Torpcdomaschinistenmaat Koitzsch, Torpedoheizer Büß, Torpcdoinatrose Schulz(Friedrich). Torpedomaschinisten- maat Danzerbring ist nach vergeblichen Wicderbelebungs- versuchen verstorben. Obermatrose Schimmelpfennig hat einen Schenkelbruch erlitten und wurde nach dem Marine- lazarett Wilhelmshaven übergeführt. Manöveropfer. Das diesjährige Manöver in der Bütower Gegend hat zwei Opfer gefordert. Zwei blühende Menschenleben, Soldaten des 141. Infanterie-Regiments in Thorn, fanden, wie es heißt, beim sogenannten Ausschwärmen der Schlitzenlinien ihren Tod im Torf- m o o r des Gutes Petersdorf bei Bütow und sind nach mehreren Tagen als Leichen gefunden worden. Dieser traurige Vorfall zwingt die Frage auf: Ist die Abwesenheit der beiden Soldaten denn nicht bemerkt worden, und was wurde getan, um über deren Verbleib Gewißheit zu erlangen? Es ist doch höchst sonderbar, daß die beiden Unglücklichen im Moor verschwinden konnten und einen langsamen, qualvollen Tod erleiden mußten, ohne daß es jemand bemerkte. Gin konservativer Agitator als Mefferstecher. Der Eigentümer Krause in Soldin fuhr am 25. Januar, dem Wahltage, mit einem Wagen durch die Straßen Soldins, der die Aufschrift trug:„Wählt Amtsgerichtsrat Moltschke!" Darüber waren andere Wähler entrüstet, die dem Krause vorwarfen, er habe seine politische Gesinnung gewechselt. Krause bekam es nun mit der Angst zu tun und ließ sich von der Polizei nach Hause begleiten. Am selben Abend verließ ein im Hause des Krause wohnendes Fräulein ihre Wohnung, um Einkäufe zu besorgen. Als sie zurückkam und Krause im dunklen Hausflur Schritte hörte, glaubte er, daß ein gegnerischer Wähler erschienen sei. um ihn zur Verantwortung zu ziehen, er zog sein Messer und stach blind- lings darauf los. Dem Fräulein wurde durch die Messerstiche die eine Gesichtshälfte fast vollständig aufgeschnitten. Das Schöffen- gericht zu Soldin verurteilte den Krause zu zwei Monaten Ge- fängnis, welche Strafe von der Ferienstrafkammer des Land- gerichts Landsberg a. W. in 209 Ml Geldstrafe umgewandelt wurde. franhreteb. Der Polizeikomnnssar als Waffenlieferant der Insurrektion. Paris , 11. September. (Eig. Ber.) Die Regierung hat gemeint, die von der„Guerre sociale" ans Tageslicht gebrachte Provokationsaffäre des Polizeikommissars Borde durch eine halbe Maßregelung erledigen und begraben zu können. Ein Communiqu6 der Polizeipräsektur gab am Sonnabend be- kannt, daß die voni Ministerium des Innern eingeleitete Untersuchung ergeben habe, �daß Herr Bovde sich nicht der Provokation schuldig gemacht hätte, sondern sich nur unvor- sichtigerweise habe mystifizieren lassen. Auch habe er den Fehler begangen, seine Vorgesetzten von den Unterhandlungen, in die er eingetreten sei, nicht in Kenntnis zu setzen. Aus diesen Ursachen habe ihn Herr Lspine mit einer 14tägigen öchaltsentziehung und mit der Versetzung im dienstlichen Interesse bestraft. Für die bürgerliche Presse war die Angelegenheit mit dieser Verfügung abgetan. Für die gemäßigten Blätter darum, weil sie der Polizei keine Ungelegenheiteni bereiten wollen: fiir die radikalen aber, weil Herr Borde Freimaurer und radikalsozialistischer Parteimann ist. Nun liegt aber auf der Hand, t>aß das Communiqus den Tatsachen ins Gesicht schlägt. Mag man auch zugeben, daß das Zeugnis des unter dem Namen Verneuil auftretenden Provokateurs über die Mitwissenschaft des Chefs des Sächerheitsdepartements nicht ausreicht, so steht doch zweierlei fest, die Waffen liefe- -rungandieCamelotsduRoy und die L i e f e r u n g unter dem Einkaufspreis. Wer hat die Differenz bezahlt? Etwa Herr Borde aus der eigenen Tasche? Und wen will man glauben machen, daß Herr Borde lder provoka- torischen Zwecke der Waffenlieferung sich nicht bewußt war? Soll der Arme gar selbst das Opfer einer Provokation ge- worden sein, die die Revolutionäre diabolisch anzettelten, um die Polizei zu komproniittieren? In Wirklichkeit kann von einer Mystifikation nur in dem Sinne gesprochen werden, daß „Verneuil", wie alle solch«„Informatoren" der Polizei, ein Gauner war und es schließlich profitabler fand, seine Auftrag- geber zu betrügen. Wie nämlich aus weiteren Enthüllungen, die die„Guerre sociale" heute veröffentlicht, hervorgeht, hat Vernenil wohl den Auftrag übernommen, den Royalisten weitere Karabiner zu liefern— die Ueborgabe sollte im Bois Volksversammlung ein. die im Zirkus abgehalten zu einer der schönsten Versammlungen wurde, der ich je beigewohnt. Hier er- lebte ich. daß nach der Versammlung eine Anzahl Arbeiter an mich herantraten und mich wegen des Hohcnsteiner Vorfalles, an dem sie aktiv sich beteiligt hatten, um Verzeihung baten: sie er- klärten, sie begriffen nicht mehr, wie sie sich damals so mißbrauchen lassen konnten. Von jetzt ab kam ich öfter nach Chemnitz , so mit Liebknecht im September 1871, wo wir beide eine kurze Erholungstour nach dem 19. Wahlkreis unternahmen. Zu jener Zeit war Most Re- daktcur der„Chemnitzer Freien Presse", den ich als solchen in Vorschlag gebracht, nachdem sein Vorgänger Bernhard Becker ge- kündigt hatte. Most entfaltete damals eine fulminante Agitation in Chemnitz und Umgegend, auch war er der Urheber des großen Mctallarbeiterstreiks, der wegen gänzlichen Mangels an Mitteln und einer ungenügenden Organisation resultatlos verlief. Ein kleines Intermezzo aus jener Zeit ist mir bis heute in nicht angenehmer Erinnerung geblieben. Liebknecht und ich speisten in einem Gartenlokal zu Mittag und zwar Beefsteak mit Brat- kartoffeln, daS mir aber nicht munden wollte. Liebknecht sah dieses und fo fragte er mich, nachdem wir gespeist, schmunzelnd:„Weißt �u denn was für Fleisch wir gegessen haben?" Ich sah ihn be- troffen an und antwortete fragend:„Es war wohl Pferdefleisch?" Auf seine lachend gegebene Antwort:„Jawohl! begann mein empfindlicher Ddagen zu revoltieren. Der Zweck der Mahlzeit war vereitelt. Dagegen blieb der Alte mobil wie ein Fisch im Wasser. Er hatte einen Magen, der Kieselsteine verdaute. Im-labre 187ö stellten mich die Chemnitzer Genossen als Kan- didat für den Landtag auf; ich nahm die Kandidatur nur unter der Voraussetzung an. nicht gewählt zu werden, denn meme geschatt- lich-n Verhältnisse gestatteten mir nicht, neben einem Reichstags- mandat auch noch ein Landtagsmandat anzunehmen. Und doch wäre es beinahe dazu gekommen. Ich unterlag meinem liberalen Gegner mit 1086 aeaen 1141 Stimmen. Einige Tage vor der Wahl hatte ich in einer aroßen Versammlung eine Disputation mit einem Kaufmann Roth, der die drohende Niederlage seines Parteifreundes verhindern wollte Er wurde von mir jämmerlich zugedeckt. Käme es auf die Redeerfolge im Wahlkampfe an. wir siegten stets. Dieser Wahlkreis wurde übrigens 1383 durch Genossen Wollmar erobert. Eine zweite Disputation mit dem Kaufmann Roth, der an der ersten Niederlage nicht genua hatte, fand anderthalb Jähre spater stn ersten Chemnitzer Wahlkreis statt, woselbst Vahlteich kandidierte, für den ich eintrat, da er im Zwickauer Gefängnis saß. Auch hier holte sich Herr Roth eine gründliche Niederlage. Die soziale Struk- tur dieses Wahlkreises verhinderte indeS bis heute, daß wir ihn er- oberten. de Vincennes stattfinden—, aber diesen Auftrag nicht aus- geführt. Wie er behauptet, infolge von Gewissensbissen, viel wahrscheinlicher aber, weil er die Ware möglichst rasch an den Mann bringen und das Geld behalten« wollte. Fünf Karabiner hat t* so verkauft— die„Guerre sociale" nennt nur einen der Käufer, der guten Glaubens das Geschäft ab- schloß und die Waffe weiterverkaufen wollte. Von den übri- gen sagt die„Guerre sociale", daß sie einem„zweideutigen Milieu" angehören. In welcher Region es zu suchen ist, läßt sich aber wohl aus dem Umstand erschließen, daß„Verneuil" in den« p seud o- a na rchi stis che n Kreisen vorkehrt hat, aus denen sich das Banditentum der Bonnot u. Cie. rekrutierte. Hier fallen wiederum neue Lichter auf den Z u- sammenhang zwischen dem gemeinen 33 er- brechertum und der politischen Polizei, auf den gerade anläßlich'der Banditenaffärs die im April d. I. veröffentlichten Artikel des„Vorwärts" aus Brüssel hin- gewiesen haben. Man braucht nicht alle Kombinationen zu unterschreiben, die Leon Daudet am Sonntag in der „Action Franyaise" vorgebracht hat, wird aber doch nicht den Hinweis Daudets auf die Beziehungen Vernemls zum er- schossenen Sicherheitschef Jouin übersehen können« und den Zweifel, ob die in der Wohnung des Banditen 33alet vor- gefundenen Waffen in der Tat, wie die Polizei behauptet hat, alle aus dem erbrochenen Laden am Boulevard Haußmann stammen, nicht gar so phantastisch finden. Uebrigens hat„Verneuil", wie der Generalsekretär der Camelots du Roy, Herr Plateau, heute in der„Action Franyaise" mitteilt, ihm im Januar d. I. Cordit zum Kauf angeboten, den furchtbaren Sprengstoff, der an Wir- kung das Dynamit wie das Melinit übertrifft. 3Var das auch nur eine harmlose„Mystifikation" zum Schaden eines braven Polizeikommissars? Die Regierung hat ein Mittel, das die Oeffentlichkeit besser überzeugen würde, als Communiiquös: sie braucht nur den S p r e n g st o f f a g e n t e n vor G e- richt zu stellen. Anderenfalls wird es Leute geben, die meinen werden, daß die Polizei seine Aussagen zu scheuen habe. Portugal . Ein spanisch-portugiesisches Abkommen. Lissavo«, 14. September. Spanien und Portugal haben ein Abkommen folgenden Inhaltes getroffen: 1. Alle Führer der Berschivörung zur Wiederher st ellung des König- t u m s sowie die ßauptsächli-b daran Beteiligten sollen aus Spanien ausgewiesen werden. 2. Alle in die Berschivörung Verwickelten und der«panischen Gerichtsbarkeit Unterstehenden sollen vor Gericht ge- stellt werden. 3. Allen, die sich in Spanien bis zum vergangenen Juli gegen das portugiesische Regime verschworen und das An- erbieten nach Brasilien ' auszuwandern angenommen haben oder die in andere Länder ausgewandert sind, soll unter'agt sein, während der nächsten drei Jahre nach Spanien zurückzukehren. 4. Das Ab- kommen soll, um Verschwörungen auch in Zukunft zu verhindern, dauernd und gegenseitig sein. Serbien . Aufhebung des GctreideausfuhrverbotS. Belgrad , 14. September. Das am 6. September er- lassene Ausfuhrverbot für Getreide und Futtermittel ist heute aufgehoben worden. Es bleibt nur das Ausfuhrverbot fiir Kleie weiter in Kraft. Amerika. Das peruanische Parlament zu den Putumayo-Greueln. Lima , 13. September. Die peruanische Deputierteukammer nahm eine jüngst eingebrachte Resolution an, in welcher gegen die Haltung Englands und der Vereinigten Staaten hinsichtlich der Putumayo- Greuel protestiert wird. Die Resolution verlangt ferner Unter- suchung der Angelegenheit und Bestrafung eines jeden, der an den abscheulichen Vorgängen, die in jenen Bezirken vorgekommen sein sollen, schuldig ist._ Hus der Partei. Ein Massenmeeting veranstalten die Chemnitzer Parteigenossen anläßlich veS Parteitages am Sonntag, vormittags 11 Uhr, im Saal und Garten des Volkshauscs. Es sollen sprechen: Reichstagsabg. B r a n t i ng- Stockholm, Marcel Cachin-Paris , Banders missen und de Brouckerc-Belgien , Reichsratsäbg. Sei tz- Wien . Harry Queich - London . E. B u ch i n g e r- Budapest, sowie die deutschen Genossen F ra n k- Mannheim, Liedknecht und Rodert Schmidt. Tragischer verlief meine mehrmalige Anwesenheit in den achtziger Jahren in Chemnitz . Ende Juni 1831 war auf Grund des Sozialistengesetzes der sogenannte kleine Belagerungszustand über Leipzig und Umgegend verhängt worden und neben Liebknecht und anderen war ich einer der ersten, der ausgewiesen wurde. Ich packte Kleider- und Muster- koffer und begab mich zunächst auf die Geschäftsreise nach dem Osten Sachsens und Rordböhmens. Von dort führte mich mein Reiseweg wieder nach Sachsen herein und unter anderem auch nach Chemnitz . Hier hauste zu jener Zeit als Polizeidirektor Herr Sieb- droht, einer der ärgsten Sozialistenfresser, die damals Sachsen in reichlichem Maße besaß. Seine rechte Hand war der Polizeiwacht- meister Bockert, der würdige Gehilfe seines würdigen Chefs. Als ich am Vormittag mein Hotel verlassen hatte, um meinen Geschäften nachzugehen, brach die Polizei in mein Zimmer ein und schleppte meinen Kleidortoffer nach dem Polizeiamt, um denselben nach ver- botencn Schriften und wichtigen Papieren zu durchschnüffeln. Na- türlich vergebens. Gleichzeitig stellte mich auf der Straße ein Schutzmann und führte mich na<h dem Polizeiamt, woselbst nun- mehr auch mein Musterkosfer durchschnüffelt wurde.«Selbstver- ständlich ebenfalls ohne Erfolg. Hier erfuhr ich denn auch das Schicksal meines Reisekofsers, den man mir jetzt zur Verfügung stellte. Ich protestierte gegen den verübten Gewaltakt und ver- langte, daß die Polizei den Koffer an dieselbe Stelle bringe, von loo sie ihn widerrechtlich geholt. Anfangs sträubte man sich, als ich aber den Herren klar machte, daß sie im Widerspruch mit dem Gesetz gehandelt hätten und ich den Beschwerdeweg betreten würde, fügten sie sich. Derglenhen Gewaltakte waren zu jener Zeit in Chemnitz unter dem Regiment Siebdrnht-Beckert fast etwas Alltägliches. Vier Jahre später war Chemnitz aufs neue der Schauplatz einer Haupt- und Staatsaktion, die wider mich und eine Anzahl Genossen in Szene gesetzt wurde. Die Genossen Auer, Dietz, Frohme, Heinzel-Kiel, Müller-Darmstadt. Ulrich, Viereck, Wollmar und ich warei. auf der Reise vom Kopenhagener Parteikongreß— Ende März 1883— an verschiedenen Orten Holsteins polizeilich attrapiert worden und sollten jetzt den Lohn für unsere schlimmen Taten empfangen. Ein Versuch, uns einen Hochverratsprozeß an den Hals zu hängen, mißglückte. Das Reichsgericht lehnte die Er- Hebung einer Anklage ab. Dasselbe Schicksal hatte der Versuch bei dem Leipziger Landgericht, eine Anklage aus§ 129 des Strafgesetz- buchcr herbeizuführen, da ich damals im Sprengel desselben, in Borsdorf bei Leipzig , wohnte. Der sächsische Justizminister Abelen aber gab das Spiel nicht verloren. Er bohrte jetzt bei dem Land- geticht in Chemnitz an, in dessen Sprengel damals Vellmar , und zwar in Mittweida , wohnte, um sein Mandat zum sächsischen Land- DaS Strafverfahren gegen die„Propaganbä" verjährt. Rom , 12. Septem&er.(Eig. Ber.) Der mit soviel Spannung erwartete Prozeß gegen die Neapolitaner„Propaganda" un!d gegen den Obersten Martini wogen Verächtlichmachung des Heeres hat am ersten Verhandlungstage ein Ende gefunden, Weil«das Gericht die strafbare Handlung für verjährt erklärt hat. Die betreffenden Artikel sind in der Tat vor länger als drei Monaten erschienen, aber trotzdem ist die Verjährung sehr zweifelhaft,«da sie durch ver- schiedene gerichtliche Akte, ja schon ollein durch die Vorladung des Obersten Martini, dessen Name erst in diesen letzten Wochen bekannt gewovden ist, unterbrochen wurde. Die Regierung hat offenbar den Prozeß nicht gewünscht, um die zu befürchtenden aniimilita- ristischen Demonstrationen zu verhüten. Die Ovation, mit der der unter dem Namen Sylva Viviani bekannte Oberst Martini auf. genommen wurde, versprach in der Tat nicht viel Gutes, ebenso- wenig die Rufe:„Nieder der Krieg!", mit denen das Publikum nach der Entscheidung des Gerichts auseinanderging. Interessant ist, daß bei dem Prozeß Fräulein Therese Labriola durch Gerichtsbeschluß als Verteidigerin zugelassen wurde, obwohl der Oberstaatsanwalt den Standpunkt vertrat, daß die von der römischen Oberstaatsanwaltschaft gegen die Eintragung in die Advokatenliste erhobene Einsprache das Recht, als Verteidigerin zu wirken, aufhöbe. Im ganzen belief sich die Zahl der Ver- teidiger auf 49. Unter diesen befanden sich auch die Abgeordneten C i c c o t t i und B i s s o l a t i._ Jugendbewegung. Arbeiter-Jugend. Aus dem Inhalt der soeben erschienenen Nr.� 19 des 4. Jahr- gangeS heben wir hervor: Der Reichstag der deutschen Arbeiter.— Kartelle und Trusts. Von Gustav Eckstein. — Jugenderinnerungen eines Arbeiters. Von Albert Rudolph.— Gehirn und Rückenmark (mit Abbildungen). Von A. Lipschütz.— Das„ungeschickte Fleisch". Von A. Ouist.— Die Gegner an der Arbeit. — Aus der Jugendbewegung usw. Beilage: Schiffe, die nachts sich begegnen. Erzählung von I. W. Nylander.— Der Kran. Gedicht von Hammersdorff.— Heinrich von Kleist.— Ausgräbungen(mit Abbildungen).— Die Spanier in Peru (Schluß). Von A. Conrady.— Vortragstechnik. Von E. Hahnewald.— Klick, Klick! Erzählung von E. Rosen, 8o2iales. Ein moderner barmherziger Samariter. Auf unsere Notiz in Nr. 292 sind uns eine Reihe von Zu- schriften zugegangen, die erkennen lassen, daß der von uns geschilderte Fall nicht allein dasteht. Dr. F. hat in größerer Anzahl Klagen von Kassenmitgliedern gegen die Kassen ohne deren Wissen führen lassen, nachdem er sich in ähnliiher Weise wie in dem von uns ge- schilderten Fall von ihnen eine Prozeßvollmacht verschafft hotte. Damit nicht andere Aerzte mit Dr. F. verwechselt werden, teilen wir seinen Namen mit. Es ist Dr. Bernhard Friedenheim, Kott- buser Ufer 39/49(Ambulatorium: Frankfurter Allee 142). Sein ständiger Prozeßvertveter und Anwalt der Kassenmitglicder, die nicht wußten, daß sie eine Klagevollmacht erteilt hatten, ist Rechts- anwalt Dr. Berg._ Zur Lage der Krankenpfleger. Nach einer in bürgerlichen Blättern verbreiteten Notiz haben statistische Erhebungen des Reichsgesundheitsamtes über die Zu- stände im Krankenpflegeberuf stattgefunden. Diese ließen die Lage im Pflegeberuf als eine sehr gute erkennen. Vou wo das Material zu dieser Statistik zusammengetragen ist, war nicht bemerkt, ver- mutlich von Anstaltsbesitzern, die die Lage ihrer Angestellten on» s beste schildern. Die Herren vom Gesundheitsamt sollten doch mal beim Pflegepersonal Material zu ihrer Erhebung sammeln, es würde da ein ganz anderes Bild herausschauen. Dann würde die Lage im Krankenpflegeberuf nicht als sehr gut, sondern als sehr reformbedürftig sich offenbaren. Das Pflegepersonal hat durchweg von morgens 6 bis abends 9 Uhr ununterbrochen, abzüglich einiger Minuten zum Einnehmen der Mahlzeiten, also täglich 15 Stunden Dienst zu tun. Und wie oft mutz das Personal noch des Nachts aufstehen, oder es mutz im Zimmer unruhiger Kranken schlafen, wo an Schlaf wenig zu denken ist, und am Tage doch wieder 15 Stunden lang tätig sein. Die Länge der Arbeitszeit ist nicht die einzige Klage des Personals. So klagt ein Teil des Kranken- Pflegepersonals darüber, daß es sich unter der Wasserleitung waschen und in einer von Wanzen verseuchten Dachkammer schlafen muß. All das scheint dem Reichsgesundheitsamt entgangen zu sein. Die Besitzer der Anstalten haben natürlich das größte Interesse daran, so wenig wie möglich Personal gegen geringes Entgelt zu beschäf- tigen.— Auch im Interesse der armen Kranken ist eS dringend erforderlich, daß die Lage im Krankenpflegeberuf so geregelt wird, daß das Personal sagen kann, unsere Lage ist gut. Die Angehörigen der Kranken haben das Recht, zu verlangen, daß ihre Kranken den Händen eines zufriedenen und opferfrsudigen Personals an- vertraut werden. Eine Veröffentlichung der Materialien des kaiserlichen Gesundheitsamts wäre sehr am Platze, damit die Zu- stände, wie sie sind, statt des irrigen Urteils über die gute Lage des Pflegepersonals zur allgemeineren Kenntnis kommen. tag ausüben zu können. Diesesmal gelang der Versuch. So rück- ten wir Sünder mit Ausnahme von Vollmar und Viereck, die sich wegen Krankheit entschuldigt hatten, im Sommer 1885 in Chemnitz ein und zierten einige Tage die Anklagebank des Chemnitzer Land- gerichts. Auer und ich wurden von den Angeklagten auserwählt, um als erste die Anklagen des Staatsanwalts zu beantworten. Die Rechtsanwälte Otto Frehtag-Leipzig und Munkel-Berlin standen uns als Verteidiger zur Seite. Der Prozeß verlief vorzüglich. Die Fällung des Urteils wurde vertagt. Wir angeklagten Verbrecher waren im Bewußtsein unserer Unschuld in sehr heiterer Stimmung und wanderten uach Schluß der Verhandlungen in ein Gartenlokal nach Schloßchemnitz. woselbst ich unter Anleitung von Freund Dietz an einer lustigen Kegelpartei teilnahm. Ich befolgte die Anweisun- gen von Freund Dietz so gewissenhaft, daß die Corona mehr als einmal darüber„paff" war. daß ich die Kegel so fein zum Purzeln brachte. Unsere gute Prozeßstimmung war gerechtfertigt. Als in der Woche nach dem Prozeß das Gericht das Urteil verkündete. lautete es auf Freisprechung. Scheinbar waren wir schön heraus, aber«er Justizminister hatte uns den Untergang geschworen. Auf sein Betreiben mußte die Chemnitzer Staatsanwaltschaft — vertreten durch Oberstaats- anwalt Schwabe— die Nichtigkeitsbeschwerde beim Reichsgericht einlegen, und stehe da, das Reichsgericht akzeptierte die im sächsi- «chen Justizministerium ausgebrütete Interpretation, wonach eine ungesetzliche Verbindung(§ 129 des R.-Str.-G.) auch dann vorluden sei, wenn keine eigentliche Organisation bestehe, wohl aber sogenannte konkludente Handlungen eine Verbindung als gegeben annehmen ließen. Der Prozeß wurde bekanntlich nunmehr ans Fre, berger Landgericht verwiesen, das im Sinne der reichsgericht - lichen Interpretation entschied. Auer, Frohme, Ulrich, Viereck, Vollmar und ich erhielten neun, Dietz, Müller und Heinzel sechs Monate Staatsquartier. Herr Abelen hatte gesiegt. _ Seit jener Zeit habe ich zwar Chemnitz aus den verschiedensten Ursachen mehrfach besucht und namentlich gern mit den alten Kämpen unter dem Sozialistengesetz fröhliche Erinnerungen aus» getauscht, aber es passierte nichts, was für die weitere Oeffentlich- keit von besonderem Interesse wäre. Chemnitz rst eine alte Burg, um deren Besitz die Parteien jahrzehntelang, heftig kämpften, aber seit längerer Zeit gehört sie zu dem unentreißbaren Besitz unserer Partei und daß ich dazu ein wenig mitgeholfen habe, uns diesen Besitz zu sichern, ist meine schönste Erinnerung an Chemnitz . (Aus der überaus reichhaltigen Festnummer der Chemnitzer „Volksstimme".)
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