Seit Nationalliberalen zufallen würden. Dazu kommt, daß ein taktisches Zusammengehen in den Kreisen mit mehr als einem Abgeordneten naturgemäß nicht ohne Rückwirkung auf die Kreise mit einem Abgeordneten bleiben würde, wo wir selbst keine Aussicht auf Gewinnung des Mandats haben, wo wir aber die Wahl des Fortschrittlers herbeiführen könnten. Genaue Berechnungen lassen sich nicht anstellen, aber immer hin wäre eine Schwächung der Reaktion um 20 bis 30 Mam date das mindeste. Gewiß genügt das nicht, um die Mehrheitsverhältnisse im Landtage wesentlich zu verschieben, oder gar um eine Mehrheit für eine vernünftige Wahlreform zu sichern. Aber es niacht doch einen gewaltigen Unterschied, ob 60 oder ob 80 bis 90 Anhänger des allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrechts im Landtage sitzen. Mit einem solchen Heere läßt sich der Wahlrechtskampf von der Tribüne des Abgeordnetenhauses, unterstützt durch den Reichstag und ge� tragen von dem Willen des Volkes, das seine Demonstrationen stärker und stärker gestalten muß, schon leichter führen als heute. Wie es erst des Ansturms der Massen bedurft hat, um die Regierung überhaupt zur Einbringung einer Wahlrechts Vorlage zu zwingen, so wird vor dem Willen des Volkes, gleichviel ob es seinen Willen bei den Landtagswahlen, bei den Reichstagswahlen oder wo immer zum Ausdruck bringt, schließlich auch die konservativ-klerikale Mehrheit des Preußenparlaments kapitulieren müssen. * .In dem Artikel„Zur Landtagswahl-Taktik" in Nr. 207 ist infolge des Ausfalls einer Zeile ein Satz in Spalte 2, zweiter Absatz, unverständlich geworden. Der Satz muß heißen: „Ist auf das Zentrum wegen seiner fortgesetzten Ver- rötereien kein Verlaß, so können wir mit den Nationallibe- ralen wegen ihrer Gegnersckiaft gegen ein gleiches Wahlrecht nicht zusammengehen.» Selbst wenn wir mit den National- liberalen und mit dem Zentrum— soweit ihre Mannen nicht abkommandiert werden— für die geheime und direkte Stimm- abgäbe votieren, so ist damit noch lange nicht gesagt, daß wir einer Reform des preußischen Dreiklassenwahlsystems, die sich auf diese beiden Punkte beschränkt, zustimmen müssen." Der 45. britische Gcwerisfcljaftsftongreß. Newp ort, 3. September 1912.(®ig.©er.) Nach der Wahl der Kongreßbeamten und Ausschüsse schritt man zur Beratung der Frage des Zusammenschlusses der Gewerkschaften- Zu diesem Punkte hatten die Maurer eine Resolution gestellt, die die Beschlüsse des Kongresses der letzten zwei Jahre in dieser Frage bekräftigte. Man glaubte allgemein, daß diese Resolution zu einer der wichtigsten Debatten Anlaß geben würde. Denn die Nationale Gewerkschaft der Dockarbeiter hatte ein Amendement folgenden In» Halts gestellt: sDer Kongreß)„beauftragt das Parlamentarische Komitee, zu versuchen, die Verschmelzung der verschiedenen GeWerk» schaften desselben Berufs herbeizuführen, so daß in jedem einzelnen Berufe nur eine Gewerkschaft besteht oder andernfalls die Föde» ration aller Gewerkschaften in derselben Industrie herbei- zuführen, so daß in bezug auf Taktik und Vertrags- termine Einheitlichkeit erzielt wird. Dieser Kongreß Weist auch die Propaganda de« Syndikalis- mus zurück." Dieser letzte Satz wurde auf Vorschlag des Parlamentarischen Komitees als nicht zum Thema gehörig gestrichen. Da dieser Satz aber gerade das interessanteste Thema anschnitt, gestaltete sich die Debatte nur zu einer Widerholung der so oft gehörten Argumente für die Verschmelzung der einzelnen Ge- werkschaften eines Berufs. K e s s a ck �Dockarbeiter), der zu dem Amendement sprach, bemerkte, daß die Zeit der teilweisen Streiks noch lange nicht vorüber fei. Die Wirksamkeit eines nattonalen Streiks in einer Industrie sei manchmal sehr problematisch. Wäre während des letzten Londoner Streiks ein nationaler Ausstand zuftandegekommen, so wäre der Kampf sicher zuungunsten der Arbeiter ausgefallen. Nach kurzer Diskussion wurde das Amendement an Stelle der Resolution als Resolution angenommen. Am Schluß der Sitzung des ersten Tages ereignete sich noch ein amüsanter Vorfall. Die Kongreßdelegierten waren, wie ein von dem Präsideuten verlesener Brief mitteilte, von dem Konstitutionellen Arbeiterklub NewportS zu Ehrenmitgliedern ernannt worden. Die unerwartete Höflichkeit seitens eines der konservariven Bereine, deren Haupttätigkeit darin besteht, bei Wahlen und ähnlichen Angelegen- heiten das nötige Agitationsbier anfahren zu lassen, verursackite zuerst ein beklommenes Schweigen, das der Präsident mit der Er- Ilärung brach, daß der Konstitutionelle Arbeiterklub jedenfalls die löbliche Absicht hege, die Delegierten während der Kongreßwoche in Getränken freizuhalten. Zweiter Tag. Zur Anfang der Sitzung wurde der Bericht des Parlamentarischen Komitees besprochen. Short(Kesselschmiede) beklagte sich über die Haltung deS Komitees in bezug auf den„Daily Citizen", das neue Arbeiterblatt, das nächsten Monat in Manchester erscheinen soll. Bowerman(Sekretär des Komitees) erklärte die Handlungs- Weise des Komitees. Als der„Daily Herald", das schon bestehende Arbeiterblatt, herauskam, wendeten sich die Gründer an das Paria- mentarische Komitee und räumten ihm zwei Sitze im Verwaltungs- rat ein. Der Vorschlag wurde angenommen. Bald darauf empfing das Komitee eine Deputation der Gründer des„Daily Citizen", die eine ähnliche Einladung überbrachte. Da die Einladung jedoch nicht schriftlich bestätigt wurde, entstand ein Mißverständis und das Komitee unternahm keine weiteren Schritte in der Angelegenheit. Die Gründer des„Daily Citizen" glaubten, das Pqplcimentarische Komitee stehe ihrem Unternehmen interesselos oder gar feindlich gegenüber. Das ist aber keineswegs der Fall. Wir werden den „Daily Citizen" mit allen Kräften unterstützen. Die Streitigkeiten. die zwischen dem„Daily Herald" und dem„Daily Citizen" aus gebrochen, haben absolut keinen Sinn. Ist England nicht groß ge� nug für zwei Arbeiterblätter? In Deutschland haben unsere Freunde 80 Tageblätter, und keinem einzigen derselben wird eS einfallen. seinem Nochbar da« Leben zu mißgönnen. Parlamentsmitglied Ward(Erdarbeiter): Die veröffentlichte Korrespondenz beweist, daß die Unduldsamkeit nicht bei dem Parlamentarischen Komitee, fondern bei den Leuten vom„Daily Citizen" zu suchen ist,, die alles getan haben, um den Bestand des „Daily Herald" in Frage zu stellen. Wenn dieser intolerante Geist den„Daily Citizen" beherrschen wird, wird das Blatt kein langes »Leben haben. Parlamentsmitglied Roberts(Buchdrucker): Nachdem das Par lamentarifche Komitee die Deputation vom„Daily Cittzen" emp fangen, versprach es, eine Antwort auf die Einladung zu geben- Diese Antwort ist ausgeblieben. Es hat es vorgezogen, ein Blatt zu unterstützen, das sich jetzt an die Feinde der Arbeiter mit der Bitte wendet, es finanziell zu unterstützen. Das ist mir auS guter Quelle mitgeteilt worden, und wenn es nicht wahr ish werden wir ja die Antwort gleich hören. Dent(Buchdrucker) verteidigt daS Parlamentarische Komitee. daS recht getan habe, das einzige Arbeiterblatt zu unterstützen, das augenblicklich in Großbritannien erscheine. Rowlerson(Schneider) kritisiert den„Daily Herald", weil dieser die Londoner Schneider in ihrem Kampfe unterstützt und die Mitglieder seiner Organisation, die sich nicht am Kampfe beteiligt hätten, Streikbrecher genannt habe. Evans(Druckereihilfsarbeiter, Vorsitzender deS Verwaltungs- ausschusses des„Daily Herald"): Das Parlamentarische Komitee konnte nicht anders. alS den„Daily Herald", das einzige Arbeiter- blatt, zu unterstützen. Es sind die Gründer des„Daily Cittzen", die den Streit angefangen, die stets erklärt haben, der„Daily Herald" sei nicht lebensfähig und sei deshalb auch nicht zu unter- stützen. In dem Kampf der Londoner Schneider und Hafenarbeiter hat der„Daily Herald' der Arbeiterschaft nützliche Dienste erwiesen. Es ist wahr, daß wir einen sogenannten Feind der Arbeiterklasse um Unterstützung gebeten haben. Es ist derselbe Feind, der während des Hafenarbeiterstreiks in London jede Woche 2090 Kinder der Streikenden mit Nahrung versorgte. Dürfen wir von diesem Manne Nahrung aber kein Geld annehmen? Der„Daily Herald" hofft, eine Million Anteilscheine von je 1 Schilling herauszugeben- Wir vom«Herald" wünschen dem„Cittzen" allen Erfolg. Das Feld ist groß genug für beide. Folgen wir dem Beispiel unserer deutschen Freunde. Damit endete die Diskussion; ein Beschluß wurde nicht gefaßt. Wie man erfährt, ist der Mann, der dem„Daily Herald" Geld vorstrecken will, das linksliberale Parlamentsmitglied Baron de F o r e st. Es entspann sich darauf über die Schlußsätze des Bericht? des Parlamentarischen Komitees eine längere Diskussion über die Osbornevorlage, in der das fliberale) Parlamentsmitglied Ward(Erdarbeiter) und Havelock Wilson(Seeleute) darzutun suchten, daß das Osborne- urteil die Arbeiterschaft ganz kalt ließe. Die Debatte wiederholte sich in ihren Hauptzügen später bei der Berawng einer Resolution über diesen Gegenstand. Die Resolution, die von den Bureau- angestellten der Eisenbahnen eingebracht wurde, lautete: „Da die von der Regierung eingebrachte Gewerkschaftsvorlage Nr. 2 den Gewerkschaften daS Recht der Ausübung der elementaren Funktion der Selbstverwaltung vorenthält, betrachtet dieser Kongreß die Vorlage als nicht zufriedenstellend, bekräftigt seine früheren Beschlüsse, in denen er die Freiheit der politischen Aktion fordert, und beauftragt das Parlamentarische Komitee,„gegen die Vorlage energisch zu opponieren, es sei denn, daß sie derart abgeändert wird, daß sie den Gewerkschaften vollständig die politische Freiheit zurückgibt, die diese 40 Jahre lang vor dem Osborneentscheid besaßen, wie in der vorher von der Arbeiterpartei eingebrachten Vorlage verlangt wurde". C h a n d l e r(Eisenbahner, Bureauangestellten): Unsere Gegner haben auf einmal ihr warmes Herz für die Rechte der Minderheit entdeckt. Sie wollen eS der Minderheit erlauben, die parlamen- tarischen Beittäge für die Wahrnehmung ihrer gewerkschaftlichen Interessen in der Volksvertretung nicht zu bezahlen. Das ist gerade so, als wollten sie einem Bürger gestatten, der Gemeinde die Steuern vorzuenthalten, weil er sich mit dem Beschluß der Mehrheit des Gemeinderats nicht einverstanden erklären kann. Leider hat die Agitation für die Umstoßung des Osborneurteil�. kn unseren Reihen seit dem Sheffielder Kongreß sehr nachgelassen. In Sheffield erklärten vor zwei Jahren alte Gewerkschaftsführer, daß sie bereit seien, daS ungerechte Gesetz zu brechen und ins Gefängnis zu wandern. Seitdem unsere Parlamentsmitglieder vom Staate be- soldet werden, hat ihr Enthusiasmus in dieser Frage merklich nach- gelassen. Parlamentsmitglied H a r v e h(Bergarbeiter): Wenn mein Bor- redner die offiziellen Parlamentsberichte studierte, würde er sehen. daß unser Eifer keineswegs nachgelassen hat. DaS Osborneurteil ist hauptsächlich deshalb erlassen worden, weil die Vertreter der Arbeiter die Interessen ihrer Klienten so eiftig verfochten haben. Schon vor 30 Jahren gebrauchten die Gewerkschaften ihre Gelder. um Vertteter wie Broadhurst, Burt, Wilson und Fenwick ins Parlament zu schicken. Erst als die Arbeiterschaft in geschlossenen Reihen auf dem polftischen Felde erschien, kam man dahinter, daß diese Tättgkeit un- gesetzlich sei. Wir können uns nur mit der vollständigen Wiederher- stellung des vor dem Osborneurteil bestehenden Zustandes zufrieden geben. Havelock Wilson(Seeleute): Was führte zum OSborne- urteil? Es war die Tatsache, daß viele Gewerkschaften von ihren Mitgliedern, die die Politik der Arbeiterpartei nicht billigen, obli- gatorische politische Beiträge erhoben. Diese Mitglieder traten ihren Organisationen nicht auS politischen Gründen bei, sondern lediglich, um eine Vertretung ihrer beruflichen Interessen zu finden. Nichteiii organisierter Arbeiter von zehn kümmert sich einen Pfifferling um das Osborneurteil. Wenn wir von dieser Frage soviel Wesens machen, wird eS den Anschein erwecken, alS läge uns nur daran, ins Parlament zu kommen. Sexton(Dockarbeiter): UnS interessiert weniger die Frage. waS zu dem Urteil geführt hat; uns interessiert vielmehr, daß das Osborneurteil ein unhaltbares, ein monströses Urteil ist. Wilson war selbst einmal Parlamentsmitglied; die Gelder seiner Gewerk- schaft ermöglichten eS ihm. ins Parlament zu kommen. Er sollte doch wahrlich der letzte sein, der die politische Tättgkeit der GeWerk- schaften kritisierte. Die Kapitalisten benützen das Parlament, um die Entwicklung der Gewerkschaften zu hemmen und die Macht unserer Organisationen zu zerstören. Kann eS den Gewerkschaften verboten werden, sich gegen diese Angriffe zur Wehr zu setzen und ihre eigenen Vertreter ins Unterhaus zu schicken? Shaw(Textilarbeiter): Unsere Gegner beschuldigen uns, daß wir die politische Tättgkeit auf Schleichwegen in die Zwecke unserer Organisationen eingeschmuggelt hätten. DaS ist nicht wahr. Wir Textilarbeiter haben die politischen Beiträge erst erhoben, nachdem nach offener Diskussion die Erhebung dieser Beiträge mit großer Mehrheit beschlossen worden war. ES sind unsere Gegner, die im Dunkeln arbeiten. Sie machen sich an unzufriedene Mitglieder der Gewerkschaften heran und bewegen diese durch Geldgeschenke, einen richterlichen Einhaltsbefehl gegen die Gewerkschaft zu erhalten. Die Kosten dieses Prozesse werden aus einem geheimen Fonds gedeckt. Und diese Leute, die sich zu solchen Zwecken gebrauchen lassen, das sind die Ehrenmänner, denen die politische Aktton der Gewerk- schaften Gewissensbisse bereitet. Der Vorsitzende tat wohl daran, eine genaue Abstimmung über diesen Punkt vornehmen zu lassen. 1 868 000 Stimmen wurden für und nur 89 000 Stimmen gegen die Resolution abgegeben. Interessant war noch die Debatte über die Anträge der Landarbeiter. die in Ostengland wieder anfangen, sich zu organisieren. In einem Antrag forderten sie für die Landarbeiter, die im Durchschnitt in England nur 13 Schilling verdienen, daß diese in die Liste der Berufe aufgenommen werden, in denen das Schwitzsystem vorherrscht und für die Lohnämter errichtet werden müssen laut dem Gesetz des Jahres 1909. In einem anderen Anttag verlangten sie ein Gesetz, das die Bebauung landwi-tschaft- lichen Bodens obligatorisch mache. Ihre Vertteter Edward« und Hu weit schilderten in beredten Worten die Not ihrer Kollegen, wiesen darauf hin, vi« alle die besten«md tüchtigste» das Land verließen, um in den Städten die Löhn« herabzsdiScken'. wie dadurch das Volk entkräftet wird, wie die Eifenbahnen und andere große Gesellschaften bei der Enlöhnung ihrer Arbeite, die Landarbeiterlöhne als Grundlage nähmen, wie es daher im Interesse der Industriearbeiter liege, ihren Brüdern auf dem Lande im Kampfe um bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen zu helfen, und wie die englische Landbevölkerung recht gut die ge« walttgen Massen importierter Lebensmittel selbst produziere» könne, wenn ihr nur der Boden, der jetzt brach daliege oder dem Vergnügen der Reichen diene, zugänglich gemacht werde. Das Parlamentsmitglied Roberts(Buchdrucker) teilte mit, daß die Arbeiterpartei ein Komitee zum Studium der Landfrage eingesetzt habe, das bald einen Bericht herausgeben werde. In warmen Worten forderte er die Gewerkschaften auf. in ihrem eigenen Interesse die Landarbeiterorganisationen mit allen Kräften zu unter- stützen. Die beiden Resoluttonen wurden einstimmig angenommen, vor der Abstimmung wies der Vorsitzende Thorne noch darauf hin, daß eine Vorlage zur obligatorischen Bebauung deS landwirtschaft- lichen Bodens schon in den achtziger Jahren von dem bekannten und fteigeisterischen Abgeordneten Bradlaugh im Unterhause ein- gebracht worden sei._ Hus der parte!« Zum Fall Radek. Der Vorstand deS sozialdemokratischen Wahlvereins Teltow « BeeSkow-Charlottenburg teilt uns mit, daß der Kreis- vorstand, der endgültig über die Aufnahme von Mitgliedern zu ent- scheiden hat, mit Zustimmung des Vorstandes für den Bezirk Wilmersdorf die von R a d e k im Juli nachgesuchte Ausnahme in den Wahlverein verweigert hat. Aus den Organisationen. Die Generalversammlung des sozialdemokrattfchen WahIvereinS für den 8. Hannoverschen Wahlkreis(Hannover -Linden) fand am Sonntag statt. Neben der Erledigung der geschäftlichen Angelegen- heiten befaßte sich die Generalversammlung mit dem Parteitage. Abg. Genosse L e i n e r t verteidigte das Stichwahlabkommen und sprach ausführlich über den geplanten Parteiausschuß, den er empfahl als Mittel, die Maßnahmen und Beschlüsse des Partei- Vorstandes in engere Fühlung zu bringen mit den Organisationen im Lande, im übrigen anerkennend, daß der Parteivorstand seine Schuldigkeit getan habe. Leinert wandte sich scharf gegen die Absicht einer Verstärkung des Vorstandes mit dem Zwecke, einer be- stimmten„Richtung" entscheidenden Einfluß im Parteivorstande zu verschaffen, gegen die Eisenacher Sonderkonferenz und die Treibereien Rädels, der, ohne Mitglied der Parter zu sein, deren Institutionen heruntersetze. Das seien unhaltbare Zustände. Weiter trat Genosse Leinert für die Aufhebung des Nürnberger Be- schlusseS betreffend die Abgabe des Tagesverdienstes am 1. Mai der in Parleibetrieben Angestellten und für die Behandlung der Steuer- frage auf dem Parteitage ein.— Angenommen wurden die An» träge: 1. die ReichslagSfraktion soll vollzählig mit beratender Stimme am Parteitage teilnehmen, 2. der Parteivorstand soll eine aus Theoretikern und Praktikern zusammengesetzte Kommission er- nennen, die Vorschläge für ein Agrarprogramm machen soll; 3. auf dem Parteitage in Chemnitz die Stcuerfrage zu behandeln; 4. den Beschluß, Abgabe des Tagesverdienstes am 1. Mai, aufzuheben. Die Sonderkonferenz in Eisenach wurde verurteilt. Abgelehnt wurde ein Antrag, den Parteiausschuß abzulehnen und statt dessen den Parteivorstand zu vermehren.— Weiter besprach die General» Versammlung den preußischen Parteitag und die nächstjährigen LandtagSwahlen und erklärte sich gegen ein Wahlbündnis mit den Liberalen schon bei den Urwahlen. /Zug Industrie und Handel. Di« Syndizierungsbestrebungen in der russischen Roheisen- industrie. Seit einiger Zeit verlautet von Bestrebungen, die russische Roheisenindustrie in ein Syndikat zw überführen. Begrüadet wird diese Absicht damit, daß die Roheisenerzeugung Rußlands in letzter Zeit derart gestiegen sei, daß die„Gefahr" einer Preistabschwächung vorliege. Das Syndikail soll daher hauptsächlich der Hochhaltung der russischen Rohe isenpreise dienen. Diese Vorgänge in der russi- sehen Roheisenindustrie sind außerordentlich bcinerkenkwert. Sic zeigen, mit welcher Schnelligkeit die Eisenindustrie Rußlands vor- wärts zu kommen sticht, nachdem sie vor fünf bis sechs Fahren noch sehr daniedergelegen hatte. Im Jahre 1907 kamen aus Ruß- land laute Klagen über den Rückgang des inländischen Verbrauchs. Als sich der Eisenverbrauch in Rußland hob, da fehlte es an Roh- eisen» und Gußeisen, und man sprach direkt von einer russischen Roheisen- und Gußeiscnnot. Die Weiterfabrikatlion des Eisens war so schnell vorwärts geeilt, daß die Roheisenproduktton nickst Schritt nnt ihr halten konnte. Während die Produktion von Fertigware von 1904 aus 1910 um Ungefähr 32 Millionen Pud flieg, war die Gußcisenproduktiion nur um rund 6 Millionen Pud angewachsen. Das Jahr 1904 war für die russische Eisenindustrie ein- außer- ordentlich günsttgeS Jahr gewesem Die Beschäftigung dieses Jahres war lange Zeit hindurch nicht mehr erreicht worden. Das Jahr 1910 hatte jedoch eine noch viel günstigere Lage der russischen Eisenindustrie gebracht und die weiterverarbeitenden, Werke kann- ten der Nachfrage kaum genügen. Diese Nachfrage wurde so stark, daß die Eisenindustriellen> sich an die russische Regierung wandten und beantragten, die Einfuhr von Gußeisen erheblich zu erleich- lern. Schließlich wurde ein Gesetz erlassen, wonach 10 Millionen Pud Gußeisen unter herabgesetzten Zöllen eingeführt werden konnten. Seit der Einführung der Zollermäßigung muß die Pro- duktion außerordentlich gesteigert worden sein, sonst wären die jetzigen Bestrebungen, ein russisches Roheisensyndikat zu- gründen, nicht-zu verstehen. Zu vermuten sst. daß dieses Syndikat darauf hinarbeiten wird, daß die Zollermäßigungen kür ausländisches Gußeisen wieder aufgehoben werden. Würde das geschehen, so 'läge ein neues Beispiel für die sch utzz öl l ne ri sch e T e n-d e n z R iiißlands gegenüber der deutschen Industrie vor. Seit einigen Jahren schon wird in Rußland niit Heftigkeit darauf hingearbeitet, die Jndustriczölle weiter zw erhöhen. Teutschlands Hochschutzzoll- system würde dadurch einen Stoß erhalten, der im Interesse der deutschen Konsumenten ebenso zw begrüßen wäre� wie die geplanten russischen Getreideeinfwhrzölle. Wasserstands-Nachrichte» der LandeSanstalt für Gewässerkunde, mitgeteilt vom verktner Wetterbureau Wasserstand M e m e I, Tilsit P r e g e l, Jnsterburg Weichsel. Thorn Oder , Rattbor , Krosseu , Franksurt Warthe. Schrimm , Landsberg Netze, Vordamm Elbe, Leitmeritz . Dresden „ Barby . Magdeburg Wasserstand Saale , Grochlitz Havel. Spandaus , Rathenow ') Spree , Sprembergft , Beeskow Weser, Münden , Minden Rhein , MaximilianSan . Kaub . Köln Neckar, Heilbronn Main , Hanau Mosel . Trier *) Uuterpegel.
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