Einzelbild herunterladen
 
GewerhfcbaftUcbes. StaatUcb subventionierte Hrbeitswütigen- ausbilclung. Um einen angeblichen Mangel an geeigneten Strohhut- näherinnen zu beheben, entschloß sich der Verein Sächsischer Stroh- Hutfabrikanten unter Mitwirkung des Dresdener Gewerkverbandes für die Heimarbeiterinnen Deutschlands   in Dresden   eine Stroh- hutnähschule zu errichten. Zu den auf jährlich 6000 M. veran­schlagten Unterhaltungskosten der Schule will der Unternehmer- verein, der den Hauptnutzen von der Schule hat, pro Jahr 1500 M. bezahlen. Das Schulgeld von 140 Lernenden ä 10 M. soll weitere 1400 M. bringen. Den Rest von 3000 M. schießt zu gleichen Teilen die Stadt Dresden   und das sächsische Ministerium zu. Den Antrag an Stadt und Staat, eine jährliche Beihilfe von je 1500 M. zu leisten, hat der Fabrikantenverein damit begründet: Die Stroh- Hutindustrie im Dresdener Bezirk die in 32 größeren Betrieben 5800 Arbeiterinnen, darunter 3600 Strohhutnäherinnen beschäftigt sei wegen Mangel an geeigneten Strohhutnäherinnen nicht in der Lage gewesen, den Bedarf an Strohhüten decken zu können, sie habe öfter wertvolle Aufträge zurückweisen müssen. Den jährlichen Neubedarf oder Mehrbedarf von 216 Näherinen könnten sich die Fabrikanten durch Anlernenlassen in ihren Betrieben nicht be- schaffen. Die zeitlichen Zwischenräume von Saison zu Saison würden immer kürzer, es greife eine Saison in die andere über, daher fehle es den Fabrikanten an der Zeit, sich Näherinnen selbst anzulernen. Diese Begründung steht mit den Tatsachen im schroffsten Widerspruche. Tatsächlich wird die Saison, die sich auf die Zeit von November bis gegen Pfingsten erstreckt, immer kürzer und die Zwischenräume von Saison zu Saison immer größer. Aber die Fabrikanten haben während des flauen Geschäftsganges übergenug Zeit, um sich Näherinnen anlernen lassen zu können. Das haben sie auch stets getan. Lehrkräfte zum Anlernen neuer Näherinnen stehen den Fabrikanten massenhaft zur Verfügung, denn alljährlich sind vom Mai bis November Taufende von geübten Näherinnen arbeitslos. Gegenwärtig gibt es seit Monaten in Dresden   noch weit über 1060 arbeitslose Strohhutnäherinnen. Es erscheint sehr zweifelhaft, daß wegen Mangel an Näherinnen jemals ein Auftrag zurückgewiesen werden müßte. Besonders in der Hochkonjunktur bestimmt übrigens der Unternehmer, soviel muß pro Tag geliefert werden. Ob namentlich die Heimarbeiterinnen täglich 16 20 Stunden.arbeiten müssen, um das ihnen gestellte Pensum fertig zu bringen, das spielt keine Rolle; wer nicht liefert, der fliegt nach der Saison. Anstatt, daß die Behörden sich vergewissern auch durch Anfragen bei der Organisation der Hutarbeiter, der reiches statistisches Material zur Verfügung steht ob die Angaben der Antragsteller auf Wahrheit beruhen, haben das Stadtverordneten- kollegium, trotz des Protestes des Stadtverordneten Buck, und das Ministerium glattweg die geforderten Summen bewilligt. Ueber die Motive zur Gründung der Strohhutnähschule mit städtischer und staatlicher Subvention hat sich nachträglich die Strohhutzeitung", das Organ des Fabrikantenvereins, verplappert; es führt zu dem KapitelStrohhutnähschule" u. a. aus:Ein Streik, wie bei der Firma Schutzes Söhne in Kreischa  (1911) hätte nie ausbrechen können, wenn die Branche über eine Nähschule»er- fügte." Das ist des Pudels Kern! Die Strohhutnäherinnen hatten sich ihrer Berufsorganisation angeschlossen und waren mit Erfolg bemüht, Lohnreduktion«, abzuwehren und Lohnverbesserun- gen durchzusetzen. Das Vorgehen der Näherinnen ist den schwer- reichen Strohhutfabrikanten auf die Nerven gefallen. Sie wollen sich eine Arbeitswilligenschule errichten, um die organisierten Arbeite- rinnen niederhalten zu können. Die Kosten für diese Arbeitswilligen- schule selbst zu tragen, fällt den Herren gar nicht ein, sie überlegten sich, wie sie dafür die Mittel der Allgemeinheit für ihre Privatzwecke flüssig machen könnten. Dabei kamen sie auf den Gedanken, ei geht, wenn man seine Privatinteressen mit Allgemeininteressen be- mäntelt. Die Spekulation ist geglückt, die Unternehmer fanden bei den Körperschaften, die über öffentliche Mittel zu verfügen Hadem ein williges Ohr, die Allgemeinheit bezahlt die Kosten für den neu- artigen Unternehmerschutz, der in keiner Weise nötig und be- rechtigt ist. Eine christlicheLohnbewegung". Lohnbewegungen sind für Gewerkschaften, welche diesen Namen verdiertW� die ernstesten Dinge. Eine christliche Gewerkschaft aber hat es fertig gebracht, eine Lohnbewegung ihrer Mitglieder zu einer Posse zu machen und sich selbst dadurch der Lächerlichkeit preiszu- geben. Wie uns berichtet wird, wollten die Arbeiter einer Ab- teiluug der FirmaWestfälische Drahtindustrie" in Hamm   eine Erhöhung ihrer Akkordlöhne durchsetzen. Als ihre. Bemühungen keinen Erfolg hatten, wandten sich die Arbeiter an ihre Organisa- lion, den Christlichen Metallarbeiterverband. Die Arbeiter erwarteten natürlich, daß ihr Verband die Lohnbewegung durchführen und die Firma zur Gewährung der geforderten Lohn- zulage auf die eine oder andere Weise bewegen möge. Doch darin sahen sich die Arbeiter getäuscht. Die Verbandsleitung mag es für unchristlich gehalten haben, die Unternehmer durch Vertretung einer Lohnforderung in ihrem wirtschaftlichen Frieden zu stören. An- dererseits wollte sie es auch mit ihren Mitgliedern nicht verderben, deren Forderung wohl als berechtigt gelten mußte. In wahrhaft genialer" Weise fand die christliche Verbandsleitung einen Aus- weg aus diesem Dilemma. Sie zahlte den Arbeitern aus der Verbandskasse die Differenz zwischen den bisherigen und den geforderten Löhnen. Das mochte in diesem Falle angehen, weil es sich anscheinend nur um geringe Beträge handelt, die jedenfalls nicht für die Dauer zu zahlen sind. Es ist festgestellt, daß Arbeiter zu ihrem Verdienst von 150168 M. einen Zuschuß von 11 M. aus der Verbandskasse erbielteu. Ein Mitglied der Verbandsleitung, über diese neuartige Lohnbewegungstaktik zur Rede gestellt, recht- fertigte sich, indem er sagte: Wenn die Lohnerhöhung aus der Ver- bandskasse gezahlt werde, so koste das dem Verband nur 1000 M., während eine Lohnbewegung 0000 M. gekostet haben würde. Wenn die christlichen Gewerkschaften diese Taktik fortsetzen, dann wird ihnen der Segen des Papstes ebenso sicher zuteil werden, wie das unbegrenzte Wohlwollen der Unternehmer. Auch die Mit- glieder, denen es jedenfalls egal ist, wer ihnen die Lohnzulage zahlt, dürften damit zufrieden sein, vorausgesetzt, daß der Heilige Vater den christlichen Gelverkichaften nicht nur seinen Segen, sondern auch seinen Peterspfennig zur Verfügung stellt. Ohne diesen würde die neue Art, Lohnbewegungen zu erledigen, nicht lange befolgt werden tonnen._ Berlin   und Clnigegcnd. Der Abwehrstreik der Bau- und Arbeitskutscher in Charlottenburg  . Die Firma G ö h r k e u. Co. hat am Freitag den 2. August den von ihr unterschriebenen Tarifvertrag, welcher mit dem Deutschet. % Transportarbeiterverband am 14. Juli abgeschlossen war, zun, zweiten Male unterschriftlich anerkannt und haben die Kutscher und Arbeiter am Sonnabend, den 3. August die Arbeit wieder aufge- nommen. Fuhrwerksbesitzer Herr Wilhelm Hanisch, Kaiserin- Augusta-Allee 73, hat es gut verstanden, seinen Kutschern zu er- zählen, daß der Tarifvertrag mit dem Transportarbeiterverband unterschrieben ist, da aber die Kutscher   mit Recht das nicht glauben konnten und Herr W. Hanisch den mit seiner Unterschrift ver- sehenen Tarifvertrag nicht zeigen konnte, so haben auch seine Kut- Berantw. Redakteur: Albert Wachs, Berlin  . Inseratenteil verantw.; scher und Arbeiter Me Arbeft geschlossen wieder niedergelegt. Fuhr- Werksbesitzer Herr Audust Ambeel, Sophie-Charlotten- Straße 110, Vorsitzender des Bezirksvereins Charlottenburger Fuhr- Werksbesitzer, ist für die Tarifgemeinschaft mit dem Transport­arbeiterverband in der am 15. Juli in den Hohenzollernfestsälen stattgefundenen gemeinsamen Sitzung zwischen Charlottenburger  Fuhrherren und den Vertrauensleuten der einzelnen Betriebe auf das energischste eingetreten, was auch zweimal, ein st immig von allen anwesenden Fuhrwerksbesitzern beschlossen wurde. Herr August Ambeel hat am 9. Juli 1012 durch ein Schriftstück dem Deutschen Transportarbeiterverband bekanntgegeben, daß er den kommenden Tarifvertrag unterschreiben und anerkennen werde, er hat auch als erster der Arbeitgeber unterm 14. Juli unterschrieben. Herr August Ambeel war leider auch einer der ersten Arbeit- geber, welcher es sich zur Pflicht machte, den unterschriebenen Tarif nicht inne zu Uilten. Also wieder wie wir es bei den Schwerfuhr- Werksbesitzern leider so oft feststellen müssen, ein Tarifbruch. Herr PaulDettera, Osnabrücker Straße 4, ist der Ansicht, daß wenn die Kutscher   und Arbeiter genug gehungert haben, sie schon bei ihm sich anbetteln werden. Der Herr wird darauf allerdings lange war- ten müssen, die Kutscher   und Arbeiter haben in den langen Jahren ihrer Tätigkeit so oft hungern müssen, daß es bei ihnen schon zur Gewohnheit geworden ist, und da die Streikunterftützung kaum niedriger wie der Lohn ist, fühlen sich die Streikenden vorläufig ganz wohl. Ob die Fuhrhcrren diese lange Zeit aushalten werden, bezweifeln wir allerdings, denn es können doch nur solange Pferde verkauft werden, solange solche im Stalle stehen. Da der Fuhr- Unternehmer W e r n i ck e glaubt für die Firma H a n i s ch Raus- reitzerdienste machen zu müssen, so ist auch dieser Betrieb wie die vorerwähnten von Ambeel, Hanisch und Detters für jeden Kutscher und Arbeiter gesperrt. Die streikenden Bau- und Arbeitskutscher ersuchen die arbeitenden Kollegen nochmals, jede Streikarbeit sofort von sich zu weisen. Zur Zigarrenarbeiterbewegung von Grost-Berlin. Dem Zigarrenfabrikanten Gustav Becker   in Neukölln, Inn- straße 20 i. L., mußten Tarif und Plakat entzogen werden, da der- felbe auf drei Sorten Zigarren Abzüge am Arbeitslohn von 70 Pf. pro Mille gemacht hat. Auch hat er einen Nichtorganisierten ZU garrenarbeiter eingestellt. Trotz Unterhandlung mit Vertretern der Tabakarbeiter war der Herr nicht zur Erfüllung des von ihm durch Unterschrift anerkannten Tarifes zu bewegen. Die Fabrik ist somit für Verbandsmitglieder gesperrt. Achtet auf die grünen Plakate unterzeichnet mit Alwin Schulze. Deutscher   Tabakarbeiterverband. OeutTcbes Reich. Ein langwieriger Kampf in der Stockindustrie. Seit dem 20. April d. I. wird in Wald   bei Solingen   ein hart- näckiger Kampf in der Stockindustrie geführt. An diesem Tage stell- ten 93 Arbeiter die Arbeit ein, weil die Fäbrikanten sich weigerten, die Forderungen der Arbeiter zu bewilligen, �n der Hauptsache gilt dieser Kampf der Erringung des Neunstundentages, der in an­deren Orten der Stockindustrie schon längst eingeführt ist. Von An- fang an nahmen die Unternehmer einen ablehnenden Standpunkt gegen die Arbeiterforderungen ein. Verhandlungen mit den Or- ganisationSvertretern, die schon vor Beginn des Kampfes von den Fabrikanten bestimmt in. Aussicht gestellt waren, kamen nicht zu- stände. So hat denn in den ganzen 14 Wochen des Kampfes noch keine Verhandlung stattgefunden. Der Bürgermeister des Ortes machte einmal den Versuch, die streitenden Parteien zu einer Ver- Handlung zusammenzubringen. Aber wieder scheiterte dieser Ver- such an der Starrköpfigkeit der Fabrikanten. Diese stellten als Be- dingung für etwajge Verhandlungen, daß zunächst die Forderung der neunstündigen Arbeitszeit zurückgezogen werden müsse. Die Ar- bester denken aber nicht daran, von dieser Forderung ohne weiteres zurückzutreten. In einem Schreiben des Bürgermeisters an ditz Organisationen, das den Bescheid der Unternehmer mitteilte, wur- den neue Verhandlungen in Aussicht gestellt. Seit dieser Zeit sind aber wieder einige Wochen ins Land gegangen, ohne daß etwas ge- schah. Die Arbeiter rechnen jetzt nicht mehr mit einer baldigen Be- endigung des Kampfes. Die Fabrikanten machen die verzweifeltsten Anstrengungen, um Uneinigkeit in die Reihen der Streikenden zu bringen. Bis jetzt haben sie gar keinen Erfolg damit gehabt. Streikende, die in an- deren Branchen Arbeit angenommen hatten, wurden nach kurzer Zeit wieder entlassen, mit der Begründung, daß von anderer Seite ihre Entlassung verlangt worden sei. Von den Streikenden ist noch keiner zum Streikbrecher geworden. Die wenigen Arbeitswilligen werden auf die Dauer nicht imstande sein, die Arbeit zu machen, und daher ist es notwendig, daß von auswärts keine Arbeiter sich an- werben lassen für alle Branchen der Stockindustrie nach Wald.  Züchtung der Gelben auf der Kaiserlichen Werft Wilhelmshaven. Die Wahl des von den freien Gewerkschaften aufgestellten Ar- beiterausschutzkandidaten hat bei den gelben Drahtziehern auf der Kaiserlichen Werft sowie bei ihren hohen Protektoren einige Ueber- raschung hervorgerufen; sie versuchten bereits, einen Gegenschlag zu führen. Drei der braven Nationalen haben die Wahl angefoch- ten mit der Begründung, daß die Wahlbeisitzer Stimmzettel zur Verteilung brachten und damit eine unerlaubte Beeinflussung ge- trieben hätten. Die Werftverwalwng hat sich nun beeilt, dem an sie gestellten Verlangen auf dem schnellsten Wege entgegenzu- kommen und die Wahl für ungültig zu erklären. Als Gründe für diesen Streich werden drei Punkte angegeben: 1. seien beim Ressort IV(Maschinenbauressort) bei der Wahl offene Wahlurnen verwandt worden. 2. hätten die Beisitzer während der Wahl be- schriebene Zettel verteilt und damit Agitation getrieben, und 3. habe sich ein Beisitzer während der Wahl entfernt. Dazu ist zu be- merken: Es sind noch bei keiner Arbeiterausschußwahl auf der Kaiserlichen Werft durchweg geschlossene Kästen als Wahlurnen ver- wandt worden, sondern immer befanden sich dabei solche wie im an- gegebenen Falle eine zur Verweisung kam. Die der Agitation be- schuldigten Beisitzer haben während des Wahlaktes selbst keine Stimmzettel verteilt, sondern dies vor Wahlbeginn getan und so- mit nur ein gutes Recht ausgeübt, das bisher stets zugestanden worden ist. Ein Beisitzer hat sich allerdings vor Schluß der Wahl- Handlung entfernt, um an der eben beginnenden Sitzung des Ar- beiterausschusses teilzunehmen. Die Gründe für diese Ungültig- keitserklärung sind also an den Haaren herbeigezogen. Wir sind überzeugt, hätte bei der Ersatzwahl der gelbe Kandidat gesiegt, wäre alles in bester Ordnung gewesen. Aber so! Bezeichnend ist, daß der Anordnung der Werftsverwaltung gegenüber keinerlei Sin- spruchsrecht besteht. Die Oberwerftdirektion dekretiert und damit ist die Angelegenheit erledigt, die Arbeiter müssen sich fügen. Die Neuwahl ist auf den 7. August festgesetzt. �us Indurtric und fiandcl. Industrielle Nebenprodukte. Die Industrie der Neben- und Abfallprodukte erzeugt heute Werte, die in die Hunderte von Millionen gehen. Das Lumpen- sammlerprinzip, aus dem Nichts, dem achtlos Weggeworfenen, be- deutende Werte herauszuholen ist längst Wirtschaftsregel der ganzen Warenproduktion geworden. Die Hochofenschlacken werden so zu Pflastersteinen; die Metallspäne an Hobel  - und Drehbänken gehen, zu Briketts zusammengepreßt, als hochwertiges Metall in den Han- dcl; Messingstangen gehen tonnenweise in die Heimarbeiterbezirke Deutschlands  , dort sitzen Heimarbeiter und-arbeiterinnen, drehen Messingschrauben für die Elektroindustrie, die sie nicht bezahlt, der Unternehmer erhält nur den Abfall und lebt davon! Die Abfall"verwertung hat ihre grüßten Triumpse in der Gas-, Koks- Th, G! ocke. Berl'n. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u, Verlagsaiiftalt und chemische« Industrie gefeiert Henke ist der KokS ku diele« Kokereien beinahe Nebenprodukt geworden. Bei dem Verkoken er- zeugte Gase treiben Maschinen; aus der schwarzen Steinkohle holt man nicht nur alle Anilinfarben, sondern auch eine Unmenge medi- zinischer Chemikalien heraus. Die Hochofengase, früher zerstaubten sie frei in der Luft, sie sind heute längst zu bedeutsamen Energie- kräften der Industrie geworden. Die Entzinnung von Konserven- büchsen gebrauchten natürlich! und anderem Weißblech ist eine ganze Industrie am Niederrhein  , die jährlich für 75 000 Tonnen Weißbleche entzinnt. Die Rauchkammerlösche unserer Eisenbahn- lokomotiven, die, als Verbrennungsrückstandproduziert", früher als willkommenes Heizmittel von den niedrig entlohnten Eisenbahn- arbeitern benutzt wurde, ist heute Betriebskraft großer Gas- Maschinen. Abfallprodukte der Kaliindustrie wandern als Bau- Material auf den Markt. Man denke auch an Müllverwertung und städtische Abfallsammlung. Bei der Koksproduktion ist eS heute oft tatsächlich so, daß sie nur um der Nebenprodukteerzeugung in so großem Ausmaße be- trieben wird. Welche Werte tu der Nebenproduktion liegen, zeigen die folgenden beiden Beispiele. Ammoniak ist Nebenprodukt des Verkokungsprozesses. In Deutschland   wurden 1011, wie soeben bekannt wird, davon 418 000 Tonnen hergestellt. Es existiert eine Deutsche Ammoniak-Verkaufs- Vereinigung G. m. b. H. in Bochum  , die 1011 283 000 Tonnen schwefelsauren Ammoniak auf den Markt brachte. Der Gesamtpreis dieser Produktion stellte sich auf 68 000 000 M.l Ein anderes Nebenprodukt des Kokes ist Benzol. Auch hier haben wir eine Organisation, die für gute Preise zu sorgen hat, die Deutsche   Benzolvereinigung. Die in dieser Vereinigung zusammen- geschlossenen Kokereien setzten 1011 für insgesamt 66 400 Tonne« Benzol, 6011 Tonnen Toluol und 7308 Tonnen Tyol und Volvent- naphta ab. Die Produktion dieser Chemikalien hatte einen Wert von 13,5 Mill. M. So sehen wir in Deutschland   nicht nur immer mehr die rest- lose Verwertung des Rohmaterials üblich werden, sogar der Abfall unterliegt noch einem Sonderverbrauch. Wir haben in der In- dustrie der Abfallprodukte heute feste Preiskartelle und Syndikate; die deutschen   Großbanken sind in-dieser Industrie beteiligt, Hunderte von Millionen solcher Waren erscheinen in der deutschen   Ein- und Ausfuhrstatistik.-_ Ein TeuerungSrekorb. Gestern wurde der höchste Preis für Schweine seit Bestehen des Berliner  Viehhofes notiert. Der höchst notierte Preis beträgt, wie dieAllgemeine Fleischer-Zeitung" mitteilt, 82 M. für 100 Pfund Schlachtgewicht, in Einzelfällen sind sogar 83 und 84 M. gezahlt worden. DieAllgemeine Fleischer-Zeitung" hat festgestellt, daß überall auf dem Lande ein großer Mangel an Schweinen herrscht und man mit banger Sorge in bezug auf die Ernährung des deutschen   Volkes in die Zukunft blicken muß. Die Rache des Fleischtrusts. AuS New Dort wird telegraphiert: Der Fleischtrust, der bekanntlich durch RegierungSbeschluß ge» zwungen wurde, sein Geschäftaufzulösen", greift jetzt zu Maß- nahmen, die helle Empörung in der Bevölkerung auslösen und all- gemein als Racheott für die Beschneidung seiner Rechte angesehen werden. Nach den Preissteigerungen der letzten Zett hat nun­mehr der Trust wiederum eine 15prozentige Erhöhung eintreten lassen, was innerhalb fünf Monaten eine Gesamt- heraufsetzung von 35 Proz. ausmacht. Selbst wohl. habende Familien sehen sich gezwungen, ihren Fleifchbedarf ein­zuschränken. Die Fleischer begründen diese Maßnahmen mit dem geringen Viehbestand, doch erklärt das Handels- und Arbeitsbureau, daß es genügend Vieh gäbe und die Preissteigerung absolut keine Berechtigung hätte. Verlamtnlungen. Der Brauerei- und Mithlenarbeiterverband hielt am 28. Juli eine Generalversammlung ab. Den Geschäftsbericht vom 2. OuartÄ gab der erste Bevollmächtigte Hodapp. In einer Einigungsamts- sitzung kamen 3 Fälle zur Verhandlung, eine vierte Klage wurde seitens der Organisationsvertreter zurückgezogen. In zwei Bier- Niederlagen, Kaulsdorf   und Köpenick  , kam es zum Streik. Im Interesse der Mühlenarbeiter wurden für die Angestellten der Schütt-, der Viktoria- und der Bertheimmühle 3 Betriebsversamm- lungen abgehalten. In allen Fällen handelte es sich um ungerecht­fertigte Entlassungen. Das Bureau wurde von 8002 Personen frequentiert. Aufnahmen neuer Mitglieder wurden 105 gemacht. Aus anderen Verbänden ließen sich 39 Kollegen umschreiben. Den Kassenbericht erstattete Kastner. Einnahme und Ausgabe bilan- zierten mit 20 240,35 M. Unter den Ausgaben befanden sich an Krankenuntcrsttitzung 8248,60 M., Arbeitslosenunterstützung 4462,40 Mark, Reiseunterstützung 30 M Sterbegeld 600 M. und 75 M. außerordentliche Unterstützung. An die Hauptkasse wurden 0088,03 Mark abgeführt. Die Lokalkasse zeigte eine Einnahme von 7604,30 Mark, der 4850,65 fDl. an Ausgabe gegenüberstanden. In den Aus- gaben figurieren Arbeitslosenunterstützung mit 2050.25 M. und Sterbegeld mit 760 M. Die Mehreinnahme beträgt 2744,65 M. und ist das Lokalvermögen am Schlüsse des 2. Quartals auf 51 605,02 M. aufgelaufen. Als Beisitzer beim Hauptvorstand wurden gewählt: Schuldt, Reh, Reichardt, Junghans, Jurisch, Solomon, Willy Schmidt, Guder und Schwedler. Zu Revisoren der Hauptkasse wurden gewählt: Hodapp, Leischow, Knappe und als Ersatzmann Griechen. Als Mitglieder des Bezirksvorstandes wurden Hodapp, Schuldt, Schmitz und Hindemilh gewählt. l*ctzU Nachrichten. Ter bayerische Parteitag. Landshut  , 3. August.  (Eig. Telegramm des�Vor>varts".) Der bayerische   Parteitag wurde heute hier eröffnet. Auer referierte über den Bericht des Landesvorstandes und besprach das letzte Wahlabkommen bei der Landtagswahl. Ein Teil der Vertreter Oberfrankens   mißbilligte das Abkommen in dieser Form. Dem Landesvorstand wurde mit 190 gegen 17 Stimmen das Vertrauen ausgesprochen. Einstimmig be- schlössen wurde, bei künftigen Abkommen Gauvorstände und Älahlkreisleitungen hinzuzuziehen. Große Bewegung ruft die Verlesung eines Erlasses des bischöf» lichen Ordinariates Regensburg   an die Pfarrvorstände hervor, in dem ein vollständiger Feldzugsplan der kirchlichen Agitation für das Zentrum gegen die Sozialdemokratie entworfen ist. Tie Erweiterung der Monroedoktrin. New Jork  , 3. August.<W. T. B.) Die amerikanische   Presse ist übereinstimmend der Ansicht, daß die Resolutton des Senators Lodge, betreffs Bekräftigung der Monroedoktrin, unnötig und u n g e r e ch t f e r t i g t ist. Es wird allgemein zugegeben, daß die Resolution den Zweck hat, für eine Vergrößerung der Flotte Stimmung zu machen. Riesenbrnnd in Wien  . Wien  , 3. August.  (P. E.) Gegen 1410 Uhr abends entstand in dem auf der Ringstraße gelegenen vierstöckigen Palais des Baron von Lieben ein großer Brand. Innerhalb weniger Minuten stand der Dachstuhl des Hauses in Flammen. Im selben Haufe ist das Cafe Landmann untergebracht. Die Gäste mußten sofort das Lokal verlassen, das hierauf geschlossen wurde. Stark gefährdet waren die gegenüber liegende Bodenkrcditanstalt sowie das Burgtheater, in dem jedoch während der Sommerserien nicht ge- spielt wird. Vier Löschzügc arbeiteten an der Lokalisierung des Brandes. Augenblicklich kann die Gefahr einer Ausbreitung des Bxgndes als beseitigt angesehen werden, doch dauert der Braud noch an. Paul Singer& Co., Berlin   SW. Hierzu 3 Beilage«.