Nur nichts fordern f Der Bergrat Ehring, Leiter der Oberharzer Bergwerke, hat auf dem KlauSthaler Bergfest am 3. August, wie jetzt bekannt wird, eine Rede gehalten, die wir unseren Lesern nicht vorenthalten wollen. Der Herr Bergrat meinte: „Wenn somit am Oberharz vorderhand kein« besonderen Besorgnisse berechtigt find, so will ich doch nicht unterlassen, Sie heute auf eine talsächlich vorhandene gröbere Gefahr, die der Ober- harzer bergmännischen Bevölkerung droht, hinzuweisen; es ist dies die drohende Vernichtung der Zufriedenheit, des Vertrauens und der Schaffenslust unserer Belegschaften. Seit Jahrhunderten hat die Bevölkerung am Oberharz von den Bergbaubetrieben rechtlich und nicht schlecht gelebt! sie war mit ihrem Los zufrieden und stand in guter Kameradschaft und Eintracht unter sich und zu den Vor- gesetzten. Die Verwaltungen mit ihren Beamten haben stets in väier- licher Fürsorge für ihre Untergebenen gesorgt und so das ihnen entgegengebrachte Vertrauen voll gerechtfertigt. In diesem ver« trauenden kameradschaftlichen Verhältnis ist in den letzten Jahren ein bedenklicher Rist entstanden. Es sind Leute an Sie herangetreten, die Ihnen vorgaukelten, daß sie besser für Sie sorgen wollten und könnten, daß Ihr Los ein unerträgliches, Ihre Behandlung eine ungerechte sei, daß Sie viel zu lange und zu viel arbeiten müßten und daß der verdiente Lohn gänzlich unauskömmlich sei und so mehr. Mit Versprechungen, an deren Erfüllbarkeit bei Aufrecht- erhaltung der notdürftigen Lebenssähigkeit des Oberharzer Berg- baue? kein vernünftiger Mensch glauben kann und auch tatsäcklich wohl niemals geglaubt hat, hat man Sie mit Ihren Verhältnissen unzufrieden zu machen gesucht, hat man Ihr Vertrauen und ihre Achtung zu und vor den Vorgesetzten zu vernichten, hat man Ihre Arbeitslust und Ihre Lebensfreude zu vergällen gesucht.� Der Bergrat führte dann Wetter aus, daß die Hetzer den Berg- keuten das Leben sauer machten. Er hätte gegen eine Organisation nichts einzuwenden, aber hier könnte es sich nur um eine solche handeln, wie sie in neuer Zeit einsetzte. Jedenfalls meinte er die gelbe» Werkvereine. Dann gab der Herr den Arbeitern den guten Rat, den Harzer Staub von den Füßen zu schütteln und sich eine andere Brotstelle zu suchen, wenn sie den Hetzern zu folgen gedächten. »Die Mittel und Wege, die hier am Oberharz in den letzten Jahren angewandi worden sind, das schmutzige ungehörige Treiben von in und außerhalb der Belegschaft stehenden Elementen ist eS, was ich bekämpfe und was ich mit allen mir zu Gebote stehenden Mitteln für alle Zukunft energisch bekämpfen muß und werde. Ich mutz dies bekämpfen nicht in meinem Interesse, sondern in Ihrem eigensten Interesse, im Interesse des vernünftigen treuen Teils der Beleg- schaft, im Jntereffe der Ordnung und Disziplin auf den Werken. Es kann nichr stillschweigend geduldet werden, daß hergelaufene Menschen, die von Ihrem Dienst und Ihren Verhältnissen hier am Harz nichts wissen und nichts verstehen, Sie und Ihre Kameraden ins Unglück stürzen. Nicht mit Lug und Trug, nicht mit un- wahren Anschuldigungen gegen die bestehenden Verhältnisse können Ihre wahren Interessen vertreten und gefördert werden.' > Die schöne Rede ist um so bemerkenswerter, als fie sich nicht, wie man annehmen dürfte, gegen die Sozialdemokratie, sondern gegen die christlichen Gewerkschaften richtet, denn diese nur besitzen soweit uns bekannt ist, in jener Gegend, um Goslar und Klausthal herum, Mitgliedschaften. Demnach scheint Herr Ehring schon deren mäßige Forderungen als.schmutzige' Treiberei und Hetze zu betrachten, die„mit allen zu Gebote stehenden Mitteln' bekämpft werden mutz. Begreiflich ist vom Profitstandpunkt aus diese Erregung. Bisher war der Oberharz tatsächlich so eine Art Dorado— wenn nicht für die Bergleute, so doch für die Bcrgwerksbesitzer, den Staat: denn die verdienten Schichtlöhne stellten sich in den Jahren 1888 bis 1911 zwischen 1,99 bis 8, IS M., und zwar betrugen sie in 1909--- 3,29 in 1919— 8,99 und in 1911---- 8,15 M., wozu freilich noch für die gleichen Jahre ein Brotkornzulage von 12, 18 und 29 Pf. kommt. Dagegen erhöhte sich der Ueberschuß der Oberharzer Werke von rund 845 999 M. im Jahre 1919 auf 1 799 909 M. Es ist recht bequem, den Arbeitern zu empfehlen, bei einem Gesamtlohn von 3,49 M. pro Schicht hübsch zufrieden, schaffens, lustig und wirtschaftlich zu sein; aber von einer Einsicht in die heutigen Lebensverhältnisse zeugt solche Rederei sicherlich nicht. Was soll denn bei den heutigen Lebensmittelpreisen ein Arbeiter mit mehreren Kindern— und die meisten der Bergleute sind Familien- Väter—< mit einem Lohn von 3,40 M. anfangen? Gegen das Jesuitengesetz. Die„Kölnische Zeitung ' meldet: Wie zuverlässig verlautet, ist für den Katholikentag eine lebhafte Bewegung gegen das Jesuiten - gesetz in Aussicht genommen. ES wird eine Resolution zur An- nähme vorgelegt werden, welche die Aufhebung des Jesuitengesetzes fordert._ Vauhandwerkerschutz und-Jntereffengemeinschaft der Terrainwucherer. Der rote„Tag" bringt ein« recht harmlos klingende kurze Mitteilung: zur Bekämpfung der Mißstände im Bau- g e w e r b e haben sich die Berliner Handwerkskammer , der Schutzverrin der Berliner Bauinteressenten und der Verband zum Schutze des deutschenGrund- besitzes und Realkredits zu Beratungen zusammen- gefunden, die den Zweck haben, eine Jnteressengemein- schaft zu gründen. Das wird von der reaktionären Presse im besonderen lebhaft begrüßt. Es ist ja eine alte Geschichte, um die Kleinunternehmer, Handwerker und Händler von der Sozialdemokratie fernzuhalten, soll der Mittelstand durch Gesetzgeberei„gerettet" werden. Räch den Zwangsinnungen bekam der Mittelstand den sogenannten kleinen BefähigungSnach- weis— 1908—, Meisterprüfung, Meistertitel und Berechtigung zur Lehrlingsausbildung sollte den Mittelstand wieder konsolidieren. Konservative und Zentrum schwärmten von den Erfolgen solch naiver, oder bielmehr für sie sehr kluger, weil k o ste n l o s e r, Mittelstandsfreundlichkeit I Die Sozialdemokratie machte selbst- verständlich diese Heuchelei nicht mit. Für das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb hat die Sozialdemokratie 1999 natürlich gestimmtl Hier kann wirklich von einer Beseitigung von Mißständen gesprochen werden, die Mittelstandsrettung ist das aber auch nicht. In demselben Jahre wurde auch das Gesetz über die Sicherung der Bauforderungen angenommen. Die Sozialdemokratie stimmte jelbswerständlich dafür. Dabei ist aber auch etwas Wirkliches zur Bekämpfung des Bauschwindels geschehen, wenn auch noch lange nicht genug. Wenn jetzt solche Organisationen wie der Verband zum Schutze d«S deutschen Grundbesitzes und Realkredits sich anmaßen, im be- sonderen die Bekämpfung von Mißständen im Baugewerbe in ihr Programm aufzunehmen, so muß gegen solche heuchlerische Politik fchärfstens Front gemacht werden! Wenn die grundlegenden Miß- stände im Baugewerbe ernsthaft bekämpft werden sollen, dann muß bei dem Verbände zum Schutze des deutschen Grundbesitzes und Realkredits angefangen werden I Diese Organisation setzt sich zusammen aus den Terrain- großinteressenten Deutschlands , Banken und Terraingesellschaften. Von ihnen wird seit Jahrzehnten auf dem Grund- und Boden- markt planmäßig gewuchert, die Terrainpreise sind eine Haupt- Ursache, weshalb der Arbeiter keine anständigen, billigen und ge- pmden Wohnungen bekommen kann..Im Verbände„zum Schutze" usK. befinden sich Männer und Banken wie die, welche der.Skadk Berlin das Tempelhofer Feld abjagten, um hier, wo endlich Kultur- bauten durch bitterste Notwendigleit zur Wirklichkeit werden wollten, Mietskasernen zu errichten und so die„Gefahr" zu beseitigen, wegen billigerer kommunaler Wohnungen im Berliner Terraingeschäft keine Millionen mehr zu verdienen. In diesen Großterrain- geschäften liegt die schlimmste Gefahr des Bauschwindels und des Handwerlcrbetruges l Wenn sich jetzt derlei Vereinigungen zu einer Interessen- gemeinschaft zusammenfinden, so bedeutet das für den baugewerb- lichen Mittelstand ebensoviel, als wenn der Teufel von Beelzebub ausgetrieben werden sollte. Die Wurzeln der Mittelstands- Vernichtung auch im Baugewerbe liegen bei den wirtschaftlichen Großmächten, die planmäßig den Mittelstand nach und nach aus- schalten! Wenn dem Mittelstand geholfen werden soll, dann muß er sich gerade im Baugewerbe seine freiwilligen Helfer erst etwas genauer ansehen, als er es bis jetzt getan hat. Memeidsverfahren gegen einen bayerischen Landtags- Abgeordneten. Gegen den Zentrumsabgeordneten des bayerischen Landtags, Arbeitersekretär Oswald, der durch seine Angriffe auf den Verlehrs« minister v. Frauendorffer den Sturz des Ministeriums Pode- wils eingeleitet hat, schwebt nach einer Meldung der„Post" ein Verfahren wegen Verleitung zum Meineid. Der Geschäftsordnungs- ausschuß des Landtags hat jedoch der Vollversammlung vorgeschlagen, die Erlaubnis zur Strafverfolgung zu versagen. Beschlagnahme eineS deutschen Schiffes in Antwerpen . Nach einer Meldung aus Brüssel wurde im Hafen von Ant- werpen das deutsche Frachtschiff„Hermia" aus Hamburg beschlag- nahmt. Auf dem Schiff, das eine Ladung Reis nach der Türkei führen sollte, wurde, so wird berichtet, bei der Untersuchung durch die Hafeabehörde statt der vermeintlichen Reisladung Konterbande entdeckt und das Schiff mit seiner Ladung, Munition und Waffen, beschlagnahmt. Der Besitzer wird wegen falscher Deklaration in eine hohe Strafe genommen werden. Militärische Erziehungsmittel. Vor dem Kriegsgericht der 38. Division in Erfurt stand am Mittwoch der Unteroffizier Holzheuser von der 8. Kompagnie des 71. Infanterieregiments in Erfurt wegen Mißhandlung eines Soldaten. Der Herr Unteroffizier ärgerte sich während des Gewehr- reinigenS über die Langsamkeit eines Untergebenen und versetzte ihm zwei Ohrfeigen. Das Gericht erblickte in dieser eigenartigen Erziehung erwachsener Menschen einen gelinden Mißhand- lungsfall und verurteilte den Unteroffizier zu 14 Tagen Mittel- arrest. Dann standen der Sergeant Richard Hoffmann, der Gefreiie Mlhelm Schröder und der Jäger zu Pferde Eduard Görbtng, sämt- lich von der 1. Schwadron des Jägerregiment? zu Pferde, in Langensalza vor dem Kriegsgericht. Beim Remontereiten hatte Görbing einen Befehl des Sergeanten nicht beachtet, wodurch dieser so in Ausregung geriet, daß er dem Görbtng mi> dem unteren Teil der Säbelscheide einen derben Scdlag auf den liulen Oberschenkel versetzte. Jedenfalls um den liebenswürdigen Vorgesetzten zu schonen, machte Görbing seinem stellvertretenden Berittführer, dem Gefreiten Schröder, die falsche Meldung, er(Gör- bing) Melle sich wegen eines schlimmen FutzeS krank melden. Der Gefreite gab die falsche Meldung an den Wachtmeister weiter und so kam es, daß alle drei vor das Kriegsgericht kamen. Verurteilt wurde nun der Sergeant zu acht Tagen Mittelarrest. Der Gefreite Schröder und der Jäger Görbing wurden freigesprochen: das Gerieht hielt ste für schuldlos. Cnglanck. Konservative Budgetverweigerer. Während man bei uns der Sozialdemokratie aus der Ablehnung des Staatshaushalts einen besonderen Borwurf macht, und selbst die Fortschrittler, die selber in Opposition gegen die herrschende Richtung des Staatsschiffs stehen, diese Konsequenz ernster politischer Gegnerschaft nicht verstehen können, findet in parlamentarischen Ländern die Opposition die Verweigerung der Mittel für die Re- gierung der Gegenpartei einfach selbstverständlich. So teilt jetzt die liberale Preffe, allerdings mit dem Zufatz von etwas Entrüstung, mit, daß die patriotischen Konservativen sogar das Verwendungs- gesetz, das die Ausgaben für Soldaten, Seeleute und Altersrentner vorsieht, abgelehnt haben, was gegen den politischen Brauch sei. Eine Reihe hervorragender Abgeordneter, darunter Lord BereSford, der Warner vor der„deutschen Gefahr", A. Chamberlain und Lord Robert Cecil, werden genannt, die gegen die Vorlage gestimmt und dadurch, da die Liberalen sich dieses Angriffs nicht versehen hatten, dt« Mehrheit auf 29 herabgedrückt haben. China . Meuternde Söldner. Mulden, 19. August. Der drohenden Revolte der Truppen ist durch das Versprechen der hiesigen Kaufleute vorgebeugt worden, der Garnison für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung 29999 Ltang zu schenken. /ZtneHKa. Anwendung der Monroedoktrin. Washington, 19. August. Es wird behauptet, daß die große Station für drahtloseTelegraphie in Savville(Long- Island) unter der Kontrolle einer Gesellfchaft stehe, die von der deutschen Regierung beeinflußt werde. In aller Stille ist von dem Marinedepartement sowie vom Departement für Handel und Arbeit eine Untersuchung eingeleitet worden, um festzu- stellen, ob hierdurch die Resolution Lüdge und die in Beratung befindliche Bill betreffend das Verbot privater Funken- telegraphie innerhalb von 15 Meilen im Bereich bestimmter Re- gierungsstationen verletzt lverde. Bus Inäultne und Handel. Die deutschen Aktiengesellschaften im Jahre 1911. Die Macht des unpersönlichen Kapitals in Deutschland wirb von neuem durch eine vom Kaiserlichen Statistischen Amt veröffentlichte Untersuchung über die„GeschästSergebniffe der deutschen Aktien- gesellschasten im Jahre 1919/11" beleuchtet. 4889 reine Erwerbs- gesellschaften repräsentierten ein llnternehmungskapital von 17,26 Milliarden. 14,23 Milliarden fallen davon auf Aktienkapital und 3,25 Milliarden auf Reserven. Die starke Kapitalskonzentration in den deutschen Aktienunternehmen drückt sich darin auS, daß die Zahl der Gesellschaften nur wenig zunimmt, während ihre Kapitalien sehr rasch wachsen. Von 1998 bis 1911 stieg die Zahl der Unternehmungen von 4587 auf 4839 oder um 2 Proz., ihr Aktienkapital aber von 12,79 auf 14,23 Milliarden oder um 13 Proz. Im Jahre 1919/11 flössen den deutschen Aktiengesellschaften dreiviertel Milliarden neues Unternehmungskapital zu. Die Banken verschlangen davon allein 299 Mllionen. Die Elektri - zitätSindustrie vermehrte ihr Kapital um 58 Millionen. Als werbendes Kapital müssen aber nicht nur Aktienkapital und Reserven betrachtet werden, sondern auch Obligations-, Hypotheken- und ein Teil der „sonstigen" Schulden. Etwa 23 Milliarden vermehren so das eigene Kapital der Aktienunternehmungen. Die GeschästSergebniffe der Miengesellschasten weisen eine zu- nehmende Rentabilität auS. Von den 4689 Unternehmungen schloffen 3863 mit Gewinn, 743 mit Verlusten und 89 ohne Gewinn oder Verlust ab. Die Verluste wurden nur auf insgesamt 79 Millionen berechnet, die Gewinne dagegen auf 1473 Millionen. Der Jahresmehrgewinn aller Gesellschaften beträgt 1394 Millionen gegen 1288 Millionen im Vorjahre. Die deutschen Aktienunter- nehmungen haben also im Jahre 1911 198 Millionen mehr verdient als im Jahre 1919. Je 199 M. deS gesamten Eigenlapitals haben 8.08 M. gebracht(im Vorjahre nur 7,82 M.). Das Aktien- kapital(ohne Reserven) verzinste sich mit 9.95 Proz.(im Borjahre nur 9,57 Proz.). An dem wirtschaftlichen Aufschwung seit der letzten Krise(1998) haben auch die Aktionäre ihren klingenden Anteil gehabt. Im Durchschnitt aller Unternehmungen fiel der Dividendensatz 1993 aus 1999 von 8,97 auf 7,38 Proz.; er ist seither aber bis auf 8.99 Proz, im Jahre 1911 wieder gestiegen. 3429 Gesellschaften(d. h. 73 Proz. aller) schütteten im letzten Jahre 1133 Millionen Mark aus. In den einzelnen Industrien fällt die Rentabilität der Gesell- schaften und die Dividende der Aktionäre natürlich verschieden hoch auS. Vom Standpunkt des ganzen Unternehmens aus ergaben sich die höchsten Rentabilitätsziffern im VerstcherungSgewerbe(15,8 Pro- zent), in der chemischen Industrie(14,9), bei kolonialen Gesell- schaften(14,3), bei den Zuckerfabriken(14,1), im Bekleidungs- gcwerbe(12,3), im Bergbau, kombiniert mit Hüttenbetrieb und Maschinenbau (19,4), bei Gasanstalten(19,4). Die Rentabilität der chemischen Industrie wird jetzt von der der Versicherungsgesellschaften übertroffen. Einzelne Zweige aber, wie die Farbmaterialien- industrie, weisen sogar eine Rentabilität deS GesamtunternehmenZ von 20,6 Proz. auf. Die Industrie chemischer Farben verteilt auch an die AlnonSre recht hohe Dividenden, und zwar 22,3 Proz. Die Aktionäre von Feuerversicherungsgesellschaften erhalten sogar 23 Proz. Dividende, die von Versicherungsgesellschaften überhaupt .nur" 23,1 Proz. Weiter werden hohe Dividenden gezahlt von der chemischen Industrie(15,5 Proz.), von den Zuckerfabriken(12,4), im Baugewerbe(12,1), in der Metallverarbeitungsindustrie(11,6). im Belleidungsgewerbe(11,5), von der Leder- und Gummiindustrie (10,8), in gemischten Bergbau- und Hüttenbetrieben(19). Schlechtere Ergebnisse als im Vorjahre wiesen nur die Industrie der Steine und Erden(insbesondere Kalk-, Mörtel- und Zementwerke) und die Textilindustrie auf. Alle anderen Gewerbe nahmen an dem Wirt- schaftlichen Aufschwung der jetzigen Konjunlturperiode teil. Der Segen des Kapitalismus . Entdeckte da vor einigen Jahren ein Geologe und Professor. daß die Natur mit Hilfe eines natürlichen Gesteins, des Zeolith, Wasser enthärtet, die Stoffe, welche die Härtung des Wassers ver» Ursachen, automatisch beim Durchfließenlassen verschluckt, das Wasser weich, genieß- und brauchbar macht. Das erste war natürlich ein Patent, das zweite die verwertende Aktiengesell- schaft. Wir schildetten schon kürzlich, daß die P e r m u t i t A.-G. ein Tochterunternehmen der Riedel u. Co. Aktienaesellschaft, sich aus- schließlich mit diesem Enthärtungsverfahren beschäftigt. Selbst» verständlich ist mit dem Belauschen der Natur wieder einmal ein kultureller Fortschritt für die Menschheit gewonnen. Großstädte, die nur hartes Wasser haben, z. B. Paris, denken daran, Filteranlagen der Art. wie ste die Natur selbständig vorgemacht hat, herzustellen. Das Wasser wird bei solchen Filtrationsvorgängen zugleich bakterien- frei. Kcsselwasser filtriert, verhindert Kesselsteinbildung, filtriertes Wasser in der Textilindustrie ist ein Sicherheitselenient für die Färb- Wirkung und Haltbarkeit der Stoffe. Also wieder einmal eine große Errungenschaft. Die Folge? In Belgien wurde ein internationvles Permutitsyndikat gegründet, das 25 Millionen Francs Kapital hat. Die Perinutitgesellichaft, die kleine Todjtergesellschast von Riedel u. Co., gab ihre Patente hinein und erhielt— rund s e ch S Millionen Mark dafür! Dazu aber auch noch Aktien Md dauernde Abgabenberechtigung l Das Syndikat gründete sofort in Deutschland und anderen Ländern, jetzt auch in Kanada , eigene Tochtergesellschaften. Ehe die Ausbeutung der wirtschaftlichen Errungenschaft in Angriff genommen wurde, mußte natürlich erst eine Konkurrenz totgemacht werden. ES besteht eine Allagitgesellschaft, die jetzt an die Auer A.-G. angegliedert worden ist. Dies Unternehmen beschäftigt sich mit demselben'Filtrationsverfahren. Nur ein kleiner Unterschied besteht zwischen ihnen, Allagit nimmt natürlichen Gesteinsfilter, Permutit künstlichen. Auer steckt nun mit feinen Hunderttausenden hinter dem Allagitverfahren, der erste Patentprozetz schwebt' noch» Auers neue Tochtergesellschaft kauft rasch noch ein verwandtes Patent dazu, um besser gegen Permutit prozessieren zu können. Permutit verkündet alle Tage der Welt, daß das andere Patent nichts tauge und nichts bedeute. Die Deutsche Gasglühlicht A.-G. Auer gründet in Amerika rasch ein Tochterunternehmen ihres Allagitgeschäfts; Permutit rennt nach Kanada ; so geht die Hätz um die Welt, überall wird vorläufig gc- gründet, prozessiert, wieder gegründet und wieder prozessiert. Ist das vielleicht keine Kultur, wenn man aus einem Patent Dutzende von Aktiengesellschaften machen kann, auS dem Lizenzenverkauf Millionen schlägt und den Gegner zu Tode prozessiert, bannt man allein die Völker bewuchern lann? Die englische« Eisenbahnen im Jahre 1911. Trotz Eisenvahnerstreik und sonstiger Erschütterungen deS Wirt- schaftslebenS weist da? letzte Betriebsjahr die höchsten bisherigen Ergebnisse auf, was auf das gute Wetter und die Krönungsfeier zurückgeführt wird. Die Länge der Strecken war 37 885, die der Gleise 37 839 Kilometer, eine Ausdehnung der Strecken gegen das Vorjahr um knapp 59, der Gleise um 426 Kilometer. Die Ein- nahmen betrugen 2698,7 Millionen Mark(->86,9 Mill.), wovon fast genau die Hälfte auf den Güter-, 42 Proz. auf Personen-, 8 Proz. auf gemischten Verkehr entfielen. Der Reinertrag war 992,53 Mill.(->25,95)—3,87(3,59) Proz. des eingezahlten Kapitals von 27 949,3 Mill. Mark. Tie Dividende war 3,62(3,48) Proz. Doch ist wohl anzunehmen, daß in dem großen Ausgabeiiposten von 1698,2 Mill. ein ansehnlicher Posten„Abschreibungen" enthalten ist, der einen Teil des Gewinns versteckt(-> 41,84). Die Zahl der Passagiere Ivar 1 328 317 099(-ff 19 588 999). Davon kamen auf die dritte Klasse mit 1 279 599 999(-ff 21 797 990) fast 96 Proz., während die erste nur 39133 999(-> 875 999) zählte, die zweite aber mit nur 26 964 999 gar eine Verminderung um 2 584 999 aufwies. Hinzu kommen noch die Abonnenten mit rund 191 Millionen Fahrgeld, wovon 59,3 Millionen auf die dritte Klasse entfielen. Die Londoner Untergrundbahnen beför- derten 175(-ff 2) Millionen Personen. Die Elektrizität als Trieb« krast spielt noch immer eine geringe Nolle. Knapp 359 Kilometer Strecke wurden ganz, 435 teilweise elektrisch betrieben: eine Zunahme um nur 3 bezw. 59 Kilometer.— Die Löhne stiegen bei den 15 wichtigsten Gesellschasten um 3,2 Proz. in der Maschinen- (Herstellungs- und Reparatur-), 3,9 Proz. in der Betriebsabteilung, im ganzen Durchschnitt um 3,7 Proz. Es wird bemerkt, daß dieser geringe Prozentsatz die höchste Steigerungsrate seit 1999 mit Aus- nähme des Jahres 1997 darstellt, jedoch nicht erwähnt, daß die'Er- höhn, ig der Löhne seit 19 Jahren nicht einmal mit der Steigerung der Lebensunterhaltskosten Schritt gehalten hat. Noch heute ver- dienen viele Zehntausende weniger als 29 M. die Woche, während auf der anderen Seite die Gesellschasten mit einer Unzahl hoch» bezahlter Direktoren gesegnet sind, deren Bezüge samt der.rück- ständigen Betriebsweise zUr Niedrighalttmg der Uebcrschüsse bei- tragen, die dann den Arbeitern, wenn sie menschenwürdige Bezahlung fordem, entgegengehalten wird. Miehe auch 2. Beilage./
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