Nr. 204.
Abonnements- Bedingungen: Abonnements- Preis bränumerando: Bierteljährl. 3,30 M., monatl. 1,10 m, wöchentlich 28 Pfg. frei ins Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags. nummer mit illustrierter Sonntags. Beilage„ Die Neue Welt" 10 Pfg. PostAbonnement: 1,10 Mart pro Monat. Eingetragen in die Post- Zeitungs. Preisliste. Unter Kreuzband für Deutschland und Desterreich Ungarn 2 Mart, für das übrige Ausland 3 Mart pro Monat. Poftabonnements nehmen an: Belgien , Dänemart, Holland , Italien , Luxemburg , Portugal , Rumänien , Schweden und die Schweiz .
Ericheint täglich außer Montags.
29. Jahrg.
Die Infertions- Gebühr Beträgt für die fechsgespaltene Kolonel geile oder deren Naum 60 Bfg., für politische und gewerkschaftliche Bereins. und Bersammlungs- Anzeigen 30 Pfg. ,, Kleine Anzeigen", das fettgedrudie 28ort 20 Pfg.( zulässig 2 fettgedruckte Worte), jedes weitere Wort 10 Bfg. Stellengesuche und Schlafstellenan zeigen das erste Wort 10 Pfg., jedes weitere Wort 5 Bfg. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 5 Uhr nachmittags m der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist bis 7 Uhr abends geöffnet.
Telegramm- Adresse: ,, Sozialdemokrat Berlin".
Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69.
Fernsprecher: Amt Moritplak, Nr. 1983.
Sonntag, den 1. September 1912.
Dienstag abend:
Volksprotest gegen die Teuerung und die Junkerregierung!
preise der Großgrundbesiz rasch zunimmt. Und in der Tat
über das Bauernlegen und die ständige Vergrößerung der
Der Dungertribut.
Wieviel Fleisch soll der gesunde, ausgewachsene, kräftige
Pro Woche
800 Gramm Rindfleisch,
750
800
Schweinefleisch, Hammelfleisch
zuf. 2350 Gramm Fleisch. Zweiundfünfzig mal 2,35 Kilogramm Fleisch ergibt eine Jahres
78,62 M.
64,74
Nicht nur seine Ochsen, sondern auch seine Minister Fideikommisse . Unmittelbarer noch werden die Bauern ge- Arbeiter effen? Die deutsche Regierung weiß es sehr gut! Hat fie Tommen dem deutschen Volte verdammt teuer zu stehen. schädigt durch die Futtermittelzölle, die ihnen die Viehzucht doch seit Jahrzehnten bis auf das einzelne Gramm ausgerechnete Würde das deutsche Volk sich andere Minister wählen können, erschwert. Dieselbe Politit, die die unerschwinglichen Fleisch- Ernährungstabellen für Armee- und Marinesoldaten. so könnte es billigeres Fleisch und Brot haben. Denn die preise künstlich schafft, verschlechtert auch die Konkurrenz- Es ist für sie von größtem Interesse, das ihr zur VerPreise der Lebensmittel find abhängig von der Politik und bedingungen des bäuerlichen Betriebes zugunsten der Groß- fügung stehende Menschenmaterial gesund zu erhalten, wenn auch auf der anderen Seite das gedrillte Proletenpack sich beim Kasernendaß die Ochsen so teuer, ist nicht ihre Schuld und nicht ihr grundbesizer. der Preisgabe der Arbeiter, Interesse, sondern Schuld und Interesse der Regierenden. Ange- effen natürlich nicht im Paradiese fühlen soll. Die wöchent Unsere Wirtschaftspolitik hat sich glänzend bewährt. Das stellten, der Beamten, der Bauern, turz fast lichen Normalfleischrationen des Marinesoldaten, die er ist nicht etwa die Meinung von Ochsen, die durch die hohen des ganzen deutschen Voltes zugunsten einer bekommt, wenn er in heimischen Häfen stationiert ist, geben aus all Preise, die sie erreichen, übermütig geworden sind. Es ist die Handvoll von Großgrundbesißern, das ist diesen Gründen einen guten Maßstab für das Normalquantum an Meinung der Herrschenden, die mit der kolossalen Steigerung die nationale Politit unserer Regierung! Fleisch ab, welches zur Erhaltung eines jungen kräftigen Mannesder Bodenpreise und der Renten unserer Großgrundbesitzer Diese Regierung ist eben nichts als das gefügige Werkzeug förpers notwendig ist. Die Bestimmung selbst lautet: offenbar überaus zufrieden sind. Denn das agrarische der Agrarier, und sie kann das sein, so lange das deutsche Interesse ist neben dem der Kartellmagnaten das einzige, Volt es sich eben geduldig gefallen läßt. das die Politik der Regierung bestimmt. Alle übrigen Stonsequent freilich ist diese Regierungspolitik. Sie till Volksschichten werden diesem Interesse erbarmungslos ge- die Teuerung, weil diefe ihren Auftraggebern nüßlich ist. Desopfert. Man nennt das mit Vorliebe nationale Bolifit. wegen verweigert die Regierung jede Milderungsmaßregel. Die offene, ehrliche Hörigkeit mit ihrer unentgeltlichen Im vorigen Sommer war jedem klar, daß eintreten werde, Fronarbeit im Dienste der Großgrundbefizer existiert nicht was nun eingetreten ist. Damals hätten sofort die Maßration von 122,2 kilogramm oder 244% Pfund. mehr. Aber das deutsche Volt in seiner Gesamtheit ist durch regeln getroffen werden müssen, die die Sozialdemokratie geEs lofteten in der ersten Hälfte des August 1 Kilogramm Rind die Lebensmittelzölle zirka 25000 Großgrundbesitzern tribut- fordert hat. Es mußten die Futtermittelzölle be- fleisch im Kleinverkaufspreis 189 Pfennige, 1 Kilogramm Schweinepflichtig gemacht worden in einem Grade, der zu den Zeiten seitigt werden, damit die Bauernschaft ihr Vieh trotz der fleisch im Kleinverkaufspreis 189 Pfennige, 1 Kilogramm Schweinefleisch 166 Pfennige und 1 Kilogramm Hammelfleisch 196 Pfennige. Es mußte das Einfuhrschein wollte nun ein erwachsener Arbeiter einmal dasselbe Jahresder Hörigkeit unbekannt war. Denn daß alljährlich ein Volt Mißernte durchhalten könne. von 65 Millionen den Großgrundbesitzern weit mehr als eine fyftem aufgehoben, die Grenzen für Fleiſcheinfuhr geöffnet quantum Fleisch verzehren, wie es dem Marinesoldaten gewährt Nichts geschah; die Bauern mußten an Gerstenzoll Milliarde jährlich, zirka 17 M. pro Kopf, allein an Brot- werden. steuer werde abliefern müssen, daß dazu weitere Hunderte etwa 40 Millionen, an Maiszoll 28 Millionen Mark zahlen wird, so hätte er nach dem jezigen Stande der Kleinverkaufspreise Millionen an Fleischsteuern fommen werden, das hätte sich und zudem ihr Vieh vorzeitig auf den Markt werfen. Die auszugeben für 41,6 Kilogr. Rindfleisch. 41,6X189 f. damals fein Mensch träumen lassen. Weigerung der Regierung, die Futterzölle aufzuheben, weil Schweinefleisch 39,0X166 Hammelfleisch 41,6 × 196 81,64 Zuerst und am schwersten sind durch diese nationale Politit das die Profite einiger Großagrarier senten hätte tönnen, hat zafammen 122,2 Kilogramm Fleisch= 225,00 M. natürlich die Arbeiter betroffen. Deutschland bleibt das die Fleischnot dieses Jahres erzeugt. Aber eingreifen will die Sie dekretiert, daß die hohen Land mit der höchsten Säuglingssterblichkeit Regierung jezt auch nicht. Eine Arbeiter familie muß natürlich noch wesentlich mehr vers unter allen westeuropäischen Ländern. Blicken wir auf die Fleischpreise eine Folge der gestiegenen Rauftraft Länder, die die Herbeiführung des agrarischen Preiswuchers der Bevölkerung sind! Höher geht die Kühnheit nicht mehr. aehren als ein Mann. Der Reichsdurchschnitt der Familiengröße er nicht zum Inhalt ihrer Regierungspolitik haben, so finden wir, Das Volt hungert, weil es, sagt die Regierung, zu viel Fleisch gibt eine Kopfzahl von 4,70 pro Familie. Wenn wir für den Mann daß von 100 lebendgeborenen Säuglingen im ersten Lebens- taufen kann! Der lederne Bethmann ist wißig geworden. eine und für Frau und drei Kinder eine weitere Marinesoldatenjahr sterben in Belgien 13,2, in den Niederlanden 12,5, Eng- Db er es lange bleiben, oder ob diese neue Eigenschaft ration rechnen, so müßte ein Arbeiter für sich und seine Angehörigen, Wir wissen es nicht. wenn er auch nur so. leben wollte wie der Staat seine Soldaten erland und Wales 12,1, Schottland 11. Dänemart 10,8, ihm nicht bald wieder vergehen wird? Schweden 7,7, Norwegen 6,7; in Deutschland aber 17,8! Wir sehen nur das eine, daß diese Regierung keine Ahnung nährt, im Jahre rund 245 Kilogramm Fleisch taufen, die jetzt einen Und unsere Regierung fonstatiert hochbefriedigt, daß die Er- bon der Stimmung im Volte hat. Sie scheint zu meinen, Einkaufswert im Kleinkonsum von 450 m. haben! In Preußen besitzen neunundachtzig Prozent aller Steuernährung des Volkes nichts zu wünschen übrig lasse und ihre daß auch dieser Fleischnotrummel" rasch vorübergehen wird. Familienväter, die Wirtschaftspolitik nur erfreuliche Ergebnisse auf- Deshalb ist es die erste Aufgabe der stetig anschwellenden pflichtigen ein Einkommen von unter 3000 m. weise! Protestbewegung, die Stimmung der Empörung und wöchentlich 25 M. und weniger verdienen, gibt es Hunderttausende. Die letzten Jahre zeigen, daß auch in Deutschland die Erbitterung im deutschen Volte zum deutlichen Ausdruck Sie haben ein Jahreseinkommen von rund 1800 M. Wer glaubt Geburtenzahl zurückgeht. Die Patrioten jammern, daß damit zu bringen. Aber damit ist natürlich der Not nicht abgeholfen. daran, daß diese Familien von ihrem Jahreseinkommen rund die Macht der Nation in ihrer Wurzel bedroht werde, daß Es muß aber diesmal etwas geschehen und rasch geschehen. 450 M. allein für Fleisch ausgeben können? Nun aber noch weiter. Enthüllen wir die ganze Schamlosigkeit die Wehrkraft Deutschlands in der Zukunft gefährdet sei. Deshalb brauchen wir den Reichstag . Er muß die Erhöhung der Säuglingssterblichkeit, Verminderung der Grenzen für die Einfuhr von Vich und Fleisch öffnen. Er des durch die Gesetzgebung unterſtüßten Fleischwuchers noch gründ Geburtenzahl find natürliche Begleiterscheinungen jeder Ver- muß die empörende, niederträchtige Tatsache aus der Welt licher. Das Kaiserliche Statistische Amt veröffentlichte im Juni 1909 elendungsperiode. Die deutsche Regierung nennt es nationale schaffen, daß den Agrariern für die Entblößung Deutschlands eine große Arbeit über den Haushalt unbemittelter Familien. Ein Politit, wenn sie die Voltsmasse zugunsten einer Handvoll an Getreide alljährlich über 100 Millionen Mart Steuer- Sonderabschnitt betraf dabei die 1907 erfolgten NahrungsmittelGroßgrundbefizer, die allerdings Preußen und seine Regierung gelber hingeworfen werden. Er muß es tun, und er wird ausgaben von 150 Arbeiter und 60 Beamtenfamilien. vermöge des Dreiklassenwahlrechts unumschränkt beherrschen, es tun, wenn die Massen nur die nötige Energie und wurde festgestellt, daß der Fleischkonsum dieser 210 Familien im Durchschnitt Familieneinheit 4,76 Stöpfe, also ganz nahe dem die nötige Ausdauer zeigen. noch mehr aushungert. Reichsdurchschnitt von 4,70 Köpfen im Jahre 180,6 Nilogramm Fleisch betrug!
Der Kaifer ist zufrieden!
zutrifft.
39,0
"
41,6
-
-
1
"
-
Dabei
Die Arbeiter aber sind nicht die einzigen, denen diese Regierung der schlimmste Feind ist. Den AnMit anderen Worten: im Jahre 1907 berzehrte eine ganze gestellten und Beamten geht es um nichts besser. Wilhelm II. hat heute bei der Tafel auf einem Fest= Auch diese liefert die Regierung den Großgrundbesitzern ebenso mahl für die Provinz Brandenburg , bei dessen Bereitung rbeiterfamilie nur eine Kleinigkeit mehr Fleisch als dem aus wie die Arbeiter. Kein Wunder, daß gerade in diesen auf die hohen Fleischpreise keine Rücksicht genommen zu werden einzelnen deutschen Marinesoldaten durch die Regierung zugebilligt ist. Jetzt ist der Fleischberzehr für die Arbeiterfamilie aber viel unSchichten die Verminderung der Kinderzahl rapid um sich brauchte, eine Rede gehalten, in der es heißt: greift. Ihnen gegenüber preist dann die Regierung ihre Ich hoffe, Sie sind gern und leichten Herzens ge- land ist der Fleischwucher so außerordentlich, daß Hunderttausende günstiger geworden. Man kann deshalb ruhig feststellen: in Deutschgekommen und nicht, wie jene Abgeordneten der Mark zu Kaiser Politik mit Vorliebe als Mittelstandspolitik an! Bum Mittelstand gehören auch die Fleischer. Mit Sigismund, mit begründeten Klagen und Pitten um durchgreifende von Proletarier familien gerade so viel Fleisch essen, wie ein um einiger Verwunderung sieht man zu, wie trefflich die Regierung Abhilfe. Denn ich meine, wir können mit den heutigen Ver- Solbat. Dder anders: Die Fleischernährung ist für die deutsche Arbeiterfamilie um hundert und mehr Prozent dieser Schicht gegenüber die Aufreizung zum Klassenhaß zu hältnissen trotz der Unvollkommenheiten, die einmal allem betreiben weiß. Wir sind wahrlich keine Verteidiger des oft Jrdischen anhaften, zufrieden sein. Vor feindlichem Uebermut und flechter als die des Soldaten! Dabei muß festgestellt werden, daß diese Unterernährung nicht übertriebenen Zwischenhandelsgewinns und unsere Konsum- friegerischen Ueberfällen durch ein schlagfertiges Heer und eine bereine sind das beste und sicherste Gegenmittel gegen diese wadyjende Flotte geschützt, kann in unserm geordneten Staatswesen nur für das Fleisch, sondern wie wir vor einiger Zeit schon einmal Blüte der kapitalistischen Distribution. Aber eine Regierung, der 2 and mann seinen Ader bestellen, der Kaufmann, Fabrikant feſtſtellten, für die gesamte Ernährung der Arbeiterfamilie die die Konsumvereine bekämpft und schädigt, wo sie fann, und Handwerker seinen Geschäften nachgehen und der Arbeiter hat fein Recht, sich plötzlich als Feindin des Zwischenhandels fcines wohlverdienten Lohnes gewiß(!) sein; sie alle(?) können aufzuspielen. Aber sie braucht die Fleischer als Sündenböcke sich der Früchte ihrer Arbeit und der Gaben unserer für ihre Agrarier und deshalb denunziert sie sie unaufhörlich Kultur erfreuen.(!!) Wer aber glaubt, Grund zu als die allein Schuldigen, obwohl sie wissen muß, daß es klagen zu haben, oder wer neue Straft und Freudigkeit zu nicht wahr ist. Aber was gilt Wahrheit, wenn sie agrarische weiterer Arbeit sei es für den eigenen Herd, sei es für das Interessen schädigt! Gesamtwohl- sucht, der mache mit mir hin und wieder auf seinem Schließlich hat die Regierung auch die bäuerlichen Wege Halt und schaue zurück auf die Zeiten, wo es nicht so wie jetzt Interessen denen der Großgrundbesitzer wissentlich und in unserem Vaterlande aussah. Bu solchem Rückblick bietet das absichtlich aufgeopfert. Von den Getreidezöllen haben be- Jahr 1912 mit seinen Gedenktagen gute Gelegenheit" usw. usw. tanntlich erst die Betriebe über 20 Heftar, besonders aber die Man muß schon sagen: Wilhelm II. scheint über die über 100 Heftar Borteil, das heißt nur 282 737 von 4 904 762 Stimmung des deutschen Volkes sehr merkwürdig inAckerbaubetrieben, also nur der 17. Teil. Der Getreidebau formiert zu sein, wenn er meint, seine Klagen mit einem aber begünstigt vor allem den Großbetrieb. Es ist seiner phantasievollen Exkurse in die altpreußische Geschichte eine bekannte Tatsache, daß in Zeiten steigender Getreide- befriedigen zu können.
-
Unter solchen Umständen schafft nur der Gewissenlose und der jenige, der am Hungern des Bolles seine Geschäfte macht, teine Abhilfe!
Festgestellt muß aber noch werden, twieviel der Staat durch seine
indirekten Steuern( Bölle usw.) an jedem Kilogramm Fleisch, das fich die Arbeiterfamilie leiftet, noch extra wuchert.
An indirekten Steuern entfallen auf
1 Kilogramm Fleisch
Speck
35 Pfennig,
1
36
1
Schmalz
10
1
Butter
20
"
1
1
Margarine.. Käse
20
"
15
"
Eier( 20-25 Stüd) 2