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Nr. 203.

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D

Vorwärts

Berliner Volksblatt.

29. Jahrg.

Die Infertions- Gebühr

beträgt für die sechsgespaltene Kolonel zeile oder deren Raum 60 Pfg., für politische und gewerkschaftliche Bereins. und Versammlungs- Anzeigen 30 Pfg. ,, Kleine Anzeigen", das fettgedruckte Wort 20 Pfg.( zulässig 2 fettgedruckte Worte), jedes weitere Wort 10 Big. Stellengesuche und Schlafstellenan zeigen das erste Wort 10 Bfg., jedes weitere Wort 5 Pfg. Worte über 15 Buch­staben zählen für zwei Worte. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 5 Uhr nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist bis 7 Uhr abends geöffnet.

Telegramm- Adresse: ,, Sozialdemokrat Berlin".

s Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutfchlands.

Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69.

Fernsprecher: Amt Morikplatz, Nr. 1983.

Sonnabend, den 31. August 1912.

Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt Moritzplatz , Nr. 1984.

Männer und Frauen Berlins !

Zum Kampfe rufen wir Euch!

Wie lange noch wollen wir uns aushungern lassen? Wie lange noch uns höhnen lassen?

hr alle wißt aus bitterer Erfahrung, daß die Not aller Arbeitenden un­erträglich wird. Unser Einkommen ist dasselbe geblieben, aber die Kauftraft hat sich Die Regierung zahlt den Agrariern jährlich mehr als 100 Millionen Mart Belohnung, damit rapid vermindert. Die Teuerung wird immer ärger, immer entschlossener aber auch unser sie den teuren deutschen Roggen ins Ausland als Viehfutter verschleudern können, um im Wille, Abhilfe zu erzwingen. Inlande die Wucherpreise aufrecht zu erhalten. Es ist gekommen, wie es die Sozialdemokratie vorausgefagt hat, als sie mit allen Sie sperrt die Grenzen gegen die Fleisch- und Vieheinfuhr zugunsten einer Anzahl Mitteln das deutsche Volk vor den Wucherzöllen zu bewahren suchte. Die Sozialdemokratie Großgrundbesitzer, damit Deutschland die höchsten Fleischpreise habe. Was kümmert es sie, wurde besiegt, die Agrarier und Kapitalmagnaten sekten ihren Willen durch. Klerikale, daß es auch bald die höchste Säuglingssterblichkeit haben wird, daß die Konservative, Nationalliberale brachen unter Mitwirkung der Regierung die Verfassung, Volts vermehrung abnimmt, daß der Konsum von Pferde- und Hunde­änderten die Geschäftsordnung, die Obstruktion wurde unmöglich. Ihr Sieg war die fleisch reißend zunimmt? Ihr ist das: bewährte nationale Wirtschaftspolitik!

Niederlage des deutfchen Volkes,

Wir aber wollen, daß dieser verruchten Politik der Bereicherung der Reichen und Ver­

eine schlimmere Niederlage, als sie ein auswärtiger Feind ihm zuzufügen vermöchte. Seit armung der Armen ein Ende gesetzt wird. jener Zeit zahlen wir den Agrariern alljährlich

einen Tribut von mehr als einer Milliarde Mark,

zahlt eine Arbeiter- oder Beamtenfamilie von vier Köpfen alljährlich fast 70 Mark Brot­steuer, sind die Fleischpreise immer unerschwinglicher geworden.

Jetzt ift's genug!

Die Regierung ist das willenlose Werkzeug der Brot- und Fleischwucherer. Auf alle Klagen des Voltes erklärt sie mit verächtlicher Gleichgültigkeit: die Teuerung wird schon vorübergehen. Aber sie geht nicht vorüber, sie verschärft sich von Jahr zu Jahr, von Woche zu Woche, von Tag zu Tag! Die Regierung hilft selbst mit: sie erhöht die Kohlen­preise. Und sie höhnt die Darbenden noch: Die Preise gehen in die Höhe? Das ist doch der beste Beweis, daß unsere nationale Wirtschaftspolitik sich glänzend bewährt hat!

Militärischer Terrorismus.

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Deshalb rufen wir Euch! Schließt Euch unserem Kampfe an! Ihr Alle, Männer und Frauen, Arbeiter, Angestellte, Beamte, die Ihr das Opfer dieses Verbrechens am deutschen Volke seid.

Erfcheint alle am Dienstag in unferen Proteftverfammlungen! Sie sollen der erste Auftakt sein. Denn der Kampf wird lang und hartnäckig sein müssen. Deshalb schließt Euch unseren Organisationen an, stärkt unsere Reihen, verbreitet unsere Presse! Ihr kämpft für Euch und Eure Kinder, wenn Ihr für unsere Forderungen Einberufung des Reichstags!

eintretet!

Oeffnung der Grenzen für Vich und fleifch! Nieder mit der herrschenden Wirtschaftspolitik!

wird. Und

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Rybnit ein eifriges Getuschel und Geraune, und der liche Linke das Recht eines Reserveoffiziers, für einen Sozial­Kriegerverein schloß den Amtsrichter aus seiner Mitglied- demokraten einzutreten ernsthaft versicht. schaft aus. Das bedrückte einem früheren Freunde des In Wirklichkeit bewies der Prozeß in Ratibor nicht das Amtsrichters Knittel, dem zum Bezirkskommando gehörigen Geringste, was einen wirklichen Fortschrittsmann mit Genug­Mit einem heiteren und einem nassen Auge berichtet die Hauptmann Sammler derart das patriotische Gewissen, tuung erfüllen könnte; denn Knittel vermochte ja nachzu­liberale Bresse über einen Prozeß, der sich in den letzten daß er bei dem Bezirkskommando eine Denunziation weisen, daß er durchaus zu Unrecht für einen Polenfreund Tagen in Ratibor abgespielt hat. Angeklagt war ein Amts gegen Knittel erstattete, die die Versetzung des Reserveoffiziers gehalten worden war. Er konnte nachweisen, daß er ein richter Knittel aus Rybnik wegen Beleidigung mili- zur Folge hatte. Der sich gemaßregelt fühlende Amts- durchaus" patriotisch" gesinnter Mann war, daß er zu Regi­tärischer Vorgesetzter, die er in verschiedenen Beschwerdeschriften richter Snittel machte nunmehr von dem Instanzenzug Ge- mentsfeiern patriotische Gedichte verbrochen hatte, daß er nur der unwahrhaftigkeit und Bosheit geziehen hatte. brauch. Er brachte die Angelegenheit zum Entscheid vor dem deshalb für die ultramontan- polnische Kompromißkandidatur Daß der Amtsrichter Snittel trotz seiner scharfen Angriffe Divisionskommando, er beantragte ein ehrengerichtliches Ver- eingetreten war, weil sich seinerzeit der Kompromißkandidat gegen einen Hauptmann, einen Oberstleutnant und gar gegen fahren gegen sich selbst und legte schließlich Refurs beim Dr. Seyda auf die Verfassung berpflichtet" einen Divisionskommandeur von dem Fünfmännergericht in Kaiser selbst ein. Auch beantragte er ein Disziplinarverfahren hatte, also nicht als Großpole" betrachtet wurde. Ratibor freigesprochen wurde, schwellt gar mächtig das gegen den Hauptmann v. Kammler, natürlich ohne Erfolg. Die Auch seine Wahl in den Kirchenvorstand hatte Knittel Nationalbewußtsein unserer Liberalen, und voll freudigem infriminierten Aeußerungen bezogen sich nun darauf, daß Haupt- feineswegs als als eine Verstärkung des Polentums auf­Stolz triumphieren sie: ja, es gibt doch noch Richter in mann Rammler ihn in boshafter und tückischer Weise denunziert gefaßt. Ja ein Zeuge rühmte sogar dem Amtsrichter Preußen! habe, daß das Bezirkskommando in fahrlässiger Weise vor- Snittel nach, daß er ihm gegenüber erklärt habe, er Wer aber den Prozeßbericht, mit dessen verzwicktem und gegangen sei, daß der Bezirkskommandeur Baron v. Vietinghoff Iasse das Polentum vor Gericht nicht groß armseligem Kleinkram wir unsere Leser gnädigst verschont ebenso wie Hauptmann v. Kammler wiederholt die bewußte werden," eine Auffassung von der Unparteilichteit haben, mit einiger Aufmerksamkeit verfolgt hat, konnte gar Unwahrheit gesagt habe. In ihrem Urteil stellte die Straf - des Richteramtes, die lebhaft zu denken nicht daran zweifeln, daß das Gericht auf Grund der Be- fammer in Ratibor ausdrücklich fest, daß die gegen den geben tönnte! weiserhebung zu dem Ergebnis fommen mußte, daß dem Hauptmann Kammler und dem Oberstleutnant v. Vietinghoff So wenig also von dem Urteilsspruch der Straffammer Angeklagten zum größten Teil der Wahrheitsbeweis erhobenen Anschuldigungen als wahr erwiesen worden seien. als etwas Außerordentlichem übrig bleibt, so wenig von bor­für seine Anschuldigungen geglückt war, und daß ihm für Die Bösartigkeit Rammlers sei ebenso erwiesen, wie die bildlichem Gesinnungsheroismus bei dem Amtsrichter Knittel. den Rest seiner Behauptungen zum mindesten der gute andere Behauptung Knittels, daß dieser Bezirkshauptmann Nur die Tatsache bleibt bestehen, daß die ungeheuer­Glaube konze diert werden mußte. Unter diesen Um- als Geistesschwacher zu betrachten sei. Die Geistes- lich ste Gesinnungsschnüffelei auch gegenüber den ständen aber war es ganz ausgeschlossen, daß das Gericht zu schwäche sei auf Grund der Sachverständigengutachten als Reserve- und Landwehroffizieren betrieben wird, irgendeiner erheblichen Verurteilung, die nur wegen Formal- festgestellt erachtet worden. Auch sei in zwei Fällen der und daß, wenn es sich um Bekämpfung verdächtiger Elemente beleidigung möglich gewesen wäre, gelangen konnte. gegen Sammler erhobene Vorwurf der Lüge erwiesen. Ebenso handelt, mit der größten Strupellosigkeit ver­sozialdemo- sei erwiesen, daß der Bezirkskommandeur Baron Vietinghoff fahren an diesem Und System wird auch δα der Angeklagte ja tein tratischer Redakteur, sondern ein Amts bewußt die unwahrheit gesagt habe. Der gleiche Vorwurf nichts geändert werden! Denn wenn ein anderes Blatt meint, unsere Reserve- und Land­richter und Leutnant der Landwehr war und ihm gegen den General von der Gro eben sei zwar nicht erwiesen, liberales aus dem Bürgertum würden lieber überdies die vorschriftsmäßige patriotische Ge- wohl aber sei dem gutgläubigen Angeklagten der Schuß des wehroffiziere sinnung nicht bestritten werden konnte, ist es§ 193 zuzugestehen. Das Berliner Tageblatt", das ja nach auf die Würde als Sommerleutnant verzichten, als sich einer auch fein Wunder, daß das Gericht auch von einer Verurtei- dem Ausscheiden des Obersten a. D. Gacdfe sich einen ganzen folchen Gesinnungsriecherei aussetzen, so vermögen wir einen lung wegen formaler Beleidigung Abstand nahm. Generalstab höherer Offiziere als Mitarbeiter zugelegt hat folchen Optimismus keineswegs zu teilen. Einzelne mögen Immerhin wollen wir uns aus dem Urteilstenor die und so militärfromm geworden ist, wie nur irgend ein sich ja einer solchen Beschränkung ihrer staatsbürgerlichen Stelle einprägen, die hervorhebt, daß dem Angeflagten nationalliberales Blatt, glaubt feststellen zu müssen, Rechte durch Verzicht auf die Offiziersepauletten entziehen, der Schutz des§ 193 ( Wahrnehmung berechtigter daß solche Vorkommnisse wie im Falle Knittel innerhalb des aber die Mehrheit wird künftig ebensowenig wider den gemäß der Interessen) reichsgerichtlichen Entscheidung Offiziertorps sicherlich nur ganz bereinzelt daftänden Stachel löcken, wie das bisher geschehen ist. Es wird schon da­zugebilligt werden müsse, nach der dem subjettiven und die moralische Integrität des preußischen Offizierkorps bei bleiben, daß in Preußen- Deutschland das Bekenntnis Empfindung, unter anderem auch dem Uebereifer nach wie vor über jeden Zweifel erhaben sei. Immerhin ge- zur ehrlichen Demokratie innerhalb unserer besitzenden Klassen bei Verfechtung der eigenen Interessen der weiteste Spiel- langt das Berliner Tageblatt" zu der Auffassung, daß der eine verschwindende Ausnahme, eine politische raum eingeräumt werden könne! Das Gericht habe erkannt, Prozeß Knittel bewiesen habe, daß ein System politischer Kuriosität darstellt. In Italien hat man zwar erklärt, daß der Angeklagte ein äußerst energischer Mann sei, Bevormundung existiere und damit der Anfang zur daß sogar das sozialistische Bekenntnis die Zu­der bei Verfechtung seines Rechts bis an die äußerste Politisierung der Armee" gemacht sei. Eine geradezu köstliche gehörigkeit zum aktiven Offiziertorps keineswegs aus­Grenze gehe. Wir hoffen, daß auch in Fällen, wo es liberale Feststellung angesichts der Maßregelung von Reserve- schließt. Aber Italien ist deshalb ja auch ein wildes Land" sich nicht um einen preußischen Amtsrichter und Landwehr- offizieren, die bei den Stichwahlen für Sozialdemokraten ein- und Preußen- Deutschland die Domäne des Junkertums und offizier Landelt, der§ 193 in so weitherziger Weise zutreten den Mut hatten! Wenn erst die heimliche Feme der kapitalistischen Scharfmacheret! Auslegung finden wird! gegen Reserveoffiziere, die für einen vermeintlich pol­Der Anklage lag folgender Tatbestand zugrunde: Der nischen Wahlmann eintreten, den ,, Anfang" der Politi­Amtsrichter Knittel, Leutnant der Reserve, war in die Land- sierung des Offizierkorps darstellen soll, so steht die Sozial­wehr versetzt worden, weil er erstens bei der Landtagswahl demokratie nach der Meinung dieses fortschrittlichen Blattes für einen Wahlmann gestimmt hatte, der seinerseits für die offenbar außerhalb der Verfassung! Freilich sind Die Unverfrorenheit der Nordd. Allg. 3tg.", angesichts der ultramontan - polnische Kompromißkandidatur Dr. Seyda quf- wir es ja längst gewohnt, daß die parlamentarischen gestellt worden war, und weil er sich zweitens in einen Vertreter des Fortschritts kein Wort des Protestes unerträglichen Teuerung von einer Bewährung der nationalen" Stirchenvorstand hatte wählen lassen, in dem ein erheblicher finden, wenn auch nur Beamte und Lehrer wegen ihres Wirtschaftspolitik zu sprechen, wird auch von einem Teil der Prozentsatz polnischer Vertreter saß. Ob dieser Missetaten Eintretens für die Sozialdemokratie gemaßregelt werden! bürgerlichen Presse zurückgewiesen. So schreibt die Frankf. entstand innerhalb gewiffer nationaler" Kreise der Weltstadt Wie kann man da erwarten, daß selbst die äußerste bürger- Beitung":

Zur Teuerung.

Preßftimmen.