in den entscheidenden Bestimmungen.Auch das katholische Kirchen st euergesetz vom14. Juli 1905 enthält die entsprechenden Be-st i m m u n g e n. Somit gilt die Entscheidung, wenn sie auchnur das evangelische Kirchensteucrgesetz für den Bezirk Wies-baden nennt, allgemein.Das Urteil— Aktenzeichen VIH. A. 61. 11.—führt aus:„Die vom Beschwerdeführer erhobene Klage istbegründet. Nach§ 2 des Kirchengesetzes, betreffend die Er-Hebung von Kirchensteuern in den evangelischen Kirchen-gemeinden im Amtsbezirke des Konsistoriums zu Wiesbadenvom 10. März 1906 sind kirchensteuerpflichtig alle Evange-tischen, welche der Kirchengemeindc durch Wohnsitz angehören.Nach s 5 a. a. O. ist der evangelische Teil einer gemischtenEhe von der Hälfte des der kirchlichen Besteuerung zugrundeliegenden Steuersatzes(§ 9), zu welchem der Ehemannveranlagt ist, oder, soweit die Ehefrau zu denStaatssteuern selbständig veranlagt wird, nach Maß-gäbe seiner Veranlagung zur Kirchensteuer heranzuziehen. Die Heranziehung des nicht evan-gelischen Teiles einer gemischten Ehe zurevangelischen Kirchen st euer ist dem Kirchen-gesetz unbekannt und deshalb unberechtigt. Aus derBestimmung des Z 5 a. a. O. folgt, wie der Gerichtshofständig angenommen hat(Urteil vom 30. April 1907, Ent-scheidungen des Oberverwaltungsgerichts Band 50 Seite 197,203, Urteile vom 29. September 1908, vom 29. Januar 1909,„Deutsche Juristenzcitung" 1909, Seite 326, 646), daß nurder evangelische Teil in die Heberolle aufzunehmen ist. unddaß daher auch nur diesem Teil die Mitteilung des Steuer-satzes und die Zahlungsaufforderung zugestellt werden soll.(Vergleiche Crisolli- Schultz. 5tirchenstcuergesetze. Seite 85,Anm. 36).„Ob es richtig ist. daß nach dem Bürger-lichen Gesetzbuche für die Kirchensteuer, zu welcher beieiner gemischten Ehe die Ehefrau heranzuziehen ist, mit Rück-ficht auf die Gestaltung des ehelichen Güterrechts zwischenden beiden Eheleuten der Ehemann der Kirchengemeindeneben der Frau als Gesamtschuldner hastet, läßt derGerichtshof hier, wie früher, dahingestellt, indem erdies nicht als eine Frage des Steuerrechts, sondern des ehe-lichen Güterrechts ansieht. Jedenfalls bestimmt darüber, wendie Kirchensteuerbehörde zur Kirchensteuer heranziehen darf,nur das Kirchensteuergesetz. Dieses läßt aber die Heran-ziehung eines Nichtevangelischen nicht zu. Der Kläger konntedeshalb nicht herangezogen werden."Ist ein Hund mehr wert als ein Arbeiter?Von der Straftammer in Aachen wurde«rm 19. Juki derGiehereibesitzer Bonderhecken, welcher am 6. Mai einen ans derStraße stehenden Arbeiter erschoß, wegen fahrlässiger Tötung zudrei Monaten Gefängnis verurteilt. Die folgende Sache richtetesich gegen einen Arbeiter, der einen Hund angeschossen hatte unddessen Herrn genötigt haben sollte. Ihn verurteilte dieselbe Straf-kammer zu vier Monaten Gefängnis— und sechs Tagen Haft.Ein Schiffszusammcnstoß aus der Spree,welcher das Sinken eines Dampfers zur Folge gehabt hatte, be-schäftigte gestern die 7. Ferienstraskammer de? Landgerichts I.Wegen Vergehens gegen den 8 326 St.G.B.(fahrlässiges Her.beifUhren des Sinken« eines SchiffeS) war der TampffchiffSführerFritz Mßser aus Plötzensee angeklagt.— Am 16. Dezember d. I.ereignete sich auf der Spree zwischen der Kaiser-Wilhelm-Brückeund der Kurfürstenbrücke ein Zusammenstoß zweier Schleppdampfer,bei welchem der Dampfer„Vorwärts" von dem Dampfer.Alfred"gerammt wurde. Der„Vorwärts" erlitt ein große»«eck in der Breitseite und sank in wenigen Minuten, und zwar kurz nachdem sich dieBesatzung in Sicherheit gebracht hatte. Da der gesunkene� Dampfermitten im Fahrwasser lag, entstand eine mehrtägige Störung desSchiffsverkehrs. Der Dampfer wurde dann nach fünf Tagen ge-hoben und wieder flott gemacht.— Dieser Vorfall hatte die Er-Hebung der jetzigen Anklage gegen den Angeklagten Möser zur Folge,der als Führer des Dampfers„Alfred" den Unfall dadurch ver-schuldet haben sollte, daß er an jener Stelle zu schnell gefahrenwar und außerdem nicht die vorgeschriebenen Signale gegebenhatte.— Der Angeklagte bestritt jede Fahrlässigkeit auf das ent-schiedenste und behauptete, daß der Zusammenstoß lediglich auf eineVerkettung unglücklicher Umstände zurückzuführen sei, mit denener vorher nicht habe rechnen können. Aus Grund einer längerenBeweisausnahme, in welcher zahlreiche Sachverständige sich überschiftahrtstechnische Fragen äußerten, kam da« Gericht zu einerFreisprechung des Angeklagten mit der Begründung, daß diesemeine Schuld nicht beizumessen sei.Kinder als Zeuge«.Vor der Strafkammer zu Detmold wurde am Donnerstag einArbeiter Höltke wegen Sittlichkeitsverbrechens zu 7 Monaten Ge-fängnis verurteilt. Er hatte sich an kleinen Kindern vergangen, istaber geistig nicht ganz normal. Der Prozeß hat eine interessanteVorgeschichte gehabt, die wieder beweist, wie vorsrchtig das Zeugnisvon Kindern zu bewerten ist.Die Straftaten waren anfangs Januar borgekommen und derTäter hatte sich den Kindern gegenüber Me, er genannt. EinigeTage darauf wurde von der Polizei denn auch ein DicustknechtMeier in der Nähe de« Tatorts ausfindig gemacht, der zwar ent-schieden bestritt, der Täter gewesen zu fein, den zwei Kinder abermit absoluter Bestimmtheit als denzemgen. der rhnen gegenüber-getreten wäre, wiedererkennen wollten. Der Mann wäre wahr-scheinlich verurteilt worden, wenn nicht kurz vor der deswegen an-gesetzten Gerichtsverhandlung eine ahnliche Straftat in derselbenGegend passiert wäre. Diesmal gelang es, den richtigen alsbaldzu fassen; c» war der jetzt Verurteilte. Dieser gestand auch gleichein, frie Tat begangen zu haben, wegcv deren her andere verhaftet