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Tutig kommt daher zu kurz. Manchmal fehlen Rohre und Schläuche. Entweder ist der Materialienverbrauch schon zu groß und es muß gespart werden, oder man hat zu spät neue be st eilt. In der Erde bleibt aber der Einbau der Wasserleitung zurück oder man benutzt je nach Bedarf eine Leitung für Wasser oder Preßluft. Dies wurde auch aus dem Ung�ücksrevier berichtet. Das Schlimmste ist aber der Mangel an Arbeitern. Die Verwaltung bezw. der Be- triebsführer schreiben ganz genau vor, wieviel Mann der Steiger am Einbau der Rohre und zum Berieseln verwenden darf. Und dabei wird sehr genau gerechnet. Fehlt nun ein Arbeiter in der Kohlengewinnung oder Förderung, so muß dieser unbedingt ersetzt werden, denn die Kohlengewinnung geht vor. Bei dem chronischen Mangel an unproduktiven Ar- beitern wird nun in sehr vielen Fällen das Berieselung»- personal hierzu verwendet, Der Staub aber bleibt liegen. t! i Gegenwärtig ist Hochkonjunktur. Die durch den Streik geleerten Läger müssen gefüllt werden. Die Zechen können liefern, soviel sie wollen. Die Hetzjagd nach Kohlen, die zu normaler Zeit schon schlimm genug ist, hat Formen angenommen, die den Steigern jegliche Besinnung raubt. Was sind Vorschriften, was ist Arbeiter- schütz?Kohlen, Kohlen" heißt die Parole. Hierin ist die Ursache dieses Massenunglücks auf ZecheLothringen" zu suchen, und auf ZecheOsterfeld" war es genau so. Die Bergbehörde aber erklärt, dieser und jener Paragraph ist übertreten. Wir waschen unsere Hände in Unschuld. Uns geht die Hetzjagd tictck Kohlen nur insoweit an, als wir Dividenden beziehen! Die Beftattung der Opfer der Gruben- bataftrophe auf Zeche Lothringen. (Telegramm d eSVorwärts".) Bochum , 12. August. Das Ruhrrevier wird durch die einander jagenden Er- eignisse in Spanung gehalten: Bergarbeiterstreik, Militär- und Polizeimassaker, organisierter Monsterstreikbruch der Christlichen , Streikjustiz, Frauen und Säuglinge im Gefäng- nis, Wetterschlag auf Osterfeld 20 Knappenleichen und wieder ein Schlag, eine Hekatombe! AufLothringen " wölbt sich ein neuer Leichenhügel I Ueber die Stoppelfelder der welligen Ebene im Norden Bochums nach dem Emschertal zu streicht mit kaltem Schauer der frühe Herbstwind. Von den Schachttürmen, auf denen sich die Seilscheiben wie Riesenspinnräder drehen, weht die Flagge auf Halbmast. Heute nachmittag findet die Bestattung von 9 9 Opfern der Schlagwetterkatastrophen in Gerthe statt. Schon von Mittag an ergießt sich ein Strom von Leidtragen- den und Neugierigen. Meilenweit sind sie herbeigeeilt. Auf allen Straßen dasselbe Bild. Nervöse Unruhe. Die Menge flutet wie Heuschreckenschwärme über Gärten und Aecker, alles in Grund und Boden stampfend. Reporter schätzen über 100 0 0 0 und mehr... Der Zug fetzt sich vom Zechenplatz in Bewegung. Hun- derte Vereine mit Standarten, Musikkorps und Kranzträger; von schweren Grubenpferden gezogen die breiten Planwagen mit je 6 Särgen. Vor jedem Wagen ein Knabe mit einem Namensschild der Töten. Die fremden Namen zeigen das Zusammenströmen der Nationen im Ruhrrevier. Rechts vom Kirchhofsweg werden die Protestanten, links die Katholiken begraben in 15 bis 20 Meter langen, je 5 Meter breiten Gräbern. Da die Särge gehoben werden, tiefe Stille. Nur die Tannenzweige knistern verhaltenes Weinen und Schluchzen. Eine Frau ruft mit polnischem Akzent:Laßt mich doch meinen Mann sehen, es ist doch das einzige, was ich ihm noch geben kann� daß ich ihm nachblicke!"... Hohe kirchliche Würdenträger im Ornat halten Reden. Totenpomp, Schaugepränge! Ein markerschütternder Schrei einer Frau. Trauer- melodien. Dumpfes Fallen der Schollen. Allmählich lichten sich die Massen...__ Der KatHoliftentag in flachen. In Anwesenheit zahlreicher kirchlicher Würdenträger wurde am Sonntagvormittag 11 Uhr im Aachener Kurhause die 5 9. GeneralversammlungderKatholikenDeutsch- lands" eröffnet. Als Präsident des Katholikentages wurde Justizrat Schmidt aus Mainz gewählt. ZWi Ehrenpräsidenten wurde gewählt: Geheimer Oberjustizrat Oberlandesgerichtspräsident Dr. Spahn. Ferner wurden gewählt Fabrikbesitzer Brandt. M.«Gladbach sowie Reichstagsabgeordneter Engelen-Osnabrück. Zum ersten Vizepräsidenten wurde gewählt Graf Edwin Henckel von Donnersmarck , zum Stellvertreter Jakob Weber-Cray bei Essen . Dann wurden an den Papst und den Kaiser die üblichen Depeschen gesandt.*, Der Festzu«. Schon in den frühen Nachmittagsstunden entwickelte sich in der Stadt ein reges Leben. Mehr als 109 Extrazüge hatten die�Fest- zugsteilnehmer aus allen Teilen des Rheinlandes nach der Stadt gebracht. Bereits um 1 Uhr erfolgte bei heftigem Regen die Aufstellung des Festzuges, der in zwei Kolonnen ausmarschierte, welche sich vor der am Elisenbrunnen aufgestellten Ehrentribüne vereinten. An dem Zuge beteiligten sich 559 Korporationen mit etwa S9 999 Teilnehmern. 29 Musikkapellen befanden sich in dem Festzuge, an dem sich auch holländische und belgische Fahnendeputationen be- teiligten. Auf der Ehrentribüne hatten die anwesenden Mitglieder des Episkopats, de? Vorstandes und de? Zentralkomitees Platz ge- nommen. Vor derselben hielt der Vorsitzende der Festzugskom- Mission, Oberstleutnant a. D. Hasse, eine kurze Ansprache. 12 Versammlungen. Nach dem Vorbeimarsch trennten sich die zwei Kolonnen, um in die 12 Versammlungslokale, abzuziehen. Die Haupwersamm- lung sand in der Festhalle statt, wo der Präsident des Zentral- tomitees. Graf Droste.Vischertng, den Vorsitz führte und Diözesan - Präses Dr. Müller-Gladbach eine Gedächtnisrede auf Kardinal Fischer hielt. In den übrigen Versammlungen sprachen Arbeiter- sekrctär Kloft-Essen, Arbeitersckretär Gronoivski-Dortmund und Pevbandssekretär Weher-Gladbach. Der Diözesanpräses Müller kam in seiner Gedächtnisrede puf den Kardinal Fischer auch auf dessen Haltung zur christlichen Gewerkschaftsbewegung zu sprechen. Cr sagte: Allen zum Wohle, niemand zuleide, das war der Wahlspruch unseres Kardinals Fischer, an dessen Grabe die tiefe Trauer seiner Diözesanrn Kunde gab von der Liebe, mit der alle an ihm hingen. In jenen Tagen, alS die schweren Kämpfe um die christliche Ar- beiterbewegung tobten, haben die katholischen Arbeiter und auch die mit ihnen in den christlichen Gewerkschaften zusammen- geschlossenen gläubigen evangelischen Arbeiter alle bangen Sorgen Niedergeschlagen im Pertpauen auf den Schutzherrn ihrer Sache, Kardinal Fischer. Was wir ihm schulden, das heute auszusprechen, ist uns Herzenssache.(Lebhafter Beifall.) Weil in dem rheinisch- westfälischen Industriegebiet der größte Teil der ansässigen Be- bölkerung katholisch ist und auch im öffentlichen Leben sich Einfluß zu erhalten gewußt hat, liegt der Schwerpunkt der katholischen Arbeiterbewegung und der von! ihm angeregten und heute noch überwiegend gestützten christlichen Gewerkschaftsbewegung in der Kölner Erzdiözese. Der Kardinal forderte von seinen Priestern, daß sie überall Arbeitervereine gründeten. Er setzte seine ganze Autorität für die sozialen Bestrebungen ein, und manches Vor- urteil, manche falsche Auffassung über die katholische soziale Arbeit hat er dadurch beseitigt, daß er sich persönlich an die Männer tvandte, die an verantwortungsvoller Stelle standen. Es war nicht immer leicht für den Kardinal, feinde Reformarbeit fortzuführen. Es kam eine Zeit, wo die grundsätzlichen Erörterungen kein Ende nehmen wollten und viele schwerwiegende Streitfragen aufgeworfen wurden. Manche Frage ist inzwischen geregelt worden, über andere tobt der Streit weiter. Der Kardinal war sich bewußt, was vom Ausgang dieser Kämpfe für die ganze EntWickelung der sozialen Bewegung abhing, und er zögerte keinen Augenblick, sich schützend vor die zu stellen, die unter seinen Augen und mit seiner Billigung für die Organi- sationen tätig waren. In Ansprachen und Hirtenbriefen trat er den Angriffen entgegen, und zweimal machte er eigens die be- schwerliche Reise nach Rom , 1998 und 1919, um Mißverständnisse zu zerstreuen und falsche Anklagen zu entkräften. Während in dieser Nachmittagsversammlung Kardinal Fischer als großer Avbeiterfreund gefeiert wurde, hielt in der am Sonntag- abend abgehaltenen BegrüßungSversammlung der Vorsitzende des Lokalkomitees. Dr. Winands, der Prophet von Lourdes , eine fulminante Rede gegen die sozialdemokratische Arbeiterbewegung. Wir Katholiken wünschen, erklärte er, Klerus und Laien mögen die Hände noch fester ineinanderlegen.(Stür- Mischer Beifall.) Das katholische Volk steht auf der Wacht vor seinem Klerus, wohl wissend, daß der Strudel, wenn er Priester und Altar bedroht, auch Zepter, Krone und Thron Gefahr bringt. Große Aufgaben hat uns unsere Zeit gestellt. Viel gesunde Kraft wird vergeudet im Kampf gegen den alten Glauben, gegen Sitte, Thron und Altar. Nie war der Ansturm so allgemein, so brutal und gehässig. Sind wir uns alle dessen bewußt, daß dem- gegenüber kein wahrer Katholik untätig beiseite stehen darf! Stolz dürfen wir für die katholische Kirche kämpfen, die ein mächtiges Bollwerk gegen den Umsturz ist. Charakteristisch für diese Versammlung wie für den ganzen Katholikentag ist der internationale Einschlag. Es sind Vertreter von Belgien , Holland , Oesterreich, der Schweiz usw. anwesend, die den deutschen Katholiken die Grüße ihrer ausländischen Glaubens- genossen brachten. Namentlich machte sich auch die Gegenwart aus- ländischer Kirchenfürsten bemerkbar. Ein weiteres Kennzeichen dieses Katholikentages ist die auffallende Betonung, die die Redner auf die immer wiederkehrende Erklärung legten, daß die deutschen Katholiken der kirchlichen Autorität, also dem Papst und den Bischöfen stets gehorsam sein und bleiben werden. Auf dem Essener Katholikentag 1999 hielt man es noch für angebracht, die Rede des Kardinals Vanutelli, die die deutschen Katholiken wegen ihres Gehorsams gegen den Papst rühmte, dahin zu korrigieren, daß es hieß:Soweit es die Religion betrifft"! Von dieser Einschränkung ist in Aachen nicht mehr die Rede und stolz verkün- dete in der gestrigen Begrüßungsversammlung der Borsitzende des Lokalkomitees:Wir Katholiken erneuern heute im Angesicht unserer Bischöfe das Gelöbnis, unserer von Gott eingesetzten kirchlichen Autorität stets Gehorsam zu erweisen." Also, unbeschränkter und unbedingter Gehorsam dem Papst gegenüber! Aachen , den 12. August(Telegr. Eigenber.) Die zweite geschlossene Versammlung, die heute morgen stattfand, beschäftigte sich zunächst mit einer f o r- malen Sache, der aber große innere Bedeutung innewohnt. Man weiß, daß es im Klerikalismus kracht, daß da» Treiben der Uebergläubigen die katholische Einigkeit stark erschüttert hat. Um vor den Zeugen des Katholikentages die Einigkeit im ultramon- tanen Lager nicht zu gefährden, soll in Zukunft der Vorsitzende das Recht haben, die Beratung von Gegenständen, über die in weiten Kreisen der Katholiken Meinungsverschiedenheiten be. stehen oder wo sich solche bei der Beratung ergeben, auszusetzen, um vorerst dem Vorstand Bericht erstatten zu lassen. Ferner soll der Vorsitzende Anträge, die bei der Abstimmung nach seiner Meinung ein zweifelhaftes Ergebnis haben, als a b g e- lehnt erklären dürfen! Den Beratern der Katholiken- tage kann nach diesen Aenderungen der Satzung ein ungestörter Verlauf de» Schauspiels und die ungetrübte«Einigkeit" garantiert werden! . In der Versammlung stand außerdem, wie üblich, der Antrag übe?'- ,ie römische Frag« an der Spitze. Er enthält die Forderung, daß dem Papst die volle und weltliche Freiheit in der Ausübung seines höchsten kirchlichen Amtes bleibe. Die Kcr- tholiken werden airfgefordert, fleißig zu beten, daß der allmächtige Gott die Tage der Prüfung abkürze. Da der Papst nicht vom Ge- bet der Gläubigen allein leben kann, wird erwartet, daß die katho- lische Christenheit nicht erlahme in der Spendung des Peters- Pfennigs. Der Antrag wird mit donnerndem Beifall einstimmig angenommen. Desgleichen der Antrag auf Aufhebung dcS Jcsuitengesetzes. Das Präsidium wird beauftragt, eine diesem Beschluß entsprechende Eingabe an den Reichskanzler zu richten. Weiter wird angenommen ein Antrag auf Förderung der Heidenmission als vornehmste Pflicht der Kirche, den wahren Glauben über die ganze Erde zu verbretten. Auch die gesteigerte koloniale Arbeit des Reiches wird angeführt als Ansporn zu außer- ordentlichen Leistungen ans diesem Gebiet. Es folgt dann die Annahme von Anträgen zugunsten der För- derung des Bonifaziusvereins, der die Erhaltung des Glaubens der Katholiken in der Diaspora bezweckt, des Raffaelvereins, der seine Wirksamkeit auf die Fürsorge für katholische Auswanderer erstreckt, endlich des Vereins vom heiligen Lande, der die Aufgabe hat, Pa- lästina zur Zivilisation und zum wahren Glauben zurückzuführen. » Der Kampf um die Schule. Nach Beendigung des Kulturkampfes in den achtziger Jahren verkündete Windthorst, daß nunmehr der wahre Kulturkampf beginne: der Kampf der gläubigen Christen um die Schule. Diesen Kampf, den man in der Folge nie aus den Augen gelassen hat, haben die Ultramontanen auf dem vorletzten Mainzer Katholikentag von 1911 durch Gründung derOrganisation der Katholiken Deutschlands zur Verteidigung der christlichen Schule und Erziehung" nunmehr mit aller Macht aufge- nommen und es zeugt für die Wichtigkeit, die der Klerikalismus dieser Frage beilegt, daß der neuen Organisation die ersten Stun- den des heutigen Tages zu einer öffentlichen Versammlung einge- räumt waren. Die Versammlung in der großen Festhalle war sehr gut besucht. Auf die Mitwirkung der Frauen an diesem Werk der völligen Klerikalisierung der Volksschule wird besonderer Wert ge- legt, wie die Teilnahme zahlreicher Frauen bewies. Zentrumsabgeordneter M a r x- Düsseldorf führte den Vorsitz'. Er gab einen kurzen Bericht über die Tätigkeit dieser Organisation. Landesausschüsse bestehen in Bayern , Hessen , Württemberg , Preußen wird nächstens nachfolgen, Elsaß-Lothringen nicht lange auf sich warten lassen. In manchen Diözesen und zahlreichen Städten bestehen Diözesan - und Pfarrei-Ausschüffe. Es erhebe sich die Frage, weshalb man auf diesem Gebiet erst jetzt und nicht schon vor 15 29 Jahren vorgehe, aber für die gute Sache sei es nie zu spät. Die Verteidigung der christlichen Schule werde zum Ziele führen.! Für die Versammlungen waren vier Redner borgesehen: ein geistlicher Religionslehrer aus Paderborn , ein Schulrektor aus Trier , ein Volksschullehrer aus München und eine Lehrerin aus Aachen . Kennt man eine Rede, dann kennt man sie alle. Lehrer Weidel-München erblickt die Haupterziehungsaufgabe in der religiös-sittlichen Bildung der Jugend; diese könne nicht mit den paar Religionsstunden erledigt werden, sondern müsse die ganze Schulzeit durch berücksichtigt werden und weil nach dem Grundsatz aller Christgläubigen das religiöse Leben in einer konfessionellen Form zu suchen sei, müsse man die religiös-sittliche Bildung, die konfessionelle Schule fordern. Die Durchdringung der ganzen Schularbeit mit christlich-katholischem Löben darin besteht nach des Redners Ansicht die wahre Schulpolitik. Die Schule müsse die Kinder tagtäglich auf die erste kirchliche Kommunion! vorbereiten, sie müsse praktische Gebeterziehung und Heiligenverehrung treiben. Das nennt der Redner Hin, leitung zu werktätigem Christentum! Er schließt mit der Versiche, rung:Nur die konfessionelle Schule kann eine wirkliche Erziehungsschule sein, die jeden Stand und Beruf, seien es In- dustrielle oder Arbeiter, Bauer oder Handwerker zu dem hinführen« war wir brauchen, zu praktischem werktätigem Christentum." Was sich im klerikalen Lager alsErziehung" aufspielt, sei nur an einigen Beispielen des Paderborner Religionslehrers Professor Rosenberg illustriert. Der Mann wagte es, zu sagen:Reli- giöse Völker sind große Völker, religionslose Völker sind, wie die Geschichte beweist, stets untergegangen." Die Versammlung klatschte lebhaften Beifall. Oder:Sagen Sie dem Kinde, daß es nach dem Kaatschen kategorischen Imperativ stets so handeln müsse, daß sein Tun den Maximen der allgemeinen Moral entsprechen müsse, so versteht das Kind das nicht. Sagen Sie ihm aber, daß es nicht lügen, nicht stehlen dürfe, weil Gott eS verbiete, dann versteht es das und handelt danach." Und der Mann nennt sich Professor und hält Reden über die Erziehung der Jugend! Selbstverständlich fehlte auch da nicht der Beifall der Ver- sammlung,' Line Fehlgeburt. Eine Gruppe liberaler Arbeiterführer und Angestellter zu­meist auS Delegierten der Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine be« stehend tagte Sonntag in Leipzig und beschloß nach einem Referat des bekannten fortschrittlichen Arbeitersekretärs Erkelenz die Schaffung einer liberalen Arbeiter- und An- gestelltenbewegung" imRahmen der Fortschrittlichen Volkspartei ", oder, wie schließlich für besser befunden wurde, i m Anschluß an die Fortschrittliche Volks Partei". Folgende Resolution wurde angenommen: Die erste Reichslonferenz liberaler Arbeiter und Angestellten in Leipzig hält die Schaffung einer liberalen Arbeiter- und An- gestelltenbewegung für eine dringende Notwendigkeit. Sie fordert ihre Freunde in Stadt und Land auf, mehr als bisher für die politische Aufklärung der liberalen Arbeiter im Sinne der Be- schlüsse dieser Konserenz zu wirken. Die liberale Arbeiterbewegung erblickt ihre vornehmlichste Aufgabe in einem unausgesetzten Werben für ein Hand-in-Handarbeiten der freiheit» lich-nationalenArbeiterbewegung mit dem frei- heitlichen Bürgertum auf politischem und kulturellem Gebiete. Um die Arbeiter und Angestellten für diese Aufgabe zu erziehen, ist eine selbständige liberale Arbeiterbewegung rni An­schluß an die Fortschrittliche VollSpartei unentbehrlich. Die liberale Arbeiterbewegung erkennt das Programm der Fortschrittlichen VollSpartei als»hr Mindestprogramm an. Sie wird innerhalb dieser Partei mit besonderer Anstrengung arbeiten. 1. Für den freiheitlichen Ausbau aller� öffentlichen Einrich­tungen in Reich, Staat und Gemeinde, wie für die politische Gleichberechtigung aller Erlvachsenen. Im Anbeginn seiner Lauf- bahn soll jeder Mensch die gleiche Möglichkeit der EntWickelung haben. 2. Für die Schaffung eine« sozialen Arbeitsrechts durch Um« Wandlung des Arbeitsverhältnisses aus einem Gewaltsverhältnis in ein Rechtsverhältnis. Die wichtigste Pflicht jedes Gewerbes ist die Erhaltung und Kräftigung einer leistungsfähigen Arbeit- nehmerschaft. 8. Für die Erkenntnis des engen Zusammenhanges der sozialen Frage in den städtischen Gewerben, mit der auf dem Lande. Dem- entsprechend: Kampf gegen den Großgrundbesitz, für eine groß- zügige Landkolonisation. 4. Für einen lebenskräftigen JdeallsmuS. der alle Klassen der Nation verbindet, gegen einen geistlosen Materialismus, der im Menschen nur eine Maschine sieht." Eine erhebliche Anzthl der Teilnehmer wollte nichts von dieser engen Verbindung niit dem Freisinn wissen, sondern plädierte für eine Organisation auf allgemein liberaler Basis. Es war viel- leicht im Interesse der neuen Bewegung das dümmste nicht, daß der dahingehende Antrag abgelehnt wurde; die Nationalliberalen haben sich, wie auch auf der Konferenz betont wurde, durch ihre enge Freundschaft mit denGelben" und ihre innige Verbindung mit dem ärgsten Scharfmachertum so um allen Kredit in Arbeiter- kreisen gebracht, daß eine liberale Arbeiterorganisation, die mit ihnen im Bunde steht/ sich von vornherein den Ast abgesägt haben würde, aus den sie doch noch erst hinaufzuklettern hat. Die Frage ist nur, ob der enge Anschluß an die Fortschrittliche VollSpartei die Bewegung aus den ersehnten grünen Zweig wird kommen lassen und ob sie wirklich dem Wunsch und Willen ihrer Macher gemäß imstande sein wird, derGefahr, daß der riefige Apparat der Sozialdemokratie alle Arbeiter an sich reiße," zu be- gegnen. Sehr zuversichtlich klangen die Reden und Beschlüsse der Kon- greßteilnehmer gerade nicht, da sie ihre Hoffnungen überall mit Bedingungen umrahmten, erst müsse die Fortschrittliche Volkspartei noch dies und jenes tun, dann würde oder dürfte sich die Sache machen. Das Mißtrauen gegen den Freisinn ist ja nur allzu sehr berechtigt. Wenn die Leipziger Konferenz in ihrer Resolution z. B. noch besonders an die Notwendigkeit eines freiheitlichen Ausbaues aller öffentlichen Einrichtungen und die volle politische Gleich- berechtigung-aller Erwachsenen mahnt, so tauchen einem sofort vor dem geistigen Auge all' die Großen und Kleinen in der Partei auf, die mehr oder weniger deutlich, ihrem Abscheu gegen das gleiche/ Wahlrecht, zum mindesten in den Kommunen. Ausdruck verliehen haben. Und wenn von dem Wunsch nach einem soziai«n Srbest«r.echt