Ur. 232. 29. Jahrgang.t ßtilm des Lmiirls" Iftlintt lolMott.kttllaz, 4. OHultt 1912.Tagung des Bandes veuticher Frauenvereine.Der Bund Deutscher Frauenvereine, die bürgerliche Frauen-organisation Deutschlands, hinter der über eine halbe Milliondeutscher Frauen stehen, begann am Mittwoch in Gotha die Arbeitenseiner zehnten Generalversammlung, Die Vorsitzende des Bundes,Fräuleiir Dr. Gertrud Bäumer- Berlin, erblickt indem Wachstum des Bundes die Gewähr, daß die Auf-gäbe, die sich der Bund gestellt habe, die gemeinsamenInteressen der Frauen über Partei- und Weltanschauungenhinaus zu fördern, die richtige sei. Staatsminister Dr. v. Richtererklärte namens der golhaischen StaatSregierung, daß diese in denZielen des Bundes, die auf Förderung des weiblichen Geschlechts inwirtschastlicher, rechtlicher, geistiger, körperlicher Beziehung und aufHebung des Allgemeinwohls hinauslaufen, viele Berührungspunktehabe. Der Bund möge sich aber stets bewußt bleiben, daß dieBestrebungen auf Hebung und Förderung des weiblichen Ge-schlechts keinen Gegensatz bilden dürfen zu der Stellung.die die Natur der Frau in Haus und Familie gegebenhabe.(Lebhafter Beifall.)— Der Geschäftsberichtder Schriftführerin Frau Alice Bensheimer-Mannbeim verweist aufden großen Erfolg der Ausstellung„Die Frau in Haus und Berus".Der Bund deutscher Frauenvereine zählt heute 46 Verbände undL76 Einzelvereine, die Mitgliederzahl beläuft sich auf über 500000.Der große Erfolg des Bundes habe die Gegner der Frauen-bewegung im Juni 1012 zu einem Bund zur Bekämpfungder Frauenemanzipation zusammen geschlossen.(Heiterkeit.) Ineiner Abwehrerklärung gegen diese Bestrebungen hätte sichbinnen Jahresfrist' zum zweiten Mal die früher oftschmerzlich vermißte Einigkeit aller Frauenorganisationen gc-zeigt.— Von Frau Julie B a s s e rm a n n- Mannheim wurdeein Dringlichkeilsantrag begründet:„Die Generalversammlung desBundes Deutscher Frauenvereine gibt der sicheren Hoffnung AuS-druck, daß in den jetzt veröffentlichten Gesetzentwurs über die Er-richtung von Jugendgerichtshöfen die Beteiligung der Frauals Beisitzerin aufgenommen wird."Daraus sprach Fräulein Dr. Bäumer-Berlin über:»WarumMüssen Frauen Politik treiben?" Ihre Ausführungenzipfelten in Leitsätzen, in denen dargelegt wurde, daß die Teil-.rahme der Frau am politischen Leben eine unumgängliche Kon-sequenz der Frauenbeivegung sei. Die Frauen können sich der Mit-arbeit in den politischen Parteien nicht entziehen. DaA staats-bürgerliche Bewußtsein müsse gepflegt werden, damit werde diekünftige politische Mitverantwortlichkeit gestärkt und ein Gegengewichtgegen frauenreckulerische Einseitigkeit geschaffen. Die Hineintragung po-litlscher Gegensätze in die Frauenbewegung sei nicht zu befürchten. In derBegründung verwies Rednerin darauf, daß in der sozialdemokratischenPartei schon seit Jahren Frauen mitarbeiten; auch das Zentrum habe sichihre Mitarbeit längst zunutze gemacht. Die fortschrittliche Volks-Partei habe vor zwei Jahren diese Arbeiten an sich genommen undgestern haben sich in Weimar die nasionallibera'len Frauen zusystematischer Arbeit innerhalb ihrer Partei zusammengeschlossen.Nach kurzer zussiinmender Besprechung wurde bei 53 Stimmenthaltungen eine Entschließung angenommen, die besagt, dieMitarbeit der Frau in den politischen Parteien sei eine notwendigeKonsequenz der Frauenbewegung und der gebotene Weg, die staatS-bürgerliche Pflicht zu erfüllen. Der Bund will bei Aufrecht-erhaltung seiner absoluten politischen Neutralität mit allenKräften eintreten, daß die zunehmende Politisierung der Frauenzugleich der Förderung der Fraueninteresfen dient, die durch dieorganisierte deutsche Frauenbewegung vertreten wird.— Die Vorsitzende des deutsch-evangelischcn Frauenbundes Paula Müller�Hannover gab die Erklärung ab, baß der deutsch-evangelische Fraueirbund sich dem Bund Deutscher Frauenvereine auf Grund derSatzungen angeschlossen habe, die jeden parteipolitischen und kon-fcssionellen Charakter ausschließen. Um dem Bund diese Neutralitätbei Verhandlungen über politische Fragen zu wahren, hätten dieDelegierten des deutsch-evangelische» Frauenbundes sich an der Dis-kussion und Abstimmung nicht beteiligt.In der Sitzung am Donnerstag brachte Frau JustizratBe n newitz-Halle einen Dringlichkeitsantrag ein:„Der Bunddeutscher Frauenvereine soll die Regierungen der einzelnen Bundes-staaten ersuchen, von der Errichtung der durch die Reichsversiche-kleines feuilleton.Ein Manöveridyll. Man schreibt uns: In« Manöver spielensich manche lustige Szenen ab. die oft die„wahren Geschichtchen" inden Witzblättern übertreffen und wirklich ebenso unglaublich wie dieseklingen. So erwartete ich als Schlachtenbummler in einer einsamenWindmühle bei dein Dörfchen Splertau im Saalkreise, wo in diesenTagen Manöver statlfanden, den Feind, dem ich mich anschließenwollte. Am Garten des Mühlenhäuschens hatte si-b eine Infanterie-wache aufgestellt, die aus vier Mann bestand. Plötzlich wurden amHorizont drei Reiter sichtbar, die in wildem Galopp die Landstraßeentlang kamen, direkt auf den Posten zu. Als sich die Reiterans ungefähr 400 Meter genähert und sich als feindlicheDragoner entpuppt hatten, eröffneten die Infanteristen aussie ein mörderisches Feuer. das im Ernstjalle sicher dreiSchwadronen vernichtet hätte. Aber die kühnen Reiterschienen unverwundbar zu sein und rasten wie der Windheran. Der junge Leutnant, der die feindliche Patrouille führte,sprang vom Pferde und rief den Infanteristen zu:»Sie sind ge-fangen genommen!"„Aber Herr Leutnant sind ja längst abgeschossen", antworteteverwundert der Führer der Infanteristen, ein Unteroffizier.„Ach was," gab dieser barsch zur Antwort,„Sie sind gefangengenommen!".So zogen also der wenigstens dreimal erschossene Leutnant unddessen ebenfalls wenigstens dreimal erschossenen zwei Dragoner mitden gefangenen Infanteristen ab.Gefrierfleisch und Tuberkulose. Professor Bordoni hat in denBerichten des Lombardischen Instituts in Mailand eine Untersuchungüber die Gefahr einer Einschleppung von Tuberkulose mit argen«tinischem Gefrierfleisch veröffentlicht, weil die Furcht davor sichauch in Italien als ein besonderes Hindernis gegen die Einfuhrdieses billigen Nahrungsmittels eingestellt hatte. Sie wurde ge-steigert durch Verbreitung der Nachricht, daß in Argentinienneun Febntel aller Rinder tuberkulös sein sollten. ProfessorBordom hat nun einmal festgestellt, daß das argentinischeVieli weit seltener von Tuberkulose heimgesucht wird als dasin Italien gezüchtete. Ferner stellte er folgende Sätze alsErgebnisse seiner Forschungen zusammen: Der Tuberkeldazilluskommt in den Muskelgeweben des Tierkörpers überhaupt selten vorund auch dann nur bei Tieren, die ohnedies offenstchuich fürSchlachtzwecke ungeeignet sind. Der Bazillus wird durch Kochenzerstört. Erwachsene Menschen sind einer Ansteckung mit Tuberkulosedurch Nahruugsmittel nur in geringem Grade zugänglich. Darauszieht Dr. Bordoni den Schluß, daß jene Gefahr mehr� in der Einbildung als in der Wirklichkeit bestehe und nach sorgfältiger wissen-schaftlicher Prüfung als unbegründet bezeichnet werden dürfe.Die ESkimoS und die Zivilisation. Prof. StefanSson, der weißeEskimos entdeckt hat, ist nun in New Jork eingetroffen und be-fchäfligt sich bereits mit den Vorbereitungen zu einer neuen Ex-pedition. die ihn wiederum nach dem Norden führen soll. Der Ge-lehrte hat sich an die kanadische Regierung gewandt, um Schutzmaß-rungsordnung neu geschaffenen Landkrankenkassen abzu-sehen." Zur Begründung wies Frau Bennewitz darauf hin, daßdie Landkrankenkaffen im Verhältnis zu den hohen Leistungen derOrtskrankenkassen ivcsentlich geringere Leistungen zu gewährenbrauchen. Dazu kommt, daß in den Landkrankenkassen von einereigentlichen Selbstverwaltung nicht die Rede sein kann. Währendbei den Ortskrankenkassen Arbeitgeber und Versicherte aus ihrer.Mitte den Vorsitzenden und andere Mitglieder des Vorstandeswählen, liegt bei den'Landkrankenkassen die Verwaltung ausschließ-lich in den Händen der Gemeindeverbände. Von über QVi Millionenweiblicher Versicherter sind also nur die SMs Millionen der derGetverbeordnung unterstehenden weiblichen Versicherten Wahl-berechtigt. Mehr als 6 Millionen erwerbstätiger Frauen habendieses Wahlrecht zu den Versicherungskörperschaften nicht. Dar-unter leiden gewiß auch die männlichen Mitglieder, aber bei denLandkrankenkassen kommt noch hinzu, daß die Zahl der weiblichenVersicherten bei ihnen überwiegt. Nun ist mit Genugtuung zukonstatieren, daß Württemberg, Baden und Elsaß-Lothringen so-wohl wie Sachsen-Koburg-Gotha für sich bereits die Landkranken-kassen abgelehnt haben. Bei uns in Preußen aber besteht dieBefürchtung, daß die preußische Regierung in dieser Beziehungnicht so einsichtig sein wird. Wir haben die Befürchtung, daß in-folge der Zähigkeit, mit der gerade die preußischen Bundesrats-Mitglieder für die Landkrankenkaffen eingetreten sind, in denagrarischen Bezirken Preußens diese Kassen eingeführt werden.Der Preußische Landtag wird sich demnächst mit dieser Frage be-schäftigen. Es handelt sich hier um wichtige Rechte für Millionenunserer schwer arbeitenden und hart ringenden Geschlechts-genossinnen. Es ist erfreulich, daß sich auch der Deutsch-evangelischeFrauenbund diesem Antrage airgeschlossen hat. Ohne jede Debattewurde einstimmig die Dringlichkeit dieses Antrages anerkannt.Frau Weidemann- Hamburg brachte einen Dringlichkeits-antrag ein:„Die Generalversammlung des Bundes deutscherFrauenvcreine wolle eine Kommission einsetzen zur Ausarbeitungeiner Petition betreffend wirksamen gesetzlichen Schutz vonFrauen und Kindern vor trunksüchtigen Männer n." ZurBegründung wies Frau Weidemann dgrauf hin. daß gerade inletzter Zeit ein paar besonders krasse Fälle der Welt das Elend derTrinkerfamilien erneut vor Augen geführt haben. Es müssenMittel und Wege gefunden werden, um diese Not wenigstens einiger-maßen zu lindern. Gertrud B ä u m e r wies auf den Fall derPortiersfrau Friedrich in Steglitz hin. Die Geschichte dieser armenFrau, die ihre Kinder getötet hat. um sie den Klauen eines Wüte-richs von Mann zu entreißen, hat erneut Veranlassung gegeben.die Frage des Schutzes der Ehefrau und Kinder vor trunksüchtigenMännern aktuell zu machen. Wir organisierten deutschen Frauenhaben alle Veranlassung, gerade jetzt, wo diese Angelegenheit dem-nächst die Gerichte beschäftigen wird, eine Kundgebung in dieserSache abzugeben. Auch die Dringlichkeit dieses Antrages wurdeeinstimmig anerkannt.Die Verhandlung wandte sich dann dem gestern von JulieBassermann eingebrachten Dringlichkeitsantrag zu. der dieZuziehung weiblicher Jugendgerichtsschöffen ver-langt. Frau Bassermann wies darauf hin. daß der Ausschluß derFrau als Schöffe von den Jugendgerichten ein ungerechtfertigterAusschluß des Fraueneinflusses sein würde. Da bei den Lehrerneine Ausnahme gemacht worden fei und die Lehrer, die sonst auchnicht das Amt von Schöffen bekleiden dürfen, zu den Jugendgerichten in hervorragendem Maße hinzugezogen werden, würde eseine ungerechtfertigte Schädigung des weiblichen Einflusses be-deuten, wenn man die Frauen von den Jugendgerichten fernhielte,wo sie ein gutes Wort mitreden könnten.In der Debatte wurde darauf verwiesen, daß der Ausschluß derFrau vom Schöffenamt nicht einem Rechtsgrundsatz, sondern nureinem Usus entspricht. Der Antrag Bassermann wurde einstimmigangenommen.Das letzte Hauptthema betraf dieArbeits- und Lebensverhältnisse der Krankenpflegerinnen.Die Referentin, Oberin Helene Meher-Dortmund, wies aufdas Elend hin, das unter den Krankenpflegerinnen heute noch de-steht. Die Krankenpflegerinnen sind die Stiefkinder der Sozial-Politik. Es besteht keine Regelung der Arbeitzeit, für Krankheitund Alter ist nicht gesorgt. Das ist zurückzuführen auf die großeUnkenntnis, die bei Behörden und Publikum über die Verhältnisseder Krankenpflegerinnew herrscht. Auch die Krankenpflegerinnenmüssen Schreien lernen.(Zustimmung.) Es besteht in vielenregeln für die weißen Eskimos durchzusetzen.„Es wird notwendig,diese Eskimos unter Quarantäne zu stellen." so äußerte sichStefansson,„weil die Krankheiten der Zivilisation, insbesonderedie Masern, die Rasse nur allzu schnell aussterben lassenwürden." Der Forscher möchte aus diesem Grunde auch dieEntsendung von Missionaren verhindern, was in den reli-giösen Kreisen Amerikas bereits heftige Diskussionen hervorruft.Stesansson macht geltend, daß die Missionare die Zivilisation mitbringen würden, und das bedeute für diese Stämme die Gefährdungihrer Lebensfähigkeit. In Alaska und in Kanada sind in den letzten20 Jahren nicht weniger als 50 Proz. der Eskimo« an Malern gestarben; in Mackenzie gab eS vor einem halben Jahrhundert nochgegen 2000 Eskimos, heute jedoch nur noch 40 und in Point Barrowzählte man 1884 einen Stamm von 300 Köpfen, von denen heutenur noch 20 erhalten sind: Die Zivilisation hat die anderen aus-gerottet.Die Bewässerung Australiens. In der R. Geographica! Societyin London hielt Gibbons Cox einen sehr interessanten Vortragüber die technischen Aussichten, den trockensten Erdteil genügend zu be-wässern. Nach derjMltteilung der„Deutschen Rundschau für Geographie"ging der Redner davon aus, daß in den Tiefen des australischenFestlandes ganz ungeheuere, seit Hunderttausenden von Jahren an-gesammelte Wassermassen vorhanden sein sollen. Dieses riesigeReservoir, das jährlich durch einen Teil des 20 Zoll betragendenRegcnsalleS vermehrt wird, würde ausreichen, um den dürren Boden-flächen des Kontinents Leben zu spenden und Wüstenflächen in Gärtenund Weiden zu verwandeln. Den vielversprechenden Anfang mit derAusnutzung dieses unterirdischen Reichtums machte bereits derStaat Queensland, der gegenwärtig 532 artesische Brunnenmit einer Durchschnittsbohrung von 1179 Fuß und mit einertäglichen Lieferung von 351 000 000 Gallonen Wasser besitzt. Abernoch immer gehen in Jahren der Dürre hier riesige Mengen desWeideviehs zugrunde. So verlor Queensland im Jahre 1900 nahezu5 Millionen Schafe, das ist ein Drittel des gesamten Schafstandesdurch die Dürre.Gibbon Cox ist überzeugt, daß durch einen großzügigen Ausbauder artesischen Brunnen die im australischen Boden schlummerndenWasiermassen dazu ausreichen werden, nicht nur in Süd-, sondernauch in West- und Nordaustralien Bewässerungsanlagen ständig zuipeiien und dem gesamten Erdteil ein ganz anderes Aussehen zugeben.Theater.Hebbels„HerodeS und Mariamne", mit derMeinhard und Bernauer vor vier Jahren ihr Direktorat desBerliner Theaters eröffneten, ist jetzt in ihrer Filiale in derKöniggrätzer Straße wieder aufgenommen worden. Damals wolltenuns' die beiden literarisch kommen. jetzt haben sie eS längstnicht mehr nötig, da die Klassiker Äalisch und Rößler sie solcherAnstrengungen überheben und das ehemalige Hebbel-Theater auchden Namen abgelegt hat. den es nie zu recht führte.Hebbels gewaltige Tragödie war vor vier Jahren eine ArtSensation(wozu vor allem auch die Mariamne von Irene Trieschbeitrug). Diesmal wurde sie sehr kühl aufgenommen, und wennKrankenhäusern eine Dienstzeit von durchschnittlich 5 bezw. 6 Uhrmorgens bis 8 bezw. 9 Uhr abends. Arbeitszeiten von 13,14 u nb»ich rS künden sind an der Tagesordnung. Der Dienst-schluß steht häufig nur auf dem Papier. Die Maximalarbeitszeit istzur Minimalarbeitszeit geworden. Noch schlimmer als in vffcni-lichen Anstalten liegen die Dinge bei den Privatanstalten. Dagibt es überhaupt keine regelmäßige Arbeitszeit. Arbeitszeiten biszu 27 Stunden, ja bis 48 Stunden als ständige Einrichtung sind zuverzeichnen.(Lebhaftes Hört, hört!) Es gibt Zustände, die der-art sind, daß das Personal infolge Uebermüdung für irgend welchesVersehen überhaupt nicht haftbar gemacht werden kann. TieKrankenpflegerinnen haben keine regelmäßigen Sonn- und Fest-tage. Zu den körperlichen Anstrengungen kommen Ansprüche an dieseelischen Kräfte der Krankenschwestern. Der fortwährende Anblickkörperlicher Leiden erzeugt Gemütserregungen. Der dauerndeAufenthalt in der Krankenhausatmosphäre wirkt schädlich.� Wirstehen vor der widersinnigen Tatsache, daß, um Krankegesund zu machen, Tausende von frischen gesunden und jungenMädchen krank und siech werden. Auch die Wohnuugsver»Hältnisse lassen mehr als alles zu wünschen übrig. Die Be»köstigung ist in kleineren Anstalten schlecht, die Besoldung äußerstniedrig. Dazu kommt noch die Beschränkung der persönlichen Frei-heit. Die Krankenschwester'darf das Haus nicht ohne besondereUrlaubsbescheinigung verlassen. Der Besuch von Theatern undKonzerten ist so gut wie verbotene Man sieht eben in der Kranken»Pflegerin noch zu sehr die die Welt verneinende Ordensschwester.(Lebhafter Beifall.) Rednerin legt der Versammlung folgendeLeitsätze vor:„1. Die von den Krankenpflegerinnen gefordertenArbeitsleistungen sind fast allgemein so groß, daß sie zu dauernderUeberanstvengung führen. Zur Besserung der Verhältnisse ist Ver»kürzung der Arbeitszeit durch Vermehrung>des Personals, Treu»nung von Tag- und Nachtdienst und Entlastung von groben Haus»arbeiten notwendig. 2. Den Lebensbedingungen der Kranken»Pflegerinnen ist mehr als bisher im allgemeinen üblich Bcachtnngzu schenken, sowohl in bezug auf die materiellen Verhältnisse(Woh»nung, Ernährung, Besoldung. Krankheits- und Altersversorgung).als auch hinsichtlich der ideellen Bedürfnisse, da die heutigen über»mäßigen Anforderungen an Zeit und Kräfte der Krankenpflege»rinnen zu einer die Persönlichkeit wie die Berufstüchtigkeit schädi»genden Einseitigket führen."Im Anschluß daran sprach Oberin Marie v. Keudell über dieAusbildung der Krankenpflogerinnen.Als Voraussetzung für di» Berufsbildung der Krankenpflegerinsei die Vorbildung der höheren Mädchenschule wünschenswert. DieDauer der Ausbildung, die gegenwärtig ein Jahr betrage, fei zukurz. Den Anforderungen des Berufs würde nur eine dreijährigeAusbildung voll entsprechen. Im ersten Jahre müßte diese Aus-bildung vor allem praktischer Art sein, mit entsprechender Berück»sichtigung allgemeinen hauswirtschaftlichen Könnens. Im zweitenund dritten Jahre würde ein erweiterter theoretischer Unterrichthinzukommen.An dritter Stelle sprach Schwester Agnes Karll über di«Organisation der Krankenpflegerinnen.Durch die Gewerbezählung von 1007 ist festgestellt, daß es imDeutschen Reiche mindestens 30 000 berufsmäßige Kraukenpflege-rinnen gibt, von denen nur eine verschwindend kleine Zähl über-Haupt organisiert ist. Durch den Zusammenschluß eines größeren,Teils der Krakenpflegerinnen wird sich allmählich das dringend not-wendige zielbewußte Mitarbeiten an den wichtigen Berufsfragcnerzielen lassen, nämlich der Ausbildung und Erziehung zur Berufs»tüchtigkeit, sowie der gesunden Gestallung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse. Eine solche Fachorganisation könne aber nicht alleinans der Betätigung im Pflegeberuf begründet werden. Sie miisssvielmehr'bestimmte Qualifikationen nicht nur in'der beruflich:,»Vorbildung, sondern auch in der allgemeinen Bildung und morali-schen Bewertung fordern. Zur Ausgestaltung der Organisation istnotwendig die Bildung von möglichst zahlreichen Orts-, Provinzial»und Landesgruppen. Weiter ist erforderlich ein Nationalverband,sowie ein Weltbund der Krankenpflegerinnen.An die Vorträge schloß sich eine längere Debatte, in die auchAerzte eingriffen.Die Verhandlungen gehen Freitag zu Ende.das Publikum dem Zuge seines Herzens zu folgen wagen würde,wäre ihr Schicksal nicht viel anders als bei der Wiener Uraufführungim Jahre 1840. Und doch ist inzwischen Hebbel durch seinen lieber»setzer ins Moderne, Ibsen, dem Verständnis näher gerückt. Aberdie„Nora" durfte ja in Berlin ursprünglich auch nicht in derOriginalfassung zu Ende gespielt werden: Nora mußte bei Mannund Mnd bleiben. Wieviel weniger kann eiir bourgeoises Publikumdie Unerbittlichkeit des Mariamne-SchicksalS verstehen, das aus ihremAnspruch. Mensch und nicht Sache zu sein, erwächst! Die Dialektisder Gefühle, die komplizierte und manchmal spitzfindige Art Hebbels,sein dramatisches Denken paffen nicht für das moderne Theater mitseinen sanften Ehebrüchen.So wird denn auch der zweite Anlauf Episode bleiben.und nur Frau Triesch wird diese gigantische Welt noch eine Zeitlang lebendig erhalten. Ihre Mariamne ist in der Tat eine fesselndeund erschütternde Gestalt. Das tragische Weh des Weibes, das seinegroße Liebe entweiht und seine Persönlichkeit entwürdigt findet unddarüber zugrunde gehen muß, wurde in ihr zum inneren Erlebnis.Ihr Leid, ihre Klage, ihre Sehnsucht nach dem Wunderbaren(Achtungund Vertrauen), waren innig. Aber in den ersten Akten war die stolzeGröße, die ihrer Menschenrechte bewußt ist, nicht so überzeugend.Herodes. Gewaltmensch und Neurastheniker zugleich, wurde vonHerrn Hart au mit starker Leidenschast(besonders der Stimme)'gespielt. DaS Bramarbasierende. Holofemes gestaltete erwuchtig, aber den furchtsamen, von Eifersucht gequälten Psycho-pathen blieb er schuldig. Und gerade diese Mischung bildet HerodeSWesenszug. Die übrige Besetzung war, abgesehen von B e r g c n SJoseph und Kühnes SameaS, nicht sehr hebbelmäßig. In derInszenierung hatte man sich äußerster(ganz unorientalischer) Ein-fachheit befleißigt._—i'.Notizen.— M u s i k ch r o« i k. Der Berein für Frauen undMädchen der Arbeiterklasse veranstaltet Montag, den7. Oktober, 8>/z Uhr, einen Einführungsabend zum Schumann-Schubert-Konzert mit musikalischen Erläuterungen. Vortragender istAlfred Guttinann. Das Schubert-Konzert findet anr 13. Oktober,nachmittags 4 Uhr, im Blüthner-Saal, Lützowstr. 76, statt. Mit-wirkende: das Dessau Quartett und Fräulein Hertha Dehmlow.Billetts zu 50 Pf. sind im Verein, in den Zahlstellen und an derKasse zu haben.— Die Neue Freie Volksbühne bringt Sonntag imMetropoltbeater„Tata-Toto", Baudeville v»u Bilhaud mrd Carrö.zur Aufführung.— Vortrage. Die Ausgrabungen borwelllicher Riesensmirierm Deutsch-Ostafrika schildert in einem Lichtbildervortrag in, Bürger»saal des Berliner Rathauses am Freitagabend 8'/., Uhr Dr. EdwinHennig. ein Teilnehmer jener Expeditionen. Eintrittskarten inallen Verkaufsstellen der Freien Hochschule.'— Richard Riemerschmid. der bekannte Kunstgewerblerund Architekt, wurde zum Direltor der Münchener Kunstgewerbe»schule ernannt.