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Hus der Partei. Parteiqenoffen! Die Konstituierung des P.?rteivorstandes ist erfolgt. Die Adresse des Parteivorstandes ist wie bisher: Wilhelm Pfannkuch . Berlin SW. 68, Linden st raße 3. An diese Adresse sind sämtliche für den Parteivorstand bestimmten Zuschriften, auch die betr. die Frauen- agitation, zu richten. Alle Geldsendungen sind nur an den Parteikassierer O. Braun, Berlin LV. 68, Linden st raße 3 zu richten.(Postscheckkonto Nr. 7918 A. Gerisch, F. Ebert, O. Braun, Berlin . Lindenstratze 3.) Die Adresse des Bildungsausschusses lautet wie bisher: H. Schulz, Berlin SW. 68, L i n d e n st r. 3. Zur Kontrolle des Parteivorstandes und als Beschwerde- instanz ist die aus neun Personen bestehende, im§ 23 unseres Organisationsstatuts vorgesehene Kontrollkommission gewählt worden. Sie hat sich im Anschluß an den Parteitag in Chemnitz konstituiert und sind alle Zuschriften für sie an August Kaden . Gohlis bei Dresden , zu richten. Wir ersuchen die Vorstände der Landes-, Bezirks- und Wahlkreisorganisattonen auf Grund des Organisationsstatuts, uns die genauen Adressen ihres Vorsitzenden und ihres Kassierers nach erfolgter Wahl sofort mitzuteilen. Ferner ersuchen wir die Landes- und Bezirksvorstände, uns nach erfolgter Wahl sofort mitzuteilen, wen sie nach§ 26 des Organisationsstatuts zu ihrem Vertreter im Parteiausschutz bestimmt haben. Berlin , den 27. September 1912. _ Der Parteivorstand. Neues Parteiblatt. Die, V o l k S st i m m e" in Frankfurt a. M. hat eine Teilung ihres übergroßen Verbreitungsbezirkes vorgenommen. Sie erscheint vom Sonnabend, den 23. September, ab nur noch für die Wahlkreise Frankfurt , Höchst . Hanau und angrenzende hessische Gebietsteile<Wahlkreis Friedberg ). Ms Kopfblatt mit der Expedition in Wiesbaden kommt, gleich- falls unter dem Titel.Volksstimme" das neue Organ heraus für die Wahlkreise Wiesbaden , Limburg , Unter- und Oberwesterwald, Singen, Wetzlar und Marburg . RadekS Parteimitgliedschaft. Auf dem Parteitag in Chemnitz erklärte der Vertreter des Parteivorstandes, daß Radek-Sobelsohn a u ch in Leipzig nicht Partei- Mitglied gewesen sei. Diese Mitteilungen stützten sich auf briefliche Mitteilungen der Organisation und auf ein Telegramm des dortigen Parteilekrelärs vom 10. September 1912, in dem es hieß: Sobelsohn war kein Mitglied; kein Nachweis vorhanden, Frau war Mitglied, aber nur zwei Wochenbeiträge bezahlt. SchroerS." Am 26. September 1912, a l so nach dem Parteitag, teilt nun der Sozmldemokratische Verein für den 12. sächsischen Reichstags» Wahlkreis, gezeichnet Karl Buhl, mit: In Sachen der Mitgliedschaft Rädel in Leipzig haben wir neue Erörterungen vorgenommen. Da die Personalakten von n. 1909/10 infolge unserer neuen Einrichtung vernichtet sind, haben wir den damaligen Beitragskassierer des Bezirk«, in dem Rädel zu viel schulmeistere. Gewiß geht ein ausgeprägt lehrhafter Zug durch iws Werk, aber mit vollster Absicht des Dichters, der in diesen letzten, Ronmnen Kunstwerke von ganz eigener Art geschaffen hat. die bewußt die Mitte bilden zwischen epischer und lehrhafter Dich- tuna. Zum mindesten Gennmal und Arbeit sollte jeder Arbeiter wieder und wieder lesen. Daneben aber auch den Totschläger, Nana, Die Bestie im Menschen, Dr. Pascal, Paris . Was Zola mit feinem Germinal wollte es ist charakteristisch für den Standpunkt. den er dem eigenen Schaffen, gegenüber einnahm spricht er deut­lich aus: ,�ch stieg in die Hölle der Arbeit und wenn ich nichts, ver- schwieg, weder den Schmutz jener Regionen, noch die schamlosen Dinge, die das, Elend erzeugt, und' das Zusammenpferchen mensch- licher Wesen, das sie den Tieren gleich macht, so geschah eS. weil das Bild voklständig sein sollte mit all seiner Scheußlichkeit, damit der Anblick solcher clend'beladenen Paria-Existenzen Tränen aus aller Augen pressen.... Ja, einen, Schrei nach Erbarmen nach Gerechtigkeit, mehr wollte ich nicht geben. Und sollte dennoch die Erde erbeben und das prophezeite Unheil die Welt morgen er- schüttern. so iwrd es. geschehen weil meine Stimme ungehort ver- hallt ist." So gehörst Zola wie Lessing , wie Ibsenn Björnson und Tolstoi zu den großen Kämpfern der Menschheit. Und was er schrieb, das bewährte er auch im Leben. Als infolge der Dreysußafifäre Frank- reich vor dem Bankerott seines, moralischen Kredits stand, ward er für eine Zeit zum Gewissen der Menschheit. Er achtete nicht der Nachteile u»d der Schmähungen und rastete nicht, bis seine flam­mende Anklage die Wahrheit enthüllte. Für alle Zeiten ist sein Name eingegraben in die Ruhmeshalle der geistigen Befreier. Der Himmel der. Pfaffen wars ihm nicht, ihm wuchs hienieden Brot genug für nlle Menschenkinder. Er liebte diese Erde und liebte seine Brüder auf dieser Erde. Den Enterbten wollte er ein Reich der Gerechtigkeit und Schönheit erschließen. Seine tiefe Güte, sein Mut, sein Prophetenwort, sein Künstlertum sie wirken lebendig unter unS fort.' Und wenn rinst das erfüllt sein wird, was wir Sozialisten wallen, dann wird man ihn als tapferen Soldaten im Freihcitsheer der Menschheit feiern, als den einstigenBürger derer, die da kommen werden" und die nun gekommen sind. Theater. DeutscheSTHeater:. Totentanz' von Strlndberg. Nach manchem Mißlungenen oder Halbgelungenen hatte die Reinhardt- Bühne mit der Ausfübrung dieses Strindberg-DramaS wieder einen ihrer großen Tage. Das Stück, etwa zwölf Jahre alt, stanimt aus derselben Zeit, wie das jetzt gegebene Pasfionsspiel.Ostern" und scheint trotzdem durch eine gaiize Welt von ihm geschieden. Dort «in u'sicheres Tasten, ein gezwungener Versuch, den Bibelglauben an eine freundliche Vorsehung an einem trivialen Familienschicksal belehriam zu erläutern hier aanz der alte, erbarmungslose, echt Srrindbergsche Pessimismus wie im grausigen Gemälde des Vaters", an Kraft und dichterischer Wucht nur noch gesteigert. Freilich, jenes ruhige Sichablöien vom dargestellten Gegenstand. jene künstlerische Energie, die nicht rastet, bis sie die Stimmungen, die Leidenschaften und Gedanken, in völlig plastische bis in die letzten Zusammenhänge beleuchtete Gestalten umgesetzt bat. darf man bei Strindberg nicht verlangen. Er ist keiner von den ßroßen Objektivierern. wie eS Ibsen war. Ist er in seiner Theorie ein Be- wunderer naturalistischer Beobachtung, so ist doch sein eigenes Schaffen in erster Reihe durch eine bis zum äußersten fortstürmende Leidenschast charakterisiert. Au» in demToientan," stößt man aus starke Lücken und Unwahrscheinlichkeue». Sehr möglich, daß die füge die er aneinanderreiht, für die Einbildungskraft des eiers zu keinem einheitlichen Bild zusammenschließen. Aber das war die Größe dieser Aufführung die kongenial nach- schaffende Phantasie W e g n e r s und der E y s o l d t trat ,n d,e Bresche entband die in der Dichtung flutenden verborgenen Kraft«, schmolz siegreich alle« Widerstrebende zusammen und die Zu- schauer tn unvergeßlichen Erichütterungen mit sich fort. Die Meister. fchoft Ver Eysoldt in solche� Rollen ist aus der Zeit, da sie im wohnte, gesucht, und derselbe stellte nach seinem noch vorhandenen Beibuche fest, daß Rädel im Jahre 1909/10 47 Vereins- und vier Wahlfondsmarken entnommen hat, also Mitglied gewesen ist. Dies zu Ihrer Information!" Rädel ist demnach nicht seit 1903, sondern nur 1909/10 47 Wochen Mitglied gewesen. Der Parteivorstand hat dafür gesorgt, daß in dem Parteitagsprotokoll von diesen neuen Ermittelungen der Leipziger Organisation Notiz genommen wird. Eine Ausstellung für Arbeiter-Bibliotheken. Während des Parteitages in Chemnitz war in einem Nebenraum des Tagungslokals eine kleine Ausstellung untergebracht, die die Forderungen des Antrags 119 erläutern sollte. Einerseits sollte die heute noch vorhandene im wesentlichen un- berechtigte Zersplittetung vor Augen geführt werden, die in den Katalogen, in den Ausleihverfahren und auch äußerlich in den Formalen herrscht, und auf ver anderen Seite eine Anzahl von Bei- spielen für die Abhilfe gegen diese Kräftevergeudung, Beispiele, die allerdings nur zum Teil aus unseren eigenen Büchereien gewählt werden konnten. Als Erläuterung für die einheitliche Gestaltung der Kataloge und sonstigen Materialsammlungen wurden die bibliographischen Arbeiten des Internationalen Sozialistischen Bureaus vorgeführt. Die ganze Aufmachung war so getroffen, daß das gesamte Material, an dessen Vervollständigung dauernd gearbeitet wird, leicht als Wanderausstellung versandt werden kann; vielleicht ka»» die Sammlung an Orten, wo eine Reorganisation und Zentralisation de« Bibliothekwesens geplant wird, der Sache förder- lich sein; im Bedarfsfälle wende man sich an Dr. I. Hanauer, Aue de Ruysbroeck 62, Brüssel (Belgien ). Disziplinarverfahren gegen einen sozialistischen Oberst. Rom , 26. September. (Eig. 83«.) Der pensionierte Oberst Martini, der unter dem Pseudonym Shlva Bivani militärischer Mitarbeiter des A V a n ti" ist, soll einem Disziplinar- gericht unterstellt werden. Unlängst hatte dieTribuna" offiziös mitgeteilt, daß gegen Martini nicht vorgegangen werden könnte, da das Gesetz keine Handhabe bietet, einen Offizier außer Dienst für seine Meinungsäußerungen zur Rechenschaft zu ziehen. Man scheint jetzt anders über die Sache zu denken, denn man wendet gegen Bivani ein Gesetz an, das erst am 20. August dieses Jahres in Kraft getreten ist. Da die Artikel Vivanis längst vor dieser Zeit geschrieben wurden, gibt man also dem Gesetz rückwirkende Kraft, was als eine realtionäre Ungeheuerlichkeit anzusehen ist. Der Sozialismus in Griechenland '. Dem Wochenblatt der sozialistischen Partei, der..Arbeiterliga Griechenlands", das in Athen erscheint, entnehmen wir, daß die sozialistische Bewegung des Landes schon 1836 bis 1887 ein eigenes Monatsorgan hatte. Seit 1901 erscheint das genannte Wochenblatt. 1894 wurde der erste sozialistische Kandidat zu den Parlaments- wählen aufgestellt, der 6000 Stimmen auf sich vereinigte. 1910 wurden drei sozialistische Abgeordnete gewählt, doch verfiel die Kammer bald der Auflösung. Die Zahl der sozialistischen Stimmen hatte 26 000 betragen. Arbeitervereinigungen mit mehr oder minder ausgesprochenem gewerkschaftlichen Charakter gibt es 46, doch meist ohne größere Mitgliedszahl. Die meisten und besten Elemente gehen der Bewegung durch die rapid steigende Auswanderung ver- loren, die gefördert wird durch die wirtschaftliche Rückständigkeit des Landes. DieWiener Arbeiter-Zeitung" wird jetzt, seit dem Eucharisten- rummel, von» den in ihrem Glauben neugestäriten Staatsanwälten so oft konfisziert, daß man es gar nicht registrieren kann. sSie haben ja sogarDie BUdungSarbeit", die Anleitungen für die Re- Kleinen Theater unter Reinhardt Strindberg spielte, wohl bekannt. Die Jahre haben die suggestive Macht der Künstlerin in nichts ge­mindert. Wegner aber, so außerordentliches man von ihm er- hoffen konnte, ließ jede Erwartung hinter sich. Wie er den alten, mit seinem Weib aus dem einsamen Jnselwrm hausenden Artillerie- kapitän in seiner lähmenden Krankheit, seinem verstockten Eigensinn, seiner idiotischen Bosheit und rührenden Hilflosigkeit leibhaft lebendig machte, in der Misere einen Zug von Größe, in der Schändlichkeit etwas Sympathisches durchschimmern ließ, da» war unvergleichlich. Der Kapilän und Alice, zu qualvoller Ehe zusammengeichmiedet, sehen dem Feste ihrer silbernen Hochzeit entgegen. Boll versteckter Feindseligkeiten, in ewig gleichen Gleisen, schleppt sich das abendliche Gespräch hin. Er weiß, daß sie im Herzen täglich seinen Tod herbei- sehnt. Ein Verwandter Alices, ihr früherer Verlobter, der sich aus einem unglücklichen Familienleben in eine trübe Einsamkeit gerettet. sucht sie bei seiner Heimkehr auf, wird wider Willen Zeuge ihres Kampfes. Jeder nimmt ihn zur Seite, um den andern bei ihm anzuschwärzen. Grausend steht es der Freund mit an, wie der Kapitän, der tanzend seine Kraft beweisen will, zusammenbricht und wie Alices haß- funkelnde Augen den Ohnmächtigen durchbohren. Er pflegt ihn und ruft den Arzt. Doch seine Güte weckt in dem Kranken nur dumpfen Widerwillen und Niedertracht. Alice, um den Wehrlosen ins Innerste zu treffen, drängt sich dem früheren Liebhaber auf, macht ihn zu ihrem demütigen Sklaven. Er soll ihr zweiter Gatte werden I Schon zeigt sie ihm die Krallen. Doch in dem letzten Augenblick flieht er. So bleibt sie bei dem Kranken, und der ist's zufrieden. Sinn- und zwecklos, sich selbst in ihrem Handeln unverständlich, werden sie die Ketten miteinander weiterschleppen, bis erbarmungsvoll der Tod sie löst. Die Benommenheit hielt den Beifall nach dem ersten Akte zu- rück, am Schlüsse brach er in unaufhaltsamen Ovationen loS. dt. K o m ö d i e n h a u S:Die Zarin" von M. Lengyel und L. B i r o. Die Zarin, die in diesem Schauspiel anonym den Mittelpunlt bildet, ist Katharina II. , und ihre Rolle ist die einer großen Liebhaberin(wofür das moderne Deutich Amoureuse setzt). Die SemiramiS des Nordens ist(nicht bloß in den gekrönten Häuptern") eine der Zierden der monarchischen Skondalchromk. Sie ist insofern für die modeme Lite- ratur, die aus starke erotische Sensationen ausgeht, eine gegebene Figur.(Ein Roman, der dieser Sehnsucht Rechnung trägt, ist in 30 000 Exemplaren verbreitet, eine Ziffer, die sonst nur Kolportageromane erreichen.) Im übrigen kümmern sich die Nutz- nießer dieser fatalen Berühmtheit, die das offizielle Hofam» des beamteten Favoriten(mit genauem Reglement) zwölsmal besetzte. nicht viel um die Geschichte und ebenso wenig um die Psychologie. Ihr Stück will amüsieren und durch die Enifaltiing von getreuem Kostüm und prunkendem historischen Milieu fesseln. Ihre Technik greisl ikrupellos zu den(sollte man meinen I> Veraltelen Methoden eines Scribe und Sardou: Intrigen, Verschwörungen, EffeltSszenen, Brulaliläi und Gesühlsseligkeit durcheinander. Die Zarin ist ohne Liebhaber. Ihr Kanzler, ein geriebener, glatter Diplomat und amilicher Kuppler, will ihr den eben eingetroffenen sranzösischen Gesandten zuführen und hat ihn bereit« auss beste dressiert. Da schneit ein junger dübscher Offizier, Alexey Czerny, herein, erzwingt eine Audienz, deckt eine Berschivörung aus und liegt am Ende des Aktes bereits in den Arme» der Kaiserin. Im Jiileresse der dramatischen Verwicklung ist der junge Dummkopf der Verlobte einer jungen Hosdame, im gleichen Interesse wiid er von seinen adligen Freunden aufgehetzt(die Zarin ist ihm natürlich un. treu) und zum Mitverichworenen gemacht. Die Zarin soll gemordet werden. Der spannende Moment ist da. entzückende seelische Kon- flikle sind in Czerny angelegt da naht der kluge Kanzler mit den rettenden Truppen. Der dritte Akt bringt der Zarin einen neuen Liebhaber in dem vom Kanzler so lange ausgesparten französischen Gc- sandten. Die Frau wird wieder wach in der Regeniin und gnädig schenkl sie den Verschwörern das Leben und Czerny. der wie e,n guter Junge sie ollein besitzen und mitregieren wollte, sein Keines Mädchen. Am Ende de« dritten SkteS wiederholt sich lustigerweise das Ende deS erste»: die Kaiserin erobert mit denselben Mitteln wie damals den ferenten enthält, beschlagnahmt.) Aber intereffant ist doch die letzte Konfiskation unseres Zentralorgans, weil es nämlich berichtet hatte, daß die Militärbehörden die abgehenden Reservisten zu Streik« b r e ch e r n für die private Neffelsdorfer Wagenfabrik keilen wollen. Eine Interpellation unserer Genossen in der Delegation macht diesen Streich bekannt und enthüllt gleichzeitig die einzige Daseinsberechti- gung der Delegationen: daß man in ihnen auch in der sonst parlamentsfreie» Zeit konfiszierte Artikel durch Einfchachtelung in die Jnterpellationsformel immunisieren kann. polireilicbes, Gerichtliches ufw. Wegen Beleidigung der Offiziere des deutschen Heeres wurde vor kurzem Genosse Sindermann vom Dresdener Schöffengericht zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. Die Be- leidigung soll in einer Versammlungsrede über den MlitarismuS gefallen sein. In der am Freitag stattgefundenen Berufungs - Verhandlung setzte das Landgericht die Strafe auf zwei Monate herab._ Rnssische Blutjustiz. Der frühere Abgeordnete der ersten Duma, unser alter Genosse Jordania , ist vor einigen Tagen hinter verschlossenen Türen zu der ungeheuerlichen Strafe von drei Jahren Festungshaft verurteilt worden, weil er im Jahre 1906 in russischer Sprache eine wissen- schaftliche AbhandlungKritik des Anarchismus vom Standpunkt des wissenschaftlichen Sozialismus" veröffentlichte. Das Ge- richt erkannte an, daß das genannte Werk nicht verbreitet worden war, trotzdem erkannte es selbst den Versuch als strafbar an, die zu jener Zeit entstandenen und von der Re- gierung geförderten anarchistischen Ausschreitungen, Expropriationen, Attentate usw., vom sozialdemokratischen Standpunkt bekämpfen zu wollen I Auch der Herausgeber des Buches Kwizaridse wurde wegen Aufbewahrung der Schrift zu einer Festungshaft von anderthalb Jahren verurteilt I Genosse Jordania, der an einer schweren Lungen- lronkheit leidet, wurde sofort in Hast genommen und kann nur unter Bürgichaft von 6000 Rubel vorlänsig in Freiheit gesetzt werden. Da eine solche Summe von den Angehörigen nicht beschafft werden kann, bedeutet das Bluturteil des Gerichts ein Todesurteil für den schwerkranken Genoffen. /Ins der frauenbeivegung. Für die Anstellung besoldeter Schulpflegerinnett» Die verbündeten Frauenvereine von Groß-Berlin, zu denen 16 der bekanntesten Franenvereine gehören, haben eine gemein- same Petition an die Berliner Stadtverwaltung gerichtet, an den Schulen der Stadt Berlin besoldete Schulpflegerinnen anzustellen. In der Begründung wird darauf hingewiesen, daß die wirtschaftliche Entwickelung es notwendig macht, daß neben der geistigen Er- ziehung in der Schule auch Maßnahmen zur körperlichen Fürsorge für die Kinder getroffen würden. Durch die Schulspeisung und durch die Anstellung von Schulärzten sei dieser Forderung teilweise Gehör gegeben, aber alle diese Maßnahinen würden erst zur vollen Wirkung kommen, wenn durch Schulpflegerinnen eine dauernde Ueberwachung der kränklichen Kinder einsetzen könne. Darüber hinaus werde die Schulpflegerin auch auf den gesamten Gesund- heitszustand der Familie durch ihren Rat günstig einwirken können. Eine zweite Petition derselben Vereine spricht die Bitte aus, in allen Deputationen und Kommissionen, die sich mit den Fragen der neu zu schafsenden Pflichtfortbildungsschule für Mädchen befassen. Frauen mit Sitz und Stimme zuzuziehen. Leseabende. Bohnsdorf . Montag, den 30.. 8zü Uhr, im LokalVilla Kahl". Lankwitz . Montag, den 30., 3)4 Uhr, bei Aoler, Charlottenstr. 84. Genossin Röhl über:Religion und Sozialismus". Czerny jetzt den Gesandten. Die Liebesepisoden könnten noch einige Akte variiert werden; man muß den Autoren Dank wissen, daß die Zarin ihre Ueberzeugung, daß sie einer Million junger russischer Soldaten gehöre, nicht in die Tat umsetzt. Die effektvolle, prunkende Inszenierung blendete das für solche Genüsse dankbare Publikum' das Zusammeiispiel war überraschend geschickt. Erich Ziegels Kanzler war ein Kabinettstück feiner Ab- tönung, Waldemar Staegemann ein feuriger Czerny. Adele Hartwig suchte die mannigfachen Ingredienzen der Zarin vergeh- lich zu einer Einheit zusammenzufaffen._r, Trianon-Theater. ImLiebeSbarometer', einem für Berlin funlelnagelneuen Lustspiel von Romdin C o o l u«, werden wieder altbewährte Steckenpferde vorgeritten, viel hundert, ja tausendmal behandelte Gemeinplätzigkeiten. nur in anderen Variationen, erneut. Wir kennen sie ia bis zum Uebcrdruß- die Theorie vom Lämmerschwänzchen: die Liederlichkeit, die von' den französischen Possenfabrikanten aus spekulativen Gründen längst zur allgemein gülligen Moral erhoben ist. Es gibt nach dieser Auf- stellung ,n ganz Paris nur noch eine anständige Frau, und diese eine heißt Solange und ist die Gattin eines Fürsten. Daß sie ob- zwar hart am Abgrunde, nicht fällt, verdankt sie eben der Rück- stchinahme auf ihre Herkunst und hochgesellschaftliche Position. Diese galante Verbeugung vor aristokratische» Standespersonen ist als die einzige neue Wendung in dem Slück zu bezeichnen. Den Gegenpol dazu bjldet die übrige Menschheit, in diesem besonderen Falle alles, was sich Literat und Künstler nennt. Alle Verse- und Notenschreiber sind also Parafiten, alle Theaterdamen Kokotten. Jede Berührung mit diesen unmoralischen Geschöpfen ver- feucht die Sittenreinheit der Hochgeborenen I Fast hätte sich die Fürstin Solange einem halbitalienischen Literaturzigeuner, nämlich dem Dichter Nello Cimbrefeuil, den sie mittels ihres Geldbeutels protegieren will, hingeworfen. Schon hat sie ein Theater gemietet, um sein Drama Leonardo da Vinci und Gioconda zur Aufführung zu bringen. Allein ein nur dreiwöchiger Verkehr mit deni Dichier und den Schauspielerinnen läßt sie vor weiteren Versuchen zurück- schrecken. Gründlich von all ihrer idealischen Kunst- und Künstler- begeisterung kuriert, kehrt Solange, selbstverstäiidlichrein", in d?n Kreis blaublittiger Standespersonen zurück, um künftighin deren Jntereffen für Pferderennen, Boxerkänipfe und sonstige platte Ver- gnügungen zu teilen... ES ist nicht zu leugnen: dasLustspiel" ist raffiniert gemacht. Der zweite Akt nämlich die heiklen Zu- sammenstöße während der Probe aus der Bühne ist sogar brillant. Dennoch hat sich der Zuschaner mit geschwätzigen Längen, zumal mit einem beinah überflüssigen dritten Akt abzufinden trotz einer in allem und jedem vorzüglichen AuffüHning. Fritz S p> r a(alz Dichter) und Olga Limburg (Gabrielle) waren glänzend. Gleich- wohl bieten auch die beste» Rollen in alle» dielen Stücken immer nur Gelegenheiten, kniffliche Tiicks niemals wahrhaft künstlerische Leistungen zu offenbaren. Die Schauspiellunst profitiert nichts dabei. e. k. Notizen. M u s i k ch r o n i k. Am 18. Okt.. 8. Nov.. und 6. Dez. finden im großen Saale deS Gewerksctiaftshaules drei Kam- m e r m u s i l- K o n z e r t e statt. Der erste Abend ist Beetboven gewidinet, der zweite BrahinS. der dritte zeitgeiivssiichen Komponisten (Iaint-Saens, Richard Strauß und Tschatkowsky). Mitwirkende: Gcrlrud Rettermann(Gesang), Lolo Barnay(Gesang). Felix Lederer- Prina(Gesang) und das Kesteiiberg-Trio(.eo Kesteuberg. LouiS van Laar, Maiix Loewensohn). Billetts zu 36 Pf. sind im Bureau des Gewerkschastshauses und in verschiedenen Zahlstellen der Freien Volksbühne zu haben.. Die Große Berliner Kunstausstellung wird am Sonntagabend 7 Uhr geschloffen. Die Freie Volksbühne hat ihren Vertrag mit der' Direktion des Deutschen Schauspielhauses verlängert, sowohl für die Nachmittags- wie für die Abendabteilungen. Amundsen« Nordpolexpedition wird um ein Jahr verschoben werde».