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Kr. M. 29.Zahtgltas. l KeilU des Joraitts" Iniinn loHInlt Mittmlh, 4.Zeptmbtt1912. GewerhrcbaftUchee. Tomebtnc Kampf csmethodcn 1 Der vornehmeDresdner Anzeiger", Amtsblatt diverser königlicher und städtischer Behörden, sinkt immer mehr und mehr zum Reichsverbandssihimpfblatt herab. So leistet er sich in zwei Leitartikeln(Ztr. 238, 239) eine besonders nieder- trächtige Verleumdung der freien Gewerkschaften. In diesen Leitartikeln gräbt das Amtsblatt die vierte Tagung des Hauptausschusses der vaterländischen Arbeitervereine wieder aus. die bereits Ende Juni in Essen stattfand. Das dort von dem vaterländischen Arbeitersekrctär Fichtner aus Walden- bürg(Schlesien ) gehaltene Referat über:Die Notwendigkeit der vaterländischen Arbeitervereine" findet den besonderen Beifall desAnzeigers". Obschon Fichtner selbst Gift und Galle speit gegen die freien Gewerkschaften, hält es trotzdem das Amtsblatt für notwendig, folgende mehr als kühne Be- hauptung aufzustellen: Wie aber sieht es in den freien Gewerkschaften aus? Die systematische Verhetzung der roten Presse hat dahin geführt, und mutzie nalurnotwendig dahin führen, daß der Arbeiter seine Arbeit als einen Zwang empfindet und sie deshalb auch nur widerwillig verrichtet. Denn wie kann ein Mensch, dem tagtäglich in die Ohren geblasen wird, er werde von seinem Arbeitgeber nur aus- gebeutet und ausgesaugt, noch freudig und gern seine Arbeit der- richten? Daß aber widerwillig verrichtete Arbeil auch gleich» bedeutend ist mit mangelhafter, das liegt schon in der Natur der Sache selbst. Daraus aber resultiert die Frage: Wie kann einem Arbeilgeber, der fortgesetzt durch eben diese mangelhafte Arbeit aufs empfindlichste geschädigt wird, noch zugemutet werden, gute Löhne zu zahlen? Wenn er selbst wollte, er könnte es auf die Dauer nicht, falls er nicht mit Unterbilanz arbeiten will." Ganz unverfroren sagt also hier das Amtsblatt, die freien Gewerkschaften erziehen ihre Mitglieder zu minderwertigen Arbeitern, die zum Schaden des Unternehmers mangelhaste Arbeit lieferten. Diese unverschämte Verleumdung wird schon durch die Tatsachen Lügen gestraft. Es hat sich noch bei jedem Streik und bei Aussperrungen gezeigt, daß die arbeitswilligen Elemente die unbrauchbarsten Kerle sind. Wäre dem nicht so, danil würden die Unternehmer nicht nach Beendigung der Be- weguug diesenützlichsten Elemente" so rasch als möglich wieder aus ihren Betrieben hinauskomplimentieren. Anderer- scits liegen genug Urteile einsichtiger Unternehmer vor. die sage», daß die freigewerkschaftlich organisierten Arbeiter nicht nur in der Quantität, sondern vor allem auch in der Qualität ihrer Arbeitsleistung anderen bei weitem vorzuziehen sind. Also gerade umgekehrt liegen die Dinge. Das weiß natürlich auch derDresdner Anzeiger", oder er sollte es wenigstens wissen. Aber anstatt dies zuzugeben, entblödet sich das Blatt nicht, eine weitere Verleumdung, die sich Fichtner geleistet hat, zu zitieren: Es gehört heute Mut dazu, sich sein Selbstbestimmungsrecht zu wahren. In Berlin find es unsere roten Freunde, welche unter Kommando ihrer Verbandsbeamten unsere Versammlungen sprengen und die den Heimweg Antretenden überfallen unterstützt von notorischen Verbrechern. Wäre es nicht ganz müßig, an daS Ehr» gesiihl der Sozialdemokraten zu appellieren, so müßte man stagen: Schämt sich denn die rote Partei nicht solcher Elemente?" Ohne jeden Kommentar bringt derDresdner Anzeiger" diese ungeheuerliche Anschuldigung des vaterländischen Arbeiter- sekretärs. Er ist. demnach damit einverstanden! Es dürfte dem sehr ehrenwerten Herrn Fichtner schwer fallen, auch nur den Schatten des Beweises für seine Anschuldigung zu er- bringen. Das dürfte auch der Redaktion desDresdner An- zeigers", der ein Professor als Chefredakteur vorsteht, nicht unbekannt sein. Und da man solch krasse Unwissenheit doch einem solchen vornehmen Amtsblatte nicht zutrauen kann, so kann es sich eben nur um eine Verleumdung der freien Ge- wcrkschaften und ihrer Beamten handeln. Nun, das werden diese noch zu ertragen wissen. Dem Reichsverband zur Be- kleines feuiUeton Bornum II und dieWelt am Montag". Kaum hat sich die frühere komische Oper als Deutsches Schauspielhaus aufgetan, so beschäftigt letzteres auch schon in recht bedenklicher Weise die Oeffentlichkeit. Herr Adolf Lantz , der offizielle Direktor von mehreren anderen, die hinter den Kulissen mitdirigieren sollen, hat sich nämlich schon mit Siegfried Jakobsohn, dem kritischen Herausgeber der.Schaubühne" zerkriegt und diesen sozusagen moralisch zum Theater hinauSgew ünschtl Außerdem soll Monsieur Lantz den Verleger der.Schaubühne" zu bestimmen versucht haben, etwaigen Angriffen JakobsohnS gegen ihn die Aufnahme zu versagen. Darob jetzt natürlich ein ferchterlicheS Äe- feireS von feiten des Direktors. daS er noch mit Telegrammen ver- stärkt, wonach sich die Geschichte wesentlich nobler begeben hätt». Sei dem wie ihm wolle. Fest steht schon allein an der dilettantischen Egmont-Vorführung, die mai» der Freien Volksbühne für schweres Geld zu bieten wagt«, daß Herr Lantz mehr verspricht als her- nach gehalten wurde. Ja er arbeitet sogar mit Trompeten- stoßen, deren sich selbst ein Bornum nicht zu schämen gehabt hätte. Da ein Theater schließlich nach kapitalistischer Auf- fafiuna auch nur ä Handelsgeschäft ist, wundert es kaum noch iemand wenn ein Geschäftsinhab« mit bezahlten Reklame- Kritiken.arbeitet". Die letzte Nummer SS derWelt am Montag" bringt einen dreispaltigen Jnseratartikel:.Eginont im Deutschen Schauspielhaus ", unterzeichnet von einem gewissen Willibald Frank. Man aebt wohl nicht fehl mit der Vermutung, daß Willibald und Adolf Zwillingsbrüder seien. In dieser bezahlten ReName(Anzeigen- nummer 485 in Klammerl) laßt sich Herr Lantz über den Schellen- wwg beweihräuchern..- Zwar lehnt die Redaktion des Blattes m. anderer Stelle in einem leicht zu übersehenden siebenzeiligen Notizchen die Verantwortung für die Barnumreklame ab aber der Verlag bat sie doch für Geld abgedruckt. Em schmutziges Manöver bleibt das auf alle Fälle. Und eme Irreführung der Leser obendrein. Wenn solches am dürren Holz der.Welt am Montag" Seschiehr. wieviel mehr erst an den Deutschen Schauspielhaus- Männlein, da sie doch für ein Weilchen ihren Spaß haben wollen. Londoner Ttehl-Damen. Die großen Volksbibliotheken der Themsestadt haben beschloffen, die bis jetzt für die Frauen reserviert gewesenen Säle zu schließen Zu diesem auffehenerregenden Eni- schluß sind die Leiter verschiedener Bibliotheken gelangt, nachdem sich herausgestellt hat daß die Leserinnen fremdes Eigentum wie ihr eigenes behandeln und in den Lesezimmern Dinge treiben, die sonst nur ,n verschloffenen«nkleidezimmern vorgenommen zu werden Pflegen. Ein Bibliothekar berichtet, daß viele Damen nicht bloß die Bücher, die sie zu lesen wünschen in einer bei Männern nie vor- kommenden Weise verderben, sondern auch ganze sie besonders interessierende Buchkapitel und Bilder einfach herausschneiden und die wertvollsten Äunstzeitschristen und Modeblätter mitgehen heißen. Der Direktor der Bolttbibliothek von Westminster hat dies« An- kämpfung der Sozialdemokratie aber gönnen wir den Dresdner Anzeiger", er hat sich seiner würdig erwiesen. Berlin und dmgegend. Zum Streik in den Buchdruckmaschinenfabriken ist zu berichten, daß die Firma Rockstrob u. Schneider, bei der schon immer bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen vorhanden waren als in den anderen einschlägigen Betrieben, sich mit den Ar- beitern geeinigt hat. Eine am Dienstag abgehaltene Streikversamm- lung billigte e i n st i m m i g die Wiederaufnahme der Arbeit in diesem Betriebe. Es ist nun auch von einzelnen anderen Unternehmern eine Ver- einbarung angeboten worden, welche jedoch nicht eine solche Regelung der Lohn- und ArbeitSbedinrungen vorsieht, daß die Arbeiter darauf eingehen könnten. Die Versammlung lehnte insolgedessen dieses An- gebot e i n st i m m i g ab, um so mehr, als der Geist unter den Streikenden ein ganz vorzüglicher ist und diese dem Gang der Dinge mit Zuversicht zusehen._ Lohnbewegung der Müllkutscher und Schaffner. Der bestehende Tarif mit der Wirtschaftsgenossenschaft Berliner Grundbesitzer ist zum 1. Oktober d. I. gekündigt worden. Die Forde- rungcn der Arbeiterschaft sind der Firma in Gestalt einer neuen Tarifvorlage rechtzeitig zugestellt worden. Die Hauptforderungen sind: Erhöhung des Lohnes um 1 M. pro Tag, Bezahlung der Ueberstunden für Verladearbeiter, Herabsetzung der täglich abzu- fahrenden Kastenzahl um 5 Kasten pro Fuhre. Gewährung eines Sommerurlaubs unter Fortzahlung des Lohnes und Lieferung von 4 Blusen gegen jetzt 2. Es hat bereits eine Verhandlung des Arbeiter- ausschusscs unter Hinzuziehung von Vertretern des Transportarbeiter- Verbandes mit der Direktion stattgefunden, über deren Er- gebniS der Bezirksleiter Werner am Montag in einer Versammlung der Schaffner, Kutscher und Verladearbeiter im Namen der Lohnkommission Bericht erstattete. Demnach hat die Direktion in der Lohnfrage folgendes zugestanden: Ab 1. Oktober d. I. erhält jeder der in Betracht kommenden Angestellten eine Zulage von 1 M. pro Woche mit der Maßgabe, daß während der Tarifdauer am 1. Oktober 1913 sowohl als auch am 1. Oktober 1914 der Lohn ebenfalls um je 1 M. pro Woche erhöht werden soll. Die Herabsetzung der Kastenzahl wurde abgelehnt. Der Urlaub soll wie bisher bestehen bleiben, das heißt nach einer Dienstdauer von fünf Jahren eine Woche betragen. Dagegen erklärte sich die Direktion bereit, eine Kasie zu schaffen, die ans den Zinsen von durch die Direktion zur Verfügung gestelllen Summen gebildet wird. Auß dieser Kasse soll dann den bedürftigen Angestellten Unter- slützungen oder Urlaub gewährt werden. An Blusen soll eine mehr geliefert werden als bisher. In der Diskussion bezeichneten sämtliche Redner die gemachten Zugeständnisse als zu minimal. Die geplante WohlfahrtScinrichtung fand keinen Beifall, weil man der Meinung war, daß dadurch nur Uneinigkeit und Streit zwischen den Angestellten geschaffen werde. In Rücksicht darauf, daß seit sechs Jahren eine Lohnerhöhung nicht gegeben und inzwischen eine Verteuerung des gesamten Lebens- Unterhalts eingetreten sei, wurde das Lohnziigeständnis von 1 Mark als zu gering und ungenügend bezeichnet. Eine Abstimmung ergab die Ablehnung der Zugeständnisse. Die Lohnkommission wurde ein- stimmig beauftragt, die Verhandlungen weiter zu führen und zu versuchen, annehmbarere Zugeständnisse zu erzielen. Die Müllkutscher und Schaffner aus 2022 kleinen Abfuhr- betrieben haben ebenfalls beschlossen, die bestehenden Tarife zu kündigen und sollen die in Aussicht genommenen Forderungen den in Frage kommenden Unternehmern am Ende dieser Woche zugestellt werden._ Maßregelung der Caf�kellner imCaf6 Abbazia", Charlottenburg . Am Knie. Der Inhaber dieses Betriebes, Herr Leopold Mandl, hat eS schon von jeher versucht, die organisierten Gehilfen auszuschalten. um den Gelben, zu deren Protektoren er gehört, eine Arbeits- stälte zu verschaffen. Vor 14 Tagen wurden sämtliche organisierte Gehilfen ohne Grund entlassen, jedoch auf das Eingreifen der Orga nisation hin wieder eingestellt. Bei dieser Gelegenheit kamen Manipulationen des Unternehmers zur Sprache, die auf das Geschäftsgebaren des Herrn Mandl ein mehr als eigentümliches Licht werfen. Diese unbequeme Tatsache war für den Herrn ein fort- gesetzter Stein des Anstoßes. Da jedoch die dort arbeitenden Kellner keinerlei Handhabe boten, die zu einer Entlassung hätten führen schuldigungen seines Kollegen vollauf bestätigt und noch hinzugefügt, daß die Frauen und zwar Frauen aller Stände nicht selten in den Lesesälen allerintimste Toilette machen und sich in Gegenwart fremder Personen an- und ausziehen. An den Türen einiger Bibliotheken, die noch nicht geschlossen sind, stehen jetzt Wäckterinnen, die jede Frau, die im Lesesaal war, beim Verlasse» der Bibliothek genau mustern und nach Umständen auch untersuchen, um festzustellen, ob sie nicht Bücher gestohlen hat. Kleine Diebstähle dieser Art scheinen bei den Londoner Damen zu einer wahren Manie geworden zu sein: man stiehlt nicht nur in Bibliotheken, sondern auch an anderen öffentlichen Orten und vor allem in den großen Waren- Häusern. Der Sekretär eines sehr bekannten Frauenklubs erklärte einem Mitarbeiter derDaily News", daß die Klubleiterinnen nicht mehr wüßten, wie sie die fast jeden Tag vorkommenden Diebstähle in den Garderoben verhindern sollten. Jeden Tag verschwinden Kleidungsstücke und aus den Toiletten Päckchen mit Seifen. Hut- und Kleiderbürsten, Handtücher und anderes. Man sollte es nicht für möglich halten, daß ein Stückchen Seife zum Stehlen anreizen kann, und doch ist es so: der Seifenverbrauch des Klubs ist daher geradezu ungeheuerlich groß. Der Direktor eines großen Warenhauses sagte, daß die Diebstähle. die im Laufe eines Jahres von Frauen ausgeführt werden, an's Fabelhaste grenzen: so seien in den letzten sechs Wochen dort nicht weniger als zwanzig kostbare Toilettennecessaires entwendet worden. Wenn man die Damen bei ihren Diebereien packe und verhaften lasse, führen sie als Milderungsgrund regelmäßig die so beliebte Kleptomanie an; in den meisten Fällen aber handelt es sich um wirklichen Diebstahl, der klug vorbereitet und in einem bestimmten Interesse kalten Blutes ausgeführt wurde. Ein Polizeiinspektor behauptet dagegen, daß der von Frauen be- gangene Diebstahl, selbst wenn eS sich nicht um Kleptomanie handle, fast immer auf einen Impuls zurückzuführen sei: die Frau fühle plötzlich da» Bedürfnis, sich irgend eines Gegenstandes, der in den meisten Fällen ziemlich wertlos ist, zu bemächiigen; wenn sie ihn dann in den Händen habe, bedauere und bereue sie auch schon ihre Tat, aber sie habe nicht mehr den Mut, den Gegenstand wieder hin- zulegen oder dem Eigentümer zurückzugeben. Ein Arzt endlich ist der Ansicht, daß die meisten Frauen stehlen, weil ihnen der sittliche Halt fehlt; schuld habe die Erziehung, die ihnen in den Schulen und in der Familie gegeben werde, und die nicht geeignet sei, sie für daS Leben zu festigen.... Die Pensionierten. Nur mit milder Rührung siehst du den alten, etwas ergrauten Herrn jeden Morgen auf seinen Gichtbeinen die Promenade entlang wandeln.... Sein Scheitel ist aus eine unmögliche Art noch hinten gezogen, bis zum Kragen herunter, feine Schultern sind eckig, aber noch erinnert eine hölzerne Haltung daran, daß dieser Mann jahrelang der Schrecken Hunderter junger, m eine bunte Uniform gesteckter Leute war. Dies zu denken: einst marschierte er starken Schritts durch die muffigen Korridore der Kaserne, und wo seine machtvollen Schnurr» bartspitzen erschienen, setzte«S Bestürzung und Arrest. Seinetwegen können, setzte er dieselben am Montag früh ohne Grund auf die Straße, obgleich er vorher die Organisation �und deren Arbeitsnachweis anerkannt und sich chrenwörtlich verpflichtet hatte, in Zukunft nur organisierte Kollegen zu beschäftigen. Das Solidaritätsgefühl der Berliner Cafs-Angestellten wird dafür Sorge tragen, daß dieser Herr sich mit der Tatsache abzu- finden hat(mit oder ohne Ehrenwort), daß er organisierte Gehilfen beschäftigt. Der Betrieb ist bis auf weiteres für organisierte Cais- Angestellte gesperrt. Verband der Gastwirtsgehilfen, Zweigverein Eafs-Angestellte. Oeutlcbes Reich. Die Maschinisten und Heizer sämtlicher Betriebe von Neu- dämm haben den Unternehmern Forderungen unterbreitet. Sie fordern 1016 Prozent Lohnerhöhung, Bezahlung der Ueberstunden und der Ansteckstunden. Die Maschinisten haben bisher Löhne von 16 bis 21 Mark die Woche zu verzeichnen. Diesenhorrenden" Lohn verdienen sie bei einer täglich 13 bis 14 stündigen Arbeitszeit. Zu- zug von Maschinisten und Heizern nach Neudamm ist strengstens fernzuhalten. Der Streik in Tilsit umfaßt nicht'nur die Arbeiter in den Schneidemühlen, sondern alle auf den Holzplätzen Beschäftigten. Er dürfte geraume Zeit dauern. Zuzug ist unbedingt fernzuhalten, bis das Ende der Bewegung gemeldet wird. Ucber die Lohnbewegung der Papierarbeiter in Ascherslebcn ist zu melden, daß die drei in Betracht kommenden Firmen B e st e- Horn, Gerson und Hopf u. U n g e r auf den eingereichten Tarifentwurf und das sehr höflich gehaltene Begleitschreiben des Buchbinderverbandes, worin um Unterhandlpngen ersucht wurde, mit der Kündigung einer Anzahl Arbeiter und Arbeiterinnen ge- antwortet haben. Wenn die Firmen denken, durch solche echt scharf- macherischen Maßnahmen ihre Arbeiter einschüchtern zu können, so dürften sie sich gründlich verrechnet haben, denn gerade das Gegen- teil davon wird eintreten. Das hat auch schon der Kommerzienrat Richard Bestehorn erfahren müssen, als er seine Arbeiterinnen vor dem Buchbinderverband graulich zu machen suchte. Alle Arbeiter werden ersucht, die Kämpfenden zu unterstützen. Kartonnagenarbeiterbewegung. In Hainichen i. S. stehen die Kartonnagenarbeiter und -Arbeiterinnen in Lohnbewegung. Die Firma Anders u. Co. hatte 10 Proz. Lohnerhöhung und Verkürzung der Arbeitszeit bereits bewilligt, machte diese Zugeständ- nisse aber dann davon abhängig, daß die Arbeiter ihren Austritt aus dem Verbände erklären. Die Verbandsbrüder müssen raus, meinte die Firma. Ferner betrachtete die Firma einen wohl- gemeinten Vorschlag, die Zeit zum Kehren und Reinigen anstatt 10 Minuten vor 6 Uhr, dreiviertel vor 6 Uhr beginnen zu lassen, dafür aber die Frühstück- und Vesperpause von 30 Minuten auf 25 Minuten zu kürzen, als eine neue Forderung und benutzte das als zweiten Grund, die Zugeständnisse zurückzuziehen. Die dortigen Kartonnagenarbeiter und-Arbeiterinnen stehen in Kündigung und wird deshalb gebeten, Arbeitsangebote der Firma Anders u. Co. abzulehnen._ Der Bund der technisch-industriellen Beamten hielt am Sonntag in Essen seine vierte Tagung für den Gau Rheinland- Westfalen ab. In dem Bericht der Gauleitung wird ein befriedigendes Vorwärts- schreiten der Organisation festgestellt. Troß allen Maßregelungen und Schikanierungen durch die Scharfmacher der Schwerindustrie, die in dem Skandal bei der Gutehoffnungshütte ihren schärfsten Aus- druck fanden, stieg die Mitgliederzahl von 3272 auf 3716. Es wurden 200 öffentliche Versammlungen abgehalten; die Einnahmen der Gau- kaffe stiegen von 8300 auf 10 800 M.! das Gauorgan erscheint jetzt vierzehntägig; der Bund hat eine Sparkasse für seine Mitglieder errichtet. Die Fortschritte sind namentlich infolge der an die Massenmatzregelung in Sterkerade geknüpften Protestbewegung erzielt worden. Auf der Tagung wurden sehr scharf die gewerkschaftlichen Ten- denzen des Bundes sowie seine politische Neutralität betont. Viele seiner Mitglieder seien in den verschiedensten politischen Parteien tätig. Gegen die ungleichen Kündigungsfristen, die Konkurrenz- klausel, sowie zur Erringung des Achtstundentages für die Privatbeamten soll die gewerkschaftliche Aktion des Bundes ein- setzen. Bei Arbeiterkämpsen haben die Angestellten jede Streik- arbeit zu verweigern, werden sie deshalb gemaßregelt, so erhalten sie die Gemaßregeltenunterstützung. Für die Wahlen zur Angestellten- mußten viele tagelang in schlecht gelüfteten Zimmern auf einem niedrigen Bett hocken(den Rock bis oben hin zugeknöpft), feinet- wegen litten hundert, zweihundert Mann brennenden, wütenden Durst, weil er, der Gott, der sich satt getrunken hatte, es so wollte. Und nun... Es gibt nichts Kläglicheres, als die alten pensionierten Soldaten. Ihrer Abzeichen und damit ihrer Macht entkleidet, gehen sie herum, meist sind sie leberleidend, denn sie haben früher gern ein bischen getrunken, was kann ihnen das Leben noch bieten, da es ihnen nun nicht mehr gestattet ist, ihre Mitmenschen anzubrüllen und ein wenig zu quälen, durch einen Gewaltmarsch etwa.. ,? Schreien sie nun- niehr einen an, einen jungen kräftigen Mann zum Beispiel, sie könnten ihre Knochen aufsammeln. Denn sie haben ja nie durch die Macht ihrer Persönlichkeit gewirkt, da war ja keiner, der sich nicht getraut hätte, wenn eben nicht das Kriegsgericht gewesen wäre. Solche Kerle waren es nicht. Es waren Militärbeamte. Und das drückt sich nun herum, in Tölz oder in Aachen oder zu Oeynhausen , badet den alten Körper in heilkräftigen Quellen und hier, im Zivil, wenn alle anderen arbeiten, oder mit frischen Augen ivenigstenS von einem Leben zu erzählen wissen, daS auf- gebaut hat und geschafft und gewirkt. sitzen sie trübe herum. erinnern sich an alte Reglements und zeigen so recht, was hinter den schnauzbärtigen Majors und den gefürchteten Hauptleuten steckte: eine helle Stimme und ein halbes Hirn. tu. Notizen. BerlagS-Theater, das heißt Theater, die an Stelle von Direktoren irgendwelchen Bühnenliteraturverlegern gehören, gibt es zurzeit m Berlin sechs. Es sind folgende: Neues Schauspielhaus (Münchener DreimaSkcnverlag), Theater des Westens , Neues(jetzt MontiS Operetten-) Theater und Trianon-Theater(Verlag Felix Bloch Erben); Lu,t,pielhaus und Residenz-Theater(Verlag Albert Ahn). Außerdem das Friedrich- Wilhelmstädtische Schauspielhaus, nur daß es in besonders intimer Fühlung mit der Vertriebsstelle deutscher Buhnen, chriftsteller steht. Da wie der FallWelt am Montag" und Deutsches Schauspielhaus lehrt, die Reklamekritik bereits vor- Händen ist, kann sich die literarische Fachkritik anschicken, in die Wälder zu gehen, um, wenn nicht feiste Hasen, wenigstens böse Grillen zu fangen. Märchenaufführungen für die Jugend will Direktor Nordau während des Winters im Friedrich-Wilhelmstädti- schen Schauspielhause veranstalten. Die bekanntesten deutschen Märchen sollen insplendider Ausstattung" durch erste Kräfte sowie unter Mitwirkung von Chor und Orchester aufgeführt werden. Goldner Leichtsinn", eine Operette von Josef v. Koblinski, Musik von Charles Alfredy, die als erste Novität für has Theater des Westens ausersehen war, gelangt am 14. d. Mts. in MontiS Operetten-Theater(Neues Theater) zur Erstaufführung. GustavMahlerS AchteSinfonie(dieSinfonie der Tausend " genannt) wird nun auch in Hamburg am 30. September und 1. Oktober aufgeführt