Einzelbild herunterladen
 
GewcrkfcbaftUcbea. CQacbstum der Gewerhrchaften. Nach den Feststellungen deS Kaiserlichen Statistischen Amtes, die kürzlich imNeichs-ArbeitsblaU* veröffentlicht wurden, weisen die Arbeiterorganisationen der verschiedenen Richtungen und Färbungen in den beiden letzten Jahren folgende Mitgliederzahlen auf: Ende 1911 1910 Freie Gewerkschaften...... 2 400 018 2128 021 Hirsch-Dunckersche Gcwerkvereine.. 107 743 122 571 Christliche Gewerkschaften.... 350574 31S 115 Unabhängige Vereine...... 763 935 711 177 Wirtschastsfriedl. Vereine DelbeZ.. 102 262 121 12S Lokalorganisierte Gewerkschaften.. 7 133 Was an diesen Zahlen sofort in die Augen springt, das ist ein erfreuliches starkes Anwachsen der freien Gewerkschaften, Konnten sie doch das Jahr 1911 mit der stattlichen Mitgliedcrzahl von 2 400 000 abschließen. Sie haben seit Schluß des Jahre? 1910 nicht weniger als 271 997 Mitglieder gewonnen und stehen dem Unternehmertum als eine achtunggebietende Macht gegenüber. Die Hirsch-Dunckcrschen Gewerkvereine dagegen sind um 14 828 Mitglieder zurückgegangen. Bei ihnen nimmt nur die Bedeutungslosigkeit zu. Wenn die christlichen Gewerkschaften, die man nach den Borgängen der letzten Zeit kaum noch als Gewerkschaften mitzählen kann, einen Mitgliederzuwachs von 34 459 zu verzeichnen haben, so will das im Vergleich zu dem Anwachsen der freien Gewerkschaften nicht viel sagen. Die Lokalorganisationen kommen ihrer verschwindend kleinen Mitgliederzahl wegen gar nicht mehr in Betracht. Sie sind nichts als kümmerliche Uebcrblcibfel vergangener Zeiten. Was sich unter der Bezeichnung.Unabhängige Vereine" und.Wirtschaftsfriedliche Vereine" präsentiert, daS mögen wohl Vereinigungen von Arbeitern sein, aber Gewerkschaften sind eS nicht und wollen es nicht sein. Es handelt sich bei diesen Organi- sationsgebilden zumeist um die sattsam bekannten Gelben, diese aus- gesprochenen Feinde der modernen Gewerkschaften. Die angeführten Zahlen sind auch insofern interessant, als sie zeigen, daß die Hoffnungen jener Leute wieder zuschanden geworden sind, Ivelche glauben, man könnte durch eifrige Förderung der so- genannten wirtschaftsfriedlichen Vereine den freien Gewerkschaften den Wind aus den Segeln nehmen. Wenn man sieht, daß in den Großbetrieben mit den schärfsten terroristischen Mitteln für die gelben Vereine gearbeitet wird und sie in jeder Hinsicht von den Unternehmern gefördert werden, dann weiß man, daß nur diesen Umständen und nicht etwa dem freien Willen der Arbeiter die Zu- nähme der gelben Vereine von 121 000 auf 162 000 zuzuschreiben ist. Trotzalledem haben die Gelben, die Unabhängigen, die Christlichen  und die Hirsch-Dunckerschen zusammen nur etwa halbsoviel Mit- glieder wie die freien Gewerkschaften. Den letzteren wird es gewiß nicht leicht gemacht, sich Weier und immer weiter auszubreiten. Müssen sie doch jeden Schritt ihres Gebietes erobern im unaufhörlichen'Kampfe mit allerlei Schwierig- keiten und Schikanen, die ihiisn von Behörden und Unternehmern bereitet werden. Wenn die freien Gewerkschaften trotz dieser Wider- stände in so erfreulicher Weise gewachsen sind, so ist das der beste Beweis für den gesunden Sinn der Arbeiter, der erkannt hat, daß nicht in den Harmonievereinen, sondern nur in den freien Gewerk- schaften die Interessen der Arbeiter vertreten werden. Serlin und Umgegend. Ueber die Lage im Zimmerergewerbe Groh-Berlins referierte Witt in einer Generalversammlung des Zimmerer- Verbandes. Er bezeichnete die Geschäftslage als sehr ungünstig. Von einer Belebung der Bautätigkeit sei nicht die Rede. Die Lage sei ebenso schlecht wie 1908. Am besten zeige dies die Summe der auszezahlten Arbeitslosengelder; dieselbe betrug allein im letzten Quartal 9836,25 M. An diesen Zuständen ist vor allem die lieber- Produktion an Wohnungen schuld, zirka 70 000 Wohnungen stehen zurzeit leer. Die bewohnten Wohnungen find zum größten Teil überküllt, während so viele Wohnungen nicht vermietet werden können. Die Grund- und Bodenspekulation wirkt geradezu ver- Heerend. Die Berliner   Handwerkskammer hat 868 Bauschwindler zusammengestellt. Alle diese Umstände bedingen eine immer- währende Hinaufschraubung der Mieten. Schrieb doch die.Bau- gewerks-Zeitung": Die Mieten müßten steigen, so lange die Löhne der Arbeiter stiegen, den weitaus größten Teil von den Bau- kosten verschlängen die Löhne.   So such: man die wahren Ursachen zu verdecken und zugleich eine Hetze gegen die Gewerkschaften zu entfachen. Aber auch die nächste Zukunft, erklärte Redner, verspreche nicht viel, und die Alarmnachrichten in bürgerlichen Blättern, die von Zeit zu Zeit eine großartige Bautätigkeit ankündigten, seien recht skeptifch auszunehmen. Immerhin brauchte die Lage des Zimmerergewerbes nicht so schlecht zu sein, wenn nicht durch technische und sonstige Umwälzungen dem Zimmerer ein ArbeitSzweig nach dem anderen entrissen und der Zimmermann immer mehr ausgeschalret würde. Für die Berliner   Zimmerer käme noch in Betracht, daß die Unter- nehmer schon viele Dachverbände draußen in der Provinz herstellen lassen, wo Stundenlöhne von 25 Ps. an gezahlt werden. Die Zimmerer müßten derartige Arbeiten als Berliner   Arbeiten betrachten und mit Berliner   Löhnen bezahlen lassen oder die Tätigkeit sofort ein- stellen. Es kommt noch hinzu, daß hie Emschaler Zimmererarbeiten herstellen und die Zimmerer dadurch ausgeschaltet werden, und zwar erhalten jene 10 Ps. die Stunde weniger wie die Zimmerer. Es müsse unbedingt darauf hingewirkt werden, daß jeder, ganz gleich was er gelernt hat, der Zimmererarbeiten ausführt, auch Zimmererlöhne erhalte. Es gibt Firmen, die folgenden Trick anwenden: Kommt ein Zimmerer, so sagen sie, für Zimmerer hätten sie nichts zu tun, dagegen könnte» sie noch Eiuschaler einstellen, doch nur zum Einschalerlohn. Um diesen Zuständen zu begegnen, schlägt Redner vor, von Fall zu Fall als Organisationsleitung mit den als Ein- schalern arbeitenden Zimmerern Rücksprache zu nehmen. Des weiteren kritisiert der Referent die maßlose Schufterei aus den Bauten, die oft genug ohne jeglichen Schutz für Gesundheit und Leben vor sich gehe. Würden die Zimmerer Groß-Berlins sich straffer organisieren, so könnten die Bauten, wo die Löhne der Ar- beiter nicht sichergestellt find, gesperrt werden. An den Vortrag schloß sich eine kurze Diskussion, die dem Ge- dankengange des Referenten entsprach. Die Aussperrung im Dachdeckergewerbe. DieArbeitgeber-Zeitung" schreibt, es kämen als aussperrende Firmen 200 in Berracht, die 1000 Gehilfen ausgesperrt hätten, doch stimmt diese Behauptung nicht, da nicht einmal 500 Arbeiter von der Aussperrung betroffen worden sind und es ja auch von vorn- herein feststand, daß die Aussperrung höchstens 50 Proz. der Ge- Hilfen umfassen wiirde. Bewilligt haben bis jetzt folgende 14 Firmen: Hugo Grieke, Dachschutzgesellschaft Ernst Hanauer, Dachschutzgesellichafl Odag, Otto Wagner  -Charlottenburg  , I. Sprenger, P. Rusch-Wannsee  , K. Ammon-Zehlendorf  , W. Wilschke-Zehlendorf, W. Neumeister, G. Puhlemann, W. Nielebock, F. Zörner, R. Strauß  , Th. Seibel._ Tonntagsruhe der Bierfahrer. Die in den Brauereien und Niederlagen Groß-Belins be- schäftiglen Kollege» vom Fahrpersonal werden hiermit darauf auf- merlsam gemacht, daß am 10. August d. I. die langersehnte Polizei- Verordnung in Kraft tritt, welche das Bierausfahren an Sonntagen nur bis 10 Uhr gestattet. Es braucht also kein Kollege mehr an S onn- rgen nach 12 Uhr noch Bestellungen erledigen und fi 5 Zumutungen solcher Art ruhig aber bestimmt zurückzuweisen._ Verantw. Redakteurl Albert Wachs�Berlin, Inseratenteil pepantty.; Kollegen! Ist es auch nicht viel, was erreicht wurde, so ist eS doch eine wesentliche Verbesserung des bisher bestehenden Zustandes, und kann darauf weiter gebaut werden. Der Obmann der Gruppe des Fahrpersonals. Frisenrgehilfen. Für Verbandsmitglieder wegen Differenzen gesperrt: A m b o S, Gubener Str. 3b. Bewilligt haben: Swiderski, Wolliner Str. 81; e l l m a n s k i, Neukölln, Pannierstr. 26; H o I l st e i n, Charlotten- »rg, Ufnatistr. 9. Verband der Friseurgehilfen. Deutkebes Reich. Lohnbewegung der Metallarbeiter des Kölner  Industriegebietes. Um eine Verkürzung der Arbeitszeit zu erreichen, haben die Metallarbeiter eine große Bewegung eingeleitet. Am Mittwochabend fanden in Köln  , Mülheim  , Kalk, Deutz  , Ehrenfeld  , Sülz  , Bayenthal  und Nippes   insgesamt elf zumeist überfüllte Versa mm- l u n g e n statt, in denen über die Forderungen, die an die Unter- nehmer gestellt werden sollen, Beschluß gefaßt wurde. Es wurde von den Rednern festgestellt, daß in der Metallindustrie des Kölner Gebietes eine so lange Arbeitszeit bestehe wie in keinem anderen Jndustriebezirke im Reiche. Das wird durch eine Statistik belegt, die sich auf 89 der größten Betriebe mit 23 309 Arbeitern erstreckt. Nach dieser Statistik haben 6 Betriebe mit 1657 Arbeitern eine Ar- beitszeit von 57 Stunden, 4 Betrjebe mit 467 Arbeitern 58 Stunden, 2 Betriebe mit 3132 Arbeitern 58'/z Stunden, 1 Betrieb mit 2820 Arbeitern 683lt Stunden. 27 Betriebe mit 8147 Arbeitern 59 Stunden, 10 Betriebe mit 3094 Arbeitern 59Vz Stunden, 15 Betriebe mit 2298 Arbeiter» 60 Stunden, 3 Betriebe mit 187 Arbeitern 61 bis 62l/z Stunden und ein Betrieb mit 292 Arbeitern 64 Stunden die Woche. Die Arbeitszeit beträgt im Durchschnitt 53,07 Stunden pro Woche oder pro Tag 10,01 Stunden. Einmütig stimmten die Besucher aller elf Versammlungen den folgenden Forderungen zu: 1. die tägliche Arbeitszeit beträgt an den ersten fünf Wochentagen O'/z Stunden, Sonnabends 8ll3 Stunden, pro Woche 56 Stunden; 2. Ueberstunden, die nur in dringenden Fällen verlangt werden dürfen, werden für die ersten drei Stunden 25 Proz., für weitere Ueberstunden, Nacht- und SonntagSarbeit mit 50 Proz. Zuschlag vergütet; Arbeiter, die in abwechselnder Schicht nachts arbeiten müssen, erhalten einen Zuschlag von 10 Pf. pro Stunde. Die Stunden- bezw. Akkordlöhne sind dergestalt zu er- höhen, daß durch die Verkürzung der Arbeitszeit der frühere Ver dienst erreicht wird. Die Lohnzahlung soll wöchentlich an einem der ersten fünf Wochentage, möglichst Freitags, erfolgen. Die Leitung dieser großen Lohnbewegung liegt in den Händen einer ZentraUommisfion, die aus fünf Vertretern des deutschen Metallarbeiterverbandes und je zwei Vertretern der christlichen und Hirsch-Dunckerschen Organisation besteht. Ein eingefleischter Gegner des Koalitionsrechts. Am 3. d. Mts. veröffentlichten wir eine Berichtigung der Firma Harry Trüller  , Zwieback-, Waffel- und Kakesfabrik in Celle  . Die Berichttgung bezog sich auf eine Nottz, die wir am 24. Juli abgedruckt hatten. Zu der Berichtigung deS Herrn Trüller schreibt uns zuständige Arbeiter­organisation: In der Hitze deS Gefechts hat Trüller   übersehen, auf den Kern der Sache einzugehen. Mt der Erklärnng: Es ist nicht wahr, daß den in meinen Betrieb neu Eintretenden ein Revers zur Unter- schrift vorgelegt wird, in welchem sie irgendeine Verpflichtung be- züglich der Mitgliedschaft des Bäcker- und Konditorenverbandes eingehen, wird wie die Katze um den heißen Brei herum- gegangen. Herr Trüller wird niemals in der Lage fein, weg- ttreiten zu können, daß erst kürzlich bei einer Verhandlung vor dem Gewerbegericht in Celle   ein von der Firma ent- laffener Arbeiter erklärte, daß ihm ein Vertrag zur Unterzeichnung vorgelegt wurde, nach welchem er verspreche, nicht Mitglied des Ver­bandes der Bäcker und Konditoren zu sein. Von dieser Verhandlung wurde in der Preffe berichtet; Herr Trüller   fand es aber nicht not- wendig, schon damals eine Richttgstellung zu veröffentlichen. In der Berichttgung heißt es weiter, der Unternehmerverband, deffen Vorfitzender Trüller ist, sei keine Arbettgeberorganisatton, sondern ein rein wirtschaftlicher Verein. Selbst wenn daS zutrifft. daß dort keine Arbeitgeber« und Arbeiterftagen erörtert werden, fo wird nur bestätigt, daß Herr Trüller recht gut den Wert deS wirt­schaftlichen Zusammenschlusses zu schätzen weiß. Oder ist das keine Vereinigung zum Schutze der Unternehmer, wenn bezüglich der Warenverkaufspreise einheitliche Regeln getroffen werden? Tlustand. Textilarbetteraussperrung in Brünn  . In mehreren Fabriken der mährischen Hauptstadt Brünn  , des «österreichischen Manchester  ", haben die Weber und Färber Forde- rungen überreicht, über die die Fabrikanten zu verhandeln geneigt waren. Da kündigte die separatisttsche Gewerkschaft den von der Union der Textilarbeiter Oesterreichs   abgeschlosienen Tarifvertrag und nun drohten die Unternehmer eine Aussperrung an, wenn nicht sofort die gestellten Forderungen zurückgenommen würden. DaS Austreten der Separatisten hat eben den Scharfmachern wieder das Kommando verschafft. DeN neuesten telegraphischen Meldungen zufolge ist die Aus- sperrung inzwischen deschloffen. Sie soll am Sonnabend beginnen und sich auf 40 Fabriken mit 14 000 Arbeitern erstrecken. Portefeuiller! In der Lederwarenfabrik von Zollschamm in Raab(Ungarn  ) be- finden sich seit dem 7. August sämtliche Portefeuillearbeiter im Streik. Die Firma verlangt in Berliner   und Offenbacher  Blättern Portefeuiller und Täschner  . Um Fernhaltung des Zuzugs wird deshalb streng ersucht I Gerichtliche Anerkennung einer gewerkschaftliche« Forderung. In Italien   müssen die Statuten der Genossenschaften(Cooperative) vom Zivilgericht der Provinz bestätigt werden. Bisher wurde diese Bestätigung stets verweigert, wenn die Statuten die Bestimmung enthiellen,' daß jedes Mitglied der Genossenschaft gewerkschaftlich organisiert sein muß. Kürzlich hat nun das Zivilgericht von Bologna  die Statuten zweier Genossenschaften bestätigt, die diese Bestimmung in unzweideutiger Form enthalten. ES wird hierdurch ein juristtscher Präzedenzfall von großer Wichtigkeit geschaffen. Huö der Frauenbewegung. Auch eine Kämpferin. Der Kampf der englischen Konservativen gegen die von den Liberalen eingeführte Sozialversicherung hat sonderbare Formen an- genommen. Der Kampf ist nicht prinzipieller Natur, sondern ent- springt vielmehr einer Art Eifersucht, daß sie, die Konservativen, eS nicht selbst gewesen find, die die Versicherung eingeführt haben. Daher auch der Mangel an ernst zu nehmende» Argumenten. In den unteren konservativen Volksschichten operiert»um mit der grotesken, aber vielfach geglaubten Andeutung, daß die Verficherungs- benräge der Arbeiter jedenfalls dazu verwendet werden würden, um die Gehälter der Parlamentsmitglieder zu zahlen. Die wütendsten Gegner der neuen Versicherung, die am 15. Juli in Kraft trat, finden! Dh. Glocke, Beritv. Druck u,.Verlag: Vorwärts Buchdr. u PerlagsanMt sich jedoch unter den Damen der höheren Gesellschaftskreise. Manche dieser Damen scheinen ganz aus dem Häuschen zu sein. So haben ver« schiedene der überzeugungstreuen Kämpferinnen um die Mitte des letzten Monats alle ihre Bedienten entlassen, nur um der Ver- pflichtung zu entgehen, Versicherungsmarken zu kleben. Lange werden sie den Mangel an Bequemlichkeit jedoch nicht ausaehalten haben. Nur eine von ihnen scheint gesonnen zu sein, ihre Opposition konsequent durchzuführen. Sie beabsichttgt, an die Stelle der entlassenen acht Dienstboten junge Personen unter 15 Jahre und alte über 70 Jahre, die von der Versicherungspflicht ausgeschlossen sind, zu setzen. Schon hat sie ein junges Dienstmädchen und einen alten Gärtner gefunden, jetzt sucht sie einen Kutscher, der über 70 Jahre alt ist. Die Dame erklärt, daß sie den Schatzkanzler verantwortlich machen will, wenn ihr bei der Spazierfahrt ein Unfall zustoßen sollte. Sie behauptet auch, viele Hunderte Glückwunschschreiben erhalten zu haben. In einem Briefe, der von einigen Arbeiterinnen aus Birmingham  stammen soll, heißt es:Wir grüßen Dich, Tapferste der Tapferen I" Die Birminghamer Arbeiterinnen scheinen mehr Humor zu befitzen, als Frau Septima Robinson-Guppy, wie die originelle, aber etwas übergeschnappte Dame heißt._ Die Arbeitsbedingungen der Telephonistinnen und die Hygiene. Der italienische Poftminister hat eine ärztliche Kommission mit der Untersuchung der Arbeitsverhältnisse der Telephonistinnen vom sanitären Standpunkt aus betraut. Die Untersuchung soll sich auf die beim römischen Hauptamt angestellten Beamtinnen be- schränken. Es soll auch festgestellt werden, ob die heute bei der Aufnahine gestellten gesundheitlichen Ansprüche für die Anforde- rungen des Berufs hinreichend sind und ob sie mit hinreichender Strenge angewendet werden. Weiter soll die Kommission dar- über entscheiden, ob die heutige Arbeitszeit eine Ueberlastung dar- stellt oder nicht und ob das Eheverbot vom sanitären Standpunkte aus aufrecht zu erhalten ist. Man darf darauf gespannt sein, ob sich Aerzte finden, die der Ehelosigkeit gesunder Mädchen als einer sanitären Rtaßregel das Wort reden. Die Einsetzung der Kom- Mission geht übrigens einerseits auf die Unzufriedenheit des Publikums mit dem Telephondienst, andererseits auf die Agitation der Telephonistinnen gegen ihre Lage zurück. Versammlungen Veranstaltungen. Tempclhof. Am Sonntag, den 11. d. M., veranstalten die Partei­genossinnen im ParkrestaurantMarien-Höhe" ein Kaffeekochen. Für Unterhaltung ist bestens gesorgt. Hetzte Ptachrichtcm Die Grubcnkatartropbe in Äleltfalen. Allen bisherigen abschwächenden Depeschenmeldunge�i entgegen, stellt sich die Zahl der Opfer der schrecklichen Kata- strophe schon auf über hundert Tote. Die amtliche Meldung lautet! Bochum  , 8. August. Heute vormittag ereignete sich auf der Zeche Lothringen 1 und 2 in Gerthe   eine Schlag- weiter- und Kohlenstaubexplosion, der 193 Bergleute zum Opfer sielen. Ferner wurden zwei Bergleute schwer und 23 leicht verletzt. Der Handelsminister und der Oberpräsident von Westfalen   in Begleitung des Berghaupt- mannes haben die Grube besucht und im besonderen Austrage des Kaisers der Werksverwaltung, den Angehörigen und den Ueberlebenden das Beileid des Kaisers ausgedrückt. DiePreß-Centrale" berichtet noch: Castrop  , 8. August. Bis um 8� Uhr abends sind 91 Tote geborgen. Das Feuer im Innern des Schachtes ist durch Ein- dämmen der Gänge ersttckt worden. 24 Schwerverletzte haben so schwere B�indwunden davonge- tragen, daß sie kaum die Nacht überstehen werden. Die bisher geborgenen 91 Leichen sind in einem Schuppen in drei Reihen aufgebahrt. Die Leichen sind entsetzlich verstümmelt und bilden eine bräunliche verkohlte Masse. Den meisten fehlen einzelne Glieder. Vielen ist der Kopf vom Rumpf gerissen. Fast alle find an Erstickung gestorben und erst dann verbrannt. Die Leichen sind bis zur Unkenntlicljkeit entstellt, so daß eine Re- kognoSzieruny vielfach völlig ausgeschlossen ist. Erst durch eine Fest- stellung der Kontrollisten werden sich die Namen der Opfer der Katastrophe ermitteln lassen. Die Zechenverwaltung hat bisher keine Totenliften anfertigen können. An den Kleidern der unglücklichen Opfer ist zu erkennen, daß sie sich daS Zeug in Fetzen vom Leib« gerissen haben, um das Ein­atmen der giftigen Schwaden durch Zeugstücke, die sie sich in den Mund steckten, nach Möglichkeit zu verhindern. Wie der Vertreter derPreß-Centrale" weiter erfährt, liegen noch 12 Tote auf der dritten Sohle, unter ihnen der Steiger Patz. mann. Die Bergungsarbeiten stoßen auf große Schwierigkeiten, da die Strecke zu Bruch gegangen ist. Als der Handelsminister und der Oberpräsident den Zechen- platz verließen, wurden sie von den Tausenden, die sich in stummer Erwartung der Trauernachrichten eingefunden hatten, sehr'Ühl begrüßt. Von den benachbarten Zechen waren so viele Rettnngsmann- schaften eingetroffen, daß ein großer Teil zurückgesandt werden konnte. Die Rettungsmannschaften arbeiten schichtweise und wechseln alle zwei Stunden. Auch während der Nacht sollen die Arbeiten fortgesetzt werden, um. wenn möglich, bis morgen früh sämtliche Leichen sowie die Schwerverletzten bergen zu können. Ten Zechenplatz umlagert noch in den späten Abendstunden eine tausendköpfige Menge. Kein lautes Wort ist vernehmbar, alles steht unter dem Eindruck des furchtbaren Ereignisses. Auf dem Zechenplatz steht Krankenwagen bei Krankenwagen, Automobil bei Automobil. Bergleute und Tagarbciter umlagern die Türen zu dem Schuppen, der zum Verbandsraum umgewandelt ist. Ueber- all erblickt man gespannte ängstliche Gesichter. In der Verbands- stube sind drei Aerzte tätig: Dr. Zumpusch aus Olthausen, Dr. Perner cruS Castrop und Dr. Bödefeld aus Gerthe  , die zum Schacht geeilt sind und ihre Kräfte zur Verfügung gestellt hcchen. Schluß der belgischen Kammer. Brüssel  , 8. August.  (W. T. B.) Die Kammer hat nach vier- wöchentlicher Beratung alle Mandate für gültig erklärt und sich konstituiert. Sic wählte Cooremann wiederum zu ihrem Prä- sidenten, worauf die außerordentliche Session geschlossen wurde. Die Revolution auf Haiti  . Washington  , 8. August.  (W. T. B.) DaS Staatsdepartement hat die Nachricht erhalten, daß die Stadt Dajabon in San Do- mingo nach einem Kampf von 15 Stunden Dauer durch die Auf- ständischen von Haiti   eingenommen worden sei. 200 Mann seien vertvunoet worden. Aus Port-au-Prince   wird gemeldet: Der Präsident der Republik Haiti   Leconte ist bei einem Brand seines Hauseö umgekommen. Der Brand ist durch Explosion eine? be- nachbarten Pulvermagazins entstanden. Leconte war erst seit dem vergangenen Jahre Präsident, nach- dem es ihm gelungen war. den greisen langjährigen Präsidenten Nord Alexis   durch eine Revolution zu vertreiben. Paul Singers Co., Berlin   SW, Hierzu 2 Beilagen u.llnterhaltungsbl,