Ueüel' die Zugehörigkeit zur Partei entscheidet der Vorstand derzuständigen Bezirks- oder Landesorganisation.Der'Ausschluß darf nur von einer Parteiorganisation(Orts-oder Wahlkreisorganisation)— mit Zustimmung des Angeschul-digten auch vom Vorstand der Parteiorganisation— beantragt wer-den. Die Zustellung des Beschlusses und dessen eventuelle Bekannt-gäbe erfolgt durch den Bezirks- oder Landesvorstand.8 27. Gegen die Entscheidung des Vorstandes der Bezirks- oderLandcsorganisation können die Beteiligten innerhalb vier Wochennach Zustellung des Beschlusses beim Parteiborstand die Einsetzungeines Schiedsgerichts beantragen.Das Schiedsgericht besteht aus sieben Personen. Den Vorsitzen-den bezeichnet der Parteivorstand. Je drei Beisitzer wählt der An-geschuldigte und die antragstellende Organisation, wobei die Aus-wähl auf die Parteigenossen des Bezirksverbandes zu beschränken ist.dem der Angeschuldigte angehört. Unterläßt es der Angeschuldigte,innerhalb einer vom Parteivorstand zu bestimmenden rzrist, diemindestens vier Wochen betragen muß, Schiedsrichter zu ernennen,so gilt ohne weiteres der Beschluß des Bezirks- oder Landesvor-standes. Erscheint der Angeschuldigte ohne genügende Entschuldi-gung nicht zu dem festgesetzten Termin, so haben die Instanzen dasRecht, in Abwesenheit des Angeschuldigten zu beschließen.Die Zustellung des schriftlichen Urteils sowie dessen eventuelleBekanntgabe erfolgt durch den Parteivorstand.Handelt es sich in einer Sache um mehrere Angeschuldigte auseiner Organisation, so hat der Parteivorstand das Recht, die Sachevor ein Schiedsgericht zu bringen.§ 28. Gegen die Entscheidung des Schiedsgerichts steht denBeteiligten die Berufung an den nächsten Parteitag zu. Di« Be-rufung muß spätestens hier Wochen nach Zustellung des Urteils dem�Parteivorstand eingereicht sein.§ 29. Der Ausschluß ans der Partei in Fällen des§ 26 Abs. 1darf nur im Wege des vorflehend festgesetzten Verfahrens erfolgen.Alle Instanzen sind berechtigt, sofern sie nicht dauernden Aus-schluß ans der Partei aussprechen, ans zeitweise Allsschließung vonVertrauensämtern zu erkennen und Rügen zu erteilen. Auch gegendiese Entscheidungen steht den Beteiligten das Recht der Berufung zu.Die Organisationen haben das Recht, auch ohne Ausschluß-antrag eine Untetsuchungstommission gegen ein Mitglied einzusetzen.Gegen die Entscheidung steht den Beteiligten das Einspruchsrechtnach den Bestimmungen der§§ 27 und 28 zu.8 30. Mit dem Tode, dem Austritt odsr der Ausschließungans der Partei verliert der frühere Parteigenosse jedes Recht, daset etwa gegen die Partei, gegen den Parteivorstand, gegen dieKontrollkommission oder gegen einzelne Parteigenossen aus seinerParteimitgliedschaft erworben hat.Wiederaufnahme.§ 31. Ter Antrag auf Wiederaufnahme eines auS der ParteiAusgeschlossenen ist an den Vorstand der Bezirks- oder Landes-organisation des Wohnorts des Ausgeschlossenen zu richten. Vorder Entscheidung ist die Organisation, sie den Ausschluß beantragthatte, zu hören.Gegen diese Entscheidung steht dem Antragsteller sowohl wie derOrganisation, die den Ausschluß beantragt hatte, Berufung an dennächsten Parteitag zu. Die Berufung ist so zeitig beim Parteivor-stand anzumelden, daß sie mit den übrigen an den Parteitag ge-stellten Anträgen veröffentlicht werden kann.Abänderung der Organisation.8 32. Aendcrungen an der Organisation der Parket könnennur durch einen Parteitag vorgenompien werden.Anträge auf Abänderung der Organisation können nur berotenwerden, wenn sie innerhalb der Fristen, die die 8§ 19 und 13 vor-schreiben, veröffentlicht worden sind.Ein Abweichung von der letzten Bestimmung ist nur dannzulässig, wenn mindestens drei Viertel der anwesenden Vertreterauf einem Parteitag sich für die Abweichung entscheiden.Cagung des Rundes Deutscher Frauen-vereine.In der Sitzung am Freitag wurde zunächst der Kassenberichterstattet, aus dem hervorzuheben ist, daß der diesjährige Frauen-kongreß in Berlin einen Ueberschuß von 15 999 M. gebracht hat, derzur Dotierung des Frauenberufsamts verwendet werden soll. Fräu-lein Pa ppr i tz- Berlin gab sodann den Bericht der Kommission,die zum Studium der Kellnerinnenfrage eingesetztwar. Die Kommission hatte eine Enquete veranstaltet, die einumfangreiches, aber wenig neue Gesichtspunkte bietendes Materialergab. Frau I c l l i n e k- Heidelberg und Fräulein H o f f m a n n-Bremen behaupteten, daß die im Kellnerinnenwcsen bestshendenMißstände nicht durch Reformen, sondern nur durch Abschaffung derKellnerinnen beseitigt werden können. Unter lebhafter Bewegungder Versammlung wurde mitgeteilt, daß in einigen Städten Wirtenach Vereinbarung mit der Polizei nur solche Kellnerinnen be-schäftigten, die sich einer ständigen, zweimal wöchentlich stattfinden-den polizeilichen Sittlichkeitskontrolle unterwerfen. Eine solche Be-bandlung berufstätiger Frauen wurde als ungesetzlich und verwerf-lich bezeichnet. Es wurde die Einsetzung einer Kommission be-schlössen, die bei den bevorstehenden Verhandlungen über das Schank-konzessionswesen im Reichstag die Wünsche der Frauenbewegung ineiner Petition zum Vortrag bringen soll. Es wurde erklärt, daßHauswirt und Hausverwalter mit verantwortlich seien für das, wasnach der Polizeistunde in den Hinterzimmern der Animierkneipenvor sich gehe.Fräulein F r i e d e n tha l- Berlin erstattete den Bericht überdie Arbeiten der �Konkmission für die Dien st boten-frage. In der Diskussion wurde die Errichtung von Dienstboten-fachsckulen empfohlen, sowie der Abschluß von Dienstverträgen, dievon Hausdienstausschüssen auszuarbeiten wären. Helene Lange-Berlin sprach für die Einführung von Zwangsfortbildungsschulen.Als besonders wichtig wurde erklärt, daß Familien sich bereit finden,junge Mädchen zur Erlernung der haoswirtschaftlichen Tätigkeit beisich aufzunehmen. In Berlin ist, wie Frau Levy-Rathenau mit-teilte, bereits eine Lehrstellenzentrale errichtet, die sich mit der Ver-mittlung geeigneter Stellen befaßt. Frau Krukenberg- Kreuz-nach bezeichnete es als großen Mangel, daß man an einzelnen Ortenjungen Mädchen, die berufsmäßig hauswirtschaftlich tätig waren,die Postbeamtinnenlaufbahn verschließe. Sie wünschte eine gewisseAusbildung der Dienstboten auch in der Kinderbehandlung.— DieKommission wird ihre Arbeiten noch weiter fortsetzen.Aus dem Bericht der Theatergesetzkommission gehthervor, daß der Bund eine von der Kommission ausgearbeitete Pe-tition, die die Schaffung eines Reickstheatergesctzcs fordert, an denReichstag abgesandt hat. Die Arbeit der Kommission ist damit er-ledigt. Es wurde noch empsichlen, daß man in den Städten, woStadttheater bestehen, darauf hinwirken möge, daß in die Pacht-vertrüge eine Bestimmung aufgenommen werde, die verhindere, daßSchauspielerinnen Hungerlöhne gezahlt und sie dadurch der Iln-fittlichkeit in die Arme getrieben werden.— Zum Schluß der Ve»Handlungen wurde folgender Dringlichkeitsantrag angenommen:,.Die Generalversammlung des Bundes Deutscher Frauenvereine alsVertretung der im Bunde organisierten 599 999 deutschen Frauenrichtet an die Regierungen des Reichs und der Bundesstaaten diedringende Bitte, die Not der Familien unseres Volkes zu berück-sichtigen und gegenüber der gegenwärtigen übermäßigen Fleisch-teuerung alle Maßnahmen zu treffen, die zu ihrer Linderungund zur Verhütung ihrer Folgen dienen könnten." Der Antragwurde einstimmig angenommen, nachdem die Vorsitzende Dr. Bäumer-Berlin erklärt hatte, daß der Bund sich satzungsgcmäß mit Partei-politischen Fragen nicht beschäftigen dürfe, daß es sich aber hierum eine nationale und keine parteipolitische Frage handle.In der NachniittagSsitzung, dir einen vertraulichen Charaktertrug, wurden Satzungsänderungen und andere interne Angelegen-Heitels des Bundes erlebigt. Damit hatte die Tagung des BundesDeutscher Fcauestve reine ihr Ende erreicht,Hus der parteLAus dem russischen Parteilebe»,Wir werden um Aufnahme folgender Mitteilung ersucht:„Vor kurzem wurde eine Konferenz der Organisationender Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rußlands abgehalten. Esnahmen an ihr teil: 4 Delegierte der lettischen Sozialdemokratie,gewählt auf der städtischen Konferenz von Riga und der lettischenProvinzialkonferenz, 4 Delegierte des jüdischen„Bundes", gewähltauf dessen Neunerkonferenz, auf der die Organisationen von War-schau, Lodz, Wilna, Riga, Dwinsk, Kowno, Bialystok. Grodno,Minsk, Bobrujsk, Pinsk Hömel, Odessa, Kijew, Jekaterinoskaw,Berditschew, Schitomir vertreten waren, 3 Delegierte der KaukaserLandesorganisation, gewählt auf der Kaukaser Landeskonferenz,auf der die Organisationen von Baku, Tiflis, Kutais, Poti,Suchum, Batum, Guria, Gori, Tschiatury vertreten waren, 1 Tele-gicrter aus Baku. 2 aus Petersburg(sogen. Liquidatoren), 2 Tele-gierte der Moskauer Organisationen(der„Bolschewistischen" undder„Mcnschewistischen"), je 1 Delegierter aus Sebastopol, Kraßno-jarsk(Sibirien) und von den Sozialdemokraten der Gewerkschaftder Seeleute des Schwarzen Meeres. Mit beratender Stimmewaren an der Konferenz noch anwesend: der auswärtige Vertreterder ukrainischen„Spilka", Vertreter vier sozialdemokratischer Or-gane(sowohl legaler wie illegaler), einige in der Bewegung hervor-ragend tätige Genossen, und als Gäste mit beratender Stimmevier Vertreter der Polnischen Sozialistischen Partei und ein Ver-treter der Sozialdemokratischen Partei Litauens. Die in Charkowund Donetzky Becken gewählten Delegierten konnten infolge vonMassenverhaftungen auf der Konferenz nicht erscheinen. Der mitVerspätung angelangte Wilnaer Delegierte schloß sich allen Reso-lutionen der Konferenz an. Berichte und Begrüßungen kamen derKonferenz von den Organisationen und Parteigruppen von Meli-topol, Simferopol, Wladimir, Tschernigow, Tzaritzpn, DonetzkiBecken, Mytischtschi, vom Provinzialbureau der„Spilka" u. a. m.Ihrer fraktionellen Zugehörigkeit nach waren von den 19 Tele-gierten mit entscheidender Stimme 9„unfraktionelle", 5„Mensche-Wiks"(darunter 2 sogen.„Liquidatoren"), 1„Menschewik-Parteiler",4„Bolschewiks"(den Wilnaer Delegierten mitgerechnet); von den15 Delegierten mit beratender Stimme waren 8„unfraktionelle",5„Mcnschewiks", 1„Menschewik-Partei,,, 1„Bolschewik".Obwohl auf der Konferenz die übergroße Mehrheit der Ge-samtpartei vertreten war, da aber das Leninsche Zentralkomitee,der Vorstand der Sozialdemokratie Rusfisch-Polens und Litauensund die ausländischen Gruppen der sogen.„Menschewiks-Parteiler"und„Bolschewiks-Partciler", trotz der wiederholten Aufforde-rungen, an der Konferenz nicht teilnehmen wollten, beschlossen dieversammelten Delegierten sich nicht als allgemeine Parteikonferenzzu konstituieren, sondern als Konferenz der vertretenen Organisa-tionen der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rußlands. Damitwollte die Konferenz zum Ausdruck bringen, daß sie keine Absichthegt, wie es die im Januar abgehaltene Leninsche Konferenz getan,alle die Organisationen, die sich ihr nicht angeschlossen haben, alsaußer der Partei stehend zu betrachten. Aus denselben Gründenwählte die Konferenz als leitende Instanz nicht ein Zentral-komitee, sondern ein Organisationskomitee, dem die Aufgabe zu-gewiesen wurde, die Einheit der ganzen Partei wiederherzustellen.Die Konferenz erlegte auch dem von ihr gewählten Organisations-komitee die Pflicht auf, sich unverzüglich wieder an das LeninscheZentralkomitee und an die anderen auf der Konferenz nicht ver-tretenen Teile der Partei zu wenden, mit der Aufforderung zurgemeinsamen Durchführung des Wahlkampfes und fernerhin zurgemeinsamen Einberufung einer allgemeinen Parteikonferenz oderParteitages, wobei die Konferenz beschloß, das InternationaleSozialistische Bureau in Kenntnis zu setzen über die Bereitwillig-keit der auf ihr vertretenen Organisationen, seine Vermittclungzur Wiederherstellung der organisationellen Einheit mit denanderen Teilen der S. D. A. P. R. anzunehmen.Die Arbeiten der Konferenz dauerten acht Tage. Außer denResolutionen für die Einheit der Sozialdemokratie im Wahlkampfeund für die organisationelle Einheit der Partei wurden Thesen derWahlplatform angenommen, sowie Resolutionen über die Wahl-taktik, die Formen der Parteiorganisation, gemeinsames Auftretenmit der Polnischen Sozialistischen Partei und mit der Soziabdemo-kratischen Partei Litauens, den Streikkampf, den Kampf um Koa-litionsfreiheit, die Taktik den Krankenkassen gegenüber, die Ver-folgung der Inden, die letzten Revolten in der Armee und der Ma-rine, den bevorstehenden Internationalen Soz. Kongreß u. a.Alle wichtigsten Resolutionen wurden einstimmig oder fast ein-stimmig von den Delegierten verschiedener Richtungen angenommenund diese Tatsache, besonders aber die einstimmige Annahme derResolution über die unlängst noch strittige Frage der Formen derParteiorganisation, manifestierte deutlich, daß das geschlossene Zu-sammenwirken aller Teile der Partei vollkommen möglich und da-her auch unbedingt notwendig ist.Die Wiederherstellung der Einheit der Partei ist noch nichtgelungen. Aber die Konferenz hat einen richtigen Weg zur Ein-heit angebahnt und Bedingungen geschaffen für einen planmäßigenund erfolgreichen Kampf für die Einheit."Soweit die Mitteilung. Wir wollen noch hinzufügen, daß diedarin zum Ausdruck gelangenden Anschauungen nur die Ansichtender in der Konferenz vertretenen Richtungen wiodergeben,Parteiliteratur.Im Verlag von I. H. W. Dietz Nach f. in Stuttgart istsoeben erschienen: Ter Kapitalismus im Altertum. Studien über)ie römische WirtschaftsgeHichte von Joseph Salvioli, Pro-fessor an der Universität Nmpel. Nach dem Französischen übersetztvon Karl Kautsky jr. Mit einem Vorwort von KarlKautsky. Preis broschiert 2,59 M, gebunden 3 M.Aus dem Inhalt heben wir hervor: Die Anfänge des Reichtums.— Das mobile Kapital.— Der Großgrundbesitz.— Das klein«Grundeigentum.— Die Güterproduktion.— Die landwirtschaftliche Produktion.—> Der Kapitalismus.— Die Wirtschaftsver-faffung.— Der wirtschaftliche Zusammenbruch.— Die Wirtschaftdes Altertunis.Kautsky sen., der auch die Korrekturen durchgesehen hat, schreibtim Vorwort über das Buch u. a. folgendes:„Wohl ist es ein ge>-lehrtes Werk, aber so anschaulich und leichtverständlich geschrieben,daß man durchaus keiner Fachkenntnisse bedarf, um es zu verstehen.In der deutschen Ausgabe ist die Allgcmeinverständlichkeit und leichteLesbarkeit noch erhöht dadurch� daß der gelehrte Apparat auS demText entfernt und dem Werk als Anhang beigesiigt wurde, wo ihnjene finden, die den Gegenstand weiter verfolgen wollen. Außerdemwurde allen fremdsprachigen Ausdrücken und Zitaten im Text, soweitihre Wiedergabe in der Ursprache notwendig erschien, die deutscheUebersetzung hinzugefügt."potfeeUtches, OcrfchtUdiea ufw.Von der Versammlungsfreiheit.Anläßlich der diesjährigen Maifeier in K ö n i g s e e i. T h. hatteei» Genosse von der Veranda einer Wirtschaft herab die Festredegehalten. Die Polizei betrachtete dies als«ine Versammlung unterfreiem Himmel, zu der Erlaubnis nötig war, und sandte demGenossen ein Strafmandat in.Höhe von 25 M. Die biergegen ein-gelegte Berufung hatte den Erfolg, daß das Schöffengericht denBestraften kostenlos freisprach. Das Gericht stellte sich auf denStandpunkt, daß, da die Veranda mit dem Saal und dem Gartenin Verbindung stand, ein geschlossener Raum, also nickst eine Ver-sammluug unter freiem Himmel in Frage komme. In seiner Be-gründung stützte sich das Gericht auf eine Entscheidung des Ober-landesgerichtö Jena, das in est, cm ähnlichen Fall ebenfalls aufFreisprechung erkannte»To�iaZeg»AuflchitNtig gegen das AersichentngZgefe?.Von der Freien Vereinigung für die Wahlen zum Versiehe,rungsgcfetz für Angestellte geht uns folgende Nachricht zu:Die Zeitzer Maschinenfabrik untersagte zwei Ingenieuren dieAnnahme einer Kandidatur für die Vertrauensmännerwahlen zurAngestelltenversicherung. Es ist dies der erste Fall, daß eine Firmaihren Angestellten die Ausübung eines für die Durchführung desVersicherungsgesetzes notwendigen Ehrenamtes verbietet. DieFirma scheint nicht zu wissen, daß sie sich damit nach§§ 345 und346 des Versicherungsgesetzes für Angestellte strafbar macht. Hof-fentlich macht die Staatsanwaltschaft ihr das bald klar.Ein verständiges Urteil über die KontraktbruchstrafkDie Fünfte Zivilkammer des Landgerichts in Dortmund hatin den letzten Tagen, im Gegensatz zum Berggewerbegericht, ein ge-rechtes Urteil gefällt, das für die Arbeiterschaft von großem Interesseist. Es handelt sich dabei um folgenden Vorgang:Im Anschluß an den großen Bergarbeiterstreik im März d. I.haben die Zechen den Streikenden mehrere Millionen Mark Kontrakt-bruchstrafe von dem Lohn abgehalten. Da der rückständige März-lohn zur Deckung des Schadenersatzes vielfach nicht ausreichte, zogendie Zechen den Lohn für die üblichen 6 Schichten zum Teil erst vomAprillohn ab. Die Zeche Hermann in Selm kürzte auf diese Weiseeinigen Bergleuten vom Aprillohn 366,59 Mark aks K-ntraktbruch-strafe. Wegen dieses Lohnabzuges klagten die betroffenen Berg-arbeiter dann beim Berggcwerbegericht in Dortmund.,Die Kläger behaupteten, daß die Einbehaltung vom Aprillohnzu Unrecht erfolgt sei, sie hätten alle bei der Märzlöhnung noch einengeringen Lohnrest zu fordern gehabt. Hiervon habe die ZecheSchadenersatzforderungen kürzen können. Die Zeche sei aber nicht!berechtigt gewesen, noch im April Schadenersatzansprüche aus demStreik abzuhalten. �Nach dem Streik sei ein neues Arbeitsver-hältnis«ingegangem Aus den aus diesem resultierenden Lohnekönne die Kontraktbruchstrafe aus dem alten Arbeitsverhältnis nichtmehr aufgerechnet werden.Das Berggewerbegericht, dessen wenig gerechte und sehr arbeiter-feindliche Rechtsprechung bekannt ist, hat die Kläger mit der Klageabgewiesen. In dem Urteil hieß es in den entscheidenden Sätzen:Die Zeche sei durchaus berechtigt gewesen, soweit ihre Schadenersatz-forderung nicht voll erfüllt gewesen sei, diese von dem Lohne auchnach Wiederaufnahme der Arbeit zu befriedigen, ganz gleich, ob dasalte Arbeitsverhältnis bestehen geblieben war oder«in neues ge-schaffen wurde, denn Gläubiger und Schuldner wären auch in demneuen Arbeitsverhältnis dieselben geblieben.Gegen dieses Urteil legten die Kläger Berufung beim Land-gericht ein. Sie begründeten diese damit, daß die Auffassung desGewerbegerichts erstens gegen die Arbeitsordnung, zweitens gegenden Wortlaut des Gesetzes und drittens auch gegen den Willen unddas Wesen des Gesetzes verstoße. Wenn das Urteil erster Instanzrichtig wäre, dann könne den Klägern der Schadenersatzanspruchauch dann abgezogen werden, wenn sie auf einer anderen Zeche neuangelegt wären. Das wäre durch eine Abtretung der Forderungdurchaus denkbar. Nach der Ansicht des Gewerbegerichts können dieSchadenersatzansprüche aus dem Kontraktbruch schließlich aber sogardann noch abgehalten werden, wenn die Kläger nach zehn Jahrenerneut bei der beklagten Zeche in Arbeit träten. Wenn die Zechedie Absicht gehabt hätte, die 6 Schichten nach Abschluß des neuenArbeitsvertrages zu kürzen, dann wäre sie verpflichtet gewesen, denKlägern dieses zu sagen. Wenn die Zeche aber vorher heimlich er-wogen habe, durch ihre wirtschaftliche Macht die Kläger zu drückenund den Lohnabzug später durchzusetzen, so verstoße ein solches Ver-fahren gegen Treu und Glauben.. Von dem neuen Lohn hätten aufalle Fälle nur solche Abzüge gemacht werden dürfen, die Heber»tvetungen der Arbeitsordnung nach dem neuen Arbeitsvertrage be-träfen.Das Landgericht folgte diesen Darlegungen. DaS Urteil ersterInstanz wurde aufgehoben und die Zeche verurteilt, den Klägern366,59 Mark zurückzuzahlen.Hus Industrie und ftandeLFriedenSknrse.Infolge der Ankündigung des bevorstehenden Friedens-schlusseS zwischen Italien und der Türkei sind die Börsenkursegestiegen. Die Kurssteigerungen waren besonders fürJndustriewerte recht beträchtlich. An der Wiener Börseherrschte geradezu eine Hausse. Infolge des Friedenshofft man auch auf eine friedliche Erledigung der Balkanwirren.Die Renten aller Balkanstaaten stiegen im Werte. DieVprozentige bulgarische Goldhypothekenanleihe erfuhr an derBerliner Börse eine Steigerung von 3,*0 Prozent. Selbsttürkische Anleihen erfuhren eine geringe Aufbesserung.Kriegs-Börsenmanöver.DaS WiÄffsche Telegraphenbureau verbreitete gestern die'Meldung, daß nach einer Klausel des Muharremdekrcts auchdie Einnahmen der Staatsschuldenverwaltung im Kriegs-falle der Kriegskasse zuflössen. Jetzt muß das Bureau zu-geben, daß es einer Mystifikation zum Opfer gefallen ist.DaS Muharremdekret, das die Grundlage der türkischenStaatsschuldenverwaltung bildet, enthält keine derartige Kriegsklausel. Es stellt vielmehr ausdrücklich fest, daß die für denDienst der türkischen Staatsschuld überwiesenen Einnahmenfür diesen Zweck„absolut und unwiderruflich" bis zurvölligen Tilgung der Schuld verpfändet sind. Wieweiter gemeldet wird, hat die Staatsschuldenvenvaltung nochgestern größere Beträge nach Berlin für den Dienst ihrerverschiedenen Anleihen überwiesen, deren in den nächstenMonaten fällige Coupons heute bereits so gut wie vollständiggedeckt sind.Offenbar ist die Falschmeldung von interessierter Börsen-seite verbreitet worden, um einen Druck auf die Ncntenkurseauszuüben. Die Oeffentlichkeit hat daher ein Interesse daran,zu erfahren, von wem das Wolffsche Bureau getäuschtworden ist._Folgen der Mobilmachung.Wie der„Kölnischen Zeitung" gemeldet wird, ist die der„Deutschen Jndustriegesellschaft" in Regensburg gehörendeZuckerfabrik in Belgrad, deren Erweiterungsbau vonder Maschinenfabrik Grevenbroich ausgeführt wurde, infolgedes durch die Mobilmachung verursachten Arbcitermangelsst i l l g e l e g t worden.Infolge der politischen Konstellation auf dem Balkan istferner die Dortmunder Walzenmühle A. u. W.N i e m ö l l e r in Zahlungsschwierigkeiten geraten und kannihren Lieferungsverpflichtungen nicht nachkommen. TerKonkurs betrifft Millionen.