Einzelbild herunterladen
 

Nr. 232.

Abonnements- Bedingungen:

Abonnements Preis pränumerando: Bierteljährl. 3,30 M., monatl. 1,10 m., wöchentlich 28 Pfg. frei ins Haus. Einzelne Rumuner 5 Pfg. Sonntags­nummer init illustrierter Sonntags­Beilage Die Neue Welt" 10 Pfg. Post­Abonnement: 1,10 Mark pro Monat. Eingetragen in die Post- Zeitungs­Preisliste. Unter Kreuzband für Deutschland   und Desterreich- Ungarn 2 Mart, für das übrige Ausland 3 Mart pro Monat. Bostabonnements nehmen an: Belgien  , Dänemark  , Holland  , Italien  , Luremburg, Portugal  , Rumänien  , Schweden   und die Schweiz  .

Ericheint täglich außer Montags.

Vorwärts

Berliner   Volksblaff.

29. Jahrg.

Die Infertions- Gebühr

beträgt für die sechsgespaltene Stolonel geile oder deren Raum 60 Pfg., für politische und gewerkschaftliche Vereins­und

Bersammlungs- Anzeigen 30 Pfg. ,, Kleine Hnzeigen", das fettgedruckte Wort 20 Pfg.( zulässig 2 fettgedruckte Worte), jedes weitere Wort 10 Pfg. Stellengesuche und Schlafstellenan zeigen das erste Wort 10 Pig., jedes weitere Wort 5 Bfg. Worte über 15 Buch­staben zählen für zwei Worte. Inseraie für die nächste Nummer müssen bis 5 Uhr nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist bis 7 Uhr abends geöffnet.

Telegramm- Adresse: ,, Sozialdemokrat Berlin".

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt Moritplah, Nr. 1983.

tönnte.

Psid

Freitag, den 4. Oftober 1912.

Toch keine Entscheidung.

-

Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt Moritzplatz  , Nr. 1984.

neue Gefahren mit sich bringen. Zweifellos ist er unter dem Drude Rußlands   entstanden und hat seine Spitze gegen Desterreichs Vordringen auf dem Balkan  . Sein Entstehen bedeutet eine gewaltsame Lösung der schwe benden Balkanfragen im Einklange mit Rußland  Die Situation ist bis zur Stunde im wesentlichen un- haupt und speziell in ihren fortgeschrittensten europäischen   Gebieten oder der Tripelentente. Desterreich wird sich wahr­verändert. Die Nachrichten aus dem Balkan   selbst fließen anzusehen. Ein aus allen möglichen Nationalitäten zusammen- scheinlich bewogen fühlen, früher als es für angebracht hielt, für die heute noch spärlicher eine Wirkung der strengen Zensur. gesetztes Reich kann für die ihm angehörenden kulturbedürftigen und Invasion Mazedoniens   und die Besetzung Salonitis in Jedenfalls sind die diplomatischen Beziehungen zwischen fortschreitenden Menschen nichts anderes fein als eine Plage. Die Aktion zu treten. Serbien   und der Türkei   noch nicht abgebrochen, obwohl die Administration, das Gerichts- und Finanzwesen werden in mittel- Das ist die eine, die offizielle Seite der bulgarischen Frift für die Beantwortung der serbischen   Forderung auf alterlichem Sinne ausgeübt von einer militärischen und bureau- Regierungspolitik. Die Führung der anderen Politik hat König freie Durchfuhr des Kriegsmaterials bereits abgelaufen ist. fratischen Oligarchie, in der die herrschende Nation die Ferdinand selbst. Sie steht nicht immer im Gegensatz zu der Auch haben die Balkanstaaten das gemeinsame Ultimatum, zurückgebliebenste nach jeder Hinsicht ist und deren völliger offiziellen Politit, die sie kreuzt und vereitelt, wenn sie nicht ganz das von ihnen angekündigt worden ist, noch nicht überreicht. Willfür die übrigen Nationen, besonders die christlichen, mit der königlichen Politik zusammenfällt. Der König hat die Taktik In diesem Schriftstück wollen die Verbündeten von der Türkei   überlassen sind. Die Entwickelung des Reiches bestand seit der Equilibristik und stützt sich gern auf zwei Seiten, Rußland  die sofortige. Durchführung wirksamer Reformen und Be  - hundert Jahren nur in dem Abbrödeln, Sichlosreißen und Absondern und Desterreich. Neigt seine Regierung nach der einen Seite, so seitigung der Mißstände in der europäischen   Türkei   verlangen. der fortgeschrittensten Teile vom Ganzen. Rumänien  , Serbien  , ergänzt er sie nach der anderen, und schließlich siegt immer Geht die Pforte auf diese Forderung nicht ein, so würde der Griechenland  , Bulgarien  , Bosnien   rissen sich los und jetzt kommt feine Richtlinie. Im gegenwärtigen Falle ist er nicht etwa gegen Krieg trotz aller Vermittelungsversuche unfehlbar ausbrechen. die Reihe an Mazedonien  , Albanien   und Armenien  . Die Türkei   ist die Autonomie Mazedoniens   oder die Berstückelung der Türkei   durch Man darf aus der Verzögerung der Ueberreichung des ein Reich, das sich weder durch seine eigenen sozialen Kräfte refor- die Balfanstaaten. Er wird sich nicht der Gefahr der Verfeindung Ultimatums nun keineswegs optimistische Schlüsse ziehen. mieren kann noch von außen her reformieren läßt. mit der einen oder andereren Seite aussehen, wenn man ihm das Denn diese Verzögerung erklärt sich einfach damit, daß die Die Christen fliehen aus der Türkei   in die angrenzenden Balkan  - entschieden abrät. Bulgarien   fann rüsten, Triegsbereit sein, die Gegner der Türkei   ebensowenig wie diese selbst schon friegs- staaten Montenegro, Serbien  , Bulgarien  , Griechenland   und ver- anderen Balkanstaaten können ihm beistehen und mit ihm zusammen fertig sind. Dazu wird es noch mindestens einer Woche ursachen hier unter ihren Glaubens- und Sprachgenossen eine fort- losgehen. Aber wenn die bulgarische Regierung nicht die heimliche bedürfen. währende, unversiegbare Gärung, die, verbunden mit den auf- 3 ustimmung Rußlands   hat und der König leinen Wink Daß die Türkei   aber die Forderungen ihrer Feinde er- teimenden kapitalistischen, eroberungssüchtigen Tendenzen der jungen von Wien   bekommt, dann wird aus all dem Kriegsgefchrei nichts. füllen sollte, ist ganz unwahrscheinlich. Denn eine von den Bourgeoisie dieser Länder, zu einer dauernden Gefahr für den So war es wenigstens bis jetzt. Ob die Tripelentente die halb­Balkanstaaten erzwungene Autonomie in dem angrenzenden Baltanfrieden geworden ist. Fügt man diesen unerträglichen Zu- laute Zustimmung geben wird und ob der Wink yom Ballplaze türkischen Gebiet würde höchstens einen, momentanen Auf- ständen noch die Intrigen und die sich am Balkan freuzenden kommen kann, das weiß man jezt nur in Balmoral   und in Wien  . schub für die Türkei   bedeuten, den schließlichen Abfall dieser Interessentämpfe der großen Mächte hinzu, dann hat man alle Das hier getriebene zwiefache Spiel fann aber die größte Gebiete aber nur beschleunigen. Die Türkei   würde in der Faktoren vor Augen, die den Frieden auf dem Balkan   stören. Katastrophe für den europäischen   Frieden heraufbeschwören. Zat damit die Herrschaft über den größten und ökonomisch Das ist jedoch der allgemeine, bereits Jahre dauernde Zu- Die Balkanvölker können frei aufatmen, wenn das Spiel eine entwickeltsten Teil ihres europäischen Gebietes verlieren, in stand. Das, was jetzt die Lage verschärfte, waren die Ereignisse wirkliche Besserung der inneren Lage in der Türkei   herbeiführen demfelben Augenblick, in dem der ihr jezt aufgezwungene, des letzten Jahres und der türkisch  - italienische Strieg, tönnte. wie es scheint, unmittelbar bevorstehende Friedensschluß der nicht nur auf dem Balfan viele Hoffnungen und Gelüste Die bulgarische Sozialdemokratie und der Krieg. mit talien ihr auch den Rest ihres nordafrikanischen weďte. Zweitens tommt hinzu das endgültige Scheitern Die bulgarische Sozialdemokratie ist selbstverständlich gegen den Besizes raubt. Zugleich bedeutete ein tampfloses Nachgeben, der Hoffnungen, die auf die Jungtürken   gesetzt worden waren, und Strieg. Die radikale Fraktion ist der von den bürgerlichen Parteien daß die türkische   Stellung in der ganzen mohammedanischen das Wiedererscheinen der Alttürken an der Spitze der Regierung. propagierten Forderung der Autonomie Mazedoniens  Welt außerordentlich geschwächt würde und die Türkei   ihre als dritter Faftor kommt in Betracht der Aufstand der Albanesen, scharf entgegengetreten. Deren Erfüllung bilde überhaupt keine Autorität weder in Arabien   noch in Armenien   behaupten denen man die gewünschten Reformen gewährte, und viertens die Lösung der Ballanfrage. Denn das autonome Mazedonien Maffaters   und Greuel in Kotschani und anderen Gebieten des wäre ebenso der Zankapfel der rivalisierenden Ballanstaaten und Behält also die Türkei   ihre freie Entschließung, dann kann türkischen Reiches. Alles das verursachte eine große Bewegung unter deren Dynastien, sowie der europäischen   Diplomatie, wie das ver thre Antwort um so weniger zweifelhaft sein, als auch die Kriegs- den mazedonischen Emigranten und nationalistischen Parteien in abte Mazedonien  . Sodann würden auch die an der Ballan­stimmung in der türkischen   Bevölkerung und insbesondere in der Bulgarien  , die in großen Meetings den Krieg mit der Türkei   und richtung einer wirklichen Autonomie Mazedoniens   gestatten. Ein Halbinsel interessierten europäischen   Großmächte keineswegs die Er­Armee zusehends an Stärke gewinnt. Nur ein Zwang der Groß- die Erlangung der Autonomie Mazedoniens   predigten und Krieg auf dem Balkan   käme mur der Eroberungspolitik mächte, ein ganz außerordentlicher diplomatischer Druck könnte die die Kleinbürgerlichen und Kleinländlichen Massen mit fortrissen. Alle der interessierten Großmächte zugute. Heute werden Türkei   bewegen, ihr eigenes Todesurteil zu unterschreiben. Aber bürgerlichen Parteien hielten die Lage in der Türkei   für unerträglich die Ballanstaaten, insbesondere Bulgarien  , am auffälligsten auch dazu sind die Aussichten kaum vorhanden. Zwar scheinen und forderten eine Bression auf die türkische   Regierung. von Rußland   zu einem Kriege mit der Türkei   aufgehegt. Es verschiedene diplomatische Schritte getan worden zu sein, aber liegt nun auf der Hand, daß ein Krieg zwischen Bulgarien   und der von einem Erfolg wagen die Diplomaten selbst nicht zu Türkei   nur ein Schrittmacher für die Eroberungsbestrebungen Ruß­sprechen. Herr Sassanoff, der russische   Minister des Aus­lands auf dem Balkan   wäre. Dann träte auch die russische   Geheim­wärtigen, ist zwar aus London   in Paris   eingetroffen und die Nun erfreut sich Desterreichs Regierung feines guten Rufes auf mit der Türkei   die russische   Flotte die bulgari  fonvention mit Bulgarien   in Kraft, wonach im Kriegsfalle französische   Regierung scheint nochmals versuchen zu wollen, der Balkanhalbinsel  . Lange Jahre hindurch hat fie ebenso wie die schen Hafenstädte am Schwarzen Meer befeßen den Ausbruch des Krieges zu verhindern. Frankreich   hat deutsche   Diplomatie die Greuel des Sultan Hamidschen Regimes und somit den Einzug Rußlands   in Südbulgarien, ja viele Milliarden in der Türkei   und am Balkan   angelegt unterstügt. Außerdem tut Cesterreich alles, um die seiner Politit von wo aus der kürzeste Landweg nach Konstanti und der Ausbruch des Krieges bedeutet für das Land die nicht freundlich gesinnten kleinen Balkanstaaten in ihren Fort- nopel führt, sichern soll. Ein Krieg um die" Autonomie" denkbar schwerste ökonomische Schädigung. Deshalb hat ja schritten möglichst aufzuhalten. Desterreichs Freunde auf dem Mazedoniens   würde, würde, ohne das eigentliche Ziel erreicht zu Frankreich   schon in der bosnischen   Annexionskrise im Jahre Balkan   sind die fürstlichen Dynastien. In Serbien   haben diese aus- haben, Bulgarien   total erschöpfen, um es dann dem russischen 1908 all seinen Einfluß für die Erhaltung des Friedens aufgespielt, aber desto größere Freunde hat die Wiener Diplomatic im Despotismus auf Gnade und Ungnade auszuliefern. gewandt. Auch jetzt erklärt die französische   Presse die bulgarischen Könige und seinen politischen Dienern. Graf Bercht­Deshalb nimmt die Sozialdemokratie in Bulgarien   gegenwärtig Bereitwilligkeit, mit Deutschland   zusammen für tolds Vorschlag traf mit der Rückkehr des bulgarischen Königs aus mit aller Energie für die Bereinigung der Ballanvölker entschieden gegen diesen Krieg Stellung und tritt den Frieden eintreten zu wollen. Aber der deutschen   Desterreich in Sofia   zusammen. Gleichzeitig berbreitete sich in einer föderativen Republik   auf. Diese Aufgabe ist Diplomatie scheint es auch jetzt an Straft und Fähig das Gerücht, daß die Regierung ein Memorandum an die für die Sozialdemokratie Bulgariens   und der Ballanländer über keit zu mangeln, die großen gemeinsamen Interessen, europäischen Mächte vorbereite, in dem die Autonomie Haupt umso gebieterischer, da ja mit Bestimmtheit vorauszusehen ist, die in Wirklichkeit zwischen Deutschland   und Frankreich   Mazedoniens   als einziger Weg zur Beendigung der türkischen daß ein Ballantrieg zu einem Weltkrieg führen kann, vorhanden sind, zu erkennen und dementsprechend zu Wirrren empfohlen oder gefordert werde. Diesen Plan hat aber die gegen den sich das gesamte internationale Proletariat aufbäumt. handeln. Es zeigt sich eben immer wieder, daß der feind Regierung fallen gelassen und andere Wege gesucht. Der Vorschlag Dagegen bezeichnet der opportunistische Flügel als sein Ziel: liche Gegensatz zwischen Deutschland   und den Berchtolds war zu allgemeiner Art und die konservativen Tendenzen Durch die Selbstbestimmung der Ballan- Nationalitäten zur Balkan­West mächten, den die Politik unserer herrschenden Desterreichs der Türkei   gegenüber zu bekannt, um etwas Tröstliches föderation, also eine mehr abgeschwächte Formulierung, von der sich Stlassen in unverantwortlicher Weise hat entstehen lassen, die davon zu erwarten. Da auch die Auflehnung der bulgarischen Re- diefe Richtung die Möglichkeit einer mehr unmittelbaren Einwirkung Re- auf die national erregte Bevölkerung verspricht. eigentliche Quelle jeder Kriegsgefahr bildet. gierung gegen die Tripelentente fein für den Moment günstiges und Dhne diesen Gegensatz hätte Rußland   nie seine Rolle als direttes Resultat gebracht hat, suchte sie auf Umwegen durch Ver­agent provocateur in allen Welthändeln der letzten Jahre ständigung mit anderen Balkanregierungen ihrem Ziele näher zu Belgrad  , 3. Oktober. Die Blättermeldung von einem heute spielen können, hätte Desterreich nicht eine Politik machen tommer So tam der Baltan- Bierbund zustande, dessen zu erwartenden Ultimatum ber vier Balkanstaaten dürfen, die die Türkei   geschwächt, die Reformwünsche der Zwed es ist, im Notfalle, wenn die zwei europäischen   Lager, an die Türkei   wird an maßgebender Stelle als absolut unrich­fleinen Nationen ermutigt und schließlich zu einer mit Dreibund und Dreiverband, fich im Schach halten, gegen tig bezeichnet. Das gehe schon aus dem Umstande hervor, daß an bestimmenden Ursache ihres aggressiven Vorgehens ge- die Türkei   gewaltsam vorzugehen. Vor etwa zwei Wochen antwortete ein Ultimatum im gegenwärtigen Stadium der Mobilmachung nicht worden ist. das Regierungsblatt Mir" auf einen friedliebenden Rat des gedacht werden könne. So sind die Hoffnungen auf Erhaltung des Friedens offiziösen französischen   Blattes Le Temps" gereizt, die kleinen heute so gering wie gestern, wenn auch andererseits noch Balkanstaaten tönnten   auch anderswo Zuflucht finden, wenn die feine Ereignisse eingetreten sind, die den Krieg unabwendbar großen Mächte nur ihren eigenen Interessen gehorchten. Jetzt schreibt machen. das Blatt hochfahrend, daß am Balkan   ein neuer Fattor entstanden ist, der die Türkei   zwingen wird, entweder sich zu reformieren und mit den übrigen Staaten zusammenzugehen oder unterzugehen.

Bulgarische Stimmungen.

Da kam die Nachricht von dem Vorschlag des Grafen Ber ch told auf eine fortschreitende Dezentralisation der türkischen   Verwaltung.

Aus Sofia   wird uns geschrieben: Der Krieg steht vor der Tür. Als erste und grundlegende Ur­ache der drohenden Lage auf dem Balkan   sind die unausrottbaren Die Folgen solchen Vorgehens sind nicht abzusehen. Aber eins politischen, sozialen und ökonomischen Mißstände in der Türkei   über- lift gewiß. Der neue politische Faktor auf dem Balkan  " wird auch

Kein gemeinsames Ultimatum

Keine Abberufung des serbischen   Gesandten,

Konstantinopel  , 2. Oktober. Obwohl die Frist, die Serbien   betreffend die Durchfuhr des Kriegs. hat die Pforte dem serbischen   Gesandten Nenade­materials gestellt hat, um 7% Uhr abgelaufen war, witsch bisher keine Antwort übermittelt. Indessen erklären serbische Kreise, es werde kein sofortiger Abbruch der Beziehungen erfolgen. Nenadowitsch erwartet In­ſtruktionen.