Einzelbild herunterladen
 
Pen die Kammer aber ablehnte. Hu-ssein Hilmi erklärke im Namen der Regierung, der Antrag der Regierung stelle keine Drohung dar. ..Wir sind bereit, unser Leben für die Konstitution zu opfern. Wir stehen unter keinem Druck. Unser Vorschlag bezweckt nun das Wohl des Landes und verfolgt keinen Hintergedanken." EmauuelideS er- klärte, er sei von den guten Absichten der Regierung überzeugt. Wenn die Kammer überzeugt werde, daß die Auflösung für das Wohl des Landes notweudig sei, so sei sie bereit, sie anzunehmen. Vaban Jade stellte den Antrag, die Vorfrage, ab die Regierung das Recht habe, ihren Vorschlag vor Ablauf von zwei Monaten einzu- bringen, an die Kommission zurückzuverweisen. Ueber die Vorfrage entspann sich eine lange Erörterung. Nach Bekanntgabe des ersten Beschlusses auf Verweisung an die Kominissicm erhob sich der Großwesir und erklärte, er werde eine Beratung mit den Mitgliedern des Kabinetts pflegen und sodann der Kammer antworten. Nach Wiederausnahme der Sihung ver­las der Großwesir eine Regierungserklärung, wie folgt: Da die Kammer, anstatt über den Antrag der Regierung abzustimmen, ein Votum über die präjudizielle Frage vorausschickte, das eine Ein- schränkung des Rechtes der Regierung, Gesetze vorzuschlagen� be- deutet, betrachten wir die Abstimmung der Kammer als eine Ab- lehnung unseres Vorschlages. Um diesen Zwischenfall zu beseitigen!, müssen Sie auf die präjudizielle Frage verzichten und zu einer zweiten Abstimmung über unseren Antrag schreiten. Hierauf beschloß die Kammer, auf der Beratung der präjudi- ziellen Frage nicht zu bestehen, wodurch der Zwischenfall be- f e i t i g Hfti Die albanischen Forderungen. Saloniki, 1. August. Die Vertreter von vier albanesischen SandschakS und 24 NahiscS, insgesamt 250 Delegierte, darunter 4 Offiziere, haben unter Führung Mehmed PaschaS aus Kalkaudelen offiziell der Kommission in Pristina   die Forderungen der Arnauten des Wilajcts Kossowo vorgetragen und dem Kabinett eine Frist von 43 Stunden für die Auflösung der Kammer gestellt. Mehmed Pascha   erklärte, falls die Kammer innerhalb dieser Frist nicht aufgelöst ivcrde, würden die Delegierten die nötigen Schritte einleiten, um ihren Forderungen Nachdruck zu geben. Bezüglich der übrigen Forderungen drückten die Delegierten die Ueberzeugung aus, daß ein Einvernehmen nicht schwer zu erzielen sei. Die Kommission erwartet Instruktionen aus Konstantinopel   und die Ankunft Ibrahim Paschas mit weiteren Voll- machten. Der Mali   von UeSküb hat um Instruktionen ersucht, da im Falle der Nichterfüllung der Forderung ein Bormarsch der Arnauten auf UeSküb zu erwarten sei. Ein russisch  -türkischer Zwischenfall. Choi, 1. August. Ein russischer Offizier, der sich in Begleitung von sieben Kosaken mit Auftrögen auf dem Wege nach Kotur befand, wurde auf persischem Gebiet von einem türkischen Posten beschossen. Die Kosaken erwiderten daS Feuer. LlS der russische Offizier Hilfe erhielt, stellte der türkische   Posten das Feuer ein. Der russische Konsul hat einen energischen Protest an den türkischen Konsul gerichtet._ politifche Qcbcrlicbt. Berlin  , den 1. August 1912. Polemische Gelüste scheint die Redaktion derChemnitzer V o l k S st i m m e" zu verspüren. Freilich im üblen Sinne, in jener Provokation gegen- seitiger Liebenswürdigkeiten, die ja für die parteigenössische Dis- lussion so förderlich sind. Dabei hätte eS gerade für dieChem- nitzer Volksstimme" nahe gelegen, da sie doch Eisners Vonschläge zuerst veröffentlichte, wenigstens selbst etwas Sachliches gegen jene Darlegungen des Genossen Hirsch vorzubringen, über die Eisner in seinen beiden letzten Artikeln so leicht hinweggleitet. Und da sich die Redaktion derChemnitzer Volksstimme" rühmt, schon zu einer Zeit für die Landtagswahlbeteiligung mündlich und schriftlich eingetreten zu sein, alsdie gegenwärtigen Vorwärts- redaktcure noch davon träumten, daß die Preußenduma von selbst verfaulen müßte"(der in Frage kommende Vorwärtsredakteur hat freilich schon auf dem Hamburger Parteitag 1897 für die Wahl­beteiligung gestimmt), so hätte sie doch lieber etwas Sachliches zur Debatte beisteuern sollen, statt sich höchst überflüssigerweise per- sönlich an der Vorwärtsredaktion zu reiben«. Aber folgende Stelle desVorwärts" hat eS dem Chemnitzer Parteiorgan angetan: Wenn wir diesmal sofort auf EiSnerS Artikel antworten, so geschieht es nicht der Bedeutung der Eisner scheu Ausführungen wegen, sondern um gewisse(nichtpreutzische) Parteiblätter daraus aufmerksam zu machen, daß doch immerhin eine gewisse Kenntnis des preußischen Wahlrechts und der preußischen Par- teien dazu gehört, um grundstürzende wahltaktische Neuerungen für den preußischen Wahlkampf und Wahlrechtskampf zu empfehlen I" Was wir damit sagen wollten, können wir leider nicht zurück- nehmen, nämlich: daß der Vorschlag Eisners und seine Begründung eine so verblüffende Unkenntnis des preußischen Wahlsystems und der preußischen Politik verraten, daß eS wumder nehmen muß, wie ihn ein Parteiblatt ohne redaktionellen Vorbehalt veröffent- lichen konnte., Natürlich ist eS uns nicht im Traum eingefallen, etwa aus- sprechen zu wollen, daß die Redaktion eines nichtpreußischen Blattes von vornherein nichts von den preußischen Dingen ver- stehen könne. Die-Einschaltungnichtpreußische" sollte vielmehr ausdrücken, daß bezeichnenderweise preußische Parteiblätter bisher den Eisnerschen Artikel unseres Wissens überhaupt nicht abgedruckt haben«! Mit wie wenig Sachkenntnis EiSner an die Erörterung der preußischen Wahlrechtsfrage herantritt, beweist auch folgende Stelle seines letzten Artikels: Oder besteht der Ansturm der Massen von außen darin (was am Schluß des Artikels angedeutet scheint, als Knalleffelt der vorhergehenden Betrachtungen), daß die NichtPreußen in Preußen die Staatsangehörigkeit erwerben sollen. also die staatliche Anerkennung ihrer preußischen Rechtlosigkeit, die auf alle Fälle eine Minderung ihrer bis- herigen staatsbürgerlichen Rechte bedeutet, sofern die nicht etwa aus Mecklenburg   oder Braun- schweig sein sollten?" Diese Darstellung ist unrichtig. Nach dem geltenden Gesetz geht der Angehörige eines Bundesstaates seines Staatsbürgerrechts keineswegs dadurch verlustig, daß er die Staatszugehörigkeit in einem anderen Bundesstaate erwirbt. Vielmehr bezweckte gerade der dem Reichstag   in der letzten Session vorgelegte Entwurf eines Reichs- und Staatszugehörigkeitsgesetzes eine Beseitigung der jetzt 'bestehenden Möglichkeit, mehreren Bundesstaaten gleichzeitig als Staatsbürger anzugehören. Ob diese Absicht der Regierung aber Verwirklichung findet, steht noch sehr dahin. Bom chinesischen Knchenstttck. Man schreibt uns:-« r-i Ter Tod des Kaisers von. Japan   lenkt die Aufmerkiamleit »vreder nach dem fernen Osten. Wir ergreifen diese Gelegenheit zum� Aufwerfen einiger Fragen wegen KiautschouS, die für die deutschen   Sieuerzaltfer sehr wichtig sind. Kiautschou   wurde bekanntlich vom Deutschen Reich nicht er» o b e r t, sondern nur gepachtet, und zwar aus 99 Jahre. Unter einer Pacht versteht man, wie jedermann weiß einen Zu- stand, bei dem die Nutznießung eines immobilen Eigentums nelsst Zubehör gegen einen gewissen Preis an eine von dem Eigentümer verschiedene Person aus eine bestimmte Zeit übergeht, der Eigentümer aber trotzdem Besitzer bleibt. Wir sehen ganz davon ab, daß der Vertrag, mit dem Kiau- tschou gepachtet wurde, vor einem ordentlichen Gericht überhaupt nicht gültig wäre, weil dabei von deutscher Seite mit dem Schieß- eisen gewunken wurde. Der Vertrag wurde China abgezwun- gen, ist also nach gewöhnlichen Begriffen rechtsungültig. Doch zerbrechen wir uns darüber nicht weiter den Kopf, sondern halten wir daran fest, daß der Pachtvertrag auf 99 Jahre abgeschlossen wurde. Dieser Pachtvertrag läuft jetzt schon 14 Jahre. N a ch 85 Jahren ist er also aöge laufen. Was ist es nun, wenn China   nach Ablauf dieser Zeit den Pachtvertrag nicht erneuern wird? Die Ausrede, daß der Vertrag nur ein Scheinvertrag und mit der Pacht die Annexion gemeint war, wäre natürlich nicht angängig, nachdem die Regierung Wilhelms II. hölhstselbst nicht eine Annexion, sondern nur eine Pacht Urkunde unterschrieben hat. Es bliebe also dem Deiitsa)en Reiche nichts anderes übrig, als das zu tun, was jeder Pächter, dem die Pacht gekündigt wurde, nach Ablauf der Pachtzeit tun muß, nämlich abzuziehen. Oder soll es wegen Kiautschou   einen eklatanten Rechtsbruch begehen und mit China   einen Krieg beginnen? Wir glauben, daß in 85 Jahren China   durch den Einfluß Japans   so aussehen wird, daß die Herren Kaukasier, inklusive der Deutschen  , es sich vielmals überlegen wer- den, che sie damit anbinden. Wie kann die Reichslcitung aber in eine Pachtung Millionen über Millionen hineinstecken, obwohl die größte Wahrscheinlich keit dafür spricht, daß sie diese Pachtung nach einer Zeitspanne, die im Leben eines Volkes nicht groß ist, wieder abgeben muß? Wie kann der Reichstag   für eine solche mehr als zweifel- hafte Errungenschaft Millionen über Millionen bewilligen? Die Optiniisten, die meinen, China   müsse dann dem Reiche die Hunderte von Millionen ersetzen, die es für Kiautschou verwendet hat, mögen daran denken, daß China   nach Ablauf der Pachtzeit mit Fug und Recht sagen kann: Wir haben Euch nicht gerufen, wir haben uns nur der Gewalt gebeugt. Jetzt sind wir die Stär- keren, also Wurst wider Wurst, nun müßt Ihr Euch vor unserer Gewalt beugen. Macht, daß Ihr zum Teufel kommt! Wohlpräparierte Eintracht und Begeisterung. Der bevorstehende Katholikentag in Aachen   soll nach dem Willen des Klerus und der Zentninisleitung alle früheren Demonstrationen des»katholischen Volkes" Deutschlands   an Gewaltigkeit, Begeisterung und Eindringlichkeit überbieten. Deshalb muß verhindert werden, daß der gehässige Kampf zwischen Vachemitcn und denBerlinern" irgendwo zum Vorschein kommt und die schöne Festesfreude trübt. War eS schon bisher edler Brauch, daß jeder Redner seine aus der Begeisterung des erhabenen Augenblicks" emporsteigende Rede vor. her einem Prüfungsausschuß zur Begutachtung vorlegen mußte, so soll diesmal jede Reoe ganz besonders strenge geprüft werden, damit nicht einer der Redner sich in seiner christlichen Liebe scharfe Ausfälle gegen die andere katholische Richtung gestattet. Dem Verl  . Tageblatt" wird darüber von katholischer Seite aus dem Rheinland   gemeldet: Bekanntlich bezwecken die Katholikentage, dievöllige Einig- keit der Katholiken nach außen hin glänzend zu dokumentieren. In den pompösen öffentlichen Versammlungen hört man nie einen Mißklang, dort herrschen immernicht enden wollender, tosender Beifall" undstürmische Zustimmung". Man weiß übrigens in den leitenden Kreisen der Katholikentage prophetische genau, bei welchen Abschnitten der Reden der Beifall und Zustimmung ein- setzen werden. Man geniert sich darum auch nicht, schon in den Druckabzügen der Reden, die fertiggestellt werden, noch bevor sie gehalten worden sind, den üblichen Beifall und die übliche Zustim- mung zu vermerken....- Die bestellten Redner müssen lange vorherihre Reden bei dem Komitee der Katholikentage einreichen, damit sie einer peinlich genauen Untersuchung unterzogen werden können. Zweck dieser Uebung ist, daß in diesen Reden nichts vor- kommen darf, was nur einigermaßen gegen den offiziellen Jen- trumsgedanken verstoßen könnte. Auf diese Weise war es möglich, der erstaunten Welt volle Harmonie vorzugaukeln. So war es möglich, daß man auf dein Katholikentag in Würzburg   1909 kein Sterbenswörtchen über Schell zu hören bekam, obwohl der Kampf gegen und für Schell und Connner gerade feinen Höhepunkt erreicht hatte. Freilich hinter den Kulissen ging es hart zu. Auch in diesem Jahre wird man auf dem Katholikentag nichts über Gewerkschaftsfreiheit, Ber  - liner Richtung, Bachemiten und Pieperiten zu hören bekommen. Sorgsam scheiden die Macher vorher alles Bedenkliche aus. Eine der Reden ist selbst auf den Ton gestimmt: Li guis dixerit, daß wir nicht völlig einig sind und es nicht immer gewesen sind und es nicht immer sein werden, damnatus sit." Diese Rede soll, wie verlautet, von allen Graden der Begeiste- rung und Zustimmung unterbrochen werden. In Aachen   wird der Kölner TerroriSmuS Orgien« feiern und auf der ganzen« Linie triumphieren. Die Berliner sind zum Schweigen gezwungen. Die Parole lautet:Bcrolinum taceat in Ecclesia." Damit die Berliner   vollständig als Schafe ohne Hirten in Aachen   herumgehen werden, ist es dem Grafen Oppersdorfs verboten worden, in Aachen   zu er- scheinen. Dieses Verbot ist dem Grafen in einem Briefe des Grafen Droste zu Vischering, Präsiden«ten der Katholikentage, zuge- stellt worden."_ Er mustte zur Beichte. Ein kaum glaublicher Vorfall wird aus der Schongauer Gegend berichtet. Am Sonnabend abend fuhr der Dienstknecht Martin Schaller mit einem leeren Leiterwagen von Schivabbruck nach Oster- zell. Kurz vor Schwabsoyen kam der Wagen auf der schlüpfrigen Straße ins Rutschen und kippte um, wobei Schallcr in den mit Wasser gefüllten Straßengraben fiel. Er lag vollständig einge- zwängt unter dem Wagen und war nicht imstande, sich aus seiner lebensgefährlichen Lage zu befrszen. Dabei mußte er seine Pferde fest an den Zügeln halten, denn wenn diese nur einen leichten Ruck getan hätten, wäre es um sein Leben geschehen gewesen. So mußte der Verunglückte die ganze Nacht verbringen. Endlich, morgens gegen 6 Uhr, kam der Oekonom   und Kirchenpfleger Andreas B e i e r l e aus Schwabbruck   des Weges daher. Flehentlich rief ihn Schaller um Hilfe an. Aber Beierle erklärte, er müsse zur Beichte noch Osterzell   und dürfe sich deshalb seine Kleider nicht beschmutzen! In Osterzell   angelangt, telephonierte Beierle dann freilich an die Gemeindeverwaltung der nur einige Minuten von der Unfall- stelle entfernten Ortsck�aft Schwabsoyen. So konnte der Knecht um 7 Uhr morgens endlich gerettet werden. Zweifellos ist dieser Kirchenpfleger Beierle ein ehrsamer Jen- trumsmann._ Ein Opfer des Militarismus. Zu fünf Jahren Gefängnis verurteilte vor einigen Mo- naten das Magdeburger   Kriegsgericht ven Arbeitssoldaten Karl Arendt wegen eines tällichen Angriffs auf einen Vorgesetzten. Am Mittwoch bestätigte das Oberkriegsgericht des 4. Armeekorps in Magdeburg   das Urteil. Arendt ist einer jener Menschen, die trotz besten Willens sich nicht in den militärischen Drill einzupassen ver- mögen und sich infolgedessen Strafe über Strafe zuzuziehen. Während er vor der Militärzeit nur eine einzige kleine Geldstrafe davon- getragen hatte, hat er nach seinem Dienstantritt bereits nicht weniger als über 60 Bestrafungen erlitten, alle wegen Ungehorsams und Widersetzlichkeit. Die fünf Jahre Gefängnis hat er er» halten, weil er eines Tages, als er wieder einmal in Arrest abgeführt werden sollte, beim Vorzeigen seiner Sachen einen Befehl eines Sergeanten, die vorgelegte Unterhose höher zu halten, nicht befolgte, sondern statt dessen die Hose nahm und sie mit der aus GoethesGötz von Berlichingen  " bekannten liebenS- würdigen Einladung dem Sergeanten ins Gesicht warf. Die ewigen Konflille mit den Vorgesetzten gaben aber schließlich doch Veranlassung, Arndt auf seinen Geisteszustand beobachten zu lassen. DaS Ergebnis war, daß er zwar ein minder- w e r t i g e r Mensch, aber für seine Handlungen ver- a n t w o r t l i ch(?) sei. Als er vom Lazarett wieder in die Arrest- zelle übergeführt werden sollte, unternahm er einen Flucht- versuch. Dabei warf er einem ihm entgegenkommenden Feld- webel eine Putzkiste ins Gesicht, stellte sich einem Sergeanten, in jeder Hand einen Mauerstein haltend, in drohender Haltung gegen- über und forderte ihn schließlich auf, ihn, Arendt, nieder- zustechen. DieseUntaten" sichern ihm auch noch eine lange Reihe von Jahren Gefängnis. Sollte der Mann wirklich für feine Handlungen verantwortlich sein? Kinematographen-Erdrosselungssteuern wurden von den bürgerlichen Stadtratsmehrheiten in Elberfeld  und Barmen beschlossen. Beide Stadtverwaltungen legten den Stadtverordneten Nachträge zur lommunalen Lustbarleitssteuer zur Beschlußfassung vor. Die bisherige LustbarkeitSsteuer betrug 10 Proz. des Eintrittspreises mit der Maßgabe, daß für Billette bis zu 50 Pf. 6 Pf. Steuern zu entrichten waren und für je begonnene weiter» 50 Pf. gleichfalls 5 Pf. In beiden Städten sind im vorigen Jahr rund IV, Millionen Kinematographen-VillettS versteuert worden. Beeinflußt durch die Klagelieder der Theaterdirektoren über die Kino- konkurrenz, unterbreiteten beide Stadtverwaltungen den Gemeinde- Parlamenten den Antrag, die Lustbarleitssteuer für Kinematographen zu verdoppeln. Daß durch solche Stcnererhöhung der Kientoppschund nicht bekämpft werde, das sprach in Barmen Oberbürgermeister Voigt, der dem- nächst nach Fronlfurt geht, offen aus. In Düsseldorf   hätte die Verdoppelung der Steuer die Besucherzahl nicht vermindert. Die Sache kommt also lediglich auf eine ganz gewöhnliche Schröpfung der Massen heraus. Im übrigen werden dadurch einige kleinere Kinobesitzer bankrott gemacht, während die Großen weniger getroffen werden. Dennoch stimmten die gesamten bürgerlichen Stadtverordneten aller Parteien für die Erdrosselungs- steuer kleiner Unternehmungen und Belastung der Massen, was für die angebliche Mittelstands- und Volksfreundlichkeit besagter Paeteien sehr bezeichnend ist. Unsere Genossen wandten sich scharf gegen Uesen Raubzug, weil man dadurch nicht den Schund bekämpft, stndern nur kleine Existenzen vernichtet und die mittellose große Masse neu be« lastet. Gegen die Stimmen der Sozialdemokraten wurde die Ver» Koppelung der Steuer dann in beiden Stadtparlamenten beschlossen. Nach den Handelskammern die Innungen. Von dem sächsischen JnnungStage in Chemnitz   wurde folgende Entschließung einstimmig angenommen: Der 25. sächsische JnnungS- tag richtet daS ergebene Ersuchen an die Reichs- bezw. Landes- regierung, sie wolle im Interesse des ganzen GewerbestandeS, sowohl der Industrie als auch vor allen Dingen der Arbeiter und des Handwerls, für ein Verbot des Streikpostenstehens eintreten, sowie einen Schutz der Arbeiter auf den Arbeitsstätten einführen." Außer« dem forderte der JnnungStag die Verschärfung des§ 153 der Ge- werbeordnung und verlangte, daß die Anstiftung zuin Boykott unter Strafe gestellt werde. Bis zum Wiederzusammentritt des Reichstages werden ja wohl olle Trabanten der Scharfmacher aufmarschiert sein und den ge- wünschten Ruf nach dem Zuchlhausgesetz ausgestoßen haben. Graf und Student auf der Straste. Aus Halle a. S. berichtet man: Am Mittwoch stand der Leut- nant der Landwehr ersten Aufgebots, Graf Nikolaus von Luckner  von hier, vor dem hiesigen Kriegsgericht wegen Zweikampfs auf Säbel unter Anklage. Der Herr Graf war in einer April- nacht mit dem Studenten der Mathematik Apel auf der Großen Steinstrahe in Wortwechsel geraten. Apel hatte v. Luckncr ange- pöbelt und ihm den Weg versperrt. Man handelte nicht nach Knigges Umgang mit Menschen, sondern man betitelte sich mit Worten wie:Lumpiger Kerl, Schafskopf und Kneifer". Dann ?ing man zu Tätlichkeiten über, bei denen der Student eine Oh» eige erhalten haben soll. Als der Student auch dem Grafen einen Backcnstreich verabreichen wollte, fing dieser den ihm zugedachten Schlag mit dem Arm ab. Bald daraus erhielt der Leutnant die Forderung. Der Zweikampf wurde am 6. Juli, wie ein Regie- rungsbaumeister bekundete, auf dem Dorfe Diemitz bei Halle nach denhergebrachten Regeln" ausgefochten. Ueber den Verlauf wurde nicht geredet. Der Student, der wegen der Forderung näch» stens vor die Strafkammer kommen wird, machte von seinem Recht der Zeugnisverwcigerung Gebrauch. Der Graf wurde vom Kriegs- geeicht zu drei Monaten. Feswngshaft verurteilt. DieGebildeten", die sich auf der Straße anpöbeln und dann zum Säbel greifen, kommen auf Festung. Der Streiker kommt in sollchen Fällen ins Gefängnis. Recht so im Klassen staat. Spionenschnüffelei. Sonderbare Blüten treibt die Spionagefurcht in dem berühmten Hinterpommern. Ist da unter den polnischen Arbeitern bei dem Bahnbau Dominke-Stolpmünde in dem Dorfe Wobesde ein Arbeiter, der etwas besser aussieht und sich an den groben Belustigungen seiner Landsleute nicht beteiligt, sondern sich von allem zurückzieht und sich in einem Büchlein etwas aufzeichnet, unter anderem auch die jammervollen Arbciterwohnungen und sonstige entsetzliche Zu­stände auf dem Lande. Kein Wunder, daß die Gutsbesitzer in Schrecken geraten und einen Spion wittern. FlugS wird der Staats­anwalt zitiert. Der zum.Offizier a.-D." gestempelte Arbeiter wird verhaftet und in das Gefängnis zu Stolp   eingeliefert. Hochnotpeinliche Verhöre erfolgen mit dem Resultat, daß der Arbeiter srengelasscn wird, da der Verdacht u n b e» gründet ist. Was halbzerfallene Arbeiterhäuser, eingestürzte Back- öfen und weidende Kühe mit Spionage zu tun haben. daS begreift allerdings der dumme Menschenverstand nicht, das weiß nur der Diplomat._ ftonhrcfcb. Eine russisch  -französische   Marine-Konvention. Paris  , 1. August. Nach einer Meldung desTemps  " haben in den letzten Wochen Verhandlungen ztoischen der russischen und der französischen   Negierung über den Abschluß ein er Mariuekonvention zur Ergänzung des Zwcibwndvertrages stattge- funden. Die Verhandlungen wurden durch den Fürsten  Lieben. Chef des russischen Marinestabs, bei seiner Anwesen- heit in Paris   geführt. Die Abmachungen werden Voraussicht- lich bei der Anwesenheit des Ministerpräsidenten Poincar6 in Petersburg   ratifiziert werden. Lelgien. Die Generalstreikvorbereitungen. Man meldet uns aus Brüssel  : In Ergänzung unserer Mit- teilungen über die Organisierung des Generalstreiks ist noch hinzu-