Nr. 215. 29. Jahrgang.

1. Beilage des„ Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Sonabend, 14. September 1912.

Tochmals unfere Taktik bei der Landtagswahl.

Von Paul Hirsch  .

nicht blenden. Wenn die Nationalliberalen von Freiheit reden, können, wird wohl selbst der stärkste Optimist nicht zu be dann meinen sie damit freiheitliche Gesetze für ihre Klasse, haupten wagen.

für die Klasse der Besitzenden, und die staatsbürgerliche Gleich- Im Bezirk Gumbinnen   sind gewählt 8 Konservative berechtigung ist für sie mit dem Augenblick errungen, wo der und 1 Nationalliberaler, meist ohne Gegenkandidaten, und der Adel in der Verwaltung durch einige Geldsackaristokraten ersetzt einzige Nationalliberale sogar nur durch ein Kompromiß mit ift. Aber wo und wann sind die Nationalliberalen den Konservativen. Gegenkandidaten hatten die Fortschritt­im preußischen Landtage für die Freiheit der Arbetter, wo ler aufgestellt in Tilsit  , wo sie den vereinigten Konservativ­Die Ausführungen von Eduard Bernstein   in Nr. 211 und wann sind sie für die Gleichberechtigung der Enterbten Nationalliberalen unterlagen( 339 gegen 140), in Gum­des Vorwärts" nötigen mich, nochmals das Wort zu er- eingetreten? Etwa als ihr Etatsredner dem Sehnen seiner binnen, wo sie 82, die Konservativen 355 Wahlmänner zählten. greifen. Ich beschränke mich in meiner Entgegnung auf einige Freunde nach dem Schutz der Arbeitswilligen Ausdruck gab Noch weniger vermögen wir auszurichten im Bezirk wenige Punkte, die mir von besonderer Wichtigkeit zu sein und gegen die freien Gewerkschaften vom Leder zog? Oder Allenstein  , wo ohne Gegenkandidaten 6 Konservative scheinen. als ihr Führer bei Besprechung der Interpellationen über den und 2 Zentrumskandidaten gewählt wurden. ong Bernstein   hält es für möglich, durch die von ihm und Bergarbeiterstreit der Regierung den Dank des deutschen   Im Bezirk Danzig   standen den 6 dort gewählten Kon Eisner empfohlene Tattit das Stärkeverhältnis innerhalb der Volkes" für die Requirierung von Militär aussprach und sich fervativen allerdings kandidaten gegenüber, aber eine bürgerlichen Parteien im Abgeordnetenhause wesentlich zu ber- gegen die Vermittelung seitens der Regierung bei Streits nennenswerte Zahl von Wahlmännern brachten die vereinigten schieben, er rechnet sogar mit einer Schwächung der konservativ- wandte? Oder gar bei Beratung der verschiedenen Gesetz- Fortschrittler und Nationalliberalen nur in Danzig   auf, fleritalen Mehrheit um 80 Mandate, allerdings ohne uns entwürfe der letzten Jahre, vor allem bei Beratung der einem Kreise, der schon früher liberal vertreten war und den die rechnerischen Unterlagen für diese Annahme zu geben. Wahlrechtsvorlage? bermutlich aus eigener Kraft die Liberalen das nächste Mal Zunächst bezweifle ich die Möglichkeit, meine Gründe dafür den Konservativen wieder entreißen werden. werde ich weiter unten anführen. Aber selbst wenn Gerade die Verhandlungen der Wahlrechtsfrage sollten Im Bezirk Marienwerder  , wo 9 Konservative ge­uns eine Lehre sein, wessen wir uns von den Nationalliberalen wählt sind, handelt es sich weniger um Gegensätze zwischen es in unserer Macht läge, das Gesicht Gesicht des Drei­flassenparlaments so zu verändern, so wäre doch die 84 gewärtigen haben. Mit einem Eifer, der einer besseren Sonservativen und Liberalen, als um Gegensäge zwischen Frage aufzuwerfen, ob wir nicht bei einer solchen Tattit weit Sache wert gewesen wäre, bekämpften sie das Wertvollste der Deutschen   und Polen  . Das Gleiche gilt für die Provinz Vorlage, die von der Regierung vorgeschlagene Marimierung, Bosen und den Bezirk Bromberg  . Hier stehen die mehr verlieren als gewinnen. Darüber, daß wir unsere Tattit stets den veränderten d. h. die Nichtanrechnung der den Betrag von 5000 M. über- Deutschen  - abgesehen von den Sozialdemokraten- den Verhältnissen anzupassen haben, brauchen wir uns nicht zu über die Gemeinde. Das ist freilich nicht zu leugnen, daß und als Gegenleistung stimmen diese in anderen für die Kon­steigenden Steuersumme, und propagierten sie die Drittelung Bolen gegenüber, einige Kreise sind den Liberalen überlassen, streiten, darüber herrscht weder zwischen Bernstein   und mir, fie neuerdings für die geheime und direkte Wahl eintreten. fervativen. noch zwischen Parteigenossen überhaupt irgendwelche Meinungs- Aber es ist noch gar nicht so lange her, da forderten sie nicht verschiedenheit. Es fragt sich aber, ob sich seit 1908 die Ver- einmal die geheime Wahl, obwohl hierfür auch das Zentrum haben wir zunächst den Bezirk Potsdam   mit 17 Konfer Wenden wir uns zur Provinz Brandenburg, so hältnisse tatsächlich so geändert haben, daß die Voraussetzungen seinem Programm entsprechend hätte stimmen müssen. Wenn bativen und 3 Fortschrittlern. Den Konservativen standen in für eine völlig andere Taktik gegeben sind.

Gewiß ist es richtig, daß das Zentrum sich sowohl bei sich die Nationalliberalen heute zu der Forderung der ge- einigen Kreisen fortschrittliche Kandidaten gegenüber, die es den Wahlrechtsverhandlungen im Jahre 1910 als auch bei heimen Stimmabgabe emporgeschwungen haben, so nicht, weil aber nur auf wenige Stimmen brachten. So zählten wir in den Wahlrechtsverhandlungen im Jahre 1910 als auch bei der letzten Reichstagswahl als Schuttruppe der preußischen sie liberaler geworden sind, sondern weil wir sie durch unsere Ruppin  - Templin   339 konservative und 45 fortschrittliche, in der letzten Reichstagswahl als Schuttruppe der preußischen von den Gegnern als Terrorismus bezeichnete Taktik dazu Prenzlau  - Angermünde   377 konservative und 38 fortschrittliche Junker erwiesen hat. Was folgt daraus? Doch nur, daß gezwungen haben. Das sollte für uns zugleich ein Beweis Wahlmänner. In diesem Bezirke könnten wir der Reaktion die Sozialdemokratie für Kandidaten der Zentrumspartei  , dafür sein, daß wir durch rücksichtslose Ausnutzung unserer entreißen Oberbarnim und Niederbarnim  , wo die Konfer gleichviel ob mit oder ohne Gegenleistung nicht stimmen macht weit, weit mehr erreichen, als durch eine Politik des vativen sich mit den Fortschrittlern in die Mandate geteilt kann. Nicht aber folgt daraus, daß wir irgendwelchen Anlaß Entgegenkommens. haben, Westhavelland   und Teltow  - Beeskow  . In diesen drei zur Unterstüßung nationalliberaler Kandidaten haben. Und um diese allein, nicht aber um die Fortschrittler, handelt es Eine wahrhaft liberale Politik ist von den preußischen Kreisen aber ist die sozialdemokratische Stimmenzahl so groß fich für mich. Wir fönnen in Preußen nicht schlechtweg von Nationalliberalen nicht zu erwarten, und gerade auf dem gewesen, daß wir ein Anrecht auf Abtretung je eines Mandats Liberalen sprechen, sondern wir müssen streng unterscheiden Gebiete der Kirchen- und Schulgesetzgebung, auf das Bern  - haben. Hier ohne Gegenleistung für die Fortschrittler zu zwischen Nationalliberalen, die kaum in einer Frage, die zur ſtein hinweist, haben sie ja so gut wie versagt. Wem anders stimmen, liegt wahrhaftig fein Anlaß vor, und ich glaube, Kompetenz des Landtags gehört, mit uns übereinstimmen, als den Nationalliberalen ist es zu verdanken, daß die kon- auch Bernstein   wird das nicht wollen. Im Bezirk Frank. und zwischen Fortschrittlern, die wenigstens in der Wahl. fessionelle Volksschule jezt gefeßlich festgelegt ist? Daran, daß furt weisen die 14 Konservativen überall gewaltige Mehr­rechtsfrage ein gut Stück mit uns zusammengehen. Ersteren eine Stärkung der Linken, eine Stärkung der National- heiten auf. Aussichtsvoll erscheint hier nur die Eroberung will ich auf keinen Fall, letzteren unter gewissen Vorauss liberalen durch uns, eine Kräftigung ihrer politischen Haltung von Rottbus- Spremberg- Kalau, allerdings nicht für uns, son­fegungen und bei Leistung von Gegendiensten unsere Hilfe nach sich ziehen muß, glaube ich nicht. Das würde den völligen dern für die Liberalen. Auf die Verdrängung der Konservativen aus Pom­zuteil werden lassen. In welcher Weise das zu geschehen hat, Bruch mit ihrer Vergangenheit bedeuten. Auch in Zukunft ob nur in Kreisen mit mehr als einem Abgeordneten werden die Nationalliberalen für Ausnahmegeseze zu haben mern, wo fie, mit Ausnahme des einen Stettiner, sämtliche oder, wie es Arons neuerdings wieder angeregt hat, über sein, genau so wie sie heute an erster Stelle im Kampfe für 25 Mandate innehaben, ist, wie die Statistik lehrt, unter die Wahlkreisgrenzen hinaus durch Vermittelung einer Zentral- eine ausnahmegesetzliche Behandlung der Polen   stehen. Auch der Herrschaft des Dreiklassenwahlsystems nicht zu rechnen. in Zukunft werden sie Polizeigesehen à la lex Arons zu- Alle diese Mandate gehören zum sicheren Besitzstand der stelle, das kann borläufig unerörtert bleiben. Für die Nationalliberalen zu stimmen, kann man den stimmen, auch in Zukunft werden fie die Geschäfte des Groß- Konservativen und werden ihnen meist fampflos überlassen. Sozialdemokraten um so weniger zumuten, als sie durch ihr fapitals betreiben und sich um die Intereffen der Arbeiter Im Bezirk Breslau   sind bei der letzten Wahl 18 ganzes Verhalten im Landtage gezeigt haben, daß sie, von nicht fümmern. ganz vereinzelten Ausnahmen abgesehen, nichts weniger als Obwohl ich hiernach das Eintreten der Sozialdemokratie liberal sind. Wo es sich darum dreht, die besonderen Inter  - für Nationalliberale prinzipiell verwerfe, will ich doch unter­essen ihrer Partei oder der von ihnen vertretenen Bevölkerungs- fuchen, ob wir durch die Eisner- Bernsteinsche Taktik die Macht­schichten, vor allem der Großindustriellen, wahrzunehmen, berhältnisse im Abgeordnetenhause, wesentlich verschieben da verstehen sie es, das liberale Rüstzeug aus der können. Ich nehme als Unterlage die amtliche Statistik der Rumpeltammer hervorzuholen, da scheuen sie auch, wie legten Landtagswahlen, nur daß ich zwischen Konservativen 3. B. bei der Kanalvorlage und jetzt wieder bei dem und Freikonservativen nicht unterscheide. Wassergesetz, vor scharfen Auseinandersetzungen mit den Im Bezirk Königsberg  , wo 2 Zentrumsleute und Interessant ist ein Blick auf die Ergebnisse im Bezirk Konservativen nicht zurück, da gibt es ein heftiges Ringen 9 Konservative gewählt sind, waren Gegenkandidaten seitens Liegniß. Hier haben dieselben Nationalliberalen, für zwischen Schlotjunkern und Krautjunkern. Auch gegen das der Fortschrittler nur aufgestellt in Labiau  - Wehlau  , fie deren Unterstützung die Sozialdemokratie mobil gemacht wer­Zentrum haben die Nationalliberalen manch' schöne Attacke brachten es nur auf 66, die Konservativen auf 256 Wahl- den soll, Bündnisse mit den Konservativen gegen die Fort­geritten. Aber man lasse sich doch durch liberale Phrasen von männer. Daß wir mit unseren Wählern, deren Zahl ganze schrittlichen geschlossen. Wir müßten sie also in dem einen Freiheit, staatsbürgerlicher Gleichberechtigung und dergleichen 30 betrug, das Resultat bei der nächsten Wahl beeinflussen Kreise bekämpfen und im Nachbarkreise für sie eintreten.

Kleines feuilleton.

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Konservative und 7 Vertreter des Zentrums gewählt. Ent­weder standen ihnen keine oder nur Zählfandidten gegen­über. Eine Ausnahme macht die Stadt Breslau  , die durch ein Kompromiß zwischen Sozialdemokratie und Liberalen den bereinigten Konservativ- Klerikalen entrissen werden kann. Hier gilt das gleiche, wie für Ober- und Niederbarnim  , West­ havelland   und Teltow  - Beeskow  . Wir haben Anspruch auf ein Mandat und sollten es fordern.

die von hier nach der Piazza Barberina führenden Via Sistina. mit wißigen polemischen Pointen, freilich auch mancher fremden Der alte Modellplatz hat sich aber doch zu behaupten gewußt. Man sentimentalen Butat, zu einem Drama von vier Aften auss ist zunächst erstaunt über zahlreiche Blumenhändlerinnen, gesponnen. Da der von einem geheimnisvollen Fremdling her die sich hier niedergelassen haben. Es sind eben Malermodelle. gestellte Zaubermantel die Eigenschaft befizen soll, daß nur die Künstlermodelle und Modellbörse. Kein Bildhauer, fein Maler den Bergen der Umgegend Roms, von woher auch ihre zu die zur Schau des Meisterstücks geladene Höflingsschar vor Künstlermodelle und Modellbörse. Kein Bildhauer, kein Maler Die meisten dieser echt römischen Schönheiten kommen aus Dummen und die Schlechten ihn nicht erbliden tönnen, wetteifert kann des Modells entbehren: sei dies befeelte oder tote Materie, fei butigen er gert semunene torbe bom ober auch ihre zu die Schaubes es Tier oder Mensch. Das menschliche Modell ist freilich das bevor duftigen Sträußen gewundenen farbenprangenden Blumen stammen. dem leeren Ständer in Verzückungen, und der Herrscher markiert die Freilich scheinen sie doch kein günstiges Los gezogen zu haben. Es nämliche Begeisterung für das Nichts. In diesen Szenen und der zugteste, weil vollendetste unter allen und dennoch wird von feinem Anteil am Bildwerk am wenigsten gesprochen. Sehr au hat sich deshalb in Rom   eine Bereinigung gebildet, die ihre Aufgabe närrisch feierlichen Prozession des in Hemd und Unterhofen stolzie feinem Anteil am Bildwerk am wenigsten gesprochen. Sehr zu darin erblickt, die weiblichen Modelle in Werkstätten zu beschäftigen, renden Gefalbten fulminiert des Stüdes Wirkung. Das sehr ge Unrecht. Es ist doch gar nicht so ausgemacht sicher, daß uns die sie in kleingewerblichen Handfertigkeiten zu unterrichten und ihnen wandte, an drolligen Effekten reiche Spiel der Reime und ein nach Werte berühmter griechischer Meister überliefert wären, wenn ihnen so die Möglichkeit zu geben, ihre dringendsten Lebensbedürfnisse zu allem gepuzten Bathos immer wieder durchklingender Ton von nicht menschliche Borbilder von idealer Körperlichkeit vor Augen ge erschwingen, wann weder Blumenverkaufszeit noch Gelegenheit zum liebenswürdiger Ironie hilft denn auch über die schwächeren Stellen standen hätten. Unserer Gegenwart blieb es vorbehalten, dem bei guter Darstellung leicht hinweg. Die des Schiller- Theaters ver Modell als Arbeiter einige soziale und ökonomische Daseins- Modellstehen vorhanden ist. diente jedenfalls alles Lob. Bäschte war ausgezeichnet in der berechtigung zuzubilligen. Soeben gehen jetzt die Berliner  Rolle des jungen, in selbstherrlichen Verstiegenheiten schwelgenden Künstler daran, behufs Regelung der Modellangelegen­heiten eine förmliche Modellbörse zu eröffnen. Fürften. Von dem übrigen Ensemble sei noch Richard Wirths be Hiermit häbig humoristischer, in den Grafenstand erhobener Storbflechter, der fritt Berlin   in die Reihe jener Städte, die wir als stunt Beremonienmeister Artur Menzels, der ritterliche Omar Alfred zentren bezeichnen. Denn für ausgesprochene Malerstädte, wie Brauns und Frl. Engels plapperhafte, respektlos muntere München  , Paris  , Nom ist. die Modeйbörse längst eine ebenso charakteristische wie alltägliche Straßenerscheinung und daher jedem tita namentlich erwähnt. Die große Voltsszene beim Festzuge Einheimischen bekannt. Was die Berliner   Künstler nunmehr an­zeigte eine treffliche Regie. streben: daß den Modellen Gelegenheit geschaffen werde, sich an ge­wissen Vormittagsstunden den Künstlern vorzustellen und aus An­fchlägen zu erfahren, in welchen Ateliers sie gewünscht werden ist in München   feit langem eingeführt.

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Dort besteht der Brauch, daß sich die Modelle an bestimmten Vormittagen in jeder Woche auf der Freitreppe des Akademie gebäudes beim Siegestor versammeln. Mütter mit pausbädigen, Lodentöpfigen Büppchen, balbwüchfige Mädchen und Burschen, Frauen und Männer bis herab zu Greifinnen und Greisen, werden dort, wie die jeweilige Kunstrichtung es will: als drapierter Proletar der Landstraße, oder leichtfüßiger Gamin, als„ Dame von Stand" oder Dachauer Bäuerin, angetan mit zahllosen Röcken, als siegesfrohe Liebesgöttin oder büßende Magdalena stets des Winkes vorüber­eilender Kunstjünger gewärtig. Eine Art moderner Sflavenmarkt. Das Modellstehen ist unter besonderen Umständen eine lohnende, obzwar anstrengende Beschäftigung. Schöne unverbrauchte Halb­und Ganz- Aktmodelle werden hoch honoriert, ja auf Jahre hinaus fontrattlich verpflichtet. Manchmal wird das Modell sogar von dem Künstler geheiratet. Aber die Mehrzahl führt doch ein Bettler- und Zigeunerleben.

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Welcher Zusammenklang von Kunst und Menschtum! Und doch welche Gegensäßlichkeit! Wer fragt nach dem Schicksal all der Frauen, deren herrliche Leiber wir noch heute in den Werken be­rühmter Künstler bewundern? Vielleicht verlor sich ihr Dasein gleich dem so mancher berühmten Modelle unserer Tage im Kot der Gaffe.

Ein Kulturdokument aus dem Kriege von 1812. Der offizielle patriotische Rummel aus Anlaß der Jahrhundertfeier der Schlacht von Borodino   ist gegenwärtig in Rußland   im vollen Gange. Es dürfte deshalb angebracht sein, folgendes Kulturdokument aus jener Beit zu veröffentlichen, das S. Gorjainow aus dem Geheim­archiv des Ministeriums des Auswärtigen ans Licht gezogen hat. Dieses Dokument lautet:

Bericht des Polizeiministers über die Zahl der Menschen- und Tierkadaver, die in den verschiedenen Gouvernements nach der Vertreibung des Feindes vernichtet wurden: Gouvernement

Kaluga. Moskau  Smolenst. Minst Mohilew

Wilna Belostok Insgesamt Dezember 1812..

Menschenkadaver Biehladaver 2230 7355 56 811 81 664 172 566 128 789 82 857 17 050 12 778 734 230 677

56 851

50 185

92 243 321 480 707

Polizeiminister: A. Balaschow  .

Theater.

Notizen.

dt.

Das Lido Theater. Unter diesem Namen wollen die betriebsamen Venezianer( Fremdenverkehr!) auf ihrer Badeinsel( Lido) ein Festspielhaus nach Bayreuther   Muster gründen. Es sollen darin alljährlich während dreier Monate flassische und moderne Musik­aufführungen geboten werden.

Roald Amundsen  , der Entdecker des Südpols, hält in Berlin   zwei Vorträge über seine Expedition, der erste findet für die Mitglieder der Gesellschaft für Erdkunde   am 9. Oftober in der Universitätsaula statt. Der zweite Vortrag ist öffentlich und wird am 11. Oftober im großen Saal der Philharmonie stattfinden.

- Eisenbahnästhetin. Das Unkraut, das an den Eisen­bahndämmen wächst, und was sonst ästhetische Gemüter beleidigen fönnte, foll in Zukunft ausgerottet werden. Also will es ein Erlaz des Eisenbahngewaltigen. Das ist ja recht nett, wenn auch die typische Eisenbahnflora, die ja Vertreter aus Kanada   und sonstwoher zählt, fich faum fo leicht unterkriegen läßt. Aber sind wirklich im Innern der Verkehrsanstalten( bierte Klaffe, Wartesäle usw.) nicht wichtigere hygienische und ästhetische Aufgaben zu lösen?

Jeder Romreisende ist wohl einmal über den„ spanischen Charlottenburger   Schillertheater: Der Talis Blat" gegangen, wo Pius IX.   durch eine Siegessäule des man, dramatisches Märchen von Ludwig Fulda  . Der Talisman, 8ehn Millionen indische Ehefrauen unter Dogmas von der unbefleckten Empfängnis seinen ersten ver- diese geistreiche, bei ihrem Erscheinen in der ersten Hälfte der 16 Jahren. Die große Volkszählung, die die britische Regierung meintlichen Triumph über den Unglauben der Zeit zu ver- neunziger Jahre besonders aktuelle Eatire auf den großfprecherischen in Indien   vorgenommen hat, ergab die Tatsache, daß es im indischen etvigen bemüht gewesen. Dort bietet sich dem Blick des Unfehlbarkeitsdünkel eines angeblichen Gottesgnadenfönigtums fand, Reiche nicht weniger als 302 000 Mädchen unter 6 Jahren gibt, die Frenden das Bild eines eigenartigen Lebens und Treibens. wie nicht anders zn erwarten, auch in dieser Neuausführung stür verheiratet sind; von diesen find 17 000 Witwen, wobei nach der Denn dies ist der Ort, wo die Ciociarren, nämlich die mischen Applaus. Die alte, aus den Andersenschen Märchen befannte Sitte der Hindus die meisten dazu verurteilt sind, für ihr Leben durch ihre sprichwörtliche Schönheit ausgezeichneten Modelle Sage von dem herrlichen Wunderkleide des Kaisers, das jedermann lang Witwen zu bleiben. Nahezu 2 500 000 Mädchen zwischen 6 und fich zu versammeln pflegen. In den fiebziger Jahren ver- zu sehen behauptet, bis bei einem kaiserlichen Festzuge ein fimples 10 Jahren sind Ehefrauen und 6 500 000 zwischen 10 und 15, so daß wies die Regierung jene malerischen Gestalten von der breiten, herr- Mädchen vor allem Wolfe mit der Wahrheit herausplatzt, der hohe im ganzen nahezu 9500 000 Mädchen unter 15 Jahren in Indien  lichen Marmortreppe, die auf den spanischen Plaz" hinabsteigt, in Herr habe ja gar nichts an, ist hier in ihrem finnbildlichen Gehalt verheiratet find.