s e l b st der Verfasser des Zetteltextes war, daß diese Leuchte des Konservatismus sich selbst dazu herbeigelassen hatte, durch doppelten Schwindel unter der Vorspiegelung eines gegenseitigen blau-roten Stichwahlabkommeus die Stichwahlhilfe deigsozialdemo- kratischen Wähler zu erbetteln I Die„Mxcklenb. Wartet suchte sich nunmehr dadurch aus der Affäre zu ziehen, daß sie mit unwilligein Stirnrunzeln Herrn Dade persönlich die Verantwortung für den Schwindel überließ, der doch nur mit Hilfe des konservativen Wahlapparatcs ausgeführt werden konnte und ausgeführt worden ist! Herr Dade selbst aber nimmt nun endlich auch nach so langem verlegenen Schweigen das Wort, um zu erklären, daß er in einem ähnlichen Falle genau wiederum so handeln würde, da solche Praktiken bei allen Parteien üblich seien! Auch die K o n s e r v a- tiven hätten doch bei jeder»Stichwahl mit den Frei- sinnigen versucht, die Sozialdemokraten durch Flug» blätter, die mit den politischen Sünden der Freisinnigen angejüllt waren, auf ihre Seite zu ziehen. Der Hinweis auf Rostock sollte doch nach der bekannten Stichwahlparole;„Ge- wehr bei Fuß l" die Konservativen nicht überraschen. Wozu also die Aufregung? Run: wenn die Konservativen ebenso erpicht auf die sozial deniokcatische Stichwahlhilfe waren und sind, wozu denn dann ihre lächerliche Entrüstung über den Freisinn?! Oder besteht die Sünde des Freisinns nur darin, ein ehrliches Abkommen mit der Sozial demokratie getroffen zu haben, während die. konservative lim schineichelung der sozialdemokratischen Wähler nur auf Schwindel beruhte? I Obendrein einen echt konservativen Schwindel, nänilich einen so dummen Schwindel, daß er nicht zog und den Durchfall der agrarischen Autorität nicht zu verhindern vermochte I fflarlyiiuin. ...... Die gegenwärtige politische Situatioil fordert gebieterisch, ias; die öffentliche Meinunß der Kulturwelt den Opfern des russischen Blutregiments ein größeres Interesse zollt� Die russische Regierung tritt immer aktiver in der internationalen Politik auf, sie mischt sich provozierend und händelsuchend in sämtliche Fragen der Weltpolitik, im Inneren jedoch tritt sie mit stets zunehmender Brutalität allen selbständigen Negun- gen des Volkslebens entgegen. Die Erobcnmgen der Revolutionsjahre sind mit wenigen Ausnahmen„liquidiert", die Gesetzgebung und die Verwaltung ruhen in den Händen der schwärzesten Reaktionäre, die neuerdings hervortretende politische und wirtschaftliche Bewegung der Arbeiterklasse wird mit eiserner Faust niedergehalten. Am schlimmsten je- joch ergeht es den unzähligen Opfern des Regierungsterrors: Hunderttausende von Gefangenen sind in den Kerkern dem langsamen Tode preisgegeben, Zehntausende fristen in der Verbannung ein trostloses Dasein. Kein Tag vergeht ohne neue Opfer, ohne neue haarsträubende Greuel, die nur zu einem geringen Teil in der russischen Presse veröffentlicht werden können. Die bürgerliche Presse Westeuropas jedoch geht schweigend über diese„alltäglichen Erscheinungen" hin- weg, denn je herausfordernder und kriegerischer die aus- wärtige Politik der Zarenregierung wird, desto größer ist die Bereitwilligkeit der konservativen und liberalen Bedienten- feelen. die Verbrechen der kaiserlich russischen Regierung mit tsm Mantel der christlichen Liebe zuzuhellen,. Um so dringen- er wird nun die Pflicht unserer Pqrteipresse/ dps öffentliche Jlcchtsbewußtsein nicht einschliisern zu lassen, die fortwähren- den Greuel der Zarenregierung aufzudecken und den flammen- den Haß der Arbeiterklasse gegen die Regierung der Knute und des Galgens wachzuhalten. Nur an die Arbeiterklasse als die einzige Repräsentantin der Kultur und der Menschlichkeit wenden sich die Märtyrer der russischen Freiheit, nur von ihr erwarten sie. wie immer, tatkräftige Sympathie und Unter- stützung. Die Art, wie die russische Regierung an ihren politischen Gegnern Rache nimmt, ist kürzlich auf die schlagendste Weise von einem bürgerlichen Dumaabgeordneten, dem liberalen Vertreter Odessas, Herrn N i k o l s k i, gekennzeichnet worden. Während der Erörterung des Gefängnisetats im Mai dieses Jahres in der Duma verlas er den Brief eines früheren Ga fangenen in Saratow , den dieser an einen russischen Fliichk ling im Auslande gerichtet hatte:„Ich habe— heißt es in dem Briefe— mit Entsetzen Ihre furchtbare Mitteilung ver- nommen, daß Sie nach Rußland zurückkehren wollen, um eine Gefängnisstrafe zu verbüßen. Auf die Gefängnisse ist jetzt eine Horde unmenschlicher Zyniker, böser und dummer Leute losgelassen, die an moralischem Wahnsinn kranken... Es gibt keine Möglichkeit, sich vor diesen Tieren zu schützen: wie sie sich auch Verhalten sollten, diese Leute werden in ihrem Zynismus, in ihrer Grausamkeit Veranlassungen genug finden, Sie zu verhöhnen... Sie werden keinen ruhigen Tag kennen und in steter Furcht vor dem Kommenden leben... Sie werden vor diesen Tieren zittern, denn Sie befinden sich in ihrer Gewalt. Wagen Sie bloß ein Wort zu sagen, und Sie befinden sich im Karzer, einein unterirdischen, feuchten, kalten Gelaß... Es gibt hier keine Hilfe, kein Gericht. Man darf keine Klage erheben, denn sonst wird man zu Tode ge? quält... Ich weiß nicht, welchen Mut man haben muß. um vor dieser eindringenden Menschenrotte standzuhalten. Man empfindet hierbei wohl dasselbe, wie die Juden, wenn die Pogronüsten in ihre Häuser eindringen. Das furchtbarste aber ist: Sie wissen, das sind Feinde, grausame und uuerbitt- liche, die Sie hassen. Nie in meinem Leben habe ich diesen blinden, tierischen Haß gegen mich so nahe gefühlt, wie im Gefängnis... Man empfindet jetzt in den Kerkern ein ganz neues Gefühl— das der fortwährenden, ununterbrochenen Furcht. Es ist dasselbe Gefühl, das die Neger bei grausamen Plantagenbesitzern, die Soldaten auf den Militärkolonien des Despoten Araktschejew empfunden haben. Glauben Sie nicht, daß derartige Zustände nur in unserem Gefängnis herrschen? Nein, von überall her kommen dieselben Nachrichten. Es herrscht buchstäblich der w e i ß e T e r r o rl..." Nach dieser leidenschaftlichen Anklage, diy den Stempel der Echtheit, der Wahrhaftigkeit an der Stirne trägt, brauchte man wohl kaum nach auf einzelne Tatsachen einzugehen. Jeder Tag bringt aber aus den zarischen Bastillen so viel des Eni- setzlichen, daß immer wieder auch aus die Einzelfälle hinge- wiesen werden mutz. Bald ist es eine Gerichtsverhandlung. bald eine kurze Notiz gus der Tageschronik, bald ein Hunger- streik der Gefangenen, der die undurchdringlichen Kerker� mauern vor uns öfnet und die unsäglichen Oualen der Ge- fangenen sehen läßt.� So stand kürzlich der frühere Direktor des P e n s a e r Gefängnisses, O.. Lubenetzki, wegen grausamer Mißhandlurng der Gefangenen vor dem Gericht. Er leugnete die Torturen an den Gesänge- neu nicht und rechtfertigte sich mit folgenden Worten:„Meine von der Notwendigkeit diktiert. Mittels dieser Maßnahmen beugte ich der Möglichkeit von Revolten und Fluchtversuchen der Gefangenen vor. Es hat allerdings w e d er Revolten noch Fluchtver- suche gegeben:aberSiewerdendochzugeben, daß sie haben eintreten können!" Das Gericht verurteilte den findigen Gefängnisdirektor zu einem— strengen Verweis! Herr Chruljow jedoch, der Chef der Hauptgefängnisverwaltung, der auf dem Internationalen Gefänguiskougreß in Washington den„musterhaften",„hu manen" Ordnungen in den russischen Kerkern ein Loblied ge� sungen hat, beeilte sich, den gerichtlich gebrandmarkten G� fängnisdirektor zum Chefgehilfen der Schlüsselburger F e st un g zu ernennen! In kurzer Zeit hat er denn auch, auf die hohe Protektion des Herrn Chruljow gestützt, die Ver- waltung des Schlüsselburger Gefängnisses an sich gerissen und an den oort internierten politischen Gefangenen feine von ihm selbst eingestandenen Grausamkeiten zur Anwendung gebracht. Aehnliche Zustände herrsche» schon lange in dem Petersburger Transportgefäitgnis. unter den Augen der„konstitutionellen" Regierung. Hier ist der Direktor I 0 n i n Alleinherrscher— ein vom Zaren begnadigter Zucht- Häusler, der früher Polizeimeister von Pabianice war und wegen der Ermordung zweier politischer Gefangener zu 13 Jahren Zuchhaus verurteilt wurde(die Strafe hat er nicht verbüßt, weil die Echtrussen sich seiner anahmen, und Nikolaus der Blutige seinen treuen Bundesbruder in Ehren aufnahm). Unter seiner Roheit und den fortwährenden Karzerstrafen haben besonders die drei Mitglieder der unschuldig verurteil ten sozialdemokratische n Fraktion der zwei ten Duma zu leiden, die m diesem Gefängnis interniert sind. Endlich sei noch auf die neulichen Vorgänge in dem Ka- torgagcgefängnis zu P s k o w hingewiesen, dessen Greuel vor einem halben Jahr den Protest der gesamten Kulturwelt her- ausforderten. Genosse K u s n e tz o w brachte noch bei der kürzlichen Etatsdebatte in der Duma die Provokationen, die Brutalitäten und die fortwährenden Durchpeitschungen der politischen Gefangenen in diesem Kerker zur Sprache. Nun hat sich dort eine neue Tragödie abgespielt. Am 2. Juli baten die Katorgagegefangenen, man möge den Gefangenen Traschtschenko, einen wiederholt durchgepeitschten, kranken Menschen aus dem dunklen, feuchten Karzer befreien, in dem er wegen eines geringfügigen Vergehens, unter Eni- ziehung der warmen Speise, auf einen Monat eingesperrt war. Als diese Bitte abgefchlagen wurde, begannen 21 Ge° fangene den H u n g e r st r e i k. Am 5. Juli erschien der Gou- verneur Baron M e d e m mit einer ganzen Eskorte im Gefängnis und erklärte den Gefangenen, Tralchtschenko sei nach dem Gutachten von vier Aerzten vollkommen gesund und könne deshalb die Karzerstrafe verbüßen. Der Medizinalinspektor und der Gefängnisarzt F r a n i o erklärten, der genannte Ge- fangene sei nicht krank, sondern„bloß" schwach, da er seit vier Tagen keine Speise zu sich nehme. Die Gefangenen versuchten zu opponieren.„Wo waren die Herren Aerzte — sprach einer von ihnen— als der geisteskranke Gefangene Michel Lau. den der Gefängnisarzt als Simulant erklärt und nur zwei Tage vor seinem Tode als Geisteskranken erkannt hatte, im April d. I. im Gefängnisspital des Hungertodes starb?" Der Gouverneur beeilte sich, sich der Beantwortung dieser Frage durch chie Flucht zu entziehen.. D.er Sprecher jedoch, der zur lebenslänglichen Katorga verurteilte Bochmann, ein vollständig kranker., schwacher Mann, wurde wegen„Beleidi- gung des Gouverneurs" an demselben Tage durchge- peitscht! Die Zahl der Teilnehmer an dem Hungerstreik stieg nach diesen Vorgängen von 21 auf 50. Am 15. Juli meldete ein kurzes Telegramm, der Hungerstreik in Pskow (der 1 0 T a g e siedauert hatte) sei beendet. Welche Qualen die Gefangenen inzwischen erduldet haben, welche Gewaltmittel gegen sie an- gewendet wurden, das wissen bloß die dicken Mauern der Kerkerhölle zu Pskow ... Sei' Krieg. Die türkische Krise. Bis jetzt ist noch nichts von Maßnahmen der neuen Re- gierung gegen das provokatorische Verhalten der Militär- liga bekannt geworden. Die Zerrüttung im Offizierkorps ist offenbar sehr groß. Die dominierende Rolle, die es vor vier Jahren in, Kampfe gegen das alte Regime geführt hat. gibt den Offizieren bei der politischen Unreife der breiteren Be- Völkerungsschichten Veranlassung, auch jetzt noch auf die Re- gierungspolitik bestimmend einzuwirken. Die dem jung- türkischen Komitee ergebenen Offiziere haben ihren Einfluß verloren und die der Militärliga führen einen erbitterten Kampf gegen die jungtürkische Majorität der Kammer: sie behaupten dabei, gegen eine politische Betätigung der Ossi-! Da aber die Albaner auf der Forderung der Auflösung der Kammer bestehen, wird die Kommission die Gemüter kaum völlig beruhigen können. Der Krieg als Eldorado der Lieferanten. Rom , den 21. Juli. (Eig. Set.V Die jüngsten Militärlieferungsskandale in Neapel , die, wie wir seinerzeit berichtet haben, mit einer Einstellung des Verfahrens 1n der Voruntersuchung endeten, rufen ähnliche Skandale inS Gedächtnis, die während des Krieges mit Wessinien vorgekommen sind. Genosse Montanari, der damals als Zahlmeister beim Militär war, schreibt im„Avant i" über seine Erfahrungen in den Jahren 189S und 1896 bei dem.berühmtgewordenen Aufkauf der Maultiere für die italienischen Truppen. Der Ankauf erfolgte durch drei Kommissionen. Die, der Genosse Montanari angehörte, bereiste Apulien und die Umgegend von Neapel und kaufte im ganzen für mehr als 3 Millionen Lire Maultiere. Die Preise wurden in Rom zwischen der Regierung und dem Militärlieferanten, einem Piemon- tesen, festgesetzt und betrugen 890 bis v<X> Lire für die großen, 699 Lire' für die kleinen Tiere. Obwohl die Kommission sich an Ort uiid'Stelle begab, unterhandelte sie nicht direkt mit den Verkäufern, und diese wurden beim Zahlmeister vorstellig, wo sie erklärten, daß sie für ihre Maultiere zwischen 159 und 259 Lire pro Stück ver- langten und sie dhrekt an die Regierung zu verkaufen wünschten. Der Zahlmeister meldete das dem Präsidenten der Kommission. dieser schrieb an die Regierung, und die Regierung antwortete, daß die Kommission nichts anderes zu tun hätte, als sich an die emp, fangenen Jm'trukttonen zu halten I Mit der Zeit fehlte es an Maultieren, und nun brachte man alte, blinde und lahme Tiere, die zu nichts mehr nutze waren, und die die Kommission nicht annehmen konnte. In der Nacht ver- tauschte man aber die zurückgewiesenen Maultiere mit den gesunden und kaufte dann die gesunden zum vollen Preis. Dazu war weiter nichts nötig, als den zurückgewiesenen nächtlicherweise die Nummer der guten einzubrennen. Der Staat wurde auch beständig beim Messen der Maultiere betrogen. Um den Lieferanten Vorteil zu bringen, wurden die kleinen Maultiere in der Weise gemessen, daß sie groß schienen. Auch bei den Fouragelieferungen wurde nach Kräften gestohlen. Als die Sache zu schamlos wurde, protestierte der republikanische Abgeordnete Jmbriani in der Kammer. In üblicher Weise wurde eine Kommssion ernannt, und damit die Kommissionäre auch etwas Bescheid wüßten, ernannte man genau dieselben Personen, die die Aufkaufskommission gebildet hatten, machte also zu Richtern die, die gerichtet werden sollten! Unser Genosse Montanari, der erst in'der Maultierkommission war, kam somit auch in die Enquetekommisston. Sobald er aber irgendeinen interessanten Bericht abgeben wollte, wollte der Zufall immer, daß er dienstlich verhindert war. Schließlich schickte man ihn mit einem Transport von Maultieren und Nahrungsmitteln nach Massaua . und inzwischen wurden zwei Trainoffiziere als angeblich Schuldige hestraft. Auf der Reise starben mehrere der kostbaren Maultiere. und unser Zahlmeister erfuhr interessante Ding« über ausgehöhlte Käse, die mit Sand aufgefüllt waren, über Hafersäcke, die keinen Hafer enthielten, und solche schönen Sachen mehr. So dringt jeder Krieg eine Hochsaison der Spekulation, und die Regierung sieht sich schön vor, mit der rauhen Hand der Gerichte in den Bannkreis dieser Kriegsfreude zu dringen. ES wäre un. klug, durch kleinliche Genauigkeit der patriotischen Begeisterung Abbruch zu tun. •* Die in Rom erscheinende„Rassegna dei Lavori Pubblici* teilt auf Grund ihr vorliegender Dokumente mit, daß der Präsident der italienischen Handelskammer in Paris , der Italiener Mario C r e st a. am 9. Dezember 1911 dem t ü r k i s ch en Heere Kriegsmaterial zum Verkauf angeboten hat, und zwar 30999 Mausergewehre, 69 999 Gewehre der Fabrik Gras, 8999 Karabiner und 7 Millionen Patronen. Weiter hat er die Lieferung von 199 Mitraillekanonen Maxim und von ö9 Kruppschen Bergartillerie. kanonen in Aussicht gestellt. Der patriotische Herr, der dies Ge» schäftchen zu machen suchte, ist unlängst vom italienischen König empfangen worden und stand auch mit dem italienischen Kriegs. minister wegen Ankaufs eines französischen Aeroplans vom Thpu» Moran« in Unterhandlung. Aus diesen Angaben erfieht man. daß es auch einen vernünftigen und klugen Internationalismus gibt: man jubelt dem Kriege de» eigenen Landes zu und vertauft dem feindlichen Lande Mordwaffen. Dabei behält man natürlich da» Recht, auf den Internationalismus des Proletariats, alK auf etwa» Kulturfeindliches und Barbarisches, herabzusehen. poUtifcbe deberkicbt. Berlin , den 26. Juli 1912. Liberale Scharfmacher. Die KoalitionSrechtsfeinde rüsten aus der ganzen Linie. Offenbar liegt in ihrem Kampf gegen das Koalitionsrecht ein bestimmter� Plan. Trotz des erst ziere zu fein. Dabei ist nicht einmal die Militärliga in sich geschlossen. Wie aus Konstantinopel berichtet wird, darf man die wirkliche M i l i t ä r l i g a, die den Sturz des Kabinetts Said Pascha herbeiführte und den Namen Muhafazaivaton, das heißt Verteidigung des Vaterlandes, trägt, nicht ver- wechseln mit d«: O f f i z i e r s g r u p p e Halaskiaran, das heißt Erretter, welche die Proklamation in den Blättern ver- öffentlicht und die Absendung des Briefes, in welchem die Auslösung der Kammer binnen 48 Stunden verlangt wird, an den Präsidenten der Kammer veranlaßt hat. Der Terrorismus, den die jungtürkische Partei bei den letzten Wahlen ausgeübt hat, rächt sich jetzt an ihr selbst. Die Versuche hervorragender Mitglieder des jungtürkischen Komitees, in Saloniki und in anderen Städten Protestver- sammlungen gegen die Forderung nach Auflösung der Kammer zu veranstalten, sind gescheitert. Inzwischen machen die Albanischen A u f st ä n d i- scheu angesichts der Verwirrung in Konstantinopel eine Gewaltaktion. Sie sind 16(XXI Mann stark in P r i st i n a einmarschiert. Der Mendarmeriekommandant schloß sich ihnen an. Die Aufständlschen ließen 461 Häftlinge frei, bewaf� neten. sie, bemächtigten sich dann der Waffendepots und teilten die Waffen unter die Bevölkerung aus. Darauf brachen sie in der Richtung gegen Verisowitsch auf in der Absicht, den Marsch nach Uesk üb fortzusetzen, wo eine Panik Herr- schen soll. Aus allen Richtungen ziehen bewaffnete Trupps nach Pristina . Das neu« Kabinett erblickt seine Hauptaufgabe in der Beruhigung der Albaner. Die von ihm ernannte albanische Kommission ist abgereist. Sie soll die Beschwerden gegen die Beamten anhören und eine Untersuchung anstellen. Sie wird diejenigen Beamten, die die Unzufriedenheit veranlaßt haben. sofort absetzen können und Beamte ernennen, die des Albani .....______________ I...... schen mächtig sini». Ferner wird sie den Eigentümern der im grausame Haltung den Gefangenen gegenüber, die Anlegung Lause deu militärischen Operationen zerstörten Häusex Ent- von eisernen Fesseln, das Einsperren in den Karzer Warentschädigungen gewähren. ............_____ �...... vom Reichstag mit 275 I qegen 63 Stimmen abgelehnten konservativen Attentats auf den§ 152 der Gewerbeordnung ruhen die Scharfmacher nicht, um den matzgebenden Stellen ihre offenen und geheimen Wünsche zu Gehör zu bringen. In Nord und Sud. überall sind die industriellen Scharfmacher mit gleicher Emsigkeit an der Arbeit, die Notwendigkeit des„Schutzes der Arbeit«- willigen" zu beweisen, wie sie die geplante Erdrosselung des Koalitionsrechts so schön zu nennen belieben. Auch die Handelskammern stellen sich bereitwilligst in den Dienst der verbohrtesten Scharfmacher, die ihre helle Freude über diese willkommenen Mithelfer haben mögen. Schon kürzlich konnten wir über di« scharfmacherischen Wünsche verschiedener Handelskammern berichten, die diese meist in den Jahresberichten zum Ausdruck brachten. Diese Wünsche auf verstärkten Schutz für die staatsretterischen Elemente Hintzescher oder klatzmarekscher Kouleur sind den in den Handelskammern sitzenden liberalen Scharfmachern offenbar zu zahm, so daß sie jetzt zum offenen Angriff gegen das Koalitionsrecht übergehen... �.. Besonders tut sich hierin die oberfrankische Handels» kammer hervor, die in ihrer letzten Sitzung mit allen gegen zwei Stimmen folgenden, den„Liberalismus" bezeichnenden Beschluß gefaßt hat:,,.. � „Die bei den Lohnkämpfen in OberfrankeN gemachten Eh fahrungen zeigen, daß die Arbeitswilligen bei Streiks Bc- schimpfungen, Bedrohungen und Verfolgungen bis in die Familie hinein über sich ergehen lassen mußten, ohne dagegen geschützt zu sein. Dieser mangelnde Schutz ist zum Teil auf die un» zureichende Anwendung der bestehenden Gesetzesvorschriften, be- sonders aber darauf zurückzuführen, daß diese Vorschriften keinen vorbeugenden Charakter haben. Auch wo die Möglichkeit besteht. grobe Ausschreitungen gegen die Arbeitswilligen auf Grund des 8 153 der Gewerbeordnung und der allgemeinen Rechtsnormen des Strafgesetzbuches zu verhüten, oder doch zur- Strafverfolgung zu bringen, kann die Einschüchterung der Arbeitswilligen durch die Streikposten, der psychologische Zwang, welchem die Arbeits- willigen aus Furcht vor den Streikenden unterliegen, nicht auf. gehoben werden, Die Verhütung dieses ZwgvgeZ. bis tsampf
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten