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»a.-!»m 1 gciimt ilks Jotmürfs" fttlinn MsM Der Gewaltakt im preußiseben jlbgeordnetenhause oor Gerieht Der Gewaltakt, den der verstorbene Präsident deS preußischen Abgeordnetenhauses Freiherr v. Erffa mit polizeilicher Hilfe gegen die sozialdemokratischen Abgeordneten Julian Borchardt und Robert Leinert verübt hat, wurde gestern vor der ersten Strafkammer des Landgerichts I eingehend untersucht. Es handelt sich um den bekannten Borgang, der sich am 9. Mai im Abgeordnetenhause abspielte. Während der nationalliberale Abgeordnete Schifferer sprach, standen Abgeordnete verschiedener Parleien vor der Rednertribüne. Borchardt machte zu den Aus- führungen Schifferers mehrmals Zwischenrufe, die sich durchaus im Rahmen des parlamentarisch Zulässigen hielten. Der Präsident der- langte, Borchardt solle Zwischenrufe nicht vor der Tribüne, sondern nur von seinem Platz aus machen. Schließlich verlangte der Prä- sident, als er wieder einen Zwischenruf aus Borchardts Munde ge- hört zu haben glaubte. Borchardt solle sich auf seinen Platz begeben, widrigenfalls werde er, der Präsident, von der ihm durch die Ge- schästsordnung erteilten Befugnis Gebrauch machen. Borchardt folgte jedoch der Anordnung des Präsidenten nicht. Darauf brachte der Präsident die Bestimmungen des§ 64 der Geschäftsordnung, den sogenannten Hausknechtsparagraphen zur Anwendung. Der Präsident erklärte, Borchardt sei, weil er den präsidialen Anweisungen nicht Folge geleistet habe, für den Rest der Sitzung ausgeschlossen und habe den Saal zu verlassen. Die Rechtmäßigkeit dieser Bestimmung der Geschäftsordnung ist von uns von Anfang an bestritten worden. Deshalb leistete Borchardt der Aufforderung des Präsidenten nicht Folge. Der Präsident vertagte die Sitzung, ließ den Polizei- leutnant Kolb holen und erteilte ihm den Auf- trag, den Abgeordneten Borchardt, nötigenfalls mit Gewalt, aus dem Sitzungssaale zu ent- fernen. Als der Polizeileutnant erschien, saß Borchardt auf dem Platz de? Abgeordnelen Slröbel. Ihm zu beiden Seiten saßen die Ab- geordneten Leinert und Hoffinann. Polizeileutnant Kolb ersuchte den Genossen Borchardt, den Saal zu verlassen. Borchardt tat das nicht, sondern berief sich auf die§ß 105 und 106 des Strafgesetz­buches. welche jeden mit Zuchthaus bedrohen, der einen Abge- ordneten hindert, an den Verhandlungen des Parlaments teil- zunehmen. Doch der Polizeileutnant kehrte sich nicht an die Bestimmungen deS Strafgesetzbuches. Für ihn existierte nur die An- ordnung des Präsidenten. Er rief vier Schutzleute herein, um den Abgeordneten Borchardt mit Gewalt aus dem Saale zu entfernen. Aber die Polizeibeamten konnten nicht an Borchardt heran, weil Leinert neben ihm saß. Polizeileutnant Kolb forderte nun den Abgeo'rdneten Leinert auf, seinen Platz zu verlassen. Leinert, im Bewußtsein seines guten Rechts, weigerte sich, der rechtswidrigen Aufforderung Folge zu leisten. Er war deshalb das erste Opfer polizeilicher Gewalt- tätigleit. Unter heftigem Sträuben wurde Leinert von mehreren Schutzleuten von seinem Platz gezerrt und nach den Ministerbänken geschleppt. Hier ließen ihn die Schutzleute auf Befehl ihres Leutnants los und machten sich über Borchardt her. Auch dieser wurde unter heftigem Widerstand von den vier Schutzleuten aus dem Saale gebracht. Darauf nahm die Sitzung ihren Fortgang. Bald erschien Borchardt' wieder im Saal, er wurde nach kurzer Zeit wieder vom Präsidenten aufgefordert, den Saal zu verlassen. und als er es nicht tat, zum zweiten Male von den Polizeibeamten hinausgebracht und ain Wiedererscheinen im Saale gehindert. Das ist der Vorgang, der zur Anklage gegen Borchardt und Leinert geführt hat. Borchardt soll sich des Haus- friedensbruchs schuldig gemacht haben, indem er dem Ver- langen des Präsidenten, den Saal zu verlassen, nicht Folge leistete. Außerdem sind Borchardt und Leinert des Wider- standes gegen die Staatsgewalt angeklagt, weil sie den Polizeibeamten, die widerrechtlich gegen sie vorgingen, Wider- stand geleistet haben. Vernehmung der Angeklagte». Die Gerichtsverhandlung begann mit der Verlesung des steno - graphischen Berichts der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 9. Mai. Dann erhielt Borchardt das Wort, um sich auf die Anklage zu äußern. Borchardt sagte: Es liegt mir daran, die Legende zu zerstören, als ob ich den ganzen Vorgang provoziert und die Situation so zugespitzi hätte, daß es zu meiner Ausweisung kommen mußte. Das ist nicht der Fall. Als ich am 9. Mai in die Sitzung kam, wurde mir ge- sagt, der Abgeordnete Schifferer habe schon nach mir gefragt, weil er auf die Ausführungen antworten wolle, die ich am Tage vorher zu demselben Gegenstand der Verhandlung gemacht hatte. Als ich diese Mitteilung erhalten hatte, ging ich nicht erst auf meinen Platz. sondern stellte mich vor der Rednertribülie auf, weil ich von einer anderen Stelle aus die Rede Schifferers überhaupt nicht hören konnte. Der Abgeordnete Schifferer wandte sich in seiner Rede direkt an mich, was mir zu Zwischenrufen Veranlassung gab. Da kam der Befehl des Präsidenten, von dieser Stelle aus sollten keine Zivischenrufe gemacht werden. Meiner Meinung nach hat der Präsident zu einer solchen Anordnung gar kein Recht. Ich habe auch seinen Befehl nicht so aufgefaßt, als wenn ein Lehrer zu einem Schuljungen sagt: Setze dich auf deinen Platz und halte den Mund. Ich habe es so aufgefaßt, daß der Präsident nur verlangen wollte, der Redner solle nicht gestört werden. Deshalb habe ich von diesem Augenblick an keine Zwischenrufe niehr gemacht, abgesehen von einigen dem Redner an gewissen Stellen zustiinmenden Bemer- kungen. Da wiederholte der Präsident seine Bitte, vor der Tribüne keine Zwischenrufe zu machen. Von dem Moment an unterließ ich auch die zustimmenden Bemerkungen. Mit vollem Bewußtsein und voller Absicht habe ich jeden Zwischenruf unterlassen, weil ich es wegen einer solchen unbedeutenden Angelegenheit nicht zum Konflikt kommen lassen wollte. Doch der Präsident redete mich wieder an und zwar in einer Weise, die ich für ungehörig halte. Da sagte ich: da hinten kann ich ja nicht mal den Präsidenten verstehen. Darauf erwiderte der Präsident, wenn ich nicht auf meinen Platz gehe, werde er von den ihm zu Gebote stehenden Mitteln der Geschäfts- ordnung Gebrauch machen. Diese Drohung erschien mir ganz uner- hört, denn die ganze Angelegenheit war doch nur eine Bagatelle. Ich rief allerdings dem Präsidenten zu:»Lassen Sie doch den Leutnant kommen." Das habe ich aber so gemeint: Äas machen Sie für ein Aufhebens von dieser Bagatelle, das sieht ja gerade so aus, als wollten Sie den Leutnant kommen laffen. Obgleich mich der Abg. Schifferer persönlich ansprach, habe ich vermieden, ihm zu antworten. Aber andere von den vor der Tribüne Stehenden machten Zwischenrufe. Da fuhr mich der Präsident an:»Ich warne Sie jetzt zum letztenmal". Ich entgegnete:Sie warnen bloß immer uns". Nun forderte mich der Präsident auf, den Saal zu ver- lassen, da er mich für den Rest der Sitzung ausschließe. Während es sich bis dahin nur um meine Person handelte, war die Sachlage durch meinen Ausschluß eine andere geworden. Hätte ich annehmen können, der Präsident würde die Sache aus die Spitze treiben, dann wäre ich auf meinen Platz gegangen. Nach der Aus- Weisung aber war die Sache aus einer persönlichen Angelegenheit zu einer Sache des Prinzips geworden. Sie mußte zum Austrag gebracht werden. Nach unserer Auffassung hat niemand anders als die Wähler zu entscheiden, ob ein Abgeordneter ins Haus gehört oder nicht. Wir halten die Ausweisung für einen Gewaltakt, der dem Gesetz und der Verfassung widerspricht. Daß diese Ausfassung richtig ist, mußte vor aller Welt nachgewiesen werden. Das ist der Grund, weshalb ich nach der Ausweisung wieder in den Saal ging: Es war meine Pflicht, mit allen Mitteln gegen den Gewaltakt zu protestieren. Ich mußte probieren, ob dem ersten Verbrechen meiner gewaltsamen Entfernung aus dem Sitzungssaal das zweite folgen würde, näm- lich meine gewaltsame Verhinderung am Wiedereintritt in'den Sitzungssaal. Als ich in den Saal zurückkehrte, hat mich der Prä- sident sofort gesehen. Er hat den Versuch gemacht, die Sache in der einzig würdigen Form zu erledigen: Er hat mich ignoriert. Aber Herr v. Pappenheim , ein Führer der Konservativen, sprach mit dem Präsidenten. Der verfügte dann meine zweite Entfernung und die Verhinderung meines Wiedereintritts in den Saal. Das ist von Bedeutung für die Frage, wer Schuld an der Sache hat und wer provoziert hat. Auf Ersuchen'des Vorsitzenden schildert Borchardt die Vorgänge vom Erscheinen des Polizeileutnants an noch genauer. Auf Be- fragen erklärt er, ex habe sich absichtlich auf den Platz Ströbels zwischen Hofsmann und Leinert gesetzt, um seine gewaltsame Ent- sernung zu erschweren oder möglichst zu verhindern,'denn er halte sowohl die Anordnung des Präsidenten wie das Vorgehen der Polizeibeamten für ungesetzlich. Er habe beide male seiner Ent- fernung durch die Polizei nach Kräften Widerstand geleistet, und zwar mit voller Absicht. Der Vorsitzende wendet sich nunmehr zu dem Angeklagten Leinert. Vors: Sie saßen neben Herrn Borchardt? Leinert: Ich habe mich auf Anweisung des Präsidenten� die Abgeordneten möchten ihre Plätze einnehmen, auf meinen Platz gesetzt. Dann kam der Polizeileutnant vom Präsidenten her auf meinen Platz zu und legte Herrn Borchardt das Schriftstück vor und forderte ihn auf, hinauszugehen. Vors.: Haben Sie das Schriftstück auch ge- sehen? Leinert: Wir haben es beide zusammen gelesen. Darquf sagte der Polizeileutnant, ich solle ihm Platz machen. Ich sagte:Nein!" Darauf erklärte der Leutnant:Wenn Sie nicht freiwillig Platz machen, muß ich Sie hinausbringen lassen!" Ich bin sitzen geblieben. Darauf gab er den Schutzleuten Befehl, mich zu entfernen. Ich habe mich gewehrt. Als die Schutzleute mich wegzogen, sagte der Leutnant:Lassen Sie diesen Mann los und nehmen sie Borchardt!" Wenn ich mich nicht festgehalten hätte, dann würden sie mich auch hinausbefördert haben. Vors.: Sie hatten doch Kenntnis, daß Borchardt entfernt werden sollte? Leinert: Ja! Vors.: Ist Ihnen nicht zum Bewußtsein ge- kommen, daß Sie die Sache erschwerten? Leinert: Gewiß, aber der Polizeileutnant hatte doch nur den Auftrag, Borchardt aus dem Saale entfernen zu'lassen. Ich'habe keine Verpflichtung, dem Befehle eines Polizeileutnants im SitzungSsaale nachzukommen. Vors.: Sie hatten doch aber die Anordnung des Präsidenten ge- hört? Leinert: Die richtete sich doch aber nur gegen Borchardt. Vors.: Aber um sie ausführen zu können, mutzte er Sie bitten, Platz zu machen. Leinert: Nein, der Polizeileutnant mußte zum Präsidenten gehen, ihm sagen, daß ich dort sitze, und der Prä- sident hätte mich dann auffordern müssen. Vors.: Die einzelnen Handlungen des Polizeileutnants konnte der Präsident doch natür- lich genau verfolgen? Leinert: Der Präsident hat aber das Vorgehen gegen mich nicht gebilligt; er hat selbst gesagt: Herr Abgeordneter Leinert, ich habe dem Polizeileutnant den Auftrag, Sie zu entfernen, nicht erteilt! Vors.: Das ist richtig! Ich, möchte aber Ihre Ansicht hören. Sie wußten,'daß Borchardt fort- geschafft werden sollte. Nun bittet Sie der Leutnant aufzustehen, und da sagen Sienein". Da der Präsident aber den Vorgang im Sitzungssaale verfolgte, hatte er nichts dagegen, wenn Sie entfernt würden, damit die Polizisten zu Borchardt kommen konnten, denn sonst würde er dagegen Einspruch erhoben haben. Leinert: Hiergegen habe ich mich gewehrt. Der Polizeileutnant hatte über- Haupt kein Recht, mit mir zu sprechen. Ich war als Slbgeordneter für ihn überhaupt nicht da. Mir hätte nur der Präsident etwas sagen können: Der gewaltsamen Entfernung von meinem Platze habe ich körperlichen Widerstand entgegengesetzt. Vorsitzender Landgerichtsdirektor Schmidt: Sie wissen doch, daß Ihre Partei gegen die Verschärfung der Geschäftsordnungs- bestimmung remonstriert hatte. Angekl. Leinert: jawohl! Angekl. Borchardt: Das habe ich natürlich gewußt, weil ich überzeugt war, daß diese Bestimmung nur gegen meine Partei gemacht wurde. Vors.: Das kann man doch nicht sagen! Angekl. Borchardt: Gegen andere, die wirk- lichen Radau verübt haben, ist sie nicht angewandt worden. Vors.: Die Bestimmung gilt doch aber für alle Parteien. Angekl. Borchardt: Nein, nein, nein! Ich bin bereit, den Nach- weis zu führen, daß andere Abgeordneten viel schlimmere Verstöße sich zuschulden kommen ließen, ohne daß gegen sie vorgegangen wurde. Vors.: Sie meinen wieder Herrn v. Pappenheim ! Angekl. Borchardt: Nein, noch andere. Rechtsanwalt Heine: Auch der Angeklagte Leinert ist überzeugt? gewesen von der Un- gültigkeit der Geschästsordniungsbestimmung. Es wird dann in die Beweisaufnahme eingetreten. Als erster Zeuge wird P o l i z e i l e u t n a n t Kolb vom 36. Polizeirevier vernommen, der die Entfernung der Abge- ordneten mit seinen Beamten durchgeführt hat. Der Zeuge schildert die gewaltsame Entfernung der Abgg. Borchardt und Leinert in derselben Weise wie die Angeklagten. Leinert sei nicht aus dem Saale , sondern nur von seinem Platze entfernt worden. Als Abg. Borchardt aus dem Saale herausgebracht worden ivar, sagte er: «Rät lluo kann ich wohl wieder hineingehen!" Da ich nn.r den Auftrag hatte nach meiner Instruktion, den Abgeordneten Otts dem Saale zu entfernen, so hatte ich nichts dagegen einzuwenden. Als ich dann gehen wollte, ersuchte mich der Präsident, noch zu bleiben, und ich bekam dann beim zweiten Mal die Instruktion, nicht nur den Abg. Borchardt aus dem Saale wieder zu entfernen, sondern auch seinen Wiedereintritt zu verhindern. B o r f.: Sie hatten die Instruktion, ein für alle Make einem derartigen Ersuchen des Präsidenten des Abgeordnetenhauses auf Entfernung eines Abgeordneten Folge zu leisten? Zeuge: Jawohl. Die Maßregeln zur Durchführung hatte ich selbständig und unter eigener Verantwortung zu treffen. Das ging aus einem Schriftwechsel des Herrn Polizeipräsidenten mit dem Herrn Mi- nister des Innern hervor.- Vors.: Haben Sie, als Sie zu der Entfernung des Abg. Borchardt schritten, sich vorher pflichtmäßig geprüft, ob Sie ein Recht zu der gewaltsamen Entfernung hatten und diese das einzige Mittel war, um der Weisung des Präsidenten nachzukommen? Zeuge: Jawohl! Heber die Einzelheiten der gewaltsamen Entfernung der beiden Angeklagten werden hierauf die beteiligten Schutzleute kurz ver- nvmmen. Aus die weitere Beweisaufnahme wird all- seitig verzichtet. Vors.: Es ist mir aufgefallen, daß nach dem Stenogramm der Abg. Hoffmann auch geäußert hat: Sie wissen ganz genau, daß schon ftüher darauf hingewiesen worden, daß die sozialdemokratische Partei eine gerichtliche Entscheidung herbeiführen wolle. Bei der Beratung über die Verschärfung war ja seitens der sozialdemo- kratischen Partei auch darauf hingewiesen, daß ein solches Verfahren gegen einen Abgeordneten gesetzlich unzulässig sei und dem Gericht eine Nachprüfung dieser Frage vorbehalten werden müsse. Damit steht Ihre Angabe, Herr Borchardt, daß es nicht beabsichtigt war, einen Eklat herbeizuführen, doch scheinbar im Widerspruch. Borchardt: Ich kann nur füx meine Person sprechen und ich wiederhole, daß ich für meine Person an jenem Tage nicht die Ab- ficht gehabt habe, die Sache auf die Spitze zu treiben. Dazu war der Anlaß viel zu kleinlich. Rechtsanwalt Heine: Der Angekl. Borchardt hat vorhin ausdrücklich gesagt, daß erst von dem Mo- ment, wo der Präsident ihn hinauswerfen ließ, sich die Si- tuatwn für ihn geändert hatte. Rechtsanwalt Haase: Ist es richtig, daß in der sozialdemokratischen Fraktion davon gesprochen worden, daß man alles tun wolle, um Konflikte zu vermeiden, aber, wenn es doch zu Konflikten auf Grund der verschärften Geschäftsordnung kam- men sollte, eine gerichtliche Entscheidung her- beigeführt werden müsse? Angekl. Leinert: Ja, wenn wir die Absicht gehabt hätte», zu einem Konflikt es kommen zu lassen, würden wir doch sicher alle zur Stelle gewesen sein; wir waren aber nur zu drei Personen anwesend. Anzeige gegen die Polizei. Oberstaatsanwalt Preuß: Es ist allgemein bekannt, daß die Herren Angeklagten ihrerseits eine Anzeige gegen die Polizeibeamten aus den§§ 105 und 106 des Strafgesetzbuchs ein­gereicht haben, daß ich das Verfahren eingestellt habe, und daß eine darauf eingelegte Beschwerde auch vom Generalstaatsanwalt zurück- gewiesen ist. Nun hatte den Angeklagten das Recht zugestanden. auf Grund des§ 170 der Strafprozeßordnung eine gerichtpiche Ent- scheidung des Strafsenats des Kammergerichts herbeizuführen. Aus welchem Grunde haben die Angeklagten dies unterlassen? Vo r s.: Es werden die Akten vorgelegt gegenKolb und Genossen" wegen Verbrechens gegen die 88 105, 106 des Strafgesetzbuchs. Die An­zeige haben Sie, Herr Borchardt, und Sie, Herr Leinert, erstattet. Das eingeleitete Verfahren ist von der Staatsanwaltschaft I wieder eingestellt worden. Ist dagegen Ihrerseits Beschwerde erhoben?! Borchardt: Nein! Vors.: Wollen Sie die Frage des Herrn Oberstaatsanwalts beantworten? Borchardt: Ja. Ich habe die Sache auf Anraten meiner Verteidiger nicht weiter verfolgt. Leinert: Von mir aus demselben Grunde! Rechtsanwalt Wolf- gang Heine: Inzwischen war die Anklage erhoben und wir hatten ja hier Gelegenheit, den ganzen Komplex von Rechtsfragen in mündlicher Verhandlung und mit oberster Instanz des Reichs- gerichts zu verhandeln. Dies ist uns angenehmer. Polizei­leutnant Kolb erklärt auf weitere Fragen deS Vorsitzenden: Auf Grund einer Vereinbarung des Ministers des Innern mit dem Polizeipräsidenten� sei dieser berechtigt gewesen, in solchen Fällen sich direkt an den Polizeileutna�it mit der Instruktion zu wendenj. Aus dem Briefwechsel zwischen dem Polizeipräsidenten und dem Minister gehe auch nicht hervor, daß der Minister die Verhinderung des Wiedereintritts eines ausgewiesenen Abgeord- neten durch Polizeigewalt für unzulässig halte. Hierauf wurde die Beweisaufnahme geschlossen Oberstaatsanwalt P r e u ß: So ruhig wie die Ver­handlung stattgefunden hat. so ruhig gedenke ich zu plädieren und alle politischen und parteipolitischen Gesichtspunkte wegzulassen. Ich behandle einfach die rechtliche Seite. Zwei Fragen stehen zur Erörterung: Hat sich der Angeklagte Borchardt des HauS- friedensbruchs dadurch schuldig gemacht, daß er der Anord- nung des Präsidenten des Abgeordnetenhauses zuwider im Saale geblieben ist und nach seiner Entfernung aus dem Sitzungssaal diesen widerrechtlich betreten hat? Und zweitens: Haben die Herren Angeklagten sich des Widerstandes gegen die Staats- gewalt dadurch schuldig gemacht, daß sie den Polizeibeamten, die zur zwangsweisen Durchführung der Ausweisung zugezogen waren, Widerstand geleistet haben? Es kann nicht Sache des Gerichts sein, nachzuprüfen, ob die vom Präsidenten Freiherrn v. Erffa angeord- neten Maßnahmen zweckmäßig waren oder nicht. Es kommt ledig- lich darauf an, ob die Bestimmmigen, auf Grund welcher die Aus- Weisung vorgenommen worden ist, gesetzlich zulässig waren oder nicht. Das hing davon ab. ob diese Bestimmungen mit irgend einer Bestimmung der Verfassung oder, wie ich den Angeklagten und Verteidigern konzedieren will, mit irgend einem Gesetz in Widerspruch stehen oder nicht. 8 04 ist gesetzlich zulässig und erlaubt. Unter den Juristen, die bei der Beratung der Verschärfung des 8 64 als Gegner auftraten, befanden sich insbesondere die Herren Geheimer Justizrat Albert Traeger und Landgerichts- direktor Boisly, welche außer den politischen Gesichtspunkten auch rechtliche Gesichtspunkte vorbrachten und danach 8 64 für unzulässig und gesetzlich unmöglich erachteten. Beide Herren sind auf die Entstehungsgeschichte des 8 04 eingegangen und auf seinen Zusammenhang mit der Verfassung, aber etwas kurz: Herr Traeger sagte einfach: Das, was die Verfassungskommission ttöP Zcchre 1849 iberajea Hqfic, sei für die gütige Zeit ixzerhehljch,