bekannt gemacht nzenigstens, sollte man meinen? Oh nein, auch das nicht einmal! Selb st dieses selbst- verständliche Recht,(jetzt) zu erfahren, was man wider ihn beschlossen hat, hat er nicht. Vielmehr wird nun das Nrtheil der dazu berufenen Militärbehörde erst.zur Bestäti- gung eingesandt. In den meisten Fällen ist dies der Kommandeur der Division, nämlich wenn auf nicht mehr als 1 Jahr Freiheits - strafe erkannt ist; bei mehr Strafe— bis 10 Jahre— ist es der Kommandeur des Armeekorps, bei noch mehr der König. Wenn auf nicht mehr als I Jahr Freiheitsstrafe erkannt ist, hat also der Divisionskommandeur zu bestätigen. Das ist aber derselbe Beamte, welcher„als Vorstand des Militär- gerichts bei allen Verfügungen desselben die Leitung und Ent- scheidung" hatte, und dem solgegemäß der Auditeur, welcher mit dem Angeklagten direkt verkehrt, unter geordnet ist. Denn der Auditeur hat unbedingt, selbst dann, wenn er„die vom Gerichts- Herr» gegebene Weisung in bezug auf seine richterlichen Pflichten mit den gesetzlichen Borschriften oder mit seinen Instruktionen nicht vereinbar hält", eventuell„auf die alleinige Verantwortung des Gerichtsherrn hin"(wenn verantwortlich, und wann?)„zu befolgen"!(§ 79 Abs. 2). Dieser„Gerichtsherr" allein,— also im Falle des Dr. Gradnauer der Kommandeur der S. Division zu Dresden — hat auch zu bestimmen, ob der Angeschuldigte zu verhaften sei und ob dessen Verhaftung fortdauern solle. Derselbe Mann also, auf dessen Verantwortung hin und unter dessen Leitung Alles geschehen ist,— ausgenommen allein der Spruch des Kriegsgerichts, der lediglich auf grund der von Gerichtsherren und Anditeirr hergestellten Akten ergangen ist—, hat die„Bestätigung" des Urtheils zu besorgen. In welchem Sinn dieses Bestätigungsrecht hiernach ausgeübt zu werden pflegt, dürfte nicht zweifelhaft sein. Ist die Bestätigung erfolgt, dann ist das Urtheil auch gleich rechtskräftig— also noch ehe der Angeklagte überhaupt etwas von dem Urtheil erfahren hat!— und es ist nunmehr nicht nur„die(bloße) Erkenntnißformel und die Bestätigungs- ordre ungesäumt dem Angeklagten vor v o l l st ä n d i g b e- setzte m Untersuchungsgericht"(wozu dies? Nur zu höherem Pomp?)„vom Auditeur durch Verlesung zu publiziren" (§ 176) und„ohne Verzug zu vollstrecken"(161). Nur wenn es der Angeklagte ausdrücklich verlangt(177), sind ihm die EntscheidungSgriinde„bekannt zu machen",(Vor- lesen ist aber hier nicht nöthig) und es„kann" ihm sogar Abschrift des Erkenntnisses mit Gründen— auf seine Kosten— ektheilt werden, aber nur--„wenn kein Mißbrauch davon zu besorgen ist". Ob von dem Angeklagten„Mißbrauch" der Gründe des Urtheils zu besorgen ist, entscheidet wiederum der „Gerichtsherr" allein, also in den meisten Fällen wichtigerer Untersuchungen der Kommandeur der Division. Kann man ein solches gerichtliches Verfahren in gegenwärtiger Zeit überhaupt ein„gerichtliches" nennen? Sicher nicht. ES ist vielmehr ein ähnliches Verfahren, nur mit um- ständlichem Pomp ausgestattet, wie es der Vater gegenüber feinem unartigen Buben einschlägt: er befragt den Buben kurz, fragt unter Umständen den Zeugen, der meist der Ankläger zu- gleich ist, und dann straft und vollstreckt er sofort, wie er es für gut befindet.„Rechtsmittel" giebt's nicht; nochmalige Ueber- legung des Urtheils erst nach der Vollstreckung. Und gar„Ver- theidiger"? Kommt ein Vcrtheidiger, so hat er leicht zu ge- wärtigen, daß er mit fammt dem unartigen Buben abgestraft wird. Und daS kann auch hier, im militärgerichtlichen Verfahren leicht dem„Vertheidiger" passtren, wo überhaupt ein Vertheidiger denkbar ist(nämlich— zu vergleichen unseren vorigen Artikel in Damit sprengten alle davon, indem die Gemeinen ein schallendes Gelächter erhüben.„Der Dienst ist nicht mehr wie ehemals," bemerkte Dubais ,„die alte echte Soldaten- Galanterie muß einer neumodigen Windbeutelei Platz machen, und ehrwürdiges Alter und Erfahrung gilt den unreifen Gelbschnäbeln nichts." » m * Indessen war das Unglück, welches Edmund herbei- geführt und zu spät bereut hatte, hereingebrochen. Cavalier, der diesmal alle Züge der Truppen anführte, hatte seinen Plan so klug entworfen, Tapferkeit und Glück waren ihm bei der Ausführung so güustig und von allen Seiten zu Gebot, daß der Feind, welcher ihn eingeschlossen zu haben glaubte, sich selber umzingelt sah. Die Königlichen mußten weichen und würden in die engen Thäler gelockt und ge- trieben, in welchen sie ihre Macht nicht entfalten konnten, die Reiterei wurde abgeschnitten, und wohin sich die Sol- datcn wandten, trafen sie auf ihre Gegner, welche sie von den vortheilhaft gelegenen Höhen bekämpften. Am Morgen war der Verabredung gemäß unter feier- lichem Glockengeläute die Prozession des Dorfes aufge- brechen. Die Kirche war schön mit Laub und Blumen ge- schmückt, der Sakristan begann das Spiel der Orgel, und alt und jung war in Feierkleidern auf dem Platze verlam- melt, um, sich den jungen Mädchen anschließend, dem Zuge in die Kirche hinein zu folgen. Der alte Priester stand schon, die Gemeine erwartend, vor dem Altar, als ein Schreck plötzlich alle ergriff und lähmte, denn man vernahm dcut- lich ein lautes wiederholtes Schießen in der Nähe.„Jesus Maria!" riefen die Mädchen, und die Blumenketten ent- fielen ihren Armen, die jungen Männer sprachen von Waffen und Bertheidigung, und die Alten blicktrn sich betroffen an. Das Schießen kam näher, und Priester und Kiffter hatten schon die Kirche verlasse». Alles war in gespannter und banger Erwartung. Jetzt, hörte man über den steilen Berg herüber Psalmen singen.„Es sind die Kamisards!" schrie alles laut und entsetzt auf, und zu- gleich wälzte sich auch schon ein zurückweichendes Regiment von der linken Seite in das Thal. Jetzt rückten eilig die Kamisards von oben herab und sprangen und glitten die Weinberge herunter, indem schon Steine und Kugeln in die verwirrte, betäubte, entmuthete Masse der Soldaten stürzten. Die Offiziere sprachen vergeblich Mnlh ein, einige stürzten mit den Pferden, andere suchten den Ruckzug nach dem Ausgang des Thales rechts zu lenken. Die Prozession und die Geistlichen sowie die Gemeine waren zwischen die Kämpfenden gedrängt, noch ehe sie sich recht hatten besinnen können. Nur wenigen gelang es, zu ihren Häusern zu flüchten.'(Fortsetzung folgt.) Nr. 2ö1 dieses Blattes— nur wenn Angeklagter mehr als zehn Jahre Freiheitsstrafe auf grund der Anklage möglicher Weise erhalten kann). Denn der Vertheidiger muß eine Militärperson sein, steht also unter der peinlichsten, in der Hauptsache bis- kretionären Disziplinar-Slrafgewalt derselben Person, deren Ver- fahren er bemängeln will. Ob er den Spruch des Kriegsgerichts, — vor dem er nicht einmal mitwirken darf— er- fahren und bemängeln darf oder nicht, ist in dieser Prozeß- ordnung nicht gesagt. Die Auslegung ist aber, auch im Zivil-Strafprozesse, immer so, daß der Angeklagte und der Vertheidiger alles das nicht dürfen, was ihnen nicht ausdrücklich als Recht verliehen ist. Thäte es solcher Vertheidiger. so würde er sich in den meisten Fällen, nämlich wenn ans nicht mehr als 1 Jahr Strafe erkannt ist, immer wieder nur an den Kommandeur der Division zu wenden haben, als den Inhaber der Bestätigungsgewalt. Wie es endlich mit dem allgemeinen„Beschwerderecht" aus- sieht, auf das so oft von den Verfechtern unseres Militärsystems hingewiesen wird als Schutzmittel gegen Bedrückungen, davon in einem nächsten Artikel. Volitische LteverNckt. Berlin , den 23. Oktober. Am Dienstag finden in Prensten die Landtagswahlen statt. Was die Sozialdemokratie davon denkt, wie sie sich dazu stellt, das hat sie nachdrücklich und unzwei- deutig erst gestern auf dem Parteitag erklärt. So wichtig die Angelegenheiten sind, die der Kompetenz des preußischen Abgeordnetenhauses unterliegen, so nützlich es für das arbeitende Volk wäre, einen Einfluß darauf zu gewinnen, es könnte nicht ohne Kompromiß mit feindlichen Parteien auch nur einen Vertreter in das Haus bringen, das durch ein elendes und widersinniges Wahlsystem zu einer Domäne der Geldherrschaft gemacht worden ist. Da giebt es für uns nur die eine Losung: Zurückhaltung und Protest. Zurückhaltung der Wähler dritter Klasse von der Betheiligung an diesen Scheinwahlen, Protest gegen die schlechtmaskirte Kastenherrschaft. Kein Sozialdemokrat darf am Dienstag seine Stimme zur Wahl eines sogenannten Wahlmannes abgeben!— Zur Breslauer Landtagswahl. Unser Breslauer Partec-Organ fertigt die Freisinnigen, welche den Mißbrauch der sozialdemokratischen Parteibezeichnung durch einige Personen noch immer auszubeuten suchen, mit folgenden Worten ab: Nicht Parteigenossen sind es, die eine Wahlenthaltung mißbilligen, sondern Mameluken der Waschlappen-Partei, die unler der Firma:„sozialdemokratische Partei" ihr unsauberes Geschäft treiben.— Budgetdebatte im bayerischen Landtage. Ueber die heutige Sitzung im bayerischen Landtage geht uns die folgende Privatdepesche zu: Im Landtag begann heute die große Budgetdebatte. Pfälzische und unterjränkische Älbgeordnele sprachen energisch gegen das Reichs-Weinsteuerprojekl. V o I l m a r bemängelte die schlaffe und bureaukratiscke Handhabung der sozialen Gesetzgebung und forderte die Vereinigung aller Versicherungs- gesetze zwecks Verbilligung der Verwaltung. Er wünscht die Ausdehnung der Fabrikinspektion sowie die Verleihung der Exekutivgewalt an die Inspektoren. Auf die Finanzpolitik übergehend, glaubt er, daß bei der in gewissen Kreisen herrschenden Leidenschaft für die Marine die Militärausgaben mehr wie zweihundert Millionen betragen werden. Sämmt- liche Steuerprojekte und was im Hintergrund droht ist zu ver- werfen. Zur Deckung der Mililärausgaben ist die Liebesgabe der Schnapsbrenner heranzuziehen. Die gefürchtete Erhöhung der Matrikularbeiträge sei willkommener als die drohende Volksdelastung. Die Regierung freilich ist dagegen, weil aus den hohen MatrikularbeNrägen die Steuerzahler zu leicht über die wirklichen Kosten klar werden. Trotz der gegentheiligen Ver- sicherung sei die Regierung aus dem direkten Wege zum Tabak- Monopol. Bezüglich des bayerischen Verkehrswesens ist die Herab- setzungder Personentarise zu fordern. T erRedner hofft, daß Bayern selbständig vorgehen werde, ohne Rücksicht aus die preußische Stagnation. Der Bruch mit dem Assessorismus sei erforderlich. Beim Departement des Innern rügte er den herrschenden Bureaukratismus und die überhand nehmende Strafwuth, die Belästigung durch die Polizei, welche nach absolutistischen Manieren vorgehe. Auf den Militarismus eingehend, meint Redner, daß Deutschland am Ende seiner Kraft angelangt sei. Der Militarismus erdrücke im Frieden das Land bereits der- artig, daß im Kriegsfalle alles auf eine Karte gesetzt ist. Vollmar verlangt vom ganzen Landtag einen energischen Protest gegen den preußischen Ansturm auf daS bayerische Militärgerichtsverfahren, dem die Regierung, wie der Fall Hosnieister und anderes zeigen, schwankend gegenüberstehe. Betreffend das Verhalten Bayerns zum Reich habe ersteres mit Ausnahme von Aeußerlichkeiten seine Souveränität vollständig aufgegeben. Bayern habe im Bundesrath allen Volksbelastungen zugestimmt, bei der Militärvermehrung durch seine Zustimmung direkt gegen den Volkswillen gehandelt. Der Zäsarismus nehme immer mehr überhand. Statt des föderalistischen wir ertöne immer öfter das Wort„ich". Bei den russischen Handels- vertrags-Verhandlungen sei amtlich von der Regierung deS Kaisers gesprochen worden, es gebe aber nur eine Regierung der verbündeten Fürsten . Dagegen habe die bayerische Re- gierung nicht Front gemacht. Es genüge wohl, wenn an der Spitze Bayerns «in preußischer Ooerpräsident stehe. Daraus wird die Debatte aus Montag vertagt.— Der Bundesrath wird jetzt unverweilt an die Etats- arbeit herantreten. Es liegen ihm vor die Etats für den Neichskanzler und die Reichskanzlei; für das Reichs-Eiseubahn- amt und den Rechnungshof; für den allgemeinen Pensious- sonds; für die Rcichs-Justizverwaltuug; für die Einnahmen an Zöllen, Verbrauchssteuern und Aversen; für die Einnahmen an Stempelabgaben und die Uebersicht der Ausgaben und Einnahmen der Landesverwaltung von Elsaß-Lothringen für das Etatsjahr 1892/93. Alle diese Etatsgruppen werden im Bundesrathe voraussichtlich einfach ohne jede Einwendung ihre Erledigung finden. Landwirthschaftskammern will Herr v. Heyden, der preußische Domäncnminister, Handwcrkerkammern Herr v. Berlepsch und— Arbeiterkammern verweigern alle Minister. — Preußische Wohnnngsreform. Herr Miqnel soll wieder, wie schon als Bürgermeister von Frankfurt a. M., sich für ein Wohnungsgesetz iuteressiren. Kosten soll diese neue Reform jedenfalls nichts, es wird auch nicht viel . dabei herauskommen. Tie Wohnungsfrage ist in der kapitalistischen Gesellschaft nicht zn löse- � Wir geben uns deshalb keinerlei Erwartungen über di" seitens des Herrn Miqnel geplanten Reform hin.— Die badischen Landtags-Wahlen sind, nachdem die meisten Abgeordnetenwahlen' am Donnerstag stattgefunden haben, soweit abgeschloffen, daß ein Gesammtüberblick über das Resultat ermöglicht ist. Zu erneuern war die Hälfte der Mandate, 81, von denen 17 auf die Nationalliberalen fielen. Bei den am Donnerstag stattgehabten Abgeordneten- wählen erhielten: das Zentrum 12, die Nationalliberalen 12, die Freisinnigen 2 und Konservative und Sozialdemo- kraten je 1 Mandat. Drei Wahlen, deren Resultat noch nicht bekannt ist, waren auf gestern resp. heute anberaumt. Die betreffenden Sitze dürften den Nationalliberalen, denen sie seither gehörten, sicher sein. Das Zentrum hat, wie schon gemeldet, die beiden Wahlkreise Freiburg -Stadt und Wald- kirch-Emmendingen den Nationalliberalen abgenommen, wo- durch die Zahl der Zentrumssitze von 21 auf 23 angewachsen ist, die größte Zahl, welche das Zentrum bis jetzt gehabt hat. Wenn der Verlust der Nationalliberalen nicht so groß geworden ist, als anfangs angenommen wurde, so ist das die Schuld der vereinigten Freisinnigen und Demo- kraten, die nicht hielten, was sie versprachen, und nicht einmal ihre sämmtlichen früheren Mandate zu behaupten vermochten. Das Lörracher verloren sie be- kanntlich an die Sozialdemokraten. Die voraussichtliche Zusammensetzung der neuen Kammer dürfte folgende sein: 30 Nationalliberale, 23 Zentrum, 5 Freisinn, 3 Sozialdemokraten und 2 Konservative. Den 30 Nationalliberalen stehen nun 33 Anhänger an- derer Parteien gegenüber, die nationalliberale Alleinherr- schaft ist gebrochen. Für nnS ist dies aber freilich gleich- giltig, da die Konservativen und Anhänger anderer Parteien den Nationalliberalen Gefolgschaft leisten werden, wenn es sich um das Niederstimmen volkssreundlicher Anträge handelt.— Zum FfaN Gradnauer schreibt die„Sächsische Arbetter-Zeitnng": Zur Verhaftung Gradnauer's konnten wir bis jetzt nur so viel Bestimmtes erfahren, daß die Akten noch in Zittau feien. Leider bestätigt sich die Nach- richt bürgerlicher Blätter, daß in Zittau ein Soldat von den: Regiment, bei welchem Gradnauer diente, verhaftet wurde, doch kann die Verhaftung mit der Gradnauer's höchstens nur so viel zu thun haben, als bekannt wurde, daß Gradnauer diesen Mann bereits früher gekannt hat. denn zu der Zeit, als Gradnauer seine Uebung abmachte, war dieser Soldat gar nicht beim Regiment, sondern hatte eine Strafe abzubüßen. Während seiner Uebungszeit kann Gradnauer diesen Soldaten gar nicht zu Gesicht bekomme» haben. Die Verhaftung Gradnauer's konnte durch die Militärbehörde aber nur dann erfolgen, wenn er sich während seiner Uebungszeit etwas zu Schulden kommen ließ. Alle die seitherigen Ver- Haftungen können unmöglich darauf Bezug haben; wir erwähnen nochmals, daß Gradnauer während seiner Uebungszeit mit Niemandem in Verbindung stand. Auch soll in Nickern ein Sattlermeister verhaftet worden sein, worüber die„Deutsche Wacht" berichtet: „Ein nicht geringes Aussehen erregte in Nickern die Verhaftung des Sattlermeisters x. durch einen Militärposten und einen Gendarmen. Der Betreffende war diesen Herbst als Reservist zur Manöoerübung eingezogen und soll sich während dieser Zeit durch sozialdemokratische Umtriebe und durch agitatorrsches Wirken unter seinen Kameraden bemerkbar ge- macht haben. Da auch in Dresden verschiedene Verhaftungen von Sozialdemokraten erfolgt sind, darf man annehmen, daß dieselben zu einander und zu der Verhaftung des Redakteurs Dr. Gradnauer in Beziehung stehen." Wir erklären auch hier, daß sich dies ebensowenig aus die Verhaftung Gradnauer's beziehen kann. Es bleibt nur eine Erklärung übrig: Bei der Haussuchung in Gradnauer's Arbeitszimmer wurde ein Brief gefunden, in welchem einige Zivilpersonen, welche ebenfalls eine Uebung abgemacht batten, Gradnauer mittheilten, daß zu Reserve- und Landwehrübungcn bei weitem mehr Leute«iiiberufen worden sind, als nachher wirklich eingestellt wurden. So ist von den ca. 300 Mann, welche kürzlich zu einer 13tSgigen Uebung beim Feld- Artillerie-Regiment Nr. 12 Ordre hatten, wohl fast der vierte Theil zu viel einberufen und dann am Stellungsplatz wieder entlassen worden. Weiter machte man auf die Etil- richtung aufmerksam, daß diese Leute während ihrer kurzen Uebungszeit Svimrags in die Kirche kommandirt wurden. Dieser Brief ist gefunden worden, derselbe wurde jedoch von diesen Leuten geschrieben, als dieselben die Uniform längst ausgezogen hatten und wieder in ihrer Heimath waren. Alle Briefe, die sonst könnten gefunden worden sein, können nur private Mittheilnugen enthalten, bei Soldaten j'önnen aber unter keinen Umständen Briefe gefunden worden sein, Gradnauer hat mit keinem Soldaten kor- respondirt. Soeben erfahren wir auch, daß beim ganzen Regiment in Zittau eine Haussuchung stattgefunden haben soll, das ergebnißlose Resultat dürste wohl bald zur Ent- laffung der Verhasteten führen. Von den hiesigen Zeitungen hat sich bis jetzt erst eine einzige veranlaßt gc- chen, die Verhaftung Gradnauer's zu besprechen. Es ist die„Deutsche Wacht", welche in ihrer neuesten Nummer schreibt: „Die Verhaftung des Dr. Gradnauer erregt ein um so nachhaltigeres Aufsehen, als bisher ein Grund für diesen Schritt nicht erkannt gegeben wurde. Auch wenn, wie wir annehmen, das Verfahren der Militärbehörde, die den Ver- hasteten sofort einkleiden und einstecken ließ, vollständig korrek� sein sollte, so muß doch die Heimlichkeit, die man über d»!- Motiv der Verhaftung beobachcet, schwere Bedenken erregen.- Die Zeit deS heimlichen Gerichtsverfahrens gegen Zivilistei! — und dazu gehört Dr. Gradnauer— ist vorüber. Wenn ein militärisches Verfahren sich auch gesetzlich begründen läßt, so hat doch die Oeffentlichkeit ein dringendes Recht, die Veranlassung zu erfahren. Sonst wird die Rechlsunsicherheit ihre Schalten noch weiter, als bisher, werien müssen, und statt daß man der Sozialdemokratie Ab- bruch thut, züchtet man diese Richtung noch mit künstlichen Mitteln! Wir möchten daher an die zuständige Stelle das dringende Ersuchen um Ausklärung richten. Wir fühlen uns hierzu um so mehr veranlaßr. als erst kürzlich einem Dresdener Bürger, der nie aktiver Soldat gewesen ist, eine Vorladung seitens der Militärbehörde zuging, sich in einem Preßprozeß zu verantworten. Der betreffende Bürger, der zufällig die Gesetze recht gut kennt, begab sich nach zweimaliger Ladung aus Neugierde in das betreffende Bureau, wo er von einem Feldwebel nach seinen Personalien u. a. gefragt wurde. Er lehnte natürlich jede Auskunst ab und entfernte sich trotz des
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