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lalv�e dahin, ans WSd Mitte Äft'ch KheiKe Wahl Leute zu wählen, die d<e Aufsicht über die� Grubensicherheit mit ausführen. Diese Leute sollen jedoch vom Arbeitgeber unabhängig sein und von der Grubenverwaltuug nicht entlassen werden dürfen. Das preußische Klassenparlcvment lehnte unter Assistenz derchrist- lichen" Bergarbeiterführer Brust, mbu sch, G i e s b e r t s u sw. diese Forderungen ab. Nach dem ..Sicherhe itsmännetgesetz" werden wohl die Sicherheitsmönner in geheimer Wahl gewählt, aber die gewählten Leute bleiben im Ar- beitsverhältnis der Zeche und sind dadurch der Will- kür der Zechen preisgegeben. Die Wertlosigkeit dieses Gesetzes Hachen wir vorausgesagt, und auch die Grubenbesitzer haben das Gesetz ria'tig eingeschätzt, indem der bekannte Bergrat Hi lger es alsweiße Salbe" bezeichnete. Die Sache liegt heute so, daß entweder der Sicherheitsmann seine Pflicht vernachlässigt, und er hat Ruhe vor der Grubenveiwaltung, vodcr der Sicherheitsmann tut seine Pflicht zum Schutze seiner Kameraden und er wird dann so schikaniert, daß er seine Arbeit aufgibt oder ganz eminenten materiellen Schaden hat. Der Erfolg dieses Gesetzes auf dem Gebiete des Arbeiterschutzes ist denn auch gleich Null. Wie liegt nun die Sache auf der ZecheLothringen"? Die Rheinisch-Westfälische Zeitung" schreibt in ihrer Nummer vom 9. August, Nummer 952, über die Unglückszeche:. Immer Tote und immer wieder Tote. Keiner hatte geglaubt, daß auf dieser Musterzeche jemals ein solches Unglück eintreten würde". Eine Musterzeche soll nach diesem Grubenbesitzerorgan dte Zeche Lothringen" sein. Ja, mustergültig ist die Zeche auf dem Gebiete der Scharfmacherei, Maßregelungen von Sicherheitsmännern usw. Und hier sei festgestellt, daß keine Zeche so ihre Sicherheitsmänner schikaniert, wie ZecheLoth- ringen" unter dem Betriebsführer Linz . Die Arbeiterorganisation des Bergarbeiterverbvndes ist der Grubenverwaltung verhaßt. Die Gelbsucht " hat auf ZecheLothringen" ihren Hauptsitz. Wie mustergültig die ZecheLothringen" mit den Sicherheitsmännern umspringt, wollen wir im Nachstehenden aus- führen: Am 29. August 1919 wurde als Sicherheitsmann der Berg- mann Ehrhardt gewählt. Der Betriebsführer Linz , der auch jetzt noch auf der Unglückszeche sein Amt ausübt, erklärte einfach die Wahl des Ehrhardt für ungültig, da Ehrhardt entlasse« würde. Der Betriebsführer verweigerte dem E. einfach die Anfahrt zur Ausübung seines Amtes und Ehrhardt wurde schließlich entlassen und war arbeitslos. Auf die erhobene Beschwerde hin erklärte das Oberbergamt die Wahl deS E. für gültig und die Wahl des gelben" Sicherheitsmannes denn der Betriebsführer hatte diesen an Stelle des E.gewählt" für ungültig. E. war aber entlassen und konnte trotz Entscheidung des Oberberg- amts sein Amt nicht ausführen. Nunmehr wurde S t r a f a n- trag gegen den Betrisbsfiihrer Linz gestellt, und dieser denn auch, weil er dem E. nicht hatte als Sicherheitsmann fahren lassen, bestraft. Im Verhandlungstermin vor dem Schöffengericht in Bochum versuchte es der Betriebsführer in Abrede zu stellen, daß auf ZecheLothringen" die Sicherheitsmänner schikaniert würden. Der?l m t e a n w a l t bot aber für seine Behauptungen Beweis an, und der Betriebsführer Linz wurde still- Der Amtsantvalt hatte nämlich noch folgende Fälle in seinen Akten verzeichnet: Das Arbeiterausschußmitglied Dietrich Deitmer wurde nach seiner Wähl als Sicherheitsmann in eine andere, schlechtere, Ar- beit verlegt. Der Betriebsführer Linz hat dem D. wiederholt Vorhaltungen gemacht, weil er vorgefundene Mißstände nach der Befahrung in das Fahrbuch eingetragen hatte. Einmal hatte D. Ker seiner Befahrung Schlagwetter gefunden und weiter festgestellt, daß der Onerschlag nicht ordnungsmäßig verbaut war. Wie es Pflicht von D. war, trug er die vorgefundenen Mißstände in da? Jahrbuch ein. Für diese Pflichterfüllung zum Schutze des Lebens der Bergarbeiter, bekam D. Vorhaltungen vom Betriebsführer Linz , der unter anderem zu D. sagte:Der Querschlag sei kein Kleiderschrank! Il" Ebenso erging es dem Arbeiterausschußmit- glied E b e r l e i m Auch dieser Sicherheitsmann fühlte sich wieder- holt vom Betriebsführer Linz schikaniert. Bei einer Wahl wurde E. aus dem Lokal vom Betrirbsführer Linz verwiesen. Ms E. sich nun beim Oberbergamt beschwerte, und Protest gegen die Wahl einlegte, ließ Betriebsführer Linz den G. zu sich konunen und sagte ihm:Wenn wir gute Freunde bleiben wollen, dann nehmen Sie sich in acht". Der Sicherheitsmann B ö ck e r wurde nach seiner Wahl wiederholt in eine andere Arbeit verlegt und hatte ganz erhebliche Lohnschädigungen. B. war ja auch Mit- glied des Bergarbeiterverbandes. Der Sicherheitsmann Mangelmann wurde vom Betriebs- führer nach Schacht III verlegt(die Unglückszeche ist Schacht l/II). Als er nun dort ankam, fragte ihn der Fahrsteiger, wie es ihm hier gefiele. M. antivortete gut, und es wäre hier besser wie in Schacht 1/11. Auch an Holz mangele es hier nicht. Wegen dieses Lobes mutzte sich M. wieder bei Linz melden und dieser drohte, daß er den M. fortjagen würde, wenn er sich noch einmal erlaubte derartiges zu sagen. Dieses sind alles Fälle, die der Amtsanwalt schon Anfang 1911 in seine Akten verzeichnet hat. Nun sind wir über ein Jahr älter und neue Fälle sind vorgekommen. Die Wahlen der Sicherheitsmänner auf ZecheLothringen" sind wohl die typischsten, die wir haben. Jede Wahl ist bis jetzt wegen vorgekommener Verstöße angefochten worden. Die Praktiken der Zechenverwaltungen haben dahin geführt, daß den Bergarbeitern die Sicherheitsmännerwahlen verekelt worden sind. Der ganze Beamtenstab wird für diese Wahl aufgeboten, damit nur gelbe" Kumpels gewählt werden. Dieses Ziel ist denn auch bei- nahe erreicht worden, und über 109 Tote decken heute das Schlacht- feld der Arbeit. So sieht dieMusterzeche" derRheinisch-West- fälischen Zeitung" aus. » » Alle man clen kalter informierte. Erstaunlich ist die Bestimmtheit, mit der der BSrgrat Dobbelstein in der Lage war, dem Kaiser bei seinem halb- stündigen Besuch auf der Unglücks-Zeche zu sagen, welches die Ursache des Unglücks söi: Einzig das Abtun eines Spreng- schusses, bevor der Ort ganz frei von Wettern war. Zwar lebt keiner von der Steigerabteilung Paßmann mehr, die die fragliche Gesteinsarbeit im Onerschlag verrichtete. Zwar ist die Angabe, daß der Schuß abgetan worden, obwohl ein Be- amter zugegen gewesen womit nur der Steiger Paßmann gemeint sein kann ganz und gar nicht dazu angetan, die geäußerte Ansicht über die Ursache des Unglücks glaubhaft er- scheinen zu lassen! Wie nun, wenn die Sache sich dennoch anders erklären ließe? Wie, wenn die Frage aufgeworfen wird, wie es mög- lich war, daß die Folgen so außerordentlich große sein kann- ten? Wie, wenn die Frage nach der Mitwirkung vsn Kohlen- staub gufgÄvsrfen wird? Was lag näher, als den zuständigen Sicherheitsmänn zu hören, der ein sehr erfahrener Bergmann ist und der die frag- lichen Reviere und ihre Verhältnisse genau kennt! Der auch seit Donnerstag mittag an den Rettungsarbeiten beteiligt war und so einen Einblick in die augenblicklichen Verhält- nisse der Grube gewonnen haben wird? Der Sicherheitsmann wurde nicht gehört, so nahe das gelegen hätte. Er wurde dem Kaiser nicht vorgestellt, er wurde nicht einmal auf den Zechenplatz gelassen. Warum nicht? Etwa weil er nur noch der einzige vom alten Ver- band aufgestellte und gewählte Sicherheitsmann auf Lothringen " ist? Hatte man etwas zu fürchten, wenn er zum Reden gekommen wäre? Fürchtete man etwa einen Ein- druck, wie ihn der Prinz Eitel-Friedrich auf Radbod aus der Unterredung mit der spontan konstituierten Arbeiterdepu- tation mit nach Hause genommen? Sei dem wie ihm wolle. Die Akten überLothringen " sind noch nicht geschlossen! Sie Greignilfe in der Cürkei. _ Die Meldungen aus Konstantinopel lauten fortgesetzt optimistisch. In der Stadt ist alles ruhig und die Regierung scheint, vorläufig wenigstens, die Situation zu beherrschen. Unter dem Druck der herrschenden Militärdiktatur haben die jungtürkischen OrganeHakk" undTanin" ihr Erscheinen eingestellt. Einige jungtürkische Beamte haben es vorgezogen, ihre Stellen niederzulegen, um die von der Regierung ge- forderte Erklärung nicht unterzeichnen zu müssen. Nur eine Nachricht lautet bedenklicher: Die Polizei forscht nach in der Stadt versteckt gehaltenen Bomben. Unterdessen haben die meisten jungtürkischen Führer Konstantinopel verlassen und beraten in Saloniki über ihr künftiges Vorgehen. Die Regierung läßt freilich versichern, daß sich an der komiteefreundlichen Kundgebung nur 30 Offiziere beteiligt hätten, die meistens der Gendarmerie sowie der Truppenabteilung angehören, welche den Be- wachungsdienst Abdul Hamids versieht. Die Kundgebung sei fehlgeschlagen. In Wirklichkeit scheinen im jungtürkischen Lager sich zwei Lager bemerkbar zu machen; die einen wollen ver- suchen, den gewaltsamen Widerstand zu organisieren, während die anderen sich auf friedliche Mittel beschränken wollen. Monientan gefährlicher glS die jungtürkische kann den Machthabern die albanische Bewegung werden. Auch offiziös muß jetzt zugegeben werden, daß die Albaner nicht daran denken, sich zu zerstreuen, ehe ihre Forderungen erfüllt sind. Ihre Führer haben dem türkischen Vertreter Ibrahim Pascha ein Schriftstück übergeben, das zwölf Forderungen enthält, auf deren Bewilligung die Arnauten bestehen. Die Forderungen sind: t. Erhebung und Festsetzung der Steuern und Abgaben sowie Organisation der Finanzgebarung auf Grund der für Albanien maßgebenden Verhältnisse. 2. Leistung des Militärdienstes nur in den rumelischen Provinzen, ausgenommen im Kriegsfalle, wo die Arnauten auch in andere Reichsteile gehen wollen. 3. Ernennung ehr- licher, die Landessprache kennender Beamter. 4. Errichtung von Ackerbauschulen. 5. Vermehrung der Anstalten für Kultus- Unterricht, 6. Schulunterricht in mehreren Sprachen, 7. Bau von Straßen und Eisenbahnen zur Hebung des Handels, 8. Absolute Freiheit betreffs Errichtung von Privatschulen. 9. Organisation der Nahijes, 10. sollen die Mitglieder des Kabinetts Said Pascha zur Verantwortung gezogen, 11. eine Generalamnestle erlassen und 12. die den Arnauten abge- nommenen Waffen wieder ausgeliefert werden. So weitgehend diese Forderungen auch sind, so ist es nicht einmal sicher, ob sie in der offiziösen Meldung auch wirklich vollinhaltlich wiedergegeben sind. Denn es ist be- kannt, daß das Ziel der Albanesen die völlige Autonomie ihres Landes ist. An der montenegrinischen Grenze dauern die lmmenstöhe fort, während die bulgarische Presse immer nachdrücklicher ein Eingreifen Bulgariens in die maze- donischen Wirren verlangt. Die Verhandlungen mit den Albaniern. Konstantinopel , 19. August. Wie die Blätter melden, hat Ibrahim Pascha dem Großwesir telegraphisch mitgeteilt, daß die Ruhe in Albanten zurückkehre und daß er in den Verhandlungen mit 29 Albanesenchefö fortfahre. In der Depesche heißt es weiter, daß die Albanesenchefs die Ge- riichte von angeblichen Absichten der Albanesen dementieren und erklärt hätten, daß sie die Lostrennung von der Türkei nicht wünschten. Der Präsident des Senats Ferid Pascha hat an die Albanesenchefs eine Depesche gesandt, in der er ihnen den Rat erteilt, keine Forderungen aufzustellen, welche die Würde deS türkischen Reiches verletzten. Also müssen solche ausgestellt worden sein. Zusammenstöße an der Grenze. Konstantinopkl, 9. August. An der tjii r ki s ch« monte­negrinischen Grenze dauern die Scharmützel fort. Auf die diesbezüglichen neuerlichen Schritte des montenegrinischen Geschäfts- trägers antwortete der Minister des Aeußern, daß vermutlich die Befehle des Kriegsministeriums, das Feuer einzustellen, den Grenz- behörden noch nicht zugegangen seien. Aus S k u t a r i wird ein neuer Zusammenstoß der Truppen mit bsn Malissoren gemeldet. politifcbe CUberficbt Berlin, den 10. August 1912. Zentrumsterrorismus. ES ist nicht tvs erstemal, daß in der Erzdiözose Köln arbeiterfreundliche Geistliche auf Wunsch ihrer Widersacher straf- versetzt werden. Schon vor mehreren Jahrzehnten verbannte man den Kölner Kaplan Hehdörffer in ein entlegenes Dorf, weil er das Zusammengehen aller Arbeiter ohne Unterschied der religiösen und Politischen Weltanschauung forderte. DaS gleiche Schicksal widerfuhr dem 5dapl<m E s s e r in Wiesdorf, der sich gleiclisalls beim Unternehmertum unbeliebt gemacht hatte. Die Wiesdorfer Zen- trumsunternehmer sandten«damals an den Erzbischof von Köln ein Telegramm, worin es hieß:Kaplan hetzt Volk auf". Das neueste Opfer ist der Pfarrer Lambertz in Siegburg . Er hat es dort mit der offiziellen Leitung des Zen- trums verdorben. Zunächst paßte ihm die örtliche, insbesondere kommunale Politik nicht; dann aber soll er sich auch, wie seine An- kläger behaupten,der matzlosen Ueberschätzung des Arbeiter st andes gegenüber allen anderen Be- rufs ständen" schuldig gemacht haben. Seine Sünden bestehen darin, daß er gemeinsame Bezüge vpn Kmiosfelg und BxeMMgte- rialieu durch die Arbeiter arrangierte, daß er einen zsonsnmverein sowie eine Baugenossenschaft gründete, daß er nicht in gewünschter Weise gegen den in Siegburg stark verbreiteten Militärarbeiter- verband hetzte, den Einfluß der Arbeiterstadtverordneten zu stärken suchte usw. Es wird von der Leitung der Siegburger Zentrumspartei nicht bestritten, daß der Zentrums-Kreischef, Justizrat Mielke, nach Köln ins erzbischöfliche Palais gefahren ist, um die Straf, Versetzung des Geistlichen zu verlangen; nur behauptet man, diese Versetzung sei nur wegen Gefährdung des katholischen Lebens gefordert worden. In einer mit seinem vollen Namen unterzeich- neten Erklärung in Nummer 199 derSiegzeitung" sagt aber Pfarrer Lambertz. daß er jeden, der noch den Mut habe, die rein politischen Motive der Verfolgung seiner Person zu bestreiten, ausdrücklich d e r U n w a h r hei t bez i cht i ge. Er schreibt: Nach Ankündigung der Versetzung begab ich mich aus Sckmicrz über die Trennung von den Waisenkindern(L. war Rektor'im Waisenhause), still zum Herrn Justizrat Milcke, bat inständigst, die Schritte, welche meine Versetzung veranlaßt hätten, rückgängig zu machen, und v e r s p ra ch. zur Vermeidung weiterer Schwierigkeiten aus die Leitung des Arbeiter- Vereins zu verzichten und aus dem Lokalwahl- komitee auszuscheiden. Ich erhielt die Weisung, nach einiger Zeit zurückzukehren, da die Antwort erst nach Besprechung mit besonderen Freunden gegeben werden könnte. Nach etwa zwei Wochen wurde ich gerufen, und folgte dem Rufe mit froher Hoffnung, die aber bald vernichtet wurde. Der Herr Justizrat Mielcke las mir ein recht langes Schriftstück vor, welches die Gründe enthielt, die nach seiner und seiner Freunde Ansicht meine Versetzung notwendig machten. Unter anderem wurde mir in dem Schreiben vorgeworfen, daß die Schädigung der Zentrumspartei von mir entweder aus Dummheit oder aus Bosheit erfolgt sei. Nach Ver- lesung dieses Schriftstückes erklärte mir der Herr Justizrat Mielcke. daß dasselbezu den Geheimakten der Partei" gelegt würde...." Wie man aus weiteren Erörterungen in dem genannten katho- tischen Blatte erfährt, hat das offizielle Zentrumsblatt in Sieg- bürgDer Siegbote" die Aufnahme der Erklärung des Pfarrers Lambertz-tbgelehnt. Weiter heißt es dort, daß der Pfarrer im Jahre 1994, 1999, 1998 und 1919, jedesmal nach den Stadtvcrordnetenwahlen, infolge von Anklagen feiner Widersacher vor das erzbischöfliche Generalbika- riat nach Köln geladen und daß er bereits zweimal auf Betreiben der Siegburger Zentrumsleitung. insbesondere des Justizrats Mielke, versetzt worden ist. ob-' wohl seine sämtlichen geistlichen Amtsbrüder in Siegburg auf seiner Seite standen.. Auch einem anderen Geistlichen gegenüber, dem Rektor Reis- t o r f f hat man mit der«rzbischöflichen Behörde gedroht. Ein Arzt hat erklärt, daß Mielcke gesagt Hobe:Eni- weder wir bekommen den Rektor Reistorff auf unsere Seite, oder wir wenden uns an die erzbischöfliche Behörde; dann kann die In Siegburg aufräumen". In einem anderen Falle hat Mielcke erklärt:Den einen Rektor(Lambertz war damals noch Rektor) haben wir fortgebracht, und wenn sein Nachfolger sich nicht besser fügt, soll er sehen, wiees ihm geht". Reistorff hat bereits bei einer ftühercn Gelegenheit öffentlich an Mielcke die Frage gerichtet, ob er ihn nicht in seinem eigenen Hause vor der letzten Stadtverordnetenwahl gedroht habe:Wenn Sie keine Erklärung abgeben gegen die beiden Kandidaten Hansen und Schafer, und zwar eine öffentliche Erklärung, dann wende ich mich an den Herrn Dechanten und an das Generalvikariat inKöln'. Als Mielcke dies bestritt, erklarte Reistorff, eS auf sein Prie- sterwort nehmen zu können, daß seine Angaben der Wahrheit ent- sprächen. Den Kenner des KlerikaliSmuS können die geschilderten skan- dalösen Vorgänge kaum überraschen: DaS Zentrum ist nie etwas anderes gewesen als eine Partei der Besitzenden. Neu ist nur, daß katholische Geistliche öffentlich gegen diese Pylitjk Front machen. Ein pikantes Histörchen. Der nattonalliberalenMagdeburg . Zeitung" wird aus Berlin geschrieben: In Berliner diplomatischen Kreisen erzählt man sich allerlei pikante Histörchen, die geeignet find, ein seltsames Licht auf die widerstreitenden Nachrichten über die Freilassung des russischen Spions Kostewitsch zu werfen. Danach hat Herr v. Kiderlen ge- glaubt, diesen interessanten Fall auf diplomatischem Wege erledigen zu müssen. Er hat verlangt, daß als Entgelt für Kostewitsch der wenige Tage später gewissermaßen als Anstauschspion in Warschau verhaftete deutsche Arttllerieleutnant Dahm aus Wolfenbüttel frei- gelassen würbe. Damit hat sich Rußland einverstanden erklärt, wenn die Freilassung unter denselben Bedingungen wie bei Koste« witsch, also auch gegen eine Kaution von 39 999 M.. erfolgt. Dem ist, so wird uns berichtet, von deutscher Seite zugestimmt worden. Indes hat Herr v. Kiderlen, um den Charakter der diploma» tischen Aktion schärfer hervortreten zu lassen, den Wunsch aus­gesprochen, daß diese Kaulion nicht beim Reichsgericht, sondern bei der deutschen Gesandtschaft in Petersburg eingezahlt werde. Darauf hat sich Rußland bisher noch nicht einlassen»vollen, das außerdem noch über einige Nachklänge des Falles Dreßler ver- ärgert sein soll. Man will wissen, daß der deutsche Grenz- kommissar Dreßler, der in Rußland plötzlich wegen Spionage- Verdachts verhaftet wurde, auf die Initiative des Zaren hin e»t- lassen worden ist gegen die Zusicherung, daß er von der Grenze abberufen werde. Nun soll man in Nußland darüber verstimmt sein, daß diese Abberufung bisher immer noch nicht erfolgt ist. Es läßt sich schwer feststelle», ob die Zusammenhange in allen Einzelheiten richtig sind." Es ist umso sonderbarer, daß dieMagdeburg . Zeitung' sich zum Verbreiter dieses pikanten Histörchens macht, als gerade die National- liberalen sonst mit leidenschaftlichem Pathos die Ansicht vertreten, daß in Preußen-Deutschland die Justizpflege untadelig und irgend- welche Abweichung vom Pfade des strengsten Rechts völlig aus- geschlossen sei. Und da sollte die R e ch t S fr a g e auf einmal zu einer dip l oma ti s ch en Frage werden, sollte die Justiz vor der Politik kapitulieren, damit der deutsche Spion in Ruß « land mit heiler Haut davonkäme? Kein Wunder, daß die.Deiitsche Tages-Zeitung" meint, ein solches Vorgehen würde denn dochein recht bedenkliches Spiel sein und der deutschen Rechtsaufsassung keineswegs entsprechen". Zum mindesten würde es in den breiten Massen, die ohnehin den national« liberalen festen Glauben an unsere Rechtspflege nicht besitzen, den Gedanken aufkommen lasten, daß unsere Justiz auch sonst gelegent« lich politische Gesichtspunkte den rechtlichen als über» geordnet betrachten könntet Eine gewisse Bestäligung scheint übrigens das pikante Histörchen deSMagd. Ztg." zu erhalten, da Kostewitsch am Sonn- abend nachmittag aus der Haft entlassen worden ist. Da in Zukunft die verschiedenen Nationen wohl dafür sorgen werden, daß sie jederzeit Austauschspione auf Lager haben. würde es sich vielleicht empfehlen, die Spionage, sofern sie wenigstens von ausländischen Offiziere ausgeübt wird, überhaupt straf- frei zu machen!