Im SchlußtSoti erilärle Verbandsvorsitz'ender Spkitdk,man müsse gegenüber den Sattlern an diesen Grundsätzen fest-halten: Dem Tapezierervcrbande gehören alle im Tapezierer-gewerbe beschäftigten Arbeiter an, auch die Polsterer. Das Legenvon Linoleum ist Tapeziererarbeit. Bezüglich Berlins, wo dieLinoleumleg«: schon immer dem Sattlerverbande angeschlossen sind,könnte man eine Ausnahme zulassen.Bei der Abstimmung über die zu diesem Punkte vorliegendenAnträge wurde beschlossen, künftig Jahresberichte, die gratisverabfolgt werden sollen, herauszugeben. Den Filialen Darmstadtund Danzig wurden alte Schulden an die Hauptkasse erlassen. EineStatistik über die Berufsverhglinisse soll wie bisher alle drei Jahreaufgenommen werden. Der Borstand wurde einstimmig entlastet.DenBericht der Redaktiongab hierauf Becker- Berlin. Das Verbandsorgan wurde in derBerichtszeit ausgebaut, die Redaktion kam den Wünschen nachmehr Fachartikeln nach. Aber auch den wirtschaftlichen und politi-schen Vorgängen ist rege Aufmerksamkeit gewidmet worden. DieGesamtkosten des Organs betrugen nach Abzug der Einnahmen41 818 M., gegenüber 32 383 M. in der vorigen Berichtsperiode.Die Auflage der Zeitung stieg von 10 000 im Jahre 1909 auf 12 000im Fahre 1911.In der Debatte erklärten die Redner ihr Einverständnis mitder Haltung des Verbandsorgans; sie wurde heute nicht mehr be-endet.Der VerbandStag vertagte sich auf Dienstag.Soziales.Erfolgreicher Kampf eines Landarbeiters gegen«inenOekonomierat.Vorgänge im Wahllokal am Tags der ReichStagSstichwahl am22. Januar 1912 lagen einer Anklage wegen Hausfriedensbruch undeiner Zivilklage wegen Entschädigung zugrunde, die vor demSchöffengericht und Amtsgericht Delitzsch verhandelt wurden. Einlandwirtschaftlichen Tagelöhner in Tschernitz hatte vor Schluß derWahlhandlung das Wahllokal betreten, irr dem ev zu wählen hatte,und wohnte hernach der Stimmenzählung bei. Dabei verlangte ervon dem Wahlvorsteher, dem Ockononnerat Bieler, bei dem erin Arbeit stand, daß die aus der Urne herausgenommenen Stimm-zettelumschläge vermischt würden, damit nicht festgestellt werdenkönne, wie der einzelne gewählt habe. Eo griff auch in die Um-schlüge hinein und faßte einige, die ihm aber alsbald von einemBeisitzer wieder aus der Hand genommen wurden. Dabei fuhrihn der Wahlvorsteher an:„Scher Dich wegl" Nunmehr mischtesich der als Protokollführer bei der Wahl tätige Buchhalter desWahlvorstehers und Gutsbesitzers ein und forderte den Arbeiterauf, das Wahllokal zu verlassen. Dieser trat vom Wahltisch zurück,ohne jedoch das Lokal zu verlassen. Dem Buchhalter gab er Be-scheid, er habe ihm nichts zu sagen und sei ja auch nur in Lohnund Brot bei dem Wahlvorsteher.Auf Grund dieses Vorfalles entließ der Wahlvorsteher undGutsbesitzer den Arbeiter am selben Abend noch aus der Arbeit,zahlte den Lohn nur bis zum Entlassungstage und erstattete An-zeige gegen den Arbeiter wegen Hausfriedensbruch.Das Schöffengericht Delitzsch erkannte auf Freisprechung unterUebernahme der Kosten auf die Staatskasse. Das Urteil gründetesich auf die Tatsache, daß der Arbeiten nicht von dem hierzu be-rechtigten Wahlvorsteher, sondern nur von dem Protokollführer zumVerlassen des Lokals aufgefordert worden sei. Letzterer habe hierzukeine Berechtigung gehabt. Aber auch wenn der Arbeiter vom Be-rechtigten aufgefordert wäre, das Lokal zu verlassen, hätte einenochmalige Aufforderung ergehen müssen, da da» Verweilen des�„Arbeiters in dem Wahlraum zunächst ein befugtes war und erstdurch die erste Aufforderung zu einem unbefugten geworden wäre.Es hätte demnach einer nochmaligen Aufforderung bedurft, damitder Tatbestand des§ 123 des ReichS-StrafgesetzbucheS erfüllt würde.Der Arbeiter klagte nunmehr beim Zibilgericht auf Bezahlungseines Lohnes für den Rest der Vertragsdauer, da der Dienstver-trag auf ein Jahr abgeschlossen war. Auch hier entschied dasGericht zugunsten des Arbeiters und verurteilte den Oekonomieratzur Zahlung.„Das Verhalten deS Arbeiters dem Arbeitgeber alsWahlvorsteher gegenüber sei kein derart wichtiger Grund, daß esden Beklagten zur sofortigen Lösung deS Dienstverhältnisses mitdem Kläger berechtigte, zumal auch der Beklagte als Wahlvorsteherden Kläger nicht mit Tu anreden durfte. Wenn der beklagteOekonomierat fürchtete,„daß durch daS Verhalten des Arbeitersseine(des Oekonomierats) Autorität als Dienstherr litte, so hätteer dem vorbeugen können, indem er von seinem, ihm als Wahl-Vorsteher zustehenden Recht Gebrauch machte, den Kläger aus demWahllokal eventuell zwangsweise zu entfernen".Da der Arbeiter insgesamt 4 Wochen und 4 Tage ohne Arbeitwar, sprach ihm das Gericht für diese Zeit seinen Lohn zu.vom„Segen" der WerkSprnstonskaffen.Die �Westdeutsche Post" gibt einen Auszug von der Abrechnungder PensionSkasse der Kruppschen Friedrich-Alfred-Hütte in Rhein-hausen. Wir haben schon früher den Abrechnungen dieser Kasse zufrößerer Verbreitung geholfen, um den„Segen" der Werkswohl-ahrt recht weit bekannt werden zu lassen. Die„Westdeutsche Post"erklärt, der Firma Krupp müsse die Veröffentlichung des Kaffen-berichteS ihrer WerkSpensionSkasie recht unangenehm sein; dennwährend man früher den Arbeitervertretern einen schriftlichen Kaffen-bencht ausgehändigt habe, erhielten sie jetzt kaum noch Einsicht.Das läßt ja den Schluß zu, daß die Firma Krupp nun selber er-kannt hat, wie wenig Staat sie mit ihrer Zwangöwohlfahrt machenkann.Bon der Abrechnung selbst wird folgendes mitgeteilt:Mitgliederbestand am 1. Januar 1911..... 6696Neu Eingetretene............. 6 961Sa: 12 657Abgang im Rechnungsjahr») Durch den Tod..... 27b) Aus anderen Gründen.. 6 673Sa: 6 606Bestand am Schluß des Rechnungsjahres.... 6 052Also mehr Arbeiter, als auf der Hütte beschäftigt sind, sind imJahre wieder ausgetreten, trotz der angepriesenen„Wohltaten".aber nachdem sie zwangsweise ihre 6 M. Eintrittsgeld nebstlaufenden Beiträgen an die Pensionskaffe abliefern mußten. Undwie ist es mit dem„Zusckmß" der Firma, der ja die„wohlfahrtS".begeisterten Unternehmersöldlinge immer zu Tränen rührt? Sehenwir zu. Die Kasse hatte im Jahre 1911 folgendeEinnahmen:Eintrittsgelder........... 88 272,04 M.Strafen ,.*..*••.•••• 13 436,10„• Nicht abgehobene Lohne........ 2 289,36,Beiträge der Mitglieder........ 89 864,54„Beiträge der Firma.......■• �831,81,Sa. 183 693,85 M.Ausgaben:Penston an Witwen. Waisen und Pensionäre 86 000,95 M.Andere Ausgaben.- 40�0,Sa. 35 041,16 M.Also brachten allein die Eintritts gelber derArbeiter fast die Ausgaben der Kasse aufl JudenEinnahmen kommen dann die laufenden Beiträge der Arbeiter mit89 864,64 M. nebst Strafen und nicht abgehobenen Löhnen, zusammen106 690,0 0 M. Ueber 100000 M. schießen also de kacto ineinem Jahre bei dieser mehr als wunderbaren Wohlfahrt dieArbeiter der Kasse der Firma zu l Das ist aber noch nicht einmalalles. In dem AuSzuge fehlen die Kapitalszinsen unter den Ein-nahmen, die auch zu einem guten Teil aus den Beiträgen der Arbeiterangewachsen sind!ES ist einfach unerhört, daß die Gesetzgebung eine derartige.WohIfahrtS"praxis überhaupt zuläßt. Die Zahlen genügen, um denganzen Wohlfahrtsschwindel gründlich abzutun.„Unangenehme Geselltzn",Unter dieser Spitzmarke berichten konservative Blätter inHinterpommern folgendes:„Mit den polnischen Erntearbeitern istes in dem Kreis Stolp in Pommern bald nicht mehr auszuhalten.Nicht nur, daß sie ihre rohen Sitten unter sich in den wider-wärtigsten Formen üben, sie lassen auch andere nicht ungeschorenund werden oft geradezu zu einer Gefahr für alle Nichipolen.Schlägereien, Messerstechereien usw., bei denen viel Blut zu fließenpflegt, sind an der Tagesordnung. Kürzlich haben solche polnischen„Schnitter" zwischen Stolpmünde und Wusseken emen Dachdeckeraus Swlpmünde überfallen, mit Knüppeln zugerichtet und beraubt.Ferner hat in mehreren Dörfern eine Schlägerei stattgefunden, wo-bei das Messer eine Hauptrolle spielte. Glücklicherweise hat mandie Räuber festnehmen können, sowie die Messerstecher. Insgesamtsind im Laufe einer Wache 10 polnische Arbeiter verhastet worden.Die Gendarmerie hat fortwährend mit dieser Bande zu tun."Der Wcheruf ist recht ungerecht. Wer ist denn daran schuld,daß ausländische Arbeiter, und zwar die kulturell am tiefstenstehenden, nach Deutschland gelockt sind? Jährlich rund 700 000ausländische Arbeiter werden durch die Feldarbeiterzentrale oder«Deutsche Arbeiterzerrtrale", wie sich dies Institut seit kurzemnennt, nach Deutschland vermittelt. Wer läßt sich noch nachDeutschland locken? Ausländische Arbeiter, denen die Recht- undSchutzlosigkeit der ausländischen Arbeiter in Deutschland, die AuS-Weisungspraxis gegen Arbeiter, die Vorenthaltung des Lohnes länd-lichen Arbeitern gegenüber, die zum Himmel schreienden Lohn-und Arbeitsbedingungen und die Behandlung bekannt sind, denenländliche Arbeiter in Preußen unterworfen sind, kommen nicht nachDeutschland. Die Kunde von dem nur durch Vertragsbruch ge°milderten Despotismus, der das sogenannte VertragSverhältniszwischen ausländischen Arbeitern und den Unternehmern beherrscht,hält sie zurück. AuS Hunderten von Beispielen ihrer Landsgenossenhaben sie erfahren, daß eS ihren mit der„LegitimationSkarte" alsSteckbrief versehenen Brüdern in Deutschland noch weit schlimmeroxgangen ist, als unter den schlechtesten Verhältnissen des eigenenLandes. Nur völlig unerfahrene, auf der tiefsten Kulturstufe ge-Haltens ausländische Arbeiter lassen sich noch nach Deutschlandsagrarischen Gefilden locken. Dort werden sie als Schmutzkonkur-reuten gegen die nach Besserung ihrer Lebenslage strebenden beut-schen ländlichen Arbeiter und als Streikbrechergarde für industrielleBetriebe ausgespielt. Zu Tausenden strömen die Ausländer inwachsendem Maße trotz aller behördlichen Behinderungsversuche vonder Landwirtscbaft in die Industrie, weil auch für die auf niedrigerKulturstufe stehenden Ausländer die Verhältnisse auf dem Landeunerträglich sind. So suchten von den durch die Feldarbeiter-zentrale im Jahre 1909/10 legitimierten 642 933 Ausländern268 182, also 39,9 Proz., Beschäftigung in der Industrie. ImJahre 1910/11 betrug der Prozentsatz der in der Industrie Be-schäftigten bereits 44 Prvz.(von 696 026„Legitimierten" wurden308 123 in der Industrie beschäftigt). Für da? Jahr 1911/12 hatsich dies Verhältnis sicher noch mehr zuungunsten der Landwirt-scherst verschoben. Die zur Abkehr von ländlicher Arbeit treibendenniedrigen Löhne, um deren noch tiefere Senkung die Arbeitsnach-weise der LandwirtschaftSkammern besonders bemüht sind, eine un-würdige Behandlung, dre Borenthaltung oft des schmalen verdientenLohnes und auZnahmcrechtliche Gesetze gegen die ländlichen Ar-beiter treiben ausländische Arbeiter von den ostelbischen Gefildennach den Jndustriegegenden.Schuld an den„unangenehmen Gesellen" und ihrem Treibensind dieselben Agrarier, die jetzt ein Zetermordio über Untatenerheben, die zwar von ausländischen Arbeitern begangen seinmögen, die aber zu reichlich neun Zehnteln auf das Konto derAgrarier, als intellektuelle Urheber der Untaten, zu schreiben sind.JugeiKibewegimg.Nationale und freie Jugendbewegung.In M ü h l h a u s e n i. Th. sind die Behörden bestrebt, derArbeiterjugend an recht einleuchtenden Beispielen die Klassengegen-sötze vorzuführen.. Die Stadtverordneten warfen 20 000 M. auS,um ein Jugendheim zum Fang des arbeitenden Nachwuchses zu er-richten. Die vom Magistrat darüber ausgearbeitete Vorlage undihre Begründung lesen sich wie ein nchtiges Flugblatt desReichSverbandeS. Daneben gingen großzügig der Jung-dentschlandbund, die Lehrer in den Fortbildungsschulen usw.auf den nationalen Jugendfang aus. Gegenüber diesem von allenSeiten einsetzenden Treiben h,elt eS die Arbeiterschaft für nötig,in einer großen öffentlichen Versammlung die Antwort kräftigzu erteilen. Auch die Jugendlichen waren zu dieser, ebenso wie dienationalen Unternehmungen„unpolitisch" gehaltenen Veranstaltungeingeladen und zahlreich erschienen, aber auch als„Gäste" zwei Ver-treter der Polizeibehörde. Der Referent Dr. B r e i t s ch e i d der-stand eS. jede Berührung der Politik zu vermeiden, doch die Polizeiwar anderer Meinung. In großen Mengen sind jetzt vielen Jugend-lichen, die dabei waren, Strafzettel wegen Besuchs emer„politischen"Versammlung zugegangen, und auch den Beranstalter GenossenMarkewitz will man fassen. Nun wird da» Gericht zu entscheidenhaben über die intereffanten Polizeiauszeichnungen und über dieFrage: Was ist politisch?Hiis InduCtm und Randd.Kohlcnproduktion.DaS Rheinisch-Westfälische Kohlenshndikat hat in der amMontag stattgefundenen Zechenbesitzer-Versammlung der augenblick-lichen Hochkonjunktur von neuem Rechnung getragen. Die Pro-duktionseinschränkungen, die für Juni und Juli galten, sind wiederrückgängig gemacht worden. Die Werke können ihre Beteiligung anKohle fast voll(zu 97,6 Proz.), für Kok» zu 76 Proz. ausnutzen.Der Absatz ist im Juni weiter gestiegen und hat eine seit BestehendeS Syndikats noch nie erzielte Höhe erreicht. Die Preise für daSWinterhalbjahr sollen in der bisherigen Höhe weitergelten.Neue Bücher.TeubnerS Einzelkarten zur WirtschaftS-geographie Deutschlands. 1. BinnenschiffahrtSverleh�2. Steinkohle. Braunkohle. Eisenerz und Eisenindustrie. Preis jederKarte 4,60 M.— Begleithefte dazu(18«d 23 Seiten) ie 0.40 M.Die Karten find ,m Maßstäbe 1: 1 600 000 gezeichnet) in Mehr-farbendruck ausgeführt, zirka 1 Meter breit, 80 Zentimeter hoch, aufPapyrolin gedruckt und mtt Stäben und Oesen zum Aufhängen versehen. Auf der Karte Binnenschiffahrt sind naturliche Flußlaufe undKanäle nach ihrer Bedeutung für Groß- und Kleinschiffahrt und dieHäfen je nach der Größe ihres Verkehrs unterschieden. AmRande ist noch der Güterverkehr, getrennt nach Empfang undVersand, für die Haupthäfen graphisch dargestellt. Die Karteüber Kohle und Eisen gibt Ausdehnung der Fundstätten undFördergebiete, die Hauptstätten der Hochöfen und Hüttenwerke, sowiedie Einsuhrstellen für Kohle und Erz an. Beide Karten sind über-sichtlich gezeichnet und eignen stch gut als Anschauungsmaterial fürBildungskurse über deutsche Wirtschaftsgeschichte.Eine willkommene Ergänzung der Karten bilden die Beihefte.DaS erste gibt eine Beschreibung der Wasserstraßen, ihrer Gesamt-länge, der Haupthäfen und der hauptsächlichen VerkehrSgüter. Daszweite Heft unterrichtet kurz über Produktionsgebiete, Förderung,Handel und Verwendung von Kohle und Eisen. Das erste Heftenthält auch eine verkleinerte aber lesbare Wiedergabe der Karten;beim zweiten fehlt sie bedauerlicherweise. Als knappe, billige Zu-sammenstellungen der behandelten Gebiete haben die Texthefte, dieauch ohne Karte abgegeben werden, ihren Wert.Der Zinsfuß feit 189 6. Von Heinrich Bichmann. Berlin1912. Verlag von Puttkamer u. Mühlbrecht. 290 Seiten. Preis6,20 M-Die Arbeit behandelt auf 164 leiten im wöfvnklichen denWechselzinsfuß der Reichsbank und die Kurse der Staatspapiere undihre Beeinflussung durch Konjunkturschwankungen und AenderungendeS Börsengesetzes. 62 Tabellen und Diagramme liefern dazu dasstatistische Material. Das Ergebnis der Untersuchung ist die nunwohl allgemein zugegebene Erkenntnis, daß der Zinsfuß gestiegen ist.Die Ursache der Kreditverteuerung ist in dem Anwachsen der Nach-frage, des Kapitalbedarfs, zu suchen. Die Zinsfußsteigerung ist zwareine internationale Erscheinung, aber am stärksten und anhaltendstenin Deutschland zu beobachten.Genchts-Zdtuncj.Formelle Ungültigkeit einer Baupolizeiverordnung.Die von der städtischen Bau-Polizeiverwaltung zu Breslau er-lassene Baupolizeiverordnung vom 19. Mai 1999 bestimmt, daß vordem Beginn der Dacharbeiten das Fanggerüst anzubringe« sei.. Aneinem Bau, über den der Maurermeister Klar die Hauptleitunghatte, war das Fanggerüst erst später angebracht worden. Klarwurde deshalb angeklagt und verurteilt. Gegen dies Urteil derStrafkammer in Breslau legte der Angeklagte Revision ein.Das Kammergericht hob am Donnerstag das Urteil auf undverwies die Sache an die Borinstanz zurück. Es führte auS: DieVorschrift über das rechtzeitige Anbringen der Fanggerüste habeden Zweck, zu verhindern, daß Arbeiter bei den gefährlichen Arbeiten herunterfallen. Diese und ähnliche Vorschriften seienVorschriften, die hauptsächlich im Interesse der Arbeiter gegebenseien. Demgemäß hätte nach den Vorschriften der Gewerbe-Ordnung die Berufsgenossenschaft vor ihrem Erlaß gehört werdenmüssen. Daß dies geschehen sei, müsse auS der Verordnung selberhervorgehen. Hier sei es nicht aus der Verordnung ersichtlich. Des-halb sei diese ungültig, so daß Angeklagter nicht aus der Ver,Ordnung verurteilt werden könne. Die Vorinstanz müsse aber nach-prüfen, ob nicht etwa 8 367, Ziffer 14, deS Strafgesetzbuches an-wendbar sei, wonach der der Bestrafung unterliegt, der Bautenoder Ausbesserungen von Bauten usw. unternimmt, ohne die vonder Polizei angeordneten oder sonst erforderliches Sicherungsmaß«regeln zu treffen.Es kann also trotz der formellen Ungültigkeit der Polizei«Verordnung bei der Bestrafung bleiben.Ein zartfühlender GerichtSfekretär.Eine Schriftstellerin telephonierte das Amtsgericht Berlin-Mitteund bat, einer Vereinbarung entsprechend, einen von ihr nament-lich bezeichneten Richter ans Telephon zu rufen._ Nach wenigenSekunden wurde ihr mitgeteilt, der Richter sei nicht zu finden,sie möge später wieder anrufen. Als sie wieder anrief, wurde ihrin schroffem Ton die Antwort:„Ich habe doch noch anderes zu tun,als immer nach Rat T. zu suchen." Durch Anhängen des Hörerswurde die Dame an einer Antwort verhindert. Sie begab sich dannauf das Gericht; der Richter hatte sich bereits entfernt. In begreiflicher Erregung ließ die Schriftstellerin sich auf dem Korridorüber die ihr widerfahrene Behandlung aus. Das hörte ein Ge-richtssekretär und setzte seinen Kollegen davon in Kenntnis. Darauferfolgte öffentliche Anklage wegen Beleidigung, die jetzt vor demSchöffengericht zur Verhandlung gelangte. Die Angeschuldigtesollte in Beziehung auf den Sekretär von einem„Flaps" und„Flegel" gesprochen habe. Sie bestritt den ihr ganz fremden Aus-druck„Flaps" und legte dar. daß sie durch die ihr WidersahreneBehandlung schwer gereizt war. Der Vorsitzende, AmtSgerichtsratGriese, gab zu, daß ein brüskes Anhängen des HörerS verletzendsei. Der Sekretär, der das Telephon bedient hatte, bestritt, daßsein Benehmen grob gewesen sei. Sein Kollege bekundete den„Flaps" und„Flegel". Der Amtsanwalt beantragte Ivo M., dasGericht erkannte auf 76 M. Geldstrafe. Berufung ist eingelegt.Ein etwas teures Lehrgeld für die Auffassung, daß der Ausdruckdes Unmuts darüber, daß ein Beamter nicht tut, was seines Amtesist, und ein Benehmen an den Tag legt, das nicht seines Amtesist. Kurios, daß der Sekretär, der die lebhafte Kritik seinem Kol-legen überbrachte, das Bewußtsein des beleidigenden Charaktersdes„Flapses" und„Flegels" nicht gehabt haben kann— denn sonsthätte doch auch er angeklagt werden müssen—, daß aber der mitRecht erregten Angeklagten trotz ihrer Erregung dies Bewußtseinnicht gefehlt hat. Und wegen dieser Lappalie— öffentliche Anklagedurch den Amtsanwalt l Wo liegt da das„öffentliche Interesse".!Ein ertappter Paletotmarder.Durch die Aufmerksamkeit eines Bahnbemnten ist ein aus-Wärtiger Kaufmann, der sich auf der Durchreise kurze Zeit in Berlinaufgehalten hatte, vor großen Schaden bewahrt worden. Der Betreffende hatte sein Gepäck, in welchem sich werwolle Muster undauch ein größerer Geldbetrag befanden, in der Gepäckausbewah-rungSstelle des Bahnhofs Alexanderplatz zur Aufbewahrung ge-geben, um sich bis zur Abfahrt feines Zuges Berlin anzusehen.AlS er ein Cafe in der Nähe des Alexanderplatzes auffuchte, machteer hier gleich eine sehr üble Erfahrung mit der Großstadt Berlin.AIS er seinen Paletot anziehen wollt«, war dieser zu seinemSchrecken verschwunden. Der Kellner teilte ihm mit, daß ein Herr,der am Nebentische gesessen habe, sich den Paletot angezogen habe,wobei er. in der Meinung, daß er dessen Eigentum sei. ihm sogarnoch geholfen habe. Der Gestohlene hatte den Ausbewahrungsscheinüber seinen Handkoffer in den Paletot gesteckt. Er lies nun schleu-nigst nach dem Bahnhof, wo er gerade dazu kam, wie mehrere Bahn-beamte unter lauten„Haltet-ihn"-Rufen hinter einem jungenMenschen herliefen. Der Flüchtling wurde eingeholt: es war derTräger des eben erst gestohlenen Paletots. Auf der Polizeiwacheentpuppte sich der Festgenommene als ein schon wegen Diebstahlsvorbestrafter„Techniker" Gießrau. Wie sich herausstellte, war dieso schnelle Ergreifung des Diebes lediglich dem an der Ansbewah-rungsstelle tätigen Gepäckträger zu verdanken. Als G. mit demGepäckschein kam und das angeblich von ihm abgegebene„Paket"verlangte, wurde der Beamte stutzig, da es sich nicht um ein Paket,sondern um einen eleganten Lederkoffer handelte. Er stellte sichso, als wenn er das Paket nicht finden könne und bat den angeb-lichen Eigentümer um eine genaue Beschreibung. Als diese erstrecht nicht stimmte, beauftragte er einen anderen Bahnbeamten,unauffällig einen Schutzmann zu holen Dies mutzte Gießrau wohldoch gemerkt haben, denn er empfahl sich plötzlich unter Zurück-lassung des Gepäckscheins, wurde aber sofort verfolgt und festge-nommen.— Die 4. Ferienstraflammer des Landgerichts I. vor dersich Gießrau unter der Anklage des Diebstahls zu verantwortenhatte, verurteilte ihn zu einer Gefängnisstrafe von K Monaten.Vriefkatten cler Sxpeäition.Patienten in«eelitz, Buch und anderen Heilstätten. Diejenlgenunserer Abonnenten, die noch während des ganzen nächsten Monats tnder Heilstätte bleiben, wollen uns wegen der Ueberweisung von Frei-exemplaren sofort ihre Adresse einsenden, da bei derspäteter Bestellung dieersten Nummern des neuen Monats von der Post nicht geltesert werden,Alle Adressen müssen jeden Monat neu eingesandt werde»,