Teil ausdrücklich Front gegen die Agitation der Demo- kratischenVereinigung unter den Angestellten. Man muß gerechterweise dieser kleinen Gruppe zugeben, daß sie schärfer als die„bürgerlichen Parteien" sonst den Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit erkannt Hat/ Und Wenn sie ihre Forderung in dem Satze präzisierte:„Der Arbeit einen immer höheren Anteil am Produktionsertrage zu sichern", so läßt sich das vom Standpunkt des Arbeitnehmers sehr wohl hörtn Sieht man die Konsequenz des Satzes, so endet ja der„immer höhere" Anteil bei dem Ganzen: dann aber ergibt sich daraus allerdings die Notwendigkeit sozialistischer Wirtschaftsorgani sation. Es ist aber bekannt, daß gewisse Kreise der kleinen Partei mit ihren Folgerungen aus dem Satze n i ch t s o w e i t gehen wollen und ihn dahin umschreiben, daß nur der unter der kapitalistischen Wirtschaftsweise mögliche„höchste" Anteil der Arbeit gemeint ist. Damit kann jedoch weder dem Arbeiter noch dem Angestellten endgültig gedient sein, zumal es ja bekanntlich nicht an Stimmen fehlt, die dies„Höchst- maß" schon heute für überschritten erklären— und insofern nicht ohne Berechtigung, als es einen Maßstab dafür nicht gibt und die privatkapitalistische Konkurrenz mit ihren Be- gleiterscheinungen auch immer wieder differenzierend wirkt. — Wenn gewisse Kreise der F o r t s ch r i t t l i ch e n Volks- Partei in neuerer Zeit mit einem ähnlichem„Programm" die Angestellten und Arbeiter zu ködern suchen, fo muß bei diesen Werbeversuchen noch doppelt und dreifach zurückstoßen, daß hier die Mehrheit der Partei nicht einmal gewillt ist. die dürftigsten sozialen Reformen zu fördern, wovon die Politik der letzten Jahre— es sei nur an die Haltung der meisten Fortschrittler bei der Beratung der Reichsversicherungsord- nung erinnert— mehr als einen Beweis liefert.— Von den industriellen und agrarischen Scharfmachern der Rechten, ein- schließlich der nationalliberalen Pseudolinken braucht nicht erst die Rede zu sein.— Bliebe höchstens das Zentrum, das selbstverständlich die Schicht der Angestellten auch als Jagdgrund betrachtet und den Katholikentag in Aachen aus- drücklich sein warmes Herz für ihre Interessen bekunden ließ. Aber jeder nur halbwegs Sehende weiß ja allgeniach, was es mit den Beteuerungen gerade des Zentrums auf sich hat. Ja, wer Autorität will statt Freiheit, Jenseitsverheißungen statt Diesseitsrechtes, Priesterherrschaft statt sozialistischer Demo- kratie, der mag zum Zentrum stoßen. Etwas anderes ist von ihm nicht zu erwarten. Wer die wirtschaftliche Entwickelung mit wachem Sinn verfolgt und als Arbeitnehmer, Angestellter oder Arbeiter im engeren Sinne am eigenen Leibe spürt, was Herrschaft des Kapitals bedeutet,— den kann es nicht schwer sein, der So- zialdemokratie zu gewinnen, zum Mitkämpfer einer Partei zu machen, die auf dem Grundsatz fußt, daß der schaffende Mensch das höchste Gut sei und alle anderen Interessen sich den seinen unterzuordnen haben. Die deshalb wie keine an- dere berufen ist, der Hort und die Führerin all jener zu werden, die zu Licht und Freiheit wollen und sich dort auf Schritt und Tritt behemmt fühlen von den Fesseln ihres Tienstvertrags. Eines guten Teiles Arbeit mag es bedürfen, so viele Vorurteile nicderzurennen, die noch in Angestellten- kreisen lebendig sind, Mühe mag es kosten, aufzuklären, auf- zuWecken. Aber am Ende der Mühe und Arbeit wird der Erfolg stehen. Ein Erfolg, der einige Anstrengungen lohnt. Mögen daher die Anregungen der verschiedenen Organisa- tionen auf dem Chemnitzer Parteitag auf guten Boden fallen! SeefifchzSIIe. Die seit Jahren andauernde Steigerung der Preis« so ziemlich aller Lebensmittel hat dazu geführt, daß der Konsum an Seefischen ganz enorm gestiegen ist. In Gegenden, in denen man vor 10 bis IL Jahren von den Seefischen eigentlich nur den Hering kannte, der noch dazu für die VolkScrnährung in nur sehr bescheidenem Maße in Frage kam, werden heute alle möglichen Arten Seefische in großen Mengen verzehrt. Der rasche Transport und die besonders hierzu von den Eiscnbahnvcrwaltungen geschaffenen Einrichtungen ermöglichen es, selbst die entlegensten Teile Deutschlands regel- mäßig und in kürzester Frist mit frischen Seefischen zu versorgen. Die gesteigerte Nachfrage nach diesem Volksnahrungsmittcl hat natürlich auch das Großkapital angelockt und so find See- fischereiunternehmen großen Stils entstanden, die über eine ganze Flotte von Fischdampfern verfügen. Wie auf allen anderen Ge- bieten, so auch hier, macht der vorgeschrittene, mit allen Errungen- fchaften der Neuzeit ausgestattete Großbetrieb den Kleinbetrieb völlig unrentabel und die in ihrer Existenz bedrohten kleineren Unternehmungen schreien nun nach Staatshilfe. Sie verlangen «inen Zoll auf Seefische. In diesem Verlangen treffen sie zusammen mit den A g r a- «ie r n. Die Agrarier lassen sich bei dieser Forderung von der Be- fürchtung leiten, daß der steigende Fischkonsum, namentlich im Winter, die Fleischpreise drücken könnte. Einen Zoll auf Heringe haben wir ja bereits. Neuerdings wird das Verlangen nach einem Zoll auf alle Arten von Seefischen in einer Peti- tion des„Gcsamt-FischervercinS an der Kieler Förde" erhöben. Diese Petition gibt ein interessantes Bild von der Entwickelung des ScefischfangeS und der Fischindustrie, si« zeigt aber auch die ganze Vcrbohrtheit der von der Konkurrenz schwer bedrohten kleinen Unternehmer, die alleS Heil von einer künstlichen Verteuerung ldes Produktes erhoffen. Zunächst steht fest, daß der deutsche Fang die Nachfrage auch nicht entfernt befriedigen kann. Namentlich in Altona , aber auch zum Teil im Binnenland«, sind große Betriebe entstanden, in denen die Seefische verarbeitet werden, teils zu Marinaden, teils zu Räucherware. Diese Fabriken sind direkt darauf angewiesen, die Fisch« aus dem Ausland zu beziehen; zumeist aus England und auS Dänemark . Den Unternehmern in Altona wird nun der Vorwurf gemacht, daß sie ihre englischen und dänischen Lieseranten zwingen, in Cuxhaven , Bremerhaven und Geestemünde nichts von der Ladung zu löschen, sondern alles direkt in Altona abzuliefern. Den dorti» gen Großindustriellen wird weiter verdacht, daß sie ihre Raucher- waren bereits an Ort und Stelle haben, wenn die an der Pommer- schen Küste hergestellten Räucherwaren sich noch unterwegs befinden. Durch einen Zoll will man nun die Großbetriebe schädigen und glaubt die pommerschen Zwergbetriebe, die oft weitab von jedem Verkehr liegen, wieder wirtschaftlich lebensfähig machen zu können. In der Petition wird z. B. ausgeführt: „Die Ostseeräuchereien mögen noch so gute Ware anbieten, die Qualität derselben mag noch so erstklassig sein, stet» klagt die Kundschaft über die Höhe der Preise. Das isr auch ganz natür- sich, denn die billige schwedische und hollandische Ware wird trotz aller Mängel gekauft, eben weil sie billig ist. Kommen ,m Winter die Sprotten, dann konkurriert Altona erfolgreich mittels der belgischen Sprotten gegen sie; gegen den billigen Altonaer engl.- schen Hering aufzukommen, ist ebenfalls schwer, hat Hilbeck den Schwedenhering, so verschlechtert dieser das Geschäft, bringt das Frühjahr den Schlei -, Kanal-°!cr Ostseehering. dann wirft f olland waggonweise seine Bücklinge ins Land, so daß zu jeder eit der Ausländer dem Inländer das Geschäft ruiniepj» DaS also ist der Ztveck der Petition: Dem deutschen Volke den gesunden deutschen Herfng! Die Ratio natität des Herings festzustellen, ist nun aber einigermaßen er- schwert. In der Petition wird dargelegt, daß ein Heringszoll von 20 Pf. pro Wall(80 Stück) es den dänischen Fischern unmöglich machen würde, ihre Heringe auf den deutschen Markt zu bringen: „Der dänische Fischer ist dann gezwungen, den Fang von Heringen e i n z u st e l l e n, und sobald dies geschehen muß, kann der Hering seinen Weg nach den Laichplätzen der Ostsee fortsetzen. Der Hering kommt dann wie in früheren Jahren an die deutschen Küsten heran und kann hier von den deutschen Fisckprn gefangen werden." Die Nationalität des Herings bestimmt sich sonach nach der Nationalitätdes Fischer» und der minderwertige dänische Hering wird in dem Moment zu einem unübertrefflichen und natür lich entsprechend teuereren Nahrungsmittel, in dem ihm die Ehre widerfährt, von einem deutschen Fischer gefangen zu werden. Richtig ist, daß die deutsche Hochseefischerei unter ungünstigeren Umständen arbeitet als ihre Konkurrenz in England, Dänemark , Schweden , Holland und Belgien . Das Reich wendet auch jährlich im Durchschnitt 400 000 M. zur Unterstützung der Hochseefischerei auf. Aus diesen Mitteln werden Beiträge geleistet für Netzeverluste und als Subvention bei der Anschaffung oder Ausstattung von Booten mit Motorbtrieb. Trotzdem ist der Ertrag der Hochsee- sischmi auch nicht entfernt hinreichend, um den fortgesetzt steigen- den Bedarf im Reiche zu decken. Die Fangergebnisse der deutschen Seefischerei werden auf einen Wert von 30 Millionen Mark im Jahr« geschätzt. Die Einfuhr aus dem Auslande bezifferte sich im Jahre 1911 dagegen auf 64 Millionen Mark. Die angebliche Schädlichkeit ier ausländischen Ware muß auch hier den Grund für eine Grenzsperre abgeben. Von agrarischer Seite ist behauptet worden, und das wird von den oben erwähnten Petenten wiederholt, daß das Ausland minderwertige Fische liefere, die zum Teil eine Gefahr für die Volksgesundheit bedeuten, und daß deshalb neben einem Zoll auch eine Veterinärpolizei- liche Revision der eingeführten Fischbestände erfolgen müsse. Seefische sind nun aber Produkte, die sich nicht lange halten, die rasch auf den Markt geworfen oder rasch verarbeitet werden müssen. Wollte man den agrarischen Wünschen folgen, eine vetcrinärpolizei- liche Untersuchung der eingeführten Seefische vornehmen, so wäre das gleichbedeutend mit der Unbrauchbarmachungd er ganzen Sendungen, ganz abgesehen davon, daß es völlig undenkbar ist, das für solche Untersuchungen notwendige Personal zu stellen. Nicht minder schwierig würde es aber mit der Zollabfertigung liegen, die natürlich auch nicht verzögert werden dürfte. Aber auch ein weiterer Umstand>darf nicht übersehen werden und das ist der, daß sich die Herkunftder Fische beim besten Willen nicht feststellen läßt. ES ist möglich, und wäre in der Praxis jedenfalls sehr wahrschein- lich, daß bei Einführung eines Zolles die deutschen Fischdampfer selbst vielfach nicht mehr fischen, sondern auf hoher See fremden Fischdampfern die Ladung abkaufen würden. Diese Ladung müßte dann zollfrei eingehen, weil sie auf einem deutschen Dampfer einge- führt wird. Es fehlen also schon die praktischen Möglichkeiten, einen solchen Zoll überhaupt durchzuführen. Die auf die Einführung eines solchen Zolles hinzielenden Be- strebungen müssen aber mit allem Nachdruck bekämpft werden im Interesse der Volkswohlfahrt. Die Seefische sind heute für weite Kreise der deutschen Bevölkerung, nicht etwa der Arbeiterklasse allein, ein unentbehrliches Nahrungsmittel geworden. Jede, auch nur die geringste Verteuerung würde außerordentlich schwer emp- funden werdem Die Schreier nach einem Zoll auf Seefische haben eS aber gerade auf eine Verteuerung abgesehen, sie wollen, wie sie selbst verraten, die Konkurrenz des Auslandes ausschalten, um für sich ein Monopol auf dem deutschen Markt zu schaffen. Die Gefahr ist nicht von der Hand zu weisen, daß die Regierung, gestützt auf die schutzzöllnerische Mehrheit des Reichstags, versuchen wird, diesen Wünschen in irgend einer Form Rechnung zu tragen. Bei der gewaltigen Protestbewegung gegen die Teuerung mag daher nicht übersehen werden, auch gleichzeitig die Bestrebungen zu brand- marken, die«ine Verteuerung der Seefische und damit eine weitere Verschlechterung der Lebenshaltung breiter Volksmassen bezwecken. Zur Teuerung. DaS außerordentlich starke Steigen der Fleisch- preise in der letzten Zeit wird durch die»amtlichen Preßberichte" der letzten»Stat. Korr." aufs nachdrücklichste bestätigt. Gegen die zweite Hälfte des Juli hat in der ersten Hälfte des August der Preis sämtlicher Fleischsorten erheblich angezogen. Das Rind- fleisch stieg im Kleinhandel von 18V.1 Pf. in der ersten Hälfte des Juli für das Kilogramm auf 189 Pf., also um fast 4 Pf.; cS steht jetzt um 1S.S Pf. über dem Preise deS Juli 1911 und um 33. 1 Pf. über dem deS Juli 1909. Kalbfleisch halte einen Preis von 198,7 Pf. gegen 196.4 Pf. in der zweiten Hälfte deS Juli. Gegen den August v. I. liegt sein Preis jetzt um 18,4 Pf., gegen den Juli 1910 um 14,8 Pf. und gegen den August 1909 sogar um 2S.1 Pf. höher. Hammel- fleisch stellte sich aus 195,9 Pf. gegen 191.4 im Juli diese« Jahres. 188.5 Pf. im vorigen August. 174,3 Pf. im August 1910 und 169,6 im August 1909. Das Schweinefleisch endlich stieg sogar gegen die zweite Hälfte de? Juli um 7,9 Pf. ES ist jetzt um 27.5 Pf. teurer als im August 1911. In den letzten drei Jahren ist der Preis von Rindfleisch. Kalbfleisch und Hammel- fleisch um über 20 Proz. gestiegen, Schweinefleisch dagegen im letzten Jahre allein um fast 19 Proz. teurer geworden. Die Regierung will untätig bleibe». DaS Kanzlerblatt sucht in seiner Montagsnummer die Bor- würfe zu widerlegen, daß eS in Deutschland an Vieh und Fleisch mangele. CS beruft siw dabei auf die Berliner Marktverhältnisse. Soweit eS Zahlen bringt, bestätigt eS dabei unsere früheren Be- hauptungen. Der Viehaustrieb am Berliner Zentralviehmarkt ist bei Rindern und Kälbern gegen 1911 gesunken, bei Schafen und Schweinen etwas gestiegen. Der Rückgang an Rindern und Kälbern ist aber für den Monat August so groß, daß er durch den Mehr- auftrieb an Schafen und Schweinen nicht ausgeglichen wird. Legt man die amtliche Berechnung lein Stück Großvieh--- vier Schweine— zehn Schafe) zugrunde, so ergibt sich nur ein Zu- wachs von 1101 Stück, während der Rückgang 1597 Rinder und 1553 Kälber betrug. Die„Rordd. Allg. Ztg.' sollte doch lieber rechnen. und nicht soviel philosophieren I Auch die MonatSziffern der Schlachtvieh- und Fleischbeschau für April bis Juni(Nr. 83 der„Statist. Korresp.') zeigen eine deutliche Tendenz zur Abnahme. Hinzu kommt vor allem, daß nach den Vcr- sicherungen aller Sachverständige» das Schlachtgewicht der Tiere am Markt abgenommen hat, und zwar gilt das besonder» auch für Schweine. Die.Norddeutsche' hat glücklich einen Sach- verständigen gefunden, der diese Tatsache.nur mit Einschränkungen für richtig hält'. Die Steigerung der Fleischzufuhr im Eisenbahnfrachtverkehr bedeutet diesem tatsächlichen Rückgang speziell in den letzten Monate» gegenüber wenig. Eine Provokation der Darbenden leistet sich aber das offiziöse Blatt mit folgenden Sätzen: .Schließlich sei bemerkt, daß die Schlachtvieheinfuhr aus dem Auslände neuerdings Erleichterungen erfahren Hot. insbesondere, ab- gesehen von der zeitweiligen Oeffmmg der Grenzen für französisches Schlachtvieh, die allerdings wegen bedrohlichen Umsichgreifens der Maul- und Klauenseuche in Frankreich wieder habe geschlossen werden müssen, aus Schweden über die neuerbaute Quarantäne in Saßnitz und einige andere vorhandene Quarantänen. In den Monaten Mai bis Juli d. I. sind dorther 6083 Rinder eingeführt worden. Sie haben allerdings ihren Weg nach Berlin nicht oder nur in ver- schwindender Anzahl gefunden. Daneben ist bekanntlich die Fleisch- einfuhr aus allen Ländern ganz oder teilweise gestattet'. Bielleicht kann uns das Kanzlerblatt verraten, weshalb die Bndenser über die Grenze nach der Schweiz wandern, um dort billiges argentinisches Fleisch einzukaufen!_ Die Creignilfe in der türkel. Das Ministerium ist nun— für wie lange?— voll- ständig. Die Minister der geistlichen Stiftungen, des Innern, der Marine, der Justiz und der Post sind ehemalige Anhänger oder Freunde des Komites und vertreten die Gruppe Hilmis. Die Gruppe Kiamils umfaßt den Scheich ül Jslanr und die Minister des Aeußern, der Finanzen, des Handels und des Unterrichts. Im übrigen ist die Lage noch keineswegs beruhigend. Trotz aller Meldungen, daß die Beilegung des monte- negrinischen Konflikts unmittelbar bevorstehe, dauern die Grenzkämpfe ununterbrochen fort. Die Pforte hat in Montenegro gegen die anscheinende Mobilisierung protestieren lassen. Gleichzeitig trifft die Türkei V o r s i ch t s- maßregeln an der Grenze. Von Uesküb , Mitrovitza und Novibazar sind Truppen nach der Grenze gesandt worden. Man nimmt an, daß die Türkei in Prizrend 35 Bataillone zusammengezogen hat. Wie Gerüchte besagen, ist G u s i n j e von Montenegrinern eingeschlossen. Die Gerüchte sind jedoch nicht bestätigt. Bedenklicher noch ist es, daß die Albaner keineswegs so ruhig abziehen, wie es in den amtlichen Meldungen ver- heißen war. Nach einer Meldung aus Durazzo wurden Militärabteilungen, welche die Straße nach Durazzo besetzt hielten, von Arnauten aus� Malissia, Mattia und Gora angegriffen. Ein besonders heftiger Zusammen- stoß erfolgte bei Raspol. Vierzig Arnauten sollen verwundet sein. Die Verluste des Militärs sind unbekannt. In Berane haben sie den Kaimakan ermordet, in I p e k das Waffen- d e p o t geplündert und angezündet. Auch in Djakova»volltcn sie das Waffendepot plündern, wurden aber daran gehindert. Am schlimmsten aber wäre es, wenn sich die Meldungen über Greueltaten bestätigen sollten, die Albaner gegen Serben verübt haben sollen. Belgrader Blätter veröffentlichen nämlich Mitteilungen über ein von den Albanesen in Senjitza und Beliopolie angerichtetes Serbenmassaker, bei dem auch der Kaimakan Popovic getötet worden ist. Ferner wird das Gerücht verzeichnet, daß die Albanesen auch in Novibazar ein Serbenmassaker Planen. Zahl- reiche serbische Familien aus Senjitza und Beliopolie flüchten nach der serbischen Grenze. Die Nachricht hat in Belgrad tiefe E r r e g u n g hervorgerufen. Die Zeitungen fordern die Regierung auf. zum Schutze der Stammesgcnossen energische Maßnahmen zu treffen. Für heute wird eine große Volksversammlung vorbereitet. Nachts veranstalteten Universitätsstudentcn eine große De m o n st r a t i o u in allen Häuptstraßen, an welcher auch zahlreiche Bürger teil- nahmen. In den hierbei gehaltenen Reden wurde zum Schutz der Stammesgeuoffen in der Türkei die sofortige Bildung einer starken Regierung gefordert. Vor dem Offiziers- kasino, wo sich viele Offiziere eingefunden hatten, wurde eine Kundgebung für die Armee veranstaltet. Gleichzeitig dauert die Kriegsagitation in Bul » g a r i e n fort. In Sofia ist Sonntag ein etwa fünfhundert Delegierte aus dem ganzen Königreich umfassender Kongreß zusammengetreten, um über Maßnahmen zur Besserung des Schicksals der Bulgaren in der Türkei zu beraten. In den auf dem Kongreß gehaltenen Reden wurde die Notwendigkeit betont, daß Bulgarien zugunsten seiner Landsleute energisch einschreite, um ihnen normale Lebensbedingungen unter einem autonomen Regime zu sichern. Die Reden der Provinzdelegierten waren im heftigsten Ton gehalten. Der Kongreß nahm so- dann eine Resolution per Akklamation an. welche die Negierung auffordert, angesichts der auf die Vernichtung des bulgarischen Elements abzielenden Behandlung der Bulgaren in der Türkei eine allgemeine Mobili- sterung anzuordnen und gleichzeitig von den Mächten zu verlangen, daß sie Mazedonien und dem Wilajet Adrianopel die Autonomie verschaffen mit einem christlichen Generalgouverneur an der Spitze, der vom Volke zu wählen und von den Mächten zu bestätigen wäre. Im Fall- dcr Nichterfüllung dieser Postulats wird die Negierung aus- gefordert, die Befreiung auszusprechen, wenn ii: nicht unberechenbare Folgen im Lande selbst herauf- beschwören wolle. Während der Verlesung der Resolution er- schien, lebhaft begrüßt, eine Abordnung der mazedonischen Vereine, in deren Begleitung sich die Kongreßteilnehmer nach Schluß des Kongresses, gefolgt von einer zahlreichen Menschenmenge. zum Denkmal des Zarbefrciers begaben, wo ein Kranz niedergelegt wurde. Auf dcni Wege dahin wurde die i t a l i c- "* l �" d t s ch a f t lebhaft akklamiert. All diese Umstände mehren die Wahrscheinlichkeit aus- wärtiger Interventionen in die türkischen Angelegenheiten. Vom Kriegsschauplatz. Konstantinopel , 26. August. Das Kriegsministerium.hat eine Depesche miS Benghasi vom 16. publiziert, wonach die Türken und Araber seit 16 Tagen das italienische Lager von Derna bombardierten, ohne unter dem feindlichen Feuer zu leiden. Am 8. d. M. soll das Bombardement den Italienern b e t r ä ch t. lichen Schaden zugefügt haben. Drei türkische Artilleristen seien verwundet Warden. Rom , 25. August..Tribuna' meldet au« Tripolis : Heute früh ist der 8 Heg er Offizier Manzini bei Zeiuem Erkundungs- flugc mit seinem Eindecker i n S Meer gestürzt und ettrunkeu. Die Tripolitaoer und der Friede. Konstantinopel , 26. August. Der ehemalige Deputierte von Tripolis Nadschi hatte gestern mit dem Minister des Aeußern eine Besprechung, wobei er ihm. wie verlautet, den Standpunkt der Einwohner von Tripolis gegenüber den FriedenSgerüchien auseinandersetzte. Die Tripolitaner wollen sich mit einem ihren Interessen ungünstigen Frieden nicht einverstanden erklären. Politische(lederlicht. Berlin , den 26. August 1912. Arveitsmangel bei der kaiserlichen Marine. Die„Kieler Zeitung " berichtete, daß demnächst auf der kaiserlichen Werst zirka tausend Arheiter entlassen werden
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