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Gewerferchaftlicbea. Zentrale Regelung der Hrbeitszeit in der Rolzinduftrie. Unternehmer- und Arbeiterorganisation im Holzgewerbe hatten schon im Jahre 1907' den Plan erwogen, die wichtigste trage des gegenseitigen Tarifvertragsverhältnisses, nämlich die rbeitszeit, auf zentraler Grundlage zu regeln, d. h. diese Frage den örtlichen Tarifkämpfen zu entziehen und vom Standpunkt der Allgemeinintcressen aus zu behandeln. Bei dem bis- herigen Zustande kommt es vor, daß innerhalb desselben Wirtschaftsgebietes ganz verschiedene Arbeitszeiten für dieselben Branchen festgesetzt oder mindestens doch des öfteren von der einen oder anderen Partei angestrebt werden, je nachdem die Situation dazu angetan war. Dieser Zustand hat mancherlei Mißstände gezeitigt. Be- sonders die Unternehmer waren es, die aus Konkurrenz- rücksichten eine Beseitigung dieser Zersplitterung wünschten und einheitlich geregelte Verhältnisse forderten. Auch die Ar- beiter haben letzten Endes kein Interesse daran, an dem bis- herigen ungleichen und regellosen Zustande festzuhalten, ob- wohl für sie in erster Linie der Gesichtspunkt der weiteren Verkürzung der Arbeitszeit maßgebend sein muß. Das ist auch der Standpunkt des Holzarbeiterverbandes, der an der generellen Regelung der Arbeitszeit den hauptsächlichsten Anteil nehmen muß, Bei den erstmaligen Beratungen dieser Frage im Jahre 1907 einigten sich die beiden Zentralen zunächst auf folgende Grundsätze: Von den Fragen, welche durch allgemeine Vereinbarungen in erster Linie lösbar sind, bietet die Regelung der Arbeitszeit im deutschen   Holzgewerbe im Verhältnis zur Lohnfrage und anderen die geringeren Schwierigkeiten. Nachdem in den meisten größten Jndustrieorten bereits der Neunstundentag eingeführt ist, in den Großstädten eine noch kürzere als die ö-tstündjge wöckent- liche Arbeitszeit, und in den namhaften mittleren Orten fast allgemein eine Maximalarbeitszeit von öS und weniger Stunden pro Woche schon besteht, kann als nächstes Ziel der geplanten Städteeinteilung aufgestellt werden, die Höchst- dauer der Arbeitszeit im deutschen   Holzgewerbe baldigst auf 9>/z Stunden pro Tag zu beschränken und eine Klassifizierung in dem Sinne in Aussicht zu nehmen, daß die normale vertrag- liche Arbeitszeit im deutschen   Holzgewerbe in absehbarer Zeit auf neun Stunden pro Tag festgesetzt wird, wie dieselbe zum Beispiel im Buchdruckgewerbe bereits seit Jahren vertraglich vereinbart ist. Daß in den Großstädten mit ihrer großen räumlichen Aus- dehnung und den weiten Entfernungen von den Arbeiter- Wohnungen zur Arbeitsstätte auch in Zukunft eine kürzere, als die normale Arbeitszeit besteht, mutz nach wie vor als berechtigt anerkannt werden. So lange eine völlige Gleichmäßigkeit in der Dauer der Arbeitszeit allgemein nicht möglich ist, mutz bei der Klasfifizierung der Städte von der Rücksichlnahme auf folgende Bedingungen ausgegangen werden: as die Größe ver Stadt; d) die Nähe einer Größstadt; o) die Bedeutung der Industrie am Orte; d) die Betriebsart; e) Rücksichten auf Nachbarstädte und verwandte Be- triebe; f) die Wohnungsverhältnisse der Arbeiter. Die von den Arbeitern in einzelnen Städten vermöge ihrer Organisation errungenen günstigeren Positionen werden neben der allgemeinen Vereinbarung uneingeschränkt anerkannt. Ebenso dürfen selbstverständlich etwaige in einzelnen Betrieben bereits eingeführte bessere Bedingungen nicht zugunsten einer Egalisierung wieder verschlechtert werden." Trotzdem also schon vor Jahren diese Uebereinstimmung - erzielt war, ist doch inzwischen aus der Realisierung des ganzen Planes nichts geworden, weil die Unternehmer der einzelnen Orte entgegen dieser von ihrem Zentralvorstand anerkannten Grundsätze sich gegen jede Verkürzung' der Arbeitszeit wehrten. In jedem Jahre wiederholten sich die Kämpfe um die Arbeitszeit, Stunde um Stunde Verkürzung mußten sich die Arbeiter erstreiten. Aus diesen Kämpfen heraus erwuchs der Unternehmer- organisation immer wieder die zwingende Notwendigkeit, schließlich doch der generellen Regelung der Arbeitszeit nicht länger mehr auszuweichen. Es kam zu einer Vereinbarung, nach der im Laufe dieses Sommer abermals an die praktische Lösung der Frage herangetreten werden sollte. Demzufolge fand in der Zeit vom 11. bis 18. August d. I. eine Konferenz der Zentralvorstände unter Hinzuziehung der zentralen Schiedskommission statt. Die Aussprache über diese Materie, deren Lösung auch jetzt wieder auf gewaltige Schwierigkeiten stößt, beschränkte sich wiederum auf die Erledigung der zu- nächst zu überwindenden Vorfragen. Ueber die Grundzüge und die Art der weiteren Verhandlungen wurde zwischen den Parteien ein Einverständnis erzielt, jedoch konnten positive Beschlüsse noch nicht gefaßt werden. Die Zentralvorstände wurden beauftragt, das von den einzelnen Organisationen vor- gelegte statistische Material einer eingehenden Durchsicht zu unterziehen und es zu vergleichen. Die Weiterberatung wurde bis nach Erledigung dieser Vorarbeiten vertagt._ Berlin   und Qmgegend. Achtung, Tapezierer sK eber)! Die Firma K n a u e r, JaSmunder Straße 12, ist wegen. Tarifbruch gesperrt. Die Bauten befinden sich: Schöneberg  , Hochkirchstr. 8 und Hochkirchstr. 14; Charlotten- bürg, Danckelmannstr  . 4 und Berlin  , Neue Hochstr. 3. Desgleichen die Firma Ho top, Bau Neukölln, Richardstraße Ecke Richardplatz  . Die Schlichtungskommission. veutfebes Reich. Streik der Klempner und Installateure in Bochum  . Am 20. August stellten die Klempner und Installateure die Arbeit ein. Die ZwangSinnung hatte den Gehilfen in diesem Frühjahr den Tarif gekündigt. Die Jnnungsmeister lehnten es ab, jetzt wieder in ein neues Vertragsverhnlinis mit den Arbeitern ein- zutreten, sie wollen erst am 1. April 1913 wieder über einen Tarif verhandeln. Darin offenbart sich die Absicht, die Tarifbewegung der Klempner in die Zeil der Bauarbeiterbewegung hineinzudrängen. Die Klempner und Installateure waren aber mit diesem Vorschlage der Zwangsinnung nicht einverstanden, zumal die Unternehmer in der kurzen tariflosen Zeit schon Verschlechterungen der Arbeits- Verhältnisse vorgenommen habe». Zuzug von Klempnern und In- stallateuren nach Bochum   ist fernzuhalten. Zur Lohnbewegung der Metallarbeiter des Kölner   Jndnstrie- gebietes. Die eine Verkürzung der Arbeitszeit fordernde Bewegung wird voraussichtlich zur friedlichen Austragung kommen, da von" den in Betracht kommenden Firmen etwa SO, darunter viele Groß­betriebe, sich zu Verhandlungen bereit erklärten. Nächste Woche dürften die Verhandlungen staltfinden. Streit in der Maschinenfabrik Flesch in Herford   i. W. Die Former, Dreher und Schlosser dieser Firma haben am 19. August die Arbeil niedergelegt. Die Arbeiter fordern höhere Löhne, da der Verdien>l ein sehr niedriger war. Die Firma hat die Forderungen der Arbeiter nicht berücksichtigt. Zuzug von Metall- arbeitern ist fernzuhalten. verantw. Redalteur: Albert Wachs» Berlin  . Inseratenteil verantv.: Lohnbewegung«» in der Brauindustrie. Mehrere größere Lohnbewegungen der Brauereiarbeiter sind mit Erfolg beendet. Mit dem Verein der Brauereien von Chemnitz  und Umgegend wurde ein neuer Tarif auf vier Jahre ab- geschlossen. Die wichtigsten Erfolge find: Verkürzung der Arbeits- zeit auf neun Stunden, in den Kleinbetrieben im Sommerhalbjahre auf 9stz Stunden, Regelung der Arbeitszeit des Fahrpersonals. Lohnzulagen von 1 M. bis 2,50 M. pro Woche; teilweise sind noch weitere Lohnsteigerungen vorgesehen. Weiter wurde die Lohnbewegung in Halle und Umgegend beendet. Durch den abgeschlossenen Tarifvertrag wurde eine Ar- beitszeitverkürzung um eine halbe Stunde pro Tag erreicht, Lohn- erhöhungen von 1 3 M. pro Woche, bessere Bezahlung der Ueber- stunden und der Sonntagsarbeit, volle Bezahlung für Bieransfahren an Sonntagen, Verbesserung des Urlaubs usw. In F r e i b e r g i. S. war die Organisation der Brauerei- arbeiter nach einem erfolglos verlaufenen Kampfe mehrere Jahre zur Untätigkeit verurteilt. In diesem Frühjahr war die Organi- sation wieder so weit vorgeschritten, daß ein Vorstoß gewagt werden konnte. Die eingeleitete Lohnbewegung endete mit einem Tarif- abschluß mit den beiden Brauereien. Erreicht wurden Lohnerhöhungen von 1,75 bis 4 M. pro Woche, Arbeitszeitverkürzung von einer Viertel-, einer halben und einer ganzen Stunde pro Tag, Urlaub bis zu sechs Arbeitstagen ohne Lohnabzug, Entschädigung des nicht getrunkenen Freibieres und noch mehrere Verbesserungen. Einen erfolgreichen Streik hatten nach dreitägiger Dauer die Mühlenarbeiter bei der Grotzfirma Bremme in Unna   ge- führt. Der auf drei Jahre abgeschlossene Vertrag bringt u. a. Lohn- erhöhungen von 1,20 bis 3 M. pro Woche. Sämtliche Streikenden wurden sofort wieder eingestellt. Ein großes Gewerkschaftsfest mit Umzug fand am Sonntag in Königsberg   i. Pr. statt. An dem öffentlichen Umzüge durch die Stadt nahmen nach einer genauen Zählung gut 7000 Personen teil. Es waren alle Verbände vertreten. Ein uniformiertes Arbeiter« Trommler- und Pfeiferkorps(!) sowie fünf Musikkapellen spielten im Zuge. Außer den Gewerkschaften marschierten im Zuge die Arbetter-Gesangverdine. die Freie Turnerschaft, die Radfahrer und die Arbeiterjugend. Eine Reihe Fahnen, sowie viele mit Kränzen und Blumen geschmückte Transparente wurden mitgeführt. Das war gewiß eine stattliche Demonstration. Aber warum denn mit uniformierten Trommlern und Pfeifern? Auf solchen militärischen Klimbim sollte man doch bei Arbeiterfesten nicht zurück- greifen. HusUtnd. Der gewerkschaftlichen Landeszentrale Englands(G. F. o. T. U.) gehörten am 1. Juli 150 Gewerkschaften mit 884 291 Mitgliedern gegen 135 Gewerkschaften und 711 994 Mitglieder vor einem Jahre an. Der Reservefonds, der Ende 1904 fast 3'/z Millionen Mark betrug(er dient als Streik-Rückversicherungssonds), war Anfang 1911 auf Ist� Million und Anfang 1912 auf 700 000 Mark gesunken, trotzdem für 1911 der doppelte Beitrag erhoben wurde. Im letzten Jahre waren 21 Proz. aller Mitglieder an Streiks und Aus- sperrungen beteiligt. Diese Zahl stieg Anfang 1912 noch weiter, so daß in diesem Frühjahr die Kasse leer war und die Zentrale ge- zwungen war, Darlehen aufzunehmen. Der Transportarbeiterstreik zwang sie schließlich, die Hilfe der Internationale anzurufen. Bei dieser Gelegenheit erhielt sie von den europäischen   Gewerkschaften über 100 000 M. Der letzte Gewerkschaftskongreß ernannte ein Komitee, das die Zusammenfassung der Kräfte im Baugewerbe vor- bereiten sollte. Nach dem Bericht des Komitees haben zwanzig der größeren Gewerkschaften mit über 200 000 Mitgliedern dem Vor- Ichlage auf Verschmelzung zu einemVereinigten Verbände der Bauarbeiter" zugestimmt. Im Juni waren 135 929 Personen an Streiks und Aussperrungen beteiligt gegen 99 156 im Vormonat. Der Streik der Straßenbahner in Lausanne   war wie uns von dort geschrieben wird nur von kurzer Dauer. Am Sonn- abendvormittag brach er aus und schon am Rachmittag wurde die Arbeit wieder aufgenommen, nachdem sich die Direktion bereit er- klärt hatte, die Forderungen der Angestellten zuberücksichtigen". Die Maßregelung der Vertrauensmänner, welche den unmittelbaren Anlaß zur Arbeitsniederlegung bildete, blieb für drei Tage aufrecht- erhalten. Die Straßenbahner in Lausanne   standen bisher unter dem Einfluß der Syndikalisten, die in der romanischen Schweiz   auch ihr Wesen treiben. Jetzt, nach dem Streik, haben sich die Straßen- bahner ihrem Zentralverband angeschlossen. Dockarbeiterstreik. London  , 20. August. sP. T.) Zweitausend Arbeiter find gestern abend in den Dock? in den Ausstand getreten, da die verlangte Lohn- erhöhung nicht bewilligt wurde. Die Streiks in Spanien  . Madrid  , 20. August. sP. T.) Der Streik in Saragossa   ist da- durch beendet worden, daß die Arbeilgeber den Bertrag unterzeichnet haben, wonach sie den Neunstundenarbeitstag zugestehen. In Malaga  dagegen dauert der Streik noch immer fort. Trotzdem haben die Arbeiter beschlossen, die Arbeit wieder aufzunehmen, bi§ alle Korpo- rationcn in einen Generalstreik eintreten. Die Aussperrung der Diamantschleifer beendet. Amsterdam  , 20. August. sW. T. B.) Zwischen dem Verband der Diamantenschleifer   und der Firma Ascher ist ein Abkommen getroffen worden, auf Grund dessen die Aussperrung am Donnerstag früh aufgehoben werden wird. 8o2ia!es. Die Aerztekonflikte. Die Kämpfe, welche die Aerzte gegen die Krankenkassen führen, haben in der letzten Zeit eine Abnahme erfahren. Das vom Ver- band der Aerzte Deutschlands   herausgegebene VerzeichnisCavete collegae", das die Namen der Orte enthält, gegen die derZuzug" vermieden werden soll, führt nur noch 96 Orte auf. Vor einigen Jahren waren es 300 bis 400. Es finden sich zwar noch eine Reihe großer Städte verzeichnet, wie Aachen  , Bremen  , Breslau  , Düffel- dorf, Frankfurt   a. M., Halle a. S., Köln   a. Rh., Wiesbaden  , in der übergroßen Mehrzahl aber sind kleine Orte und Dörfer angegeben. Bei diesen handelt es sich meist darum, dem oder den eingesessenen Aerzten unangenehme Konkurrenz fernzuhalten. Es scheint sich auch nicht mehr vorwiegend um Ortskrankenkassen zu handeln, gegen die sich der Kampf richtet. Zum großen Teil sind, soweit zu ersehen, Gemeindekrankenversicherungen und Betriebskrankenkassen ange- geben. Ist doch der ganze Verband zur Wahrung der Interessen der deutschen Betriebskrankenkassen mit dem Sitz in Essen a. d. Rh. gesperrt. Man darf aus den angeführten ziffernmäßigen Angaben aber noch nicht auf verminderte Kampfeslust der Aerzte schließen. Der gegenwärtige Zustand dürfte die Ruhe vor dem Sturm sein, der losbrechen soll, wenn der Teil der Reichsversicherungsordnung, welcher die Krankenversicherung betrifft, in Kraft tritt. Im ganzen deutschen Reiche ist man jetzt eifrigst dabei, entsprechend den Direk- tiven des Geschäftsausschusses des deutschen   Aerztevereinsbundes die Gründung rechtsfähiger kassenärztlicher Vereine zu betreiben. Dieser Zusammenschluß aller an der Krankenkassenpraxis beteilig- ten Aerzte ohne Rücksicht auf die gerade jetzt geltenden kassenärzt- lichcn Systeme soll zwar, wie versichert wird, keine Feindseligkeit gegenüber den Krankenkassen bedeuten, vielmehr den Frieden zwischen den Aerzten und den Kassen fördern, aber nur unter der Voraussetzung,daß den Aerzten eine würdige Stellung gewähr- leistet wird".______ ZhsGloiie, Berl'n. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u Verlagsanstalt ES sei daran erinnerst daß die Aerzle mit dem Generalstreik gedroht haben, um die allgemeine freie Arztwahl einzuführen, die ihnen das Gesetz nicht brachte. Toppelte Moral. In den letzten Wochen waren in der Reichshauptstadt einige besonders auffallende Zusammenbrüche von Spielerexistenzen zu verzeichnen. Das hat vielfach die Vermutung aufkommen lassen, daß imSündenpfuhl Berlin" das Spiel mehr Opfer fordere und größeren Schaden anrichte als anderwärts. Es mag sein, daß die Spielsucht in Berlin   neuerdings in einer Weise wuchert, daß man wohl von einer Spielseuche sprechen kann. Man glaube aber nicht etwa, daß es anderwärts in deutschen Landen besser sei. Es wird allenthalben fleißig gejeut und im Hvnoratioreuftübcheu manches Kleinstadthotels sind die Umsätze am Spieltisch nicht ge- ringer als in den vornehmen Klubs des Westens. Wenn infolge des Spiels Leute ins Unglück geraten, so ist das ihre eigene Schuld und auch ihr persönliches Pech. Die Oeffentlichkeit wird darüber bald beruhigt sein, denn schließlich sind es ja immer Brüder mit gleichen Kappen und Leute aus bestimmten Gesellschaftsschichtcn, die sich gegenseitig das Geld abnehmen. Von allgemeiner Be- deutung wird der Unfug aber dann, wenn durch die Zusammen- brüche von Spielern weitere, am Spiel völlig unbeteiligte Kreise in Mitleidenschaft gezogen werden'. Es zeigt sich hierbei vielfach, daß die Herren Kavaliere wohl ihre Spielschulden fast restlos beglichen haben, denn das sind Ehrenschulden. Andere Gläubiger aber, Lieferanten, Handwerker, ja sogar Angestellte, gehen mit ihren Forderungen leer aus. Zur Illustration sei auf einen Fall ver- wiesen, der sich kürzlich in Ostelbien ereignete. Ein junger Majoratsherr, ehemaliger Kavallerieoffizier, hat nach und nach Hunderttausende im Spiel verloren. Die sogenannten Ehren- scheine sind eingelöst worden. Als aber die Lieferanten von Saat- getreide. Dünge- und Futtermitteln, die Handwerker und viele andere kleine und mittlere Geschäftsleute zu ihrem Gelde kommen wollten, ergab sich, daß nichts mehr vorhanden war. Das Majorat, das überdies schon unter Zwangsverwaltung steht, bietet kein An- griffsobjekt für die' Gläubiger. Der Schuldner bezieht um standesgemäß leben zu können eine Rente aus dem Majorat, von der natürlich auch nichts übrig bleiben wird. Einem Ver- wandten des Spielers, einem pensionierten sehr hohen Offizier, der sich verbürgt hatte, wurde ein Teil der Pension gepfändet. Der größte Teil der Gläubiger hat vorläufig aber keine Aussicht, sein Geld zu erhalten. Die Folge hiervon ist der finanzielle Zusammen- bruch mehrerer Geschäftsleute in der nahen Stadt, die teilweise mit sehr hohen Beträgen hereingefallen waren. Solche Vorgänge sind durchaus keine vereinzelten Erscheinungen. Immer wieder zeigt sich, daß die Spielschulden gewissermaßen als bevorrechtigte Forderungen behandelt und bezahlt worden sind, während die Ge- schäftsleute leer ausgehen. Wohin soll das führen! Wer die Ver- Hältnisse auf dem platten Lande kennt, weiß, daß die Großgrund- besitzer bei ihren Lieferanten oft recht hohe und langfristige Kredite in Anspruch nehmen. Die Geschäftsleute hingegen müssen Kredit gewähren, wenn sie überhaupt Geschäfte machen wollen. Solange oie Bewirtschaftung der Güter rationell betrieben wird, ist es ja heutzutage der Landwirtschaft auch leicht möglich, ihren Verpflich- tungen nachzukommen. Sie ist also normalerweise immer kredit- würdig. Wenn jedoch im einzelnen Falle besonders noble und ver- schwenderische Passionen des Schuldners, von denen die Gläubiger natürlich nicht immer Kenntnis haben können, eine Verschlechterung der Vermögensverhältnisse binnen kurzer Zeit herbeiführen, so muß ganz von selbst der Glaube an die vielgepriesene Solidität der Landwirtschaft erschüttert ckerden. Der oben erwähnte Fall ist auch insofern von Interesse, als er ein Licht auf die Spielsucht in bestimmten Berufskreisen wirft. Es ist kein Wunder, wenn die Lebenshaltung der Kavallerieofiziere ganz ungeheuerliche Summen kostet. Wenn Spiel und Wette mit zur Verminderung des Zu- schusses beitragen, dann ist es nicht weiter auffallend, daß die Herren Väter über die teuren Zeiten klagen und daß auch der Großgrundbesitz bis über die Ohren in den Schulden steckt. Be- dauerlich bleibt es aber, daß es den Spielerit noch immer gelingt, den Verlust schließlich auf völlig Unbeteiligte abzuwälzen. Die soliden Geschäftsleute und die Angestellten der Feudalherren müssen so die verderblichen Wirkungen einer doppelten Moral auskosten, die streng scheidet zwischen der Kavalierehre und den Grundsätzen von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr. (Siehe auch 1. Beilage.) &ctzt* Nadmcbtcn. Ein schwerer Strastenbahuunfall verursachte gestern abend in der Reichenberger Straße große Auf- regung. Vor dem Hause Nr. 77 war die achtjährige Elise KukowSky von einem Straßenbahnwagen überfahren worden. Da sie nicht befreit werden konnte, alarmierten Passanten die Feuerwehr. Diese holte das Mädchen hervor und brachte es nach der Unfall- station am Görlitzer Bahnhof, wo man dem Kinde, das unter anderem einen Oberschenkelbruch erlitten hatte, Verbände anlegte. Abmarsch der Arnauten aus Uesküb  . Uestüb, 20. August.  (W. T. B.j Die Spezialzüge mit Arnauten sind bereits abgegangen. Unter den zahlreichen Führern, die mit ihren Leuten abgereist sind, befinden sich auch Riza Bey, Djemal Bey und Bairam Bey. Die Regierung hatte die Züge unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Die Stadt Uesküb hat sich vollkommen beruhigt, die Geschäfte sind wieder geöffnet. Die Stadt nimmt wieder ihr gewöhnliches Bild an. Unwetter in Mecklenburg-Strelitz  . Neustrelitz  , 20. August.  (P.-C.) Ein schweres Gewitter entlud sich in der letzten Nacht über Mecklenburg-Strelitz  . Der Blitz zun- dete an verschiedenen Stellen. Unter anderem wurden auf dem Gute Brohm des Rittergutsbesitzers v. Oertzen bei Friedland   meh- rere Scheunen mit sämtlichen Erntevorräten und landwirtschaft- lichen Wagen ein Raub der Flammen. Ebenso wurde in Ribnitz  eine Scheune eingeäschert, wobei zahlreiches Bieh und große Mengen von Getreide und landwirtschaftlichen Maschine« verbrannten. Vier Arbeiter verschüttet. Brünn  , 20. August.  (P.-T.) Beim Abbruch eines Hauses in der Ferdinandstraße stürzte heute ein Gewölbe ein. Vier Arbeiter wurden verschüttet._ Durchstechereien bei der Krakauer Eisenbahn. Krakau  , 20. August.  (P.-C.j Auf der Station Krakau   wurden g.roße Betrügereien aufgedeckt, die von einer Anzahl Eisen- bähnsunktionären im Verein mit mehreren Kaufleuten ausgeführt wurden. Tie Betrügereien kamen dadurch ans Tageslicht, daß fort- gesetzt Reklamationen über Gewichtmankos einliefen. Mehrere Bahnbeamte und Kaufleute wurden bereits verhastet. Militärluftballon aufs Meer getrieben. Sebastopol, 20. August.  (W. T. B.) Ein Militärluftballon mit drei Offizieren wurde vom Winde auf das Meer abgetrieben. Als der Ballon, dem ein Torpedoboot zur Hilfe nachgesandt worden war, niederging, fiel einer der Luftschiffer, Leutnant Kuskow, ins Meer und ertrank. Ein Matrose, der ihn retten wollte, ertrank ebenfalls. Die übrigen Balloninsassen wurden durch das Torpedo- boot gerettet. Paul Singer& Co., Berlin   SW. Hierzu 8 Beilagen«.Unterhaltungsbl.