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stein noch geföhrlicher für die ArMe zu sein, alS die Soziald'emö- kratic. Die Offiziere brauchten keine Bevormundung, was sie lesen dürften oder nicht. Kriegsminister Frhr. v. Kreß: Meine Stellung zur Sozial- demokratie habe ich meines Erachtens genügend klar gekennzeichnet. Ich mische mich nicht in Ihre Parteiangelegenheiten; ich vertrete hier lediglich die militärischen Interessen der Armee und in deren Interesse weise ich den schweren Vorwurf, den der Abgeordnete Frhr. v. Franckenstein dem Offizierkorps gemacht hat. auf das allerentschieden st e zurück.(Bravo ! links; hört, hört! rechts.) Er hat von Simplicissimuskultur gesprochen, der ein großer Teil des bayerischen Offizierkorps huldige. Er hat auf einen Zuruf es ausdrücklich dahin revidiert, daß es sich nicht um das Lesen, nicht um das Halten des Blattes handele, es handele sich um die ganze Stimmung. Ich muß es auf das tief st e bedauern, daß eine derartige Ver- dächtigung, die der Herr Abgeordnete...(Sturmi- schcs Bravo! links; Unruhe und Bewegung rechts). Vizepräsident Frank: Ich möchte Seine Exzellenz ersuchen, dieses Wort nicht weiter zu gebrauchen. Der Kriegsministcr unter- steht ja nicht meiner Korrektur, ich möchte aber bemerken, daß ich einem Abgeordneten gegenüber dieses Wort als nicht statthast be- zeichnet hätte. Kriegsminister Frhr. v. Kreß(fortfahrend):... wo- für der Herr Abgeordnete auch nicht die Spur eines Beweises ver- sucht hat. Das bayerische Offizierkorps hat, so glaube ich, dem Herrn Abgeordneten nicht im mindesten Anlaß gegeben, an seiner Königstreue, Loyalität und seinem inneren Gehalt zu zweifeln und ich bin überzeugt, daß es in diesen Eigenschaften durch die Lektüre des Simplicissimus nicht wankend gemacht wird.(Sehr gut und Bravo! links, hört, hört, rechts.) Der Abgeordnete von Franckcnstein hatte sich aber mit den Vorwürfen, die er der Armee und dem ganzen Offizierkorps gemacht hat, nicht genügen lassen. Er hat auch mir in nicht mißzuvcrstehender Weise seine Mißbilli- gung ausgesprochen, daß ich die Aeußerungen des Abgeordneten Simon nicht in seinem Sinne zurückgewiesen habe. Meine. Aus- führungen bewegten sich auf dem Boden der Reichsverfassung, die über die Frage der Kriegserklärung sich in einer ganz zweifellosen Weise ausspricht. Einen staatsrechtlichen Exkurs daran zu knüpfen, habe ich keine Veranlassung. Der Abgeordnete von Franckenstein ist auch neuerdings auf den heute bereits mehrfach erwähnten Er- laß zu sprechen gekommen; er hat von mir eine ausdrückliche Er- klärung verlangt, daß ich mich mit diesem Erlaß identifiziere. Ich kann ihm nur erwidern, daß der Erlaß noch in Kraft ist, woraus zur Genüge hervorgeht, daß ich mit ihm einverstanden bin. Der Aufforderung hätte es weiter nicht bedurft.(Sehr richtig, links.) Eine Bemerkung des Abgeordneten Dr. Easselmann hat dann dem Abgeordneten von Franckcnstein Veranlassung gegeben, die DiS- z i p l i n in der Armee anzuzweifeln. Es ist mir nicht bekannt, welche Beobachtungen dem Abgeordneten v. Franckenstein zu seinen Aeußerungen Veranlassung gegeben haben. Ich glaube auch kaum, daß Sie erwarten, daß ich daraus Veran- lassung zu einer hochnotpeinlichen Untersuchung machen werde. Sie werden mix daher gestatten, nach wie vor überzeugt zu sein, daß die Erlasse des KriegSministe- riums von den unterstellten Behörden strikte ausgeführt werden, indiescm Falle wiein jedem anderen.(Lebhaftes Bravo! links, Unruhe im Zentrum.) Nach weiteren Ausführungen des Abgeordneten Held(Z.), der sich wogen der fortdauernden Unruhe im Hause und fortwährender Unterbrechungen durch die linke Seite des Hauses nur mit Mühe .Gehör verschaffen kann, ist die Generaldebatte zu Ende. Ailler«Ii! lishtungzmittelwlichei'ei'. Der Einfluß der Grenze. »Es muß endlich mitEnergie derBerteuerungS- Politik am Lebensmittelmarkt entgegengetreten werden' schreibt dieKreuz-Zeitung '. Aber daS Junkerblatt versteht darunter nur den Kampf gegen die Fleischer, die allein an der ungeheuerlichen Preissteigerung schuld seien. Daß nur diese eine Ursache der enormen Stelgerung der Fleischpreise anerkannt werden könne, zeige die große Differenz zwischen den Groß- und Kleinhandelspreisen. Wir leugnen die Mitschuld des Zwischen- Handels nicht, empfehlen der.Kreuz-Zeitung ' aber, nicht wie blind aus diese Differenz zu starren, sondern einmal den Unterschied zwischen den Viehpreisen in verschiedenen europäischen Staaten aufmerksam zu studieren. Da wird sie finden, daß schon die Viehpreise des Inlandes wesentlich höher stehen, als die der zollfreien eenetal Uooth. Daskorybantische Christentum", wie Professor Huxleh die Heilsarmee getauft hat, hat durch den Tod seines Führers, des Generals Booth, einen schweren Verlust erlitten. Es wäre viel- leicht richtiger, von dem Generat Booth als dem Papst der Heils- armee zu schreiben; denn das tolle, wilde Christentum wurde von ihm in absolut autokratischer Weise regiert: seine Worte waren ihm Befehl, wer sich ihnen widersetzte, wurde exkommuniziert, der eigene Sohn des Generals wurde von dem Bannstrahl getroffen, die Gelder der Organisation wurden von dem Oberhaupt nach eigenem Gutdünken angelegt und verwendet und nie hat man den Papst der Heilsarmee bewegen können, über die Verwendung der reichlich fließenden Spenden seiner frommen Soldaten und reichen Gönner öffentlich Rechenschaft abzulegen. Als in den Anfängen der Bewegung eine Konferenz der Heilsarmee Miene machte, die Taten des Generals zu kritisieren, schickte dieser das Heilsarmee - Parlament einfach nach Hause. Dieser autokratische Zug war wohl das Hauptmerkmal des Boothschcn Charakters; er machte sich schon früh in seinem Leben bemerkbar, als Booth sich nacheinander als Prediger mit ver- fchiedenen nicht staatSkirchlichen religiölen Sekten zankte, sich ihrer Disziplin nicht unterwerfen wollte und den Gedanken faßte die religiöse Propaganda auf eigene Faust zu betreiben. Aber dieses� Machtgelüst allein würde wohl kaum die weitverzweigte religiöse nnd geschäftliche Organisation geschaffen haben, die die Welt unter dem Namen Heilsarmee kennt. Der Mann war zweifelsohne ein ehrlicher religiöser Fanatiker von großer Ucberredungskunst. aus- gestattet mit jener Pfiffigkeit in geschäftlichen Angelegenheiten. die man bei devoten Gemütern so häufig antrifft. Leisteten ihm diese Eigenschaften in dem Milieu der entsetzlichsten und hoffnungs- losesten Misere der englischen Großstädte, das Booth sich plck " Wirkungsfeld erkoren, treffliche Dienste, so setzten sie ihn ander- i-its außerstande, die sozialen Probleme, über d.e er in Ostlondon auf Schritt und Tritt stolperte, in ihrem wahren Wesen zu be- greifen. Der Mangel an Geist und Kenntn.ssen führte chn auf die Bahnen jener sozialen Reaktion, die aus dem ehemals von jedermann verspotteten General der Heilsarmee einen Lablmg der Kaiser und Könige und der Reaktionare der ganzen Welt »nachte. ,!,<.«< Wäre General Booth hei jeinev ursprünglichen Gedanken dxr AuZlandsstaaten. Je höher die Rohpreise um so größer die Zwischen« gewinne und die Detailpreise, denn das im Vieh- und Fleischhandel an- gelegte Kapital will keinen geringeren Profit als das anderen Erwerbsquellen zugewandte Kapital. Soviel nationalökonomische Weisheit wird auch dieKreuz-Zeitung ' besitzen, um diese Zusammen- hänge einzusehen. Auch hindert gerade die Sperre für ausländisches Fleisch jede Koiilurreuz und fordert zu Extraprofiten heraus. In den Grenzgebieten zeigt sich der Unterschied zwischen auS- ländischen und inländischen Fleischpreisen am deutlichsten. Ge- wöhnlich ist im Grenzvorkehr die zollfreieEinfuhr' von kleinen Quantitäten gestattet. So berichtet unser Freiburger Parteiblatt, daß von der badischen Grenze aus die Leute in Scharen nach Riehen (in der Schweiz ) ziehen, um Fleisch einzukaufen. Täglich werden von dort mindestens zehn Zentner über die Grenze geschleppt; am letzten Sonnabend wurden sogar 20 Zentner im Kleinverkehr hin- übergebracht. Große Scharen suchen die Großmetzgerei Bell Söhne in Riehen auf, die billiges argentinisches Fleisch vertreibt. An einzelnen Tagen mußte die Polizei den Zugang zum Fleischer- laden bewachen. Dieser große Andrang wird durch die Differenz der Preise in Lörrach (Baden ) und Riehen (Schweiz ) erklärlich. Man muß pro Pfund zahlen: in Lörrach : in Riehe«: für O ch s e n fl e i s ch: Ohne Knochen. 120-130 Pf. I. Qual. 90 Cent= 72 Pf. Mit.. 96, IL, 80.= 64, ELL. 70,= 55, für Kalbfleisch: Vorderes..... 90 Pf. II. Qual. 90 Cent---- 64 Pf. Schlegel..... 100 I., 100.= 80, Bug....... 100, Schnitzel ohne Knochen 160. Nicht die willkürliche Verteuerungspolitik der Fleischer in Lörrach schafft diese Differenz, sondern die der Agrarier. Sobald eS erlaubt ist, auch in Baden argentinisches Fleisch zu verkaufen, würden die Leute, die jetzt den weiten Weg, selbst mit der Eisenbahn, nicht scheuen, bei deutschen Metzgern kaufen. DieKreuz-Zeitung " fordert die Arbeiterschaft sogar zum Boy« kott der Fleischer auf:Wenn es der Sozialdemokratie ernst wäre im Kampfe gegen das frivole Spiel um die Fleisch- preise, dann wüßte sie wohl wirksamere Mittel' als den Protest. Nun wir können schon heute mit einer Mitteilung dienen über den Flcischkrieg in Württemberg . In zahlreichen Städten Württembergs ist eine starke Bewegung gegen die Fleischermcister im Gange. Die württembergischen Metzger haben die auf den Viehmärkten eingetretene Er- h ö h u n g der Preise sich in einer Weise zunutze gemacht, die vor allem bei der Arbeiterschaft, aber auch bis weit in bürgerliche Kreise hinein, helle Empörung hervorrufen mußte. Der Fleisch- aufschlag, der in vielen Gemeinden in den letzten Wochen von den Metzgerin nungen diktiert wurde, übersteigt stark die Grenze, die sich aus den gegenwärtigen Viehpreisen rechtfertigen läßt. In Land- städten, in denen bei weitem nicht die Unkosten in Betracht kommen, die der moderne Metzgereibetricb in der Großstadt erfordert, ist kaum noch ein Pfund Fleisch unter 95 Pf. zu bekommen, vielfach kostet eS 1 M. Dabei werden meist geringe Qualitäten geführt. Die Arbeiterfrau bekymmt so leicht keine erstklassige Ware, denn der kleinstädtische Metzger, der sein Publikum genau kennt, weiß, was er der Frau Amtmann, der Frau Regierungsrat, der Frau Sekretär und der Frau Hoftapezierer schuldig ist. In zahlreichen Städten, so in Waiblingen , Backnang , Hall, Göppingen , Geislingen , Gmünd, Lorch haben nun stark besuchte Versammlungen sich mit der Fleischteuerung beschäftigt und beschlossen, solange die Metzger zu boykottieren, bis sie mit dem Preise wieder heruntergehen. In Gmünd, Lorch und einigen anderen Orten ist bereits ein voller Erfolg zu ver- zeichnen, der Aufschlag wurde im ganzen Umfang rückgängig gemacht. In anderen Städten nimmt der Kampf heftige Formen an, besonders in Göppingen , wo die Metzgerinnung ihre Mitglieder durch Androhung einer Konventlonalstrafe von 1000 Mark ver­pflichtet hat. an den bekanntgegebenen Preisen festzuhalten. Der Boykott entfaltet aber selbst nach den Berichten der bürgerlichen Presse eine Wirkung, bei der eS vielen Metzgern wenig angenehm zumute ist. Die Wirtschaften mit Metzgerei sind völlig verödet und in den übrigen Arbeiterwirtschasten wird kein Bissen Fleisch konsumiert. Die christlichen und Hirsch-Dunckerschen Gewerkschaften haben sich den freien Gewerkschaften. die die Führung in diesem Kampfe haben, angeschlossen. Den Arbeitern fällt die Durchführung dieses Boykotts nicht übermäßig schwer, denn der Preishochstand zwang sie vorher schon zur Einschränkung des Fleischgenusses in einem Maße, von dem es bis zur vollen Fleisch- rein religiösen Propaganda geblieben, so würde man heute von der Heilsarmee nicht mehr viel hören. Sie hätte sich vielleicht schon längst zu einer interessanten christlichen Sekte krystallisiert, deren Zeremoniell von frommen Seelen mit mehr oder minder Ehr- furcht betrachtet würde. Denn schließlich unterscheiden sich die Sitten und Gebräuche und die Sprache der Heilsarmee nicht wesentlich, sondern nur dem Grade nach von den Sitten und Gebräuchen und der Sprache anderer religiöser Gemeinschaften, über die man sich nicht besonders aufhält. Einen Menschen, der, fern von religiösen Einflüssen erzogen, plötzlich in unsere Mitte versetzt würde, würde das Zeremoniell und die Sprache mancher seit langem bestehenden religiösen Gemeinschaften ebenso sonderbar anmuten, wie es uns anmutet, wenn wir einen Heilsarmee- soldaten mit Ueberzeugungstreue singen hören:Und mit meiner Hallelujakanone schick« ich dem Teufel eine blaue Bohne und singe und schreie Halleluja." Was der Heilsarmee Bedeutung gibt, ist ihr Wirken auf dem sozialen Gebiet. Es war gegen die Wende der achtziger Jahre des letzten Jahr- Hunderts, als dem General Booth die Erleuchtung kam, daß das Retten der Seelen" allein keinen dauernden Erfolg verbürge. daß auch etwas getan werden müsse, um die soziale Lage der allcruntersten Volksschichten zu heben. Kurz nach dem Tode seiner Gattin, einer klugen und beredten Frau, der er nicht wenig ver- dankte und die, nebenbei bemerkt, schon vor mehr als dreißig Jahren für die Gleichberechtigung der Frauen eintrat, veröffent- lichte er(1890) sein BuchDas dunkelste England und der Aus- weg". Der mit derTitanic" untergegangene Journalist Stead half ihm bei der Abfassung. In diesem damals viel besprochenem Werke entwickelte er die Ideen über soziale Hilfetätigkeit, die er unmittelbar darauf, nachdem er von dem frommen Publikum, dem eine billige Lösung der Armutsfrage versprochen wurde, über 100 000 Pfund erhalten hatte, in die Praxis umsetzte. Es wurden Stadtkolonien, Landkolonien und überseeische Kolonien gegründet. Zu den Stadtkolonicn gehörten Nachtasyle, Werkstätten, Fabriken. in denen Arbeitslose gegen, wenig Lohn und viel Erbauung be- schäftigt wurden. In den Landkolonien wurden Leute zu Landarbeitern heran- gebildet, um nach den überseeischen Kolonien ver- schifft zu werden oder später den kanadischen Farmern als billige Arbeitskraft zu dienen. In den letzten Jahren hat sich die Heilsarmee auch mit der Befiedelung englischer Landstriche mit Kleinpächters besaßt. Wie dieses Unternehmest von der.Heilsarmee enthaltsamkeit kein großer Schritt mehr ist. Auch niedere Beamte und kleine Gewerbetreibende nehmen zum Teil offenkundig an dem Kampfe teil Es fehlt auch nicht an humoristischen Erscheinungen. In Waiblingen zum Beispiel hatte ein Metzger am Tage nach dem BohkottierungS- beschluß alle Fleischwaren aus seinem Fenster entfernt und dafür frische Rettige und Gurken ausgestellt. Soviel steht jetzt schon fest: Den Metzgern ist zum Bewußtsein gebracht worden, daß die Kon- sumenten eine Kontrolle darüber üben, ob die Ladenpreise im an- gemessenen Verhältnis zu den Biehpreisen stehen. Selbstverständlich wird in den Versammlungen, die stärker be» sucht find als bei anderen Gelegenheiten, nicht versäumt, die wucherische Zoll- und Absperrpolitik gebührend zu beleuchten und die Oeffnung der Grenzen zu fordern. Sie VImn in«ier Cürkel. Das Schicksal des Kabinetts ist noch ganz un- gewiß. Mit dem Justizminister ist der letzte Vertreter einer gemäßigten Politik gegenüber den Jungtürken ausgeschieden und der Großwesir ganz isoliert. Das Portefeuille der I u st i z ist dem Senator H a l i m Bei angeboten worden, der sich zur Annahme bereit erklärt hat. Das Ministerium des Innern ist F e r i d Pascha angeboten worden, doch steht dessen Anttvort noch aus. Wie es heißt, steht der Rücktritt Kiamil Paschas und des Scheich ul Islam unmittelbar bevor. Dagegen verlangen die Alttürken den Rücktritt des Gesamtkabinetts und ein Ministerium Kiamil Pascha, das eine energische Politil gegen die Jung- türken einschlagen, das heißt ganz in das alte reaktionäre Fahrwasser einlenken soll. In den Moscheen wird gegen die Jungtürken gepredigt. Ermutigt wird diese Strömung zweifellos durch die geringe Kraft des jungtürkischen Widerstandes. Der seit heute wieder erscheinende T a n i n" bestätigt, daß angesichts der bedrohlichen Lage des Landes das jungtürkische Komitee an alle Filial- klubs ein Schreiben gerichtet hat, in welchem erklärt ivird, daß sich das Komitee unter der Bedingung, daß es die Rc- gierung in einem späteren geeigneten Moment zur Rechen- schaft ziehen wird, in das Geschehene fügt und daß die jungtürkische Partei als Oppositionspartei auf das Wohl des Landes hinarbeiten will. An der montenegrinischen Grenze dauern die Unruhen fort. In B e r a n e selbst sind türkische Truppen unter Oberst Hassan Jzzut einmarschiert. Die M o n- tenegriner sind abgezogen. Der Rückzug der Albaner scheint sich nicht ganz kampflos zu vollziehen. Die aufständischen Amanten haben Durazzo in der Absicht, sich der Waffendepots zu be- mächtigen, nochmals angegriffen, sind aber zurückgeworfen worden. Die türkischen Beamten und zahlreiche Ein- wohner der Gegend von K a st r a t i sind infolge des drohenden Austretens der Malissoren nach Skutari geflüchtet. Der Ministerrat hat beschlossen, daß den Albanesen, die Uesküb verlassen haben, eine Entschädigung aus- gezahlt werden soll. Die Haltung der Balkanstaateu. Cctttnjc, 22. August. Aus amtlicher Quelle wird gemeldet: Die aus Konstontinopel stammenden Anschuldigungen gegen Montenegro find unbegründet. Da sich Montenegro an die Großmächte gewendet hat, damit sie sich mit der unerträglichen Lage befasien, die durch die fortwährenden von türkischen Truppen hervorgerufenen Grenzzwischenfälle geschaffen worden ist, wird eS geduldig den Erfolg dieses Schrittes abwarten und ist ent- schloffen, bis dahin alles zu vermeeiden, was die schon genügend ernste Lage noch verwickeln könnte. Unsere Leute haben strengen Befehl erhalten, nur dann zu schießen, wenn die Angreifer die Grenze überschreiten. Sofia , 22. August. Wie dieAgence Bulgare" meldet, ind d i e kriegslustigen Aeußerungen, die das hiesige BlattRetsch" dem Arbeitsminister Frangia in den Mund legte, von dem«S erklärte, er habe eine sehr aggressive Rede gegen die Türkei gehalten, nicht authentisch. Der Baudenkrieg. UrSküb, 22. August. In K o t s ch a n a ist alles abgesperrt. Die Mohammedaner, die sich nicht auf die Straße getrauen, erbaten vom Bali angesichts der Vorbereitungen auf bulgarischer Seite tele- graphisch Truppenverstärkung. Die Bandenbewegung nimmt außerordentlichen Umfang an. gehandhabt wird, hat erst vor kurzem der Skandal illustriert, von dem in unseren Spalten berichtet wurde, als die Pächter der Heils- armee massenweise mit Frauen und Kindern in kalter Winterszeit auf die Straße gesetzt wurden, weil sie sich das autokratische Wesen und die unverschämte Ausbeutung der frommen Gesellschaft nicht länger gefallen lassen wollten. Aber charakteristisch für die Art der sozialen Hilfe, die die Heilsarmee auf ihr Banner geschrieben hat. sind die Zustände in ihren städtischen Kolonien. Seit Jahren kämpfen die Londoner Bautischler gegen daS in den Holzfabriken der Heilsarmee Herr- scheute Schwitzsystem, das die korybantischen Christen in Stand setzt, alle Konkurrenz aus dem Felde zu schlagen. Der dlockus operandi ist folgender: In England muß«in Tischler, will er Arbeit finden, sein eigenes Werkzeug stellen. Kommt nun ein armer Kerl durch Krankheit und Unglück so weit herunter, daß er sein Handwerkszeug versetzen muß. so ist seine Lage wahrhaft kläg- lich. Es bleibt ihm nichts übrig, als zur Heilsarmee zu gehen und in ihren Fabriken gegen Beköstigung und Wohnung zu arbeiten. Der Geldlohn, den er erhält, ist so gering, daß er manchmal Jahre warten muß, che er sich wieder Handwerkszeug anschaffen kann. Und während so die Heilsarmee in sehr interessierter Weise einem armen Teufel Arbeit gibt, macht sie einen anderen Arbeiter, der von einem anständigen Meister beschäftigt wird, arbeitslos. Nach dem- selben System arbeitet sie bei der Auswanderung, die sie in großem Maßstabe betreibt. Sie nimmt einen Arbeitslosen von den Straßen Londons oder Manchesters und setzt ihn aus die Straßen Sidneys oder Montreals. Es ist schwer zu sagen, ob in dem Werke, das der General Booth hinterlassen, die geistige Blödigkeit oder der böse Willen die Hauptrolle spielt. Als dem General«inst vorgeworfen wurde, daß er das Sündengeld der Brauer angenommen habe, erwiderte er: Ist das Sündengeld? Dann will ich eS im Blute des Lammes reinigen." War der Mann ein Einfältiger oder«w brutaler Zyniker? Der Tod ihres Papst-S wird die Heilsarmee schwer treffen. aber zerstören wird er sie nicht. Sie hat eine solide wirtschaftliche Grundlage, solide in dem Sinn, daß ihre aus der unbezahlten Arbeit der Allerärmsten beruhenden Unternehmungen gesichert sind. Verschwinden wird sie erst mit dem gesellschaftlichen Morast, auf dem sie als Sumpfpslanze mit ihren schillernden kreischenden Farben gedeiht. London , 81, August 1918. stn.