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jetzt ebenso wie für grätzten Teil 8 er letzteii zehn Jahre nach vollkommen abgegrenzten und bestimmten Richtlinien geleitet. Sie sind während dieser ganzen Zeit weder nach rechts noch links abgewichen. Welches sind diese Richtlinien? Wir Pflegen mit wachsender Herzlichkeit auf beiden Seiten unsere internationalen Freund- schaften. Sie haben die Prüfung der Zeit, und zwar sowohl die Prüfung schlechten wie guten Wetters bestanden, und ich stehe nicht an zu behaupten, daß viele Fragen, die, wenn sie vor zehn oder fünfzehn Jahren aufgetaucht wären, die Ursache von Reibungen, möglicherweise von Mißstimmungen und noch schlimmeren Dingen abgegeben hätten, glatt einer gegenseitigen gütlichen Verständigung gewichen sind und ohne Trübung auf der einen oder anderen Seite beigelegt worden sind. Aber denken sie an das, was mitunter von denen vergessen wird, die unsere auswärtige Politik kritisieren. Diejenigen Mächte, die mit uns in besonderen Freundschafts- bezichungen gestanden haben und glücklicherweise noch stehen, sind die Mächte, mit denen wir in verschiedenen Teilen der Welt in enge und intime Berührung gebracht sind, mit unendlichen Mög- lichkeiten, wie die Vergangenheit gezeigt hat, nicht nur von Reibung, sondern auch von Gereiztheit und Feindseligkeit, wenn unsere Beziehungen eben nicht die wären, die sie sind. Zwischen UNS und jenen Großmächten, mit denen wir ständig in enge Be- ziehung gebracht werden, ist die Geschichte der letzten acht Jahre, wie ich mit Befriedigung feststelle? eine Geschichte des Wechsel- seitigen Verstehens, des Freiseins von Reibungen und der wach- senden Herzlichkeit und Loyalität. Wenn ich sage,die Mächte, die glücklicherweise mit uns in diesen intimen Beziehungen stehen", so erkläre ich zugleich, wie ich schon mehr als einmal getan habe, daß unsere Freundschaft mit ihnen in keiner Weise ausschließliche Freundschaften sind.(Beijall.) Ich sage es mit Ueberlegung, daß wir keinen Anlaß haben und, so viel ich weiß, keine Gelegenheit für einen Zwist mit irgendeinem Lande in irgendeinem Teile der Welt.(Beifall.) Wir blicken ohne geringsten Argwohn und Unzufriedenheit, im Gegenteil, mit Gleichmut und mehr als Gleichmut auf solche besonderen Unterredungen und Meinungs- austausche, wie sie z. B. zwischenRutzland und Deutsch. land stattgefunden haben. Unsere Beziehungen zu dem großen deutschen Reich sind in diesem Augenblick, wie ich mich freue sagen zu können, Beziehungen vollkomme- ner Freundschaft und vollkommenen guten Willens, und ich bin gewiß, daß sie wahrscheinlich so bleiben werden. Lord H a l d a n e machte im Anfang des Jahres in Berlin  einen Besuch. Er trat in Unterredungen und MeinungSaus- tausche ein, die seither auf beiden Seiten im Geiste vollkomme- ner Offenheit und Freundschaft fortgesetzt worden sind, und ich freue mich sagen zu können, daß wir den Vorteil der Teilnahme dcZ ganz ausgezeichneten Diplomaten haben, den der Kaiser in dies Land gesandt hat.(Beifall.) Ich sage, unsere Freundschaften find in keinem Sinne ausschließliche Freundschaften, und das aus sehr guten. Gründen. DaS größte Interesse Großbritanniens   ist der Friede der Welt. Wenn unglücklicherweise hier wie über- all sonst die Ausgaben für Rüstungen in beklagenswerter Weise wachsen, so gibt es keine Macht der Welt, die nicht ganz genau weiß, daß, soweit wir in Betracht kommen und soweit wir ge- zwangen werden, an diesen Ausgaben teilzunehmen, wir keinen agressiven Zweck verfolgen.(Beifall.) Wir begehren keinen Gebietszuwachs. Wir haben weder den Wunsch noch fühlen wir uns versucht, das Gebiet unserer Verantwortlichkeiten irgendwie zu erweitern. Diese Verantwortlichkeiten erstrecken sich über die ganze Welt. Wenn wir gezwungen find, die Fonds, die wir jetzt auf die Erhaltung insbesondere unseres Uebergewichts zur See der- wende», anderen ergiebigen vorteilhafteren Zwecken zu entziehen, so wird diese Ausgabe von uns einfach als eine notwendige Versicherung der enormen inneren und äußeren * Interessen angesehen, deren getreue, wachsame Hüter Regierung und Parlament sind und sein müssen.(Beifall.)j Nzhlvorbmitimgen io Aiirttemberg. Das Wahlabkommen, das die Volksparteiler und die National- liberalen in Württemberg   für die bevorstehenden Landtags« wählen getroffen haben, ist in der liberalen Presse als eine Ruhmestat gepriesen worden, die beweise, daß der liberale Geoanke in Württemberg   sesteingewurzelt sei und auch in der Zukunft daS Schwabenland beherrschen werde. Man kann eS begreifen, wenn gewandte Zeitungsschreiber aus der Not eine Tugend machen und einen Akt, der ein greifbar deutliches Zeichen der Angst und Schwäche ist, als einen Beweis überschäumender Kraft und Prinzipientreue darzustellen sich bemühen. Nur steht der wenig günstige Ruf, in den sich die schwäbischen Demokraten mit den Jahren gebracht haben, und der»och viel schlechtere, in dem die National- liberalen vom Schlage desSchwäbischen Merkur" stehen, derartigen Schönfärbereien einigermaßen hinderlich im Wege. Wenn der eine der beiden Bundesgenossen nur mit großen Opfern und vieler Mühe davon zurückgehalten werden kann, den Anschluß rechts zu nehmen, und wenn er trotz aller Opfer bereits mit einem halben Fuß im schwarz- blauen Lager steht, dann sind die überspannten Redens- arten von derAusbreitung und Befestigung des Gedankens der liberalen Genieiiibürgschaft", wie sie z. B. auch in derFrankfurter Zeitung  " zu lesen waren, doch ziemlich gewagt. Es bleibt nämlich dabei, daß die Nationalliberalen sich durch die liberale Gemeinbürgschaft nicht abhalten lassen, im Bezirk Leonberg   gegen die Volkspartei und für den konservativen Bündler «inzutreten, wosür sie sich die ihnen von der Volkspartei überlassene Kandidatur in Besigheim   durch die Bündler unterstützen lassen. Auch der Kampf, den die Nationalliberalen in Tühingen-Land wahr- scheinlich mit bündlerischer Hilfe gegen die Volkspartei eröffnet haben, stört die Gemeinbürgschaft nicht. Den Protestkundgebungen, die vereinzelt von Volksparteilern, die sich in der neuen Lage noch nicht zurechtfinden können, erlassen werden, schenkt die Parteileitung kein Gehör. Während der Abg. Haußmann, der volksparteiliche Führer bei den Verhandlungen, behauptete, die Vertrauensmänner der einzelnen Bezirke seien zu Rate gezogen worden, meldet sich jetzt ein Bezirk nach dem anderen und erklärt, die Vertrauensleute wüßten von nichts. Aus Maulbronn   kommt die öffentliche Anfrage, warum dieser Bezirk der nationalliberalen Partei zugeteilt sei, welche im Bezirk faktisch gar nicht existiert". Diese unbequemen Kritiker werden indessen bald zur Ruhe gebracht sein. In Reutlingen  -Land, von wo zuerst mit einer Protest- kandidatur gegen die Nationalliberalen, die vertragsmäßig hier den Kandidaten stellen, gedroht wurde, haben die volksparteilichen Helden . schon eingelenkt» obgleich der Nachbarbezirk Tübingen  -Land ist, wo die Nationalliberalen gegen die Volkspartei vorgehen. Die innere Zerfahrenheit beider liberalen Parteien tritt mit aller Schärfe bei der Auswahl der Kandidaten zutage. Bisher schon befand sich in den Reihen der Volkspartei so mancher Kämpe, der selbst nicht recht weiß, wie er in diese Partei geraten ist. Wenn irgendwo ein volksparteiliches Mandat gefährdet tvar, so fragten sich die Parteiführer nicht, wo ist ein überzeugungstreuer, be.ählgter gortschrittler?, sondern: wo ist eine einflußreiche BezirkSgröße mit möglichst großer Verwandtschaft? Sie gerieten aus diese Weise des öfteren an Männer, denen tags zuvor dieselbe Kandidatur vom Bunde der Landwirte oder von den Naiionalliberalcn angetragen worden war, und die schließlich derjenigen Partei sich zur Ver- fügung stellten, unter deren Flagge sie am sichersten zu der Ehre des Bezirksabgeordneten zu kommen hoffien. So geht's auch jetzt wieder. Unter den neuen Kandidaten ist so mancher, der sich nie Gedanken gemacht hat über Wesen und Unterschiede der politischen Parteien und der erst am Tage seiner Aufstellung seine Partei wählt. Je weniger der Kandidat politisch sich festgelegt hat, um so mehr wird er aus anderen bürgerlichen Lagern gute Freunde an- ziehen so rechnet man. Wohin aber dieses Verfahren dann im Parlament führt, daS konnten die Leiter der Volkspartei im letzten Landtage erfahren, als bei verschiedenen Gelegenheiten aus den Kreisen derfortschrittlichen" Volkspartei wahrhaft hinterwäldlerische Anschauungen entwickelt und wie beim Schularztgesetz die Bündler an sozialpolitischem Verständnismangel von manchem Volks- parteiler übertroffen wurden. Auch jetzt wieder sucht man nicht nach erprobten Parteimitgliedern, sondern nachbeliebten" Männern. Herrn v. Payer, der endgültig aus dem Landtag ausscheidet, soll ein Fabrikant Groß ersetzen, der nie der Volkspartei angehört hat, im Falle seiner Wahl der Fraktion als Gast beitreten will und sich vorbehält, später Vollmitglied zu werden. Ein Zeichen, daß die �Gemeinbürgschaft" selbst in der Stadt Reutlingen   sich vor der Sozialdemokratie nicht mehr sicher fühlt I Denn der Mann soll mit der Erklärung:Ich gehöre keiner Partei an," unschlüssige Wähler angeln. In früheren Jahren antwortete die volksparteiliche Agi- tation auf die Erklärung: Ich gehöre keiner Partei an:Dann gehörst du auch nicht in den Landtag." Aber das war damals I In der Stadt Ludwigsburg   hat die Volkspartei den konservativ gerichteten Oberbürgermeister Dr. Hartenstein auf den Schild erhoben, der mit ihr genau so wenig geistig gemeinsam hat wie mit der Sozialdemo- kratie. In Schondors präsentiert sie den ReichStagsabg. Gnnßer, dessen Parteizugehörigkeit datiert vom Tage seiner Erwählung zum Reichstagskandidaten. Bei den Nationalliberalen entscheiden zum Teil dieselben Gesichtspunkte bei der Kandidatcnauswahl. In Göppingen   erkoren sie den Oberbürgermeister Dr. Keck. Als Keck vor wenigen Jahren sich um die Stadtvorstandsstelle bewarb, zwangen ihn die Nationalliberalen zu der Erklärung, daß er sid� nicht um ein parlamentarisches Mandat bewerben werde; jetzt wurde Keck auf Antrag derselben Nationalliberalen von seinem den Gemeindewählern gegebenen Versprechen ent- Kunden l Vor einem Jahre war Keck volksparteilicher Kandidat bei der Stuttgarter   Stadtvorstandswahl, die Nationalliberalen lehnten ihn ab! Der schon genannte Dr. Hartenstein war vor einem Jahr nicht nur den Volksparteilern, sondern selbst den Na- tionalliberalen zu wenig fortschrittlich. Jetzt ist erfortschrittlicher" Kandidat I In anderen Bezirken präsentieren die Nationalliberalen Kandidaten, für die sie zugleich die bündlerischen Wähler gewinnen wollen. Der frühere Abgeordnete, jetzige RcgierungSdirektor v. Hieber will die Kandidatur in seinem alten Bezirk Welzheim   nicht früher annehmen, bis die Bündler seine Unterstützung versprechen. Diese aber machen noch mürrische Gesichter, stellen vereinzelt sogar den Nationalliberalen Drohkandidatcn gegenüber, die zum Teil den Zweck haben, die Nationalliberalen im zweiten Wahlgang zu den weitgehendsten Konzessionen zu zwingen. DaS Zentrum sucht mit Silbenstecherei den Schein zu erwecket, al» ob eS ohne jede Verbindung mit den bündlerischen Konservativen in den Kamps einträte. Es stellt aber zugleich fest, daß ei, abgesehen von seinen sicheren Bezirken, fast überall sofort für die Konservativen eintrete, selbst da. wo seine Stimmenzahl viel stärker sei als die der Konservativen, wo aber die Aussicht auf einen Zentrumssieg fehle. Nur in einem Bezirk wird den Konservativen ein Zentrumskandidat gegenübergestellt werden, in Neckarsulm  . Im ganzen machen die bisherigen Vorbereitungen den Eindruck kleinlicher Mandatangst und Mandatsschachers. Für unsere Partei- genossen, die neben den bisherigen Abgeordneten, alte tüchtige, in der Agitation erprobte Vertreter unserer Sache aufftellen, bietet sich die beste Gelegenheit, nach allen Richtungen kräftig auszuholen und den großen Unterschied zwischen sozialdemokratischer und bürgerlicher Wahlagitation den Wählern zum Bewußtsein zu bringen. .DeMiiieg. Die türkischen Wirren. Wie vorauszusehen war, fängt das neue Kabinett, ehe es vollständig gebildet ist, an, wieder auseinanderzufallen. Der Marineminister Mukhtar Pascha soll schon»vieder zurückgetreten sein. Dabei vertiefen sich die inneren Gegensätze immer mehr. Das jungtürkische Komitee känipft gegen die konservativen Parteien und das neue Ministerium, die politischen Offiziere werden von den angeblich unpolitischen Offizieren auf das erbittertste befehdet, und die Albanerhäuptlinge, mutig gemacht durch das zurzeit in Konstantinopel   gezeigte Entgegenkommen, erheben mit umso größerem Nachdruck ihre nationalen For- derungen. Und das Zolles geht vor sich in Kriegszeiten. Wenn die militärische und politische Situation für Italien   nicht so verzwickt wäre, könnte es sich die Selbstzerfleischung der Türkei  sehr zunutze machen. Die Borgänge im neuen Ministerium. Wie», 24. Juli. Nach einer Meldung derNeuen Freien Presse" ist Mukhtar Pascha zurückgetreten. Zu seinem Nach- folger wird wahrscheinlich ein Marineoffizier ernannt werden. Die heulige Komiteesitzung verlief stürmisch. Konstantinopel  , 24. Juli. Der heute abgehaltene M i n i st e r- r a t beschäftigte sich ausschließlich mit den Vorgängen in Albanien  . Es wurde endgültig die Entsendung einer Mission nach Albanien   beschlossen. Derselben gehören folgende Mbanier an: Der frühere Wali von Saloniki, Senator Reschid Lkif Pascha, der frühere Gouverneur von Taschlidscha, Daniel Anieh Bey und General Suleiman Pascha  . Auch der Deputierte von Durazzo  , Essad Pascha  . wird sich der Mission, die morgen die Reise antreten wird, an- schließen. An Stelle Fazil Paschas ist der Kommandant des ersten Korps Zeki Pascha zum Kommandanten der Truppe in Albanien   ernannt worden. Kampf zwischen Parlament und Offiziersliga. Konstantin»pel, 2S. Juli. In der Kammer teilte der Präsident mit. daß ein Offizier gestern abend in seinem Hause einen von der Offiziersliga unterzeichneten Brief hinterlassen habe, in welchem die Schließung der Kammer binnen 4S Stunden verlangt werde. Der Präsident erklärte unter anhaltendem be- geisterten Beifall der Abgeordneten, er werde seine patriotische Pflicht tun. Der Text des Briefes, dei von der Offiziersliga an den Präsi- deuten der Kammer gerichtet wurde, lautet: Nach so vielen schlechten Taten, die Ihr im Komitee sowie in der Kamnier begangen habt, hat unsere Liga von Euren Schritten und Intrigen erfahren, die Ihr beim Sultan unternommen habt. Diese Taten verdienen die schwersten Strafen, aber da wir uns nicht mit schmutzigem Blut beflecken wollen, so halten wir eZ für notwendig. Euch zu benachrichtigen, daß Ihr beweisen müßt, daß Ihr nicht aufhalten, sondern erleichtern wollt die Er- füllung des dringendsten Wunsches der Nation und der Armee, näm- lich die Auslösung der Kammer oder vielmehr des Klubs, dieses Theaterklubs. Wenn Ihr nicht in 48 Stunden so handelt, so benach- richtigen wir Euch, daß wir unsere patriotische Pflicht vollständig er- füllen werden." Die Verlesung des Ultimatums der Militärliga rief eine stürmische Debatte hervor. Der Vorsitzende der jung- türkischen Partei erklärte: Die Kanimer wird bis zum letzten Atemzuge bleiben, denn sie ist der wahre Träger der öffentlichen Meinung und gehorcht nur ihrem Gewissen. Wir weisen den Ver« gleich mit einem Theater zurück. Der im Namen der Liga abgesandte Brief berührt nicht die ganze Armee. In dem Augenblick, wo der Feind vor die Tore der Stadt kommt, sollte die Armee ihre Waffen gegen den Feind, der von außen kommt, und nicht gegen die Abgeordneten gebrauchen. Omer N a d j i rief in lebhafter Erregung aus: Die Kammer fürchtet den Tod nicht. Bis jetzt hat noch kein türkischer Offizier die Feigheit begange», einen anonymen Brief abzuschicken.(Bravo I) Wir werden siegen oder sterben. (Frenetischer Beifall. Rufe: Wir werden alle sterben.) Mehrere Abgeordnete verlangten, daß der Kriegsministcr sofort erscheine. Die Armenier Haladjian, Vartakech und Zohrab sprachen von den Offizieren der Liga als von Verbrechern und elenden Feiglingen, die nicht die Ehre der ganzen Armee beschmutzen könnten. Schließlich nahm die Kammer eine Resolution an. in der sie den Groß- wesir und den Kriegsminister auffordert, sofort zu erscheinen und Erklärungen abzugeben, und erklärte sich dann in Permanenz. Konstantinopel  , 25. Juli. Wie verlautet, wünscht die Osfiziersliga die Einberufung einer konstituierenden Versammlung, die«ine Revision der Verfassung vornehmen soll. Dieser Gedanke wird vonDem Gazetta" lebhaft unterstützt. Konstantinopel  , 25. Juli. Die in der vorletzten Nacht erfolgte Absetzung des Generaldirektors der Polizei sowie der Polizeikommissare kam überraschend. Eine Gruppe von Offi- ziere» drang plötzlich in das Gebäude der Generaldirektion der Polizei ein und teilte dem Generaldirektor den Beschluß dcS Ministerrates mit. Die Offiziere konnten alle Papiere mit Beschlag belegen. Das gesamte Personal der Hafcnpolizei ist abgesetzt worden. Politische deberlickt. Berlin  , den 25. Juli 1912. Krieg im Frieden. Aus Kiel   wird uns geschrieben: Die Torpedobootsaffäre in der Ostsee   hat noch immer keine amtliche Aufklärung gefunden. Die Marineverwaltung schweigt sich wie so oft in solchen Fällen aus. Nach allem, was bis jetzt über die Katastrophe bekannt geworden, ist eine amtliche Darstellung des Unglücksfalles durchaus notwendig, damit festgestellt werden kann, ob die verantwortlichen Stellen bei dem Nachtmanöver alle notwendigen und möglichen Vorsichtsmaßregeln getroffen hatten. Der Unfall ereignete sich nach de» Mitteilungen, die der Presse zugegangen sind, in der Ostsee   auf der Höhe von Swine- münde während eines Torpedobootsangriffes auf die auf der Fahrt nach Mcmel befindliche Hochseeflottille. Die angegriffenen Linienschiffe und die angreifenden Torpedoboote fuhren mit abgeblendeten Lichtern. Das Torpedoboot<Z 110" kam vor den Vordersteven des LinienschiffesHessen  " und wurde von diesem hinter dem hintersten Turm so schwer in den Schiffskörper gerammt, daß sein Hinterschiff fast durchschnitten und die zer- trümmerten Teile nur durch die Ketten und die Steuerung gehalten wurden. Drei blühende Menschenleben haben dabei den Seemanns- tod gefunden. Nimmt man an, daß das Fahren mit abgeblendeten Lichtern im Interesse der Uebung unbedingt nötig war, und gibt man weiter zu, daß vom Linienschiffe aus die dunklen mit rasender Geschwindig- keit herankommenden Torpedoboote in der Nachtzeit übersehen werden können, so bleibt noch immer rätselhaft, weshalb auf dem Torpedo- boot der massige Körper des Linienschiffes nicht bemerkt worden ist. Erstens sind die Nächte jetzt nicht so ganz stockduster und dann muß doch die Torpedobootsflottille die Flotte gesichtet haben, denn ins Blaue hinein wird sie kaum einen Angriff gemacht haben. Der Unfall wird aber erklärlicher, wenn man eine andere Darstellung über daS Nachtmanöver hört. Danach haben die Torpedoboote die Kiellinie der Kriegsschiffe durchbrochen, d.h. zwischen den hintereinander fahrenden Linienschiffen durchbrechen wollen. Es ist wohl sehr fraglich, ob ein solcher Durchbruch im Ernstfall wirklich versucht wird, und eS ist auch nicht recht zu ersehen, welchen Zweck er haben soll. Aufgabe der Torpedoboote ist, die großen Kriegsschiffe anzugreifen und den Versuch zu machen, ihnen die verderbenbringenden Torpedos in den Leib zu jagen. Dazu braucht es eines Durchbrechens der Kiellinie der fahrenden Flotte nicht, denn das schnelle und behende Torpedo- boot hat die Möglichkeit, die in Kiellinie fahrenden Schiffe an beiden Seiten anzugreifen, ohne die Kiellinie zu durchbrechen. Es kann sich nach allem also nur um ein waghalsiges Navigations- manövcr gehandelt haben, vielleicht um festzustellen, mit welcher Geschwindigkeit und mit welchem geringen Raumabstaud ein Torpedoboot noch eben vor dem Vordersteven eines fahrenden Kriegsschiffes vorbeisausen kann. Die Notwendigkeit einer solchen Uebung will uns aber nicht recht einleuchten. Darum ist aber auch eine amtliche Ausklärung über die wahre Ursache des Unglücksfalles dringend geboten. Der Unfall hat einen flüchtigen Blick tun lassen in die ganze Grausamkeit, die ein Seekrieg zwischen zwei bis an die Zähne ge- rüsteten, mit den modernsten Drcadnougths, Torpedobooten und Unterseebooten versehenen Mächten mit sich führen muß. Die Leichen der verunglückten Seeleute befanden sichoch festgeklemmt im an- gerammten Torpedoboot, als es in Kiel   ins Dock gebracht wurde; hier mußten bei zwei Leichen erst die sie umschließenden Eisen- und Blechteile mit Sauerstoffflammcn losgebrannt, die dritte mußte direkt losgelöst werden. Es ist eine beliebte Methode unserer Flottenenthusiasten, die Marineunfälle in fremden Marinen aufznbanschen, um über die Häufigkeit der Unfälle in der deutschen   Marine hinwegzutäuschen. Auch die deutsche   Marine hat schon manchen schweren Unfall er- litten, darunter eine lange Reihe von Torpedobootsunfällen. Lassen wir nur einmal die TorpcdobootSunfälle des letzten l'/z Jahrzehnts an unserem Auge vorüberziehen: Ende August 1895 kenterte das Torpedoboot.8 41" auf der Fahrt von Wilhelmshafen   nach Kiel   in der Jammerbucht an der dänischen Küste. 13 Seeleule büßten dabei ihr Leben ein. Die Torpedoboote.8 40" und ,8. 48" stießen am 11. April bei einer Probefahrt aus der Jade zusammen. Fünf Mann der Besatzung fanden den Tod in den Wellen. Am 22. September 1897 kenterte das Torpedoboot8 20" bei einem Sturm in der Unterelbe beim Feuerschiff Elbe I". Neun Mann der Besatzung, darunter der Herzog Friedrich Wilhelm   von Mccklenburg-Schwerin, fanden den Seemanns- tod. Das Torpedoboot.8 42" sank am 24. Juni 1902 in der Untcrelbe, der Kommandant und drei Mann verloren ihr Leben. In ähnlicher Weise wie vor einigen Tagen das TorpedobootG 110" ist bei den Herbstmanövern im Jahre 1903 das noch neue TorpedobootG 112" vom Linienschiff.Kaiser