GewcrkfcbaftUcbea.CQacbstum der Gewerhrchaften.Nach den Feststellungen deS Kaiserlichen Statistischen Amtes, diekürzlich im„Neichs-ArbeitsblaU* veröffentlicht wurden, weisen dieArbeiterorganisationen der verschiedenen Richtungen und Färbungenin den beiden letzten Jahren folgende Mitgliederzahlen auf:Ende 1911 1910Freie Gewerkschaften...... 2 400 018 2128 021Hirsch-Dunckersche Gcwerkvereine.. 107 743 122 571Christliche Gewerkschaften.... 350574 31S 115Unabhängige Vereine...... 763 935 711 177Wirtschastsfriedl. Vereine DelbeZ.. 102 262 121 12SLokalorganisierte Gewerkschaften.. 7 133—Was an diesen Zahlen sofort in die Augen springt, das ist einerfreuliches starkes Anwachsen der freien Gewerkschaften, Konntensie doch das Jahr 1911 mit der stattlichen Mitgliedcrzahl von2 400 000 abschließen. Sie haben seit Schluß des Jahre? 1910nicht weniger als 271 997 Mitglieder gewonnen und stehen demUnternehmertum als eine achtunggebietende Macht gegenüber. DieHirsch-Dunckcrschen Gewerkvereine dagegen sind um 14 828 Mitgliederzurückgegangen. Bei ihnen nimmt nur die Bedeutungslosigkeit zu.Wenn die christlichen Gewerkschaften, die man nach den Borgängender letzten Zeit kaum noch als Gewerkschaften mitzählenkann, einen Mitgliederzuwachs von 34 459 zu verzeichnenhaben, so will das im Vergleich zu dem Anwachsen der freienGewerkschaften nicht viel sagen. Die Lokalorganisationenkommen ihrer verschwindend kleinen Mitgliederzahl wegen gar nichtmehr in Betracht. Sie sind nichts als kümmerliche Uebcrblcibfelvergangener Zeiten. Was sich unter der Bezeichnung.UnabhängigeVereine" und.Wirtschaftsfriedliche Vereine" präsentiert, daS mögenwohl Vereinigungen von Arbeitern sein, aber Gewerkschaften sind eSnicht und wollen es nicht sein. Es handelt sich bei diesen Organi-sationsgebilden zumeist um die sattsam bekannten Gelben, diese aus-gesprochenen Feinde der modernen Gewerkschaften.Die angeführten Zahlen sind auch insofern interessant, als siezeigen, daß die Hoffnungen jener Leute wieder zuschanden gewordensind, Ivelche glauben, man könnte durch eifrige Förderung der so-genannten wirtschaftsfriedlichen Vereine den freien Gewerkschaftenden Wind aus den Segeln nehmen. Wenn man sieht, daß in denGroßbetrieben mit den schärfsten terroristischen Mitteln für diegelben Vereine gearbeitet wird und sie in jeder Hinsicht von denUnternehmern gefördert werden, dann weiß man, daß nur diesenUmständen und nicht etwa dem freien Willen der Arbeiter die Zu-nähme der gelben Vereine von 121 000 auf 162 000 zuzuschreiben ist.Trotzalledem haben die Gelben, die Unabhängigen, die Christlichenund die Hirsch-Dunckerschen zusammen nur etwa halbsoviel Mit-glieder wie die freien Gewerkschaften.Den letzteren wird es gewiß nicht leicht gemacht, sich Weier undimmer weiter auszubreiten. Müssen sie doch jeden Schritt ihresGebietes erobern im unaufhörlichen'Kampfe mit allerlei Schwierig-keiten und Schikanen, die ihiisn von Behörden und Unternehmernbereitet werden. Wenn die freien Gewerkschaften trotz dieser Wider-stände in so erfreulicher Weise gewachsen sind, so ist das der besteBeweis für den gesunden Sinn der Arbeiter, der erkannt hat, daßnicht in den Harmonievereinen, sondern nur in den freien Gewerk-schaften die Interessen der Arbeiter vertreten werden.Serlin und Umgegend.Ueber die Lage im Zimmerergewerbe Groh-Berlinsreferierte Witt in einer Generalversammlung des Zimmerer-Verbandes. Er bezeichnete die Geschäftslage als sehr ungünstig.Von einer Belebung der Bautätigkeit sei nicht die Rede. Die Lagesei ebenso schlecht wie 1908. Am besten zeige dies die Summe derauszezahlten Arbeitslosengelder; dieselbe betrug allein im letztenQuartal 9836,25 M. An diesen Zuständen ist vor allem die lieber-Produktion an Wohnungen schuld, zirka 70 000 Wohnungen stehenzurzeit leer. Die bewohnten Wohnungen find zum größten Teilüberküllt, während so viele Wohnungen nicht vermietet werdenkönnen. Die Grund- und Bodenspekulation wirkt geradezu ver-Heerend. Die Berliner Handwerkskammer hat 868 Bauschwindlerzusammengestellt. Alle diese Umstände bedingen eine immer-währende Hinaufschraubung der Mieten. Schrieb doch die.Bau-gewerks-Zeitung": Die Mieten müßten steigen, so lange dieLöhne der Arbeiter stiegen, den weitaus größten Teil von den Bau-kosten verschlängen die Löhne.— So such: man die wahren Ursachenzu verdecken und zugleich eine Hetze gegen die Gewerkschaften zu entfachen.Aber auch die nächste Zukunft, erklärte Redner, verspreche nicht viel,und die Alarmnachrichten in bürgerlichen Blättern, die von Zeit zuZeit eine großartige Bautätigkeit ankündigten, seien recht skeptifchauszunehmen. Immerhin brauchte die Lage des Zimmerergewerbesnicht so schlecht zu sein, wenn nicht durch technische und sonstigeUmwälzungen dem Zimmerer ein ArbeitSzweig nach dem anderenentrissen und der Zimmermann immer mehr ausgeschalret würde.Für die Berliner Zimmerer käme noch in Betracht, daß die Unter-nehmer schon viele Dachverbände draußen in der Provinz herstellenlassen, wo Stundenlöhne von 25 Ps. an gezahlt werden. Die Zimmerermüßten derartige Arbeiten als Berliner Arbeiten betrachten undmit Berliner Löhnen bezahlen lassen oder die Tätigkeit sofort ein-stellen. Es kommt noch hinzu, daß hie Emschaler Zimmererarbeitenherstellen und die Zimmerer dadurch ausgeschaltet werden, und zwarerhalten jene 10 Ps. die Stunde weniger wie die Zimmerer. Esmüsse unbedingt darauf hingewirkt werden, daß jeder, ganz gleich waser gelernt hat, der Zimmererarbeiten ausführt, auch Zimmererlöhneerhalte. Es gibt Firmen, die folgenden Trick anwenden: Kommt einZimmerer, so sagen sie, für Zimmerer hätten sie nichts zu tun,dagegen könnte» sie noch Eiuschaler einstellen, doch nur zumEinschalerlohn. Um diesen Zuständen zu begegnen, schlägt Rednervor, von Fall zu Fall als Organisationsleitung mit den als Ein-schalern arbeitenden Zimmerern Rücksprache zu nehmen.Des weiteren kritisiert der Referent die maßlose Schufterei ausden Bauten, die oft genug ohne jeglichen Schutz für Gesundheitund Leben vor sich gehe. Würden die Zimmerer Groß-Berlins sichstraffer organisieren, so könnten die Bauten, wo die Löhne der Ar-beiter nicht sichergestellt find, gesperrt werden.An den Vortrag schloß sich eine kurze Diskussion, die dem Ge-dankengange des Referenten entsprach.Die Aussperrung im Dachdeckergewerbe.Die„Arbeitgeber-Zeitung" schreibt, es kämen als aussperrendeFirmen 200 in Berracht, die 1000 Gehilfen ausgesperrt hätten, dochstimmt diese Behauptung nicht, da nicht einmal 500 Arbeiter vonder Aussperrung betroffen worden sind und es ja auch von vorn-herein feststand, daß die Aussperrung höchstens 50 Proz. der Ge-Hilfen umfassen wiirde. Bewilligt haben bis jetzt folgende14 Firmen: Hugo Grieke, Dachschutzgesellschaft Ernst Hanauer,Dachschutzgesellichafl Odag, Otto Wagner-Charlottenburg, I. Sprenger,P. Rusch-Wannsee, K. Ammon-Zehlendorf, W. Wilschke-Zehlendorf,W. Neumeister, G. Puhlemann, W. Nielebock, F. Zörner, R. Strauß,Th. Seibel._Tonntagsruhe der Bierfahrer.Die in den Brauereien und Niederlagen Groß-Belins be-schäftiglen Kollege» vom Fahrpersonal werden hiermit darauf auf-merlsam gemacht, daß am 10. August d. I. die langersehnte Polizei-Verordnung in Kraft tritt, welche das Bierausfahren an Sonntagennur bis 10 Uhr gestattet.Es braucht also kein Kollege mehr an S onn-rgen nach 12 Uhr noch Bestellungen erledigen undfi 5 Zumutungen solcher Art ruhig aber bestimmt zurückzuweisen._Verantw. Redakteurl Albert Wachs�Berlin, Inseratenteil pepantty.;Kollegen! Ist es auch nicht viel, was erreicht wurde, so ist eSdoch eine wesentliche Verbesserung des bisher bestehenden Zustandes,und kann darauf weiter gebaut werden.Der Obmann der Gruppe des Fahrpersonals.Frisenrgehilfen. Für Verbandsmitglieder wegen Differenzengesperrt: A m b o S, Gubener Str. 3b.Bewilligt haben: Swiderski, Wolliner Str. 81;e l l m a n s k i, Neukölln, Pannierstr. 26; H o I l st e i n, Charlotten-»rg, Ufnatistr. 9. Verband der Friseurgehilfen.Deutkebes Reich.Lohnbewegung der Metallarbeiter des KölnerIndustriegebietes.Um eine Verkürzung der Arbeitszeit zu erreichen, haben dieMetallarbeiter eine große Bewegung eingeleitet. Am Mittwochabendfanden in Köln, Mülheim, Kalk, Deutz, Ehrenfeld, Sülz, Bayenthalund Nippes insgesamt elf zumeist überfüllte Versa mm-l u n g e n statt, in denen über die Forderungen, die an die Unter-nehmer gestellt werden sollen, Beschluß gefaßt wurde. Es wurdevon den Rednern festgestellt, daß in der Metallindustrie des KölnerGebietes eine so lange Arbeitszeit bestehe wie in keinem anderenJndustriebezirke im Reiche. Das wird durch eine Statistik belegt,die sich auf 89 der größten Betriebe mit 23 309 Arbeitern erstreckt.Nach dieser Statistik haben 6 Betriebe mit 1657 Arbeitern eine Ar-beitszeit von 57 Stunden, 4 Betrjebe mit 467 Arbeitern 58 Stunden,2 Betriebe mit 3132 Arbeitern 58'/z Stunden, 1 Betrieb mit 2820Arbeitern 683lt Stunden. 27 Betriebe mit 8147 Arbeitern 59 Stunden,10 Betriebe mit 3094 Arbeitern 59Vz Stunden, 15 Betriebe mit2298 Arbeiter» 60 Stunden, 3 Betriebe mit 187 Arbeitern 61 bis62l/z Stunden und ein Betrieb mit 292 Arbeitern 64 Stunden dieWoche. Die Arbeitszeit beträgt im Durchschnitt 53,07 Stunden proWoche oder pro Tag 10,01 Stunden.Einmütig stimmten die Besucher aller elf Versammlungen denfolgenden Forderungen zu: 1. die tägliche Arbeitszeit beträgt anden ersten fünf Wochentagen O'/z Stunden, Sonnabends 8ll3 Stunden,pro Woche 56 Stunden; 2. Ueberstunden, die nur in dringendenFällen verlangt werden dürfen, werden für die ersten drei Stunden25 Proz., für weitere Ueberstunden, Nacht- und SonntagSarbeit mit50 Proz. Zuschlag vergütet; Arbeiter, die in abwechselnder Schichtnachts arbeiten müssen, erhalten einen Zuschlag von 10 Pf. proStunde. Die Stunden- bezw. Akkordlöhne sind dergestalt zu er-höhen, daß durch die Verkürzung der Arbeitszeit der frühere Verdienst erreicht wird. Die Lohnzahlung soll wöchentlich an einemder ersten fünf Wochentage, möglichst Freitags, erfolgen.Die Leitung dieser großen Lohnbewegung liegt in den Händeneiner ZentraUommisfion, die aus fünf Vertretern des deutschenMetallarbeiterverbandes und je zwei Vertretern der christlichen undHirsch-Dunckerschen Organisation besteht.Ein eingefleischter Gegner des Koalitionsrechts. Am 3. d. Mts.veröffentlichten wir eine Berichtigung der Firma Harry Trüller,Zwieback-, Waffel- und Kakesfabrik in Celle. Die Berichttgung bezogsich auf eine Nottz, die wir am 24. Juli abgedruckt hatten. Zu derBerichtigung deS Herrn Trüller schreibt uns zuständige Arbeiterorganisation:In der Hitze deS Gefechts hat Trüller übersehen, auf den Kernder Sache einzugehen. Mt der Erklärnng: Es ist nicht wahr, daßden in meinen Betrieb neu Eintretenden ein Revers zur Unter-schrift vorgelegt wird, in welchem sie irgendeine Verpflichtung be-züglich der Mitgliedschaft des Bäcker- und Konditorenverbandeseingehen, wird wie die Katze um den heißen Brei herum-gegangen. Herr Trüller wird niemals in der Lage fein, weg-ttreiten zu können, daß erst kürzlich bei einer Verhandlung vordem Gewerbegericht in Celle ein von der Firma ent-laffener Arbeiter erklärte, daß ihm ein Vertrag zur Unterzeichnungvorgelegt wurde, nach welchem er verspreche, nicht Mitglied des Verbandes der Bäcker und Konditoren zu sein. Von dieser Verhandlungwurde in der Preffe berichtet; Herr Trüller fand es aber nicht not-wendig, schon damals eine Richttgstellung zu veröffentlichen.In der Berichttgung heißt es weiter, der Unternehmerverband,deffen Vorfitzender Trüller ist, sei keine Arbettgeberorganisatton,sondern ein rein wirtschaftlicher Verein. Selbst wenn daS zutrifft.daß dort keine Arbeitgeber« und Arbeiterftagen erörtert werden, fowird nur bestätigt, daß Herr Trüller recht gut den Wert deS wirtschaftlichen Zusammenschlusses zu schätzen weiß. Oder ist das keineVereinigung zum Schutze der Unternehmer, wenn bezüglich derWarenverkaufspreise einheitliche Regeln getroffen werden?Tlustand.Textilarbetteraussperrung in Brünn.In mehreren Fabriken der mährischen Hauptstadt Brünn, des«österreichischen Manchester", haben die Weber und Färber Forde-rungen überreicht, über die die Fabrikanten zu verhandeln geneigtwaren. Da kündigte die separatisttsche Gewerkschaft den von derUnion der Textilarbeiter Oesterreichs abgeschlosienen Tarifvertragund nun drohten die Unternehmer eine Aussperrung an, wenn nichtsofort die gestellten Forderungen zurückgenommen würden. DaSAustreten der Separatisten hat eben den Scharfmachern wieder dasKommando verschafft.DeN neuesten telegraphischen Meldungen zufolge ist die Aus-sperrung inzwischen deschloffen. Sie soll am Sonnabend beginnenund sich auf 40 Fabriken mit 14 000 Arbeitern erstrecken.Portefeuiller!In der Lederwarenfabrik von Zollschamm in Raab(Ungarn) be-finden sich seit dem 7. August sämtliche Portefeuillearbeiter imStreik. Die Firma verlangt in Berliner und OffenbacherBlättern Portefeuiller und Täschner. Um Fernhaltung des Zuzugswird deshalb streng ersucht IGerichtliche Anerkennung einer gewerkschaftliche«Forderung.In Italien müssen die Statuten der Genossenschaften(Cooperative)vom Zivilgericht der Provinz bestätigt werden. Bisher wurde dieseBestätigung stets verweigert, wenn die Statuten die Bestimmungenthiellen,' daß jedes Mitglied der Genossenschaft gewerkschaftlichorganisiert sein muß. Kürzlich hat nun das Zivilgericht von Bolognadie Statuten zweier Genossenschaften bestätigt, die diese Bestimmungin unzweideutiger Form enthalten. ES wird hierdurch ein juristtscherPräzedenzfall von großer Wichtigkeit geschaffen.Huö der Frauenbewegung.Auch eine Kämpferin.Der Kampf der englischen Konservativen gegen die von denLiberalen eingeführte Sozialversicherung hat sonderbare Formen an-genommen. Der Kampf ist nicht prinzipieller Natur, sondern ent-springt vielmehr einer Art Eifersucht, daß sie, die Konservativen, eSnicht selbst gewesen find, die die Versicherung eingeführt haben.Daher auch der Mangel an ernst zu nehmende» Argumenten. Inden unteren konservativen Volksschichten operiert»um mit dergrotesken, aber vielfach geglaubten Andeutung, daß die Verficherungs-benräge der Arbeiter jedenfalls dazu verwendet werden würden, umdie Gehälter der Parlamentsmitglieder zu zahlen. Die wütendstenGegner der neuen Versicherung, die am 15. Juli in Kraft trat, finden!Dh. Glocke, Beritv. Druck u,.Verlag: Vorwärts Buchdr. u PerlagsanMtsich jedoch unter den Damen der höheren Gesellschaftskreise. Manchedieser Damen scheinen ganz aus dem Häuschen zu sein. So haben ver«schiedene der überzeugungstreuen Kämpferinnen um die Mitte desletzten Monats alle ihre Bedienten entlassen, nur um der Ver-pflichtung zu entgehen, Versicherungsmarken zu kleben. Lange werdensie den Mangel an Bequemlichkeit jedoch nicht ausaehalten haben.Nur eine von ihnen scheint gesonnen zu sein, ihre Opposition konsequentdurchzuführen. Sie beabsichttgt, an die Stelle der entlassenen achtDienstboten junge Personen unter 15 Jahre und alte über 70 Jahre,die von der Versicherungspflicht ausgeschlossen sind, zu setzen. Schonhat sie ein junges Dienstmädchen und einen alten Gärtner gefunden,jetzt sucht sie einen Kutscher, der über 70 Jahre alt ist. Die Dameerklärt, daß sie den Schatzkanzler verantwortlich machen will, wennihr bei der Spazierfahrt ein Unfall zustoßen sollte. Sie behauptetauch, viele Hunderte Glückwunschschreiben erhalten zu haben. Ineinem Briefe, der von einigen Arbeiterinnen aus Birminghamstammen soll, heißt es:„Wir grüßen Dich, Tapferste der Tapferen I"Die Birminghamer Arbeiterinnen scheinen mehr Humor zu befitzen,als Frau Septima Robinson-Guppy, wie die originelle, aber etwasübergeschnappte Dame heißt._Die Arbeitsbedingungen der Telephonistinnen und dieHygiene.Der italienische Poftminister hat eine ärztliche Kommissionmit der Untersuchung der Arbeitsverhältnisse der Telephonistinnenvom sanitären Standpunkt aus betraut. Die Untersuchung soll sichauf die beim römischen Hauptamt angestellten Beamtinnen be-schränken. Es soll auch festgestellt werden, ob die heute bei derAufnahine gestellten gesundheitlichen Ansprüche für die Anforde-rungen des Berufs hinreichend sind und ob sie mit hinreichenderStrenge angewendet werden. Weiter soll die Kommission dar-über entscheiden, ob die heutige Arbeitszeit eine Ueberlastung dar-stellt oder nicht und ob das Eheverbot vom sanitären Standpunkteaus aufrecht zu erhalten ist. Man darf darauf gespannt sein, obsich Aerzte finden, die der Ehelosigkeit gesunder Mädchen als einersanitären Rtaßregel das Wort reden. Die Einsetzung der Kom-Mission geht übrigens einerseits auf die Unzufriedenheit desPublikums mit dem Telephondienst, andererseits auf die Agitationder Telephonistinnen gegen ihre Lage zurück.Versammlungen— Veranstaltungen.Tempclhof. Am Sonntag, den 11. d. M., veranstalten die Parteigenossinnen im Parkrestaurant„Marien-Höhe" ein Kaffeekochen.Für Unterhaltung ist bestens gesorgt.Hetzte PtachrichtcmDie Grubcnkatartropbe in Äleltfalen.Allen bisherigen abschwächenden Depeschenmeldunge�ientgegen, stellt sich die Zahl der Opfer der schrecklichen Kata-strophe schon aufüber hundert Tote.Die amtliche Meldung lautet!Bochum, 8. August. Heute vormittag ereignete sich aufder Zeche Lothringen 1 und 2 in Gerthe eine Schlag-weiter- und Kohlenstaubexplosion, der 193 Bergleute zumOpfer sielen. Ferner wurden zwei Bergleute schwer und23 leicht verletzt. Der Handelsminister und derOberpräsident von Westfalen in Begleitung des Berghaupt-mannes haben die Grube besucht und im besonderen Austragedes Kaisers der Werksverwaltung, den Angehörigen und denUeberlebenden das Beileid des Kaisers ausgedrückt.Die„Preß-Centrale" berichtet noch:Castrop, 8. August. Bis um 8� Uhr abends sind 91 Totegeborgen. Das Feuer im Innern des Schachtes ist durch Ein-dämmen der Gänge ersttckt worden.24 Schwerverletzte haben so schwere B�indwunden davonge-tragen, daß sie kaum die Nacht überstehen werden.Die bisher geborgenen 91 Leichen sind in einem Schuppen indrei Reihen aufgebahrt. Die Leichen sind entsetzlich verstümmeltund bilden eine bräunliche verkohlte Masse. Den meisten fehleneinzelne Glieder. Vielen ist der Kopf vom Rumpf gerissen. Fastalle find an Erstickung gestorben und erst dann verbrannt. DieLeichen sind bis zur Unkenntlicljkeit entstellt, so daß eine Re-kognoSzieruny vielfach völlig ausgeschlossen ist. Erst durch eine Fest-stellung der Kontrollisten werden sich die Namen der Opfer derKatastrophe ermitteln lassen. Die Zechenverwaltung hat bisherkeine Totenliften anfertigen können.An den Kleidern der unglücklichen Opfer ist zu erkennen, daßsie sich daS Zeug in Fetzen vom Leib« gerissen haben, um das Einatmen der giftigen Schwaden durch Zeugstücke, die sie sich in denMund steckten, nach Möglichkeit zu verhindern.Wie der Vertreter der„Preß-Centrale" weiter erfährt, liegennoch 12 Tote auf der dritten Sohle, unter ihnen der Steiger Patz.mann. Die Bergungsarbeiten stoßen auf große Schwierigkeiten, dadie Strecke zu Bruch gegangen ist.Als der Handelsminister und der Oberpräsident den Zechen-platz verließen, wurden sie von den Tausenden, die sich in stummerErwartung der Trauernachrichten eingefunden hatten, sehr'Ühlbegrüßt.Von den benachbarten Zechen waren so viele Rettnngsmann-schaften eingetroffen, daß ein großer Teil zurückgesandt werdenkonnte. Die Rettungsmannschaften arbeiten schichtweise undwechseln alle zwei Stunden. Auch während der Nacht sollen dieArbeiten fortgesetzt werden, um. wenn möglich, bis morgen frühsämtliche Leichen sowie die Schwerverletzten bergen zu können.Ten Zechenplatz umlagert noch in den späten Abendstundeneine tausendköpfige Menge. Kein lautes Wort ist vernehmbar,alles steht unter dem Eindruck des furchtbaren Ereignisses. Aufdem Zechenplatz steht Krankenwagen bei Krankenwagen, Automobilbei Automobil. Bergleute und Tagarbciter umlagern die Türenzu dem Schuppen, der zum Verbandsraum umgewandelt ist. Ueber-all erblickt man gespannte ängstliche Gesichter. In der Verbands-stube sind drei Aerzte tätig: Dr. Zumpusch aus Olthausen,Dr. Perner cruS Castrop und Dr. Bödefeld aus Gerthe, die zumSchacht geeilt sind und ihre Kräfte zur Verfügung gestellt hcchen.Schluß der belgischen Kammer.Brüssel, 8. August.(W. T. B.) Die Kammer hat nach vier-wöchentlicher Beratung alle Mandate für gültig erklärt und sichkonstituiert. Sic wählte Cooremann wiederum zu ihrem Prä-sidenten, worauf die außerordentliche Session geschlossen wurde.Die Revolution auf Haiti.Washington, 8. August.(W. T. B.) DaS Staatsdepartementhat die Nachricht erhalten, daß die Stadt Dajabon in San Do-mingo nach einem Kampf von 15 Stunden Dauer durch die Auf-ständischen von Haiti eingenommen worden sei. 200 Mann seienvertvunoet worden.— Aus Port-au-Prince wird gemeldet: DerPräsident der Republik Haiti Leconte ist bei einem Brand seinesHauseö umgekommen. Der Brand ist durch Explosion eine? be-nachbarten Pulvermagazins entstanden.Leconte war erst seit dem vergangenen Jahre Präsident, nach-dem es ihm gelungen war. den greisen langjährigen PräsidentenNord Alexis durch eine Revolution zu vertreiben.Paul Singers Co., Berlin SW, Hierzu 2 Beilagen u.llnterhaltungsbl,