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Es war daS hat die jetzige Entwicklung deutlich genug gezeigt ein Verbrechen, dak mau im vorigen Jahre nichts getan hat, um der heranziehenden Not rechtzeitig zu begegnen, es wäre ein noch größeres Verbrechen, wollte man jetzt weiter taten- los zusehen.... Jedenfalls, wir brauchen Hilfe. Und wenn sich die Regierung freiwillig nicht dazu entschließen kann, so wird eS die Pflicht des R e i ch s t a g s sein, sie durch Anwendung jedes, auch des schärfsten Mittels, dazu zu zwingen. Das erst wird in Wirklichkeit ein erfreuliches Ergebnis unserer Wirtschafts- Politik feint" Aber auch nationalliberale Blätter werden kritisch. So schreibt dieNationalzeituug": Kanin jemand wird der N e g i e r u n g nachsagen können, daß sie bei der Bekämpsung der Unzufriedenheit in der Bevölkerung eine glückliche Hand gehabt habe. Diese k a l t e R u h e. die mit viel Ueberhcb'.lng doziert und am Ende die Achseln zuckt, ist nur geeignet, die E r r e g u n g d e r M a s s e n, die Steine für Brot erhalten, noch mehr zu schüren. Nichts ver- bittert den Menschen wohl mehr, als wenn er mit heiße» Händen nach Hilfe fleht, und der Biireaukrat hinter dein grünen Tisch nur Worte des Bedauerns findet.... Eines ist sicher: es muß etwas getan werden. Zunächst um die aus den gegen- wältigen besonderen Verhältniisen entstandene Not zu lindern. Die städtischen Behörden finden hier wie auch in den früheren Teuerungszeiten ein segensreiches Tätigkeitsfeld.... Man wird der Regierung nahelegen müssen, die Grenzen, und sei es auch nur in beschränktem Maße, einer vermehrten Ein- fuhr zu öffnen. Der Hinweis auf den internationalen Charakter der Teuerung, wie er sich auch in den« Regierungs- organ findet, spricht nicht dagegen, denn die Teuerung er- streckt sich zwar in geringem Maße auch aus Frankreich und Oesterreich, aber doch nicht in dem Umfange, daß eine zeitweilige Oeffnnng der Grenzen nicht zur Milderung der Teuerung bei- tragen könnte. Auch an die vermehrte Einfuhr gefrorenen Fleisches kann gedacht werden. Des weiteren aber rückt die gegenwärtige Not die Aufgabe näher, ernsthaft zu prüfen, ob es nicht zweckmäßig ist, durch kleinere oder größere Aenderungen der Zollgesetzgebung die Landwirtschaft mehr auf die Viehhaltung zu drängen und so der an- dauernden Fleischteuerung Halt zu bieten und der ungenügenden Versorgung mit einem für unser Volk so wichtigen Nahrungsmittel abzuhelfen. In derKölnischen Zeitung " heißt es: Die Erregung im Volk wegen der hohen Fleischpreise, die sich ja alljährlsch im Herbst einzustellen pflegt und der man durch geeignete Maßregeln längst hätte Einhalt tun müssen, scheint in diesem Jahr eine besondere Höhe zu erreichen. Die Versuche großer Volkskreise, sich des teuren Fleisch- genusses ganz zu enthalten, die einem Boykott der Metzger gleichkommen, legen davon ebensosehr Zeugnis ab, wie die sich gewaltsam Luft machende Unzufriedenheit, über die von einigen Plätzen berichtet wird. Der Grund der Unzufriedenheit, die hohen Fleischpreise, sind nun nicht wegzuleugnen. Die Ansicht, daß eine Besserung in den ersten Monaten nicht zu erwarten ist, kehrt häufig wieder: sie, ebenso wie die Gewiß- heit, daß ähnliche Verhältnisse und gleiche Notzeiten immer wiederkehren müssen, machen eS der N e g i e r u n g und der Volksvertretung zur Pflicht, Maß- regeln für die Dauer zu ergreifen. Daß dabei die Interessen der deutschen vichznchtenden Bauern ebenso gewahrt bleiben müssen, wie die der großen, fleischverbrauchenden Mafien, ist hier häufig genug gesagt worden. Sogar dieHamburger Nachrichten", die im übrigen eine Hauptquclle des Nebels in derpreisstcigernden Tendenz eines illoyalen Zwischenhandels" erblicken, sind sehr unzufrieden mit der Regierung: Diese Hoffnung derNordd. Allg. Ztg."(auf eine»nicht all« zulang hinausgeschobene" Rückkehr zu niedrigen Preise») ist leider nach den Erfahrungen der letzten Jahre sehr wenig be> gründet und ein schwacher T r o st für die weiten Volks- schichten, die unter der Fleischteuerung zu leiden haben. Der offiziöse Artikel über die Fleischleuerung enthält zweifellos viele richtigen Gesichtspunkte, aber wenn er das Rätsel in der Hauptsache mit dem Steigen der allgemeinen Konjunktur und der wachsenden Kaufkraft der Bevölkerung zu erklären sucht, so greift daS amtliche Organ entschieden daneben. Sehr de- placiert finden wir auch die Bemerkung, wonach die Teuerung ein sehr erfreuliches Ergebnis unserer Wirtschaftspolitik" sein soll. Die große Masse des Volkes freut sich ganz sicher nicht über dies Ergebnis. Man wird ja sehen, was die nationalliberale Fraktion im Reichstage gegen die Teuerung t u n wird. ** « Löhne und Tenernng. Auch in der jetzigen Teuerungsdebatte wird noch immer von unseren Gegnern behauptet, die Preise seien zwar gestiegen, aber mit ihnen seien die Löhne in gleichem oder noch stärkerem Maße in die Höhe gegangen. Wie wenig das zutrifft, beweist ein Ver- gleich der Preise dieses Sommers mit denen vor 20 bis 25 Jahren. Setzt man die Preise der Jahre 1839 bis 1698 gleich IVO, so stellen sich nach der.Vossischen Zeitung" die Preise für Juli 1911 1912 Roggen....... 114 128 Weizen....... 123 133 Kartoffeln...... 215 226 Tabak....... 199 199 Rinder....... 138 140 Schweine...... 107 142 Hammel....... 155 172 Schmalz....... 126 153 Getreide....... 113 128 Sonstige inländische land­wirtschaftliche Produkte 139 151 Die Verteuerung durch die rein wirtschaftlichen und politischen Ursachen tritt in diesen Zahlen deutlich zutage. Rur in wenigen Arbeiterschichten zeigen die Löhne eine entsprechende Erhöhung. Das wird besonders deutlich, wenn man die Differenz zwischen den Preisen in den beiden Sommern beachtet. Sind doch im letzten Jahre nirgends Lohnsteigerungen bewilligt worden, die jene notwendig ge- wordenen Mehrausgaben decken konnten. Die statistischen Hilfsmittel des agrarischen Schwindels. Die Fleischnot ist eine Volks- und VaterlondSgefahr l Die Mehrheit der deutschen Staatsbürger verlangt dringend gründliche und umfassende Abänderung. Die Parteien, welche jeder Grenz- sperrmaßnahme und ähnlichem, die den Vieh- und Fleischzöllen zu- gestimmt haben, rühren sich nicht. Die Regierung hält die durch die Zeitungen übertriebene" Fleischnot für eine vorüber- gehende Erscheinung, die eigentlicheigentlich" ist Bethmann- Hollweg -Stil gar nicht vorhanden ist. Die agrarischen Blätter schreiben dasselbe, mit einer Ausnahme! DieDeutsche Tages- zeitung" behauptet beinahe täglich von neuem, daß das deutsche Volt im goldenen Ueberfluß lebt. Bitte, die Statistik beweist ja... oder: Untrüglich und unleugbar stellen die amtlichen Zahlen fest... usw. Ja, wie sieht es denn mit den Grundlagen der Fleischverbrauchs- st a t i st i k überhaupt aus? Einmal, und das ist das Allerwichtigste. haben allgemeine Durchschnittsverbrauchsziffern nur ganz geringe und im besonderen auf die Arbeiter überhaupt nicht zutreffende Beweiskraft. Wird be- rechnet, wieviel Kilogramm Fleisch Pro Jahr auf den Kops der Be» bölkemng kommt, so erscheint der Kommerzienrat und der Heim- arbeiter als gleich starker Fleischverbraucher. DaS Quantum deS Konsums ist aber in Wirklichkeit zwischen beiden grundverschieden, im besonderen auch noch was die Fleischsorten und Qualitäten an- betrifft. Aber noch etwas anderes ist bei den uns immer wieder ent« gegengehalzrnen hohen durchschnittlichen Fleischverbrauchsziffern pro Kopf der Bevölkerung sehr faul! Diese Ziffern werden aus der Zahl der Schlachtungen und dem durchschnittlichen Schlacht gewicht der Tiere errechnet. Das elftere läßt sich heute leidlich genau feststellen, wenn auch-die Hausschlachtungen dabei eine etwas eigenartige Rolle spielen. Das� letztere ist absolut nur Schätzung, die mitunter auch durch den Jnteressenstandpunkt der Taxierenden bestimmt wird. Dafür nur einige Beispiele. Schätzungen des durchschnittlichen Schlacht» g e w i ch l s in Kilogramm u.DÄt Kühe Kälber Schafe Schwein. Denkschrift deZ Land- wirtschaftSrats 1906 350 250 150 40 22 90 Denkschrift zur Finanz­reform 1909... 280 220 130 40 22 90 Denkschrift d. Kais. Ge- sundheitsamteS 1910 330 240 183 40 22 85 (Bullen 310) Amtliche Statistik in Sachsen 1907... 284 239 173 18-26 50 Denkschrift des preuß. Landwirtschafls- Ministeriums 1905.235 40 20 80 Amtliche Statistik der Stadt Nürnberg 1911 250 165 33 15 55 In sechs hochamtlichen Stellen und zum Teil von diesen aus- gearbeiteten besonderen Denkschriften über die Fleischpreise sechs verschiedene statistische Grundlagen! Das läßt sich nicht mehr aus verschiedenem Viehschlag und Aenderung der Kontroll« Methoden erklären, nicht einmal auS dem sonst sehr zu beachtenden Grunde, daß heute daS Vieh durch planmäßige Aufzucht viel schwerer gemacht wird, als noch vor wenigen Jahrzehnten denn von 1903 bis 1911 können sich die wirNichen Durchschnitlsgewichte des Viehes nicht in dem Maße ändern, wie es in unserer Zusammenstellung zum Ausdruck kommt. Wichtig ist auch, daß eS gerade eine agrarisch stark beeinflußte Instanz, der L a n d w i r t s ch a f t s r a t ist, welcher die höchsten Schätzungen deS durchschnittlichen Schlacht- gewichts als Grundlage feiner Berbrauchsberechnnngen annimmt. Huildtfleisch ". Einen schreienden Kontrast zu den mit großem Pom veran- stalteten Festlichkeiten in Dresden , an denen auch der Kronprinz teilnimmt, bildet ein Inserat des Dresdener Tierschutzvereins in dem Dresdener Anzeiger". Er sichert 20 Mark dem zu, der zur Ent- decknng der Diebe verhilft, die in letzter Zeit häufig größere Hunde, wahrscheinlich zu Schlachtzwecken, wegfangen. Um nur überhaupt Fleisch genießen zu können, st e h l e n die Aermsten des Volkes Pferdekadawer und Hunde. Auch daS eine erfreuliche Erscheinung unserer Wirtschaftspolitik? Die Aeltestcn der Berliner Kaufmannschaft veröffentlichen eine Resolution zur Frage der Fleischteuerung, in der es beißt: Die große Schärfe des herrschenden Notstandes erheischt schleunige Maßregeln, die geeignet sind, die Teuerung zu lindern und ihrer Wiederkehr vorzubeugen. Die Acltestcn der Kaufmann» schaft von Berlin haben in einer Reihe von Denlschrificii und Eingaben Vorschläge zur Milderung des Notstandes gemacht: sie stellen in der Hauptsache folgende Forderungen auf: 1, Die Einfuhrzölle auf Vieh und Fleisch auch Büchsenfleisch müssen mindestens vorübergehend, auf- gehoben oder ermäßigt werden. 2. Das Viehseuchen- und das Fletjchbcschaugesetz müssen unter Wahrung der Interessen der öffentlichen Gesundheitspflege und der deutschen Viehzucht so abgeändert werden, daß in größerem Umfange als bisher Vieh und Fleisch aus dem An»« lande eingeführt werden kann. 3. Es muß sofort in eine Revision der Zölle für Futtermittel, insbesondere sür Mais, eingetreten werden. 4. Die Bahnvcrwoltungen müssen durch eine Ermäßigung der Eisenbahntarife für Bich und Fleisch und durch aus- reichende Gestellung von Kühlwogen die Fleischversorgung der Großstädte und Industriezentren erleichtern. 5. Zweckmäßig wird auch eine Ausgestaltung der Vieh- st a t i st i k sein, die Lücken im Viehbestande schneller erkennen läßt, als dies heute möglich ist." * Der Magistrat der Stadt Nürnberg nahm am Freitag ein« stimmig folgenden Antrag des sozialdemokratischen MagistratSratS Merkel an: Der Magistrat wolle beschließen: Ss fei im Hinblick auf die im kommenden Winter zu erwartende Arbeitslosigkeit, die in einzelnen Gewerben bereits eingetreten ist, und in Anberacht der noch nie erreichten Teuerung aller notwendigen Lebensmittel an den Bundesrat das Ersuchen zu stellen, die Einberufung deS Reichstages umgehend zu veranlassen, und wenigstens Anträge auf eine zeitweise Aufhebung aller Zölle auf Lebensmiltel und Oeffnnng der Grenzen für die Einsuhr von frischem und zu­bereitetem Fleisch und Einführung von Gefrierfleisch in Vorlage zu bringen." Entsprechend dem Wunsche deS Antragstellers wird dieser An« trag nicht durch die Vermittelung der bayerischen Regierung, die erst jüngst einen Antrag des Magistrats, sich in der gleichen Richtung zu verwenden, abgelehnt hat,, sondern direkt dem Bundesrat zu- geleitet. * Das Christliche GcwerkschaftSkartcll in Bonn hat an den Ober- bllrgermeister einen Antrag gerichtet. Maßnahmen gegen die Fleisch- teuerung zu treffen. Die christlichen Arbeiter empfehlen, die Ver- sorgung der Bevölkerung mit Schlachtvieh oder Fleisch in städtische Regie zu übernehmen. Außerdem sollen die städtischen Körperschaften bei der Regierung dahin wirken, daß durch eine Erleichterung der Vieh- und Fleischeinfuhr die augenblickliche Notlage beseitigt wird. Di« christlichen Arbeiter machen dabei die Einschränkung, daß zum Bezüge billigen Fleisches nur die Besteuerten bis zu 3000 M. Ein« kommen berechtigt sein sollen. * Sieben große Protefwersammlungen gegen die Fleischverteueninst waren in Stuttgart von der Partei und den Gewerkschaften aus Mittwoch abend einberufen. Alle waren überfüllt. Die Versamm- ltmg im Dinlelackerschen Saal inmitten der Stadt wurde wegen Neberfüllung lange vor Beginn polizeilich gesperrt. Es mußten noch zwei weitere Säle hinzugenommen werden. Der sozialdemokratische Verein Stuttgart gewann eine jjroße Zahl neuer Mitglieder. In allen Bersantmlungen wurde eine gleichlautende Resolution an- genommen, in der die sofortige Einberufung deS Reichstages, die zollfreie Einfuhr von Schlachtvieh und Fleisch unter Beachtung der notwendigeil sanitären Kontrolle und Schaffung geeigneter Ein- richtungen zum Vertrieb billiger NahrungSniittel durch die Genieinde gefordert werden. Die Parteileitung wurde beauftragt, gemeinsam mit den Gewerkschaften und der sozialdemokratischen Rathausfraktion auf eine Herabsetzung der Fleischpreise bei der Metzger - innung zu dringen. Bis dahin soll der Fleischgenutz auf daS Mindest- motz eingeschränkt werden. politilcbe GeberRcht Berlin , den 30. August 1912, DieKreuzzeitung " als Witzblatt. In konservativen Blättern ist in letzter Zeit verschiedent- lich die Herausgabe eines konservativen Witzblattes als Gegengewicht gegen denSimplicissimus" undUlk" ge- fordert worden. Da es aber dem konservativen Journalismus an dem erforderlichen.Witz" fehlt und Herr Fritz Bley. van derDeutschen Tageszeitung", der unzweifelhaft die nötige Befähigung besitzt, zurzeit mit der Verbesserung des Plasia- Meters beschäftigt ist, so hat bisher die Gründung eines kon- servativ-agrarischenvaterländischen" Witzblattes unterblechen müssen. Um wenigstens in etwas dem fühlbaren Mangel abzuhelfen, druckt dieKreuzzeitung " hin und wieder Zu- schriften aus junkerlichen Kreisen ab. in denen, ein geradezu verblüffender parodistischer Humor zum Ausdruck kommt allerdings ein unfreiwilliger. Ohne es selbst zu wissen und zu fühlen, bekunden die Einsender'meist nicht nur eine geradezu grotesk wirkende Aufgeblasenheit, sondern auch eine solche innere Hohlheit und bemitleidenswerte Ei», falt, daß man nicht versteht, wie die Redaktion derKm?z-i zeitung" trotz des Druckes, der wahrscheinlich von diesen üch> selbst für große Geistesheroen haltenden Mitgliedern lzer Gattung Ovis anf sie ausgeübt wird, derartige hochkomische Selbstpersiflagen des adeligen Krautjunkertums aufzunelZnen Vermag. Die neueste Leistung auf diesem Gebiete der un- freiwilligen Selbstverspottung leistet sich ein Herr Dtto von Monteton, Rittmeister a. D. Er singt ein Loblied. auf den Adel, der seit ewigen Zeiten diehöchste" Kultur, die Staatskunst,geführt'' hat und erzählt uns dann in kost- licher Naivität, der Adel sei erblich mit de/r. Be- g a b u n g für d i e Kunst des Regiereiss be- lastet. Wörtlich heißt es in seiner Epistel: Jedes Volk, jeder Stand, jede Familie ist erblich be- lastet und erblichbegabt. Solange es Staaten gibt, sind sie von der Aristokratie regiert und beherrscht worden; das ist des Adels erbliche Begabung, die ihn heute noch für die schwerste und höchste Kunst die Staatskunz't hervor- ragend befähigt. Und wir sollen ins Hintertreffen, geraten sein, wo selbst ein Bebel eingestehen muß:Sie kennen Preußen nicht. Wenn wir erst Preußen haben, dann haben wir affie!" Von der erblichen Belastung kommt der Herr Ritt- meister a. D. sofort auf Moses, Jakob und das goldene Kalb, indem er unvermittelt fortfährt: Als Moses die Verbrecherfamilie von Jakob und seinen ungeratenen Söhnen, wie sie die Bibal beschreibt denn nur diese sind nach Aegypten ausgewandert, Esaus und Jsmaels Nachkommen sind nicht dabei aus Aegypten führte,. um sie zu einem Staate umzuformen, da war ihre erste Tat, daß sie sich von den gestohlenen Schmucksachen ein goldenes Kalb zum Anbeten anfertigten, das sie heute noch anbeten, und besitzen mehr als die Hälfte der Schätze der Welt. DaS q't ihre 4000jährige erb» liche Begabung. Nicht in der Produktion der Werte, sondern im Handel mit denselben sind sie allen übecklegen. Bei jeder Mobil- machung wird ihnen heute noch'der Ankauf von Pferden Und die Beschaffung der Verpflegung übertragen, und sie haben das steis zur Bewunderung geleistet. Doch für weit schlimmer., noch als die Nachkomme» .Jakobs hält unser Bibelgläubiger Esaussohn die Sozial- demokratie, die deshalb ei»fach durch Kanonen zusanuuen- geschossen werden muß, und zwar allerschnellstens, dennder faulen Grete" fehlt sonst die Bedienung, die nur nochdein Befehl gegen den äußeren Feind folgt": Fängt der Staat nicht an, den Kampf aufzunehmen, dann ist er verloren, denn sie selber haben ja erklärt, ganz klugerweise. nicht eher anfangen zu wollm als bis sie das Schwert de» Staates durch Verführung unbrauchbar gemacht haben, und der Mensch ist so beschaffen, daß er einer richtigen Reklame für schändliche Zwecke gar nicht widerstehen kann, wenn die Regierung sie duldet. In jedem Menschen schlummert eine Bestie, und wer die wecken will, muß vernichtet werden. Eins Regierung, die das unterläßt aus Sorge um sich selbst, hat eS vor Gott zu verantworten. Herr Otto von Monteton hat nicht ganz unrecht, in manchem Menschen schlummert eine Bestie, selbst Schafe können manchmal wild werden; aber unzulässig ist es> wenn er in j e d e ni Menschen eine Bestiennatur entdeckt. Man darf nicht so ohne weiteres von sich auf andere schließen. Zum Schluß wird Herr von Monteton gar noch pathetisch, indem er geistvoll deklanüert: O Bismarck, du größtes Vorbild unseres Stand«», der das uns Deutschen schuf, wonach wir uns ein Jahrtausend gesehnt hatten, wie recht hattest du, als du sagtest:Die Sozialdemo- kratie zu besiegen ist«ine rein militärisch« Sache", und:Die beste Verteidigung ist nicht die Parahe, sondern der Hieb".,' Du einziger, redlicher Pfeiler des Volkes, du großer Mistel- stand, der du dich durch fleißige Arbeit, dauernde Sparsamkeit in drei Generationen durch gottesfürchtige Erziehung der Kinder vom Arbeiterstand in den Mittelstand hinaufgearbeitet hast, rufe auch du:Landgraf werde hart! Befreie uns von dem Gift. daS unSwie die Luft von Chloroform um» gibt und uns machtlos macht. Befreie uns, ehe eS zu spät wird, es ist die höchste Zeit!" Vielleicht bestellt die Leitung der konservativen Partei Herrn von Monteton zum Redakteur ihres geplanten Witz- blattes: die erforderliche Dosis von Geist undChloroform� besitzt er, wie man sieht, in hinreichendem Maße, besonders wenn Herr Fritz Bley ihm als Famulus beigegeben wiri, Dunkel ist der Rede Sinn. AuS parlamentarischen Kreisen wird derPost" geschrieben: Der Fall Borchardt wird am 23. September in Berlin zur gerichtlichen Verhandlung stehen. Es wird vielfach angenommen. daß in dieser Verhandlung die Abgeordneten Borchardt und Leinert bereits verurteilt werden können. Dies trifft jedoch nicht zu. DaS Abgeordnetenhaus hat die Genehnngung zur Einleitung erneS Er- mitlelnngSverfahrens erteilt,- um die die Staatsanwaltschaft nach- suchte, eine Genehmigung zur Slrafverfolgung ist nicht erteilt worden. Wahrscheinlich dürste die bevorstehende Verhandlung auch erst zeigen, ob die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren ein- leiten will." Das ist natürlich vollendeter Unsinn. Man verstehl nicht recht, wie sich der parlamentarische Mitarbeiter der.Post" ein Strafverfahren vorstellen kann, das bis zur Hauptverhandlung ge- diehen ist, ohne daß ein rechtswirksamer Strafantrag vor- liegt. DaS preußische Abgeordnetenhaus hat die Genehmigung zur Einleitung des Strafverfahrens erteilt und der Präfi- dent de» preußischen Landtages, der verstorbene v. Erffcr; bat den S trafantrag gestellt. Eine Gerichtsverhand- lung. in der sich erst zeigen solle, ob die Staats cm mest- schaft ein Strafverfahren einleiten will oder kann, ist undenkbar. Tatsächlich liegt die Sache so, daß öffentliche Klage erhoben wurden