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faRtmluttg geschlossen, nachvem noch einige Vereinsaugelegenheiten erledigt waren. Die Versammlung für das Petersburger Viertel fand in der Löwcnbrauerei, Frankfurter Allee   öO/öl, statt, lieber den Parteitag referierte Genossin Fahren Wald. Sie führte aus, daß der Parteitag alles in allem ein Parteitag der Arbeit gewesen ist. Schon am ersten Tage kam man zu dem Göppinger Streit, der so viel Staub aufgewirbelt hat. Die Darlegungen der Genossen Ebert. Schepperle, Mattutat und West- m e y c r entrollten den Delegierten ein recht trauriges Bild von dem württembergischen Partelleben. Die Anträge, die eine um- fassendere Bekämpfung des Alkohols verlangten, fanden durch Gc- Nossen Davidsohn eingehende Begründung. Da man aber von anderer Seite die Undurchführbarkeit derselben darlegte, wurden dieselben abgelehnt, jedoch solle man mehr wie bisher für den Leipziger   Boykottbeschluss eintreten. Das Referat Scheide- manns bezeichnete Redncrin als ein wuchtiges. Sie wünsche nur, daß es recht viele Mütter lesen würden, damit sie sich auch in die Reihen des kämpfenden Proletariats stellten. Auch der große Staatsmann Bethmann Hollweg   hätte sich die Anklagerede des Genossen Scheidemann   anhören sollen. Beim Stichwahlabkommen beharrte der Parteivorstand auf seinem Standpunkt, daß es darauf ankam, den schwarzblauen Block zu sprengen. Zu den Anträgen über Sonderkonferenzen nahm auch Bebel das Wort und betonte»' daß dieselben schon früher, wo die Partei noch ein kleines Häuflein gewesen sei, stattgefunden hätten. Leider hätten sie mit dem Größerwerdcn derart schädliche Formen angenommen, daß es besser sei, sie unterblieben. Das großzügige Referat Hasses über Im­perialismus gipfelte in dem Ausspruch: diesem System keinen Mann und keinen Groschen. Beim Punkt Maifeier spielte die Auf- Hebung des Nürnberger Beschlusses eine Rolle, da derselbe viel Aergcr erregt hätte, haben viele im Prinzip für Aufhebung ge- stimmt. Beim Ausschluß Hildebrands seien die Berliner   De  - legierten nicht einig gewesen. Dittmann als erster Redner fegen ihn, schilderte Hildebrand als Person großartig, als verlisch edel, als Parteigenosse inkurabel.(Reicher Beifall.) Als erster Diskussionsredner sprach Genosse I ä ck e l. Er könne nicht in die Lobeshhmnen der Presse einstimmen. Die Behauptung des Parteivorstandes, daß R a d e k nicht Parteigenosse gewesen, sei schon widerlegt worden. Die ganze Göppinger Angelegenheit fei auf dem Parteitag nicht richtig durchleuchtet worden. Mit der Annahme des Reorganisationsstatut könne man zufrieden sein. Redner macht dann längere Ausführungen über Stichwahlabkommen und Aushebung des Nürnberger Beschlusses. Eingehend behandelt er nochmals den Ausschluß� Hildebrands. Entschieden ver- urteilt er das Vorgehen der Studiertem die nach dem Parteitag her- kommen und für Hildebrand ein Pronunciamento veranstalten. Genosse A d a m s k i bemängelt die Art deS Falls Lands­ berg  . Unter Verschiedenes lag ein Antrag vor: Der Obmännin der Kinderschutzkommission ist im engeren Vorstand Sitz und Stimme zu gewähren. Der Antrag wurde abgelehnt. Für die Zeitungs- beschwerdekommission wurde Genosse Schneider für die Spe- dition S e i k e l und Genosse E h l e r t für die Spedition H a ck e l- b u s ch gewählt. Landsberger   Viertel. lFmElysium", Landsberger Allee  , referierte Genosse P o e tz f ch. In einem 1% stündigem Referat erörterte Redner all« Vorkomm- nisse des Parteitages. Der gegenwärtigen Not des Volkes Rechnung tragend, setzte der Parteitag die Frage der Teuerung mit auf die Togesordnung. Zum Geschäftsbericht des Vorstandes erörterte der Referent die Göppinger Angelegenheit mit all den häßlichen Begleit- erscheinungen, die vor der Tagung schon in der Presse, sowie auf dem Parteitag selbst in die Erscheinung traten. Redner erwähnte Wc verschiedenen Anträge zum Geschäftsbericht, dabei auch einen Antrag des 4. Kreises, welcher für dieNeue Welt" besseren Druck -und besseres Papier forderte. Zwar sei dieser Antrag der hohen Unkosten wegen bekämpft worden, inwieweit jedoch der Partei- vorstand diesen Anregungen Rechnung tragen dürfte, wird ja die Zukunft lehren. Mit der Regelung der Frag«, betreffend Ver- tretung der ReichÄagsfraktion auf den Parteitagen, sowie der Bei- sitzer zum Parteivorstand erklärte sich Redner einverstanden. Bei der Erörterung des Stichwahlobkommens w.urde die Dämpfung von allen Redner verurteilt. Bezüglich der Zweckmäßigkeit des Ab- kommens ist Redner der Meinung, daß es doch in erster Linie auf die Zahl der Mandate und dann erst auf die Stimmenzahl an- kommen sollte. Die Finanzreform wäre wohl nicht so ausgefallen, wemt damals schon 110 Sozialdemokraten im Reichstag gewesen wären, ebenso hätte wohl die Reichsversichcrungsvrdnung ein ande- res Gesicht bekommen. Alle hierzu vorliegenden Anträge wurden abgelehnt. Beim Bericht der Fraktion verteidigte Stadthagen  die Sonderkonferenzen. Aber sehr mit Unrecht. Sagte doch selbst Bebel, daß die Tinge nicht so weiter gehen könnten. Denn nicht nur in der Fraktion, nein leider auch schon in den Wahlkreisen macht sich dieser zersplitternde Einfluß geltend, ein Beweis, daß diese Dinge nicht mehr so weiter gehen dürften. Die Frage des Im- perialismus wurde durch das Referat des Genossen Haase vor- züglich erörtert. Die Ausführungen des Genossen L e n s ch. welcher in der Debatte einer gewissen Zusammenbruchstheorie das Wort redete, dahingehend, daß durch die fortgesetzten Rüstungen die Staaten sich einmal selbst dem finanziellen Ruin entgegentreiben, erregten lebhaftes Interesse. Tie Maiseierdebatte führte zu er- regten Auseinandersetzungen. Neben Beamten und Redakteuren der Partei liegen auch gegen die in Parteidruckereien beschäftigten Buch- drucker, sowie gegen Angestellte der KonsumgenQssenschaften eine Fülle von Ausschlußanträgen vor, daß man direkt von einem Fiasko des Nürnberger Beschlusses reden kann. Redner bezeichnet es als einen Skandal, daß Angestellte der Partei, sowie Gewerkschaften sich weigern, den Tagesverdienst am 1. Mai abzuführen. Bei der Ab- stimmung herschtc ein großer Wirrwarr und mögen viele Telegicrle dadurch verkehrt gestiinmt baben. Er habe mit anderen Genossen eine Erklärung zu Protokoll gegeben, worin es heißt, daß die Unterzeichner für die Aushebung des Nürnberger Beschlusses nur unter der Vorauelsetzui� gestimmt haben daß nachher der Antrag Giebel und Genossen zur Abstimmung kommt, wonach in Zukunft mir die Partei» und Gewerkschastsbeamten am 1. Mai den Tage- lohn abzuführen haben. Bei der Erörterung des Ausschluß- antragcs gegen H i ld eb r an d erklärt Redner, daß er gegen den Ausichluß gestimmt habe. Picht etwa, weil er mit den Ansichten Hildebrands einverstanden sei, ,ondcrn weil Redner der Auffassung hinneigt, daß solche Eingänger in einer so großen Partei doch wirk- licki keinen Schaden anrichten können. Da Hildebrand in seinem Buche doch lediglich Probleme erörtert habe, mptzte man in oiesem Falle zu einem n o n 1 i q« e.t 0Jssmc"- Auf die Tages­ordnung des nächsten Parteitages soll dw.lgrarsrage sowie die Steuersrage gesetzt werden. In seinem Schlußwort betonte Redner noch, daß die Chemnitzer   Woche das eine Ersreuliche gezeitigt habe, daß die Richtungen in der Partei durch den Druck von unltei? auf eine gemeinsame Basis gedrängt worden und nunmehr gestärkt und gefesrigt den Kampf gegen Teuerung und �unkerhochmut mit Unter- stützung des gesamten Proletariats zu einem siegreichen Ende sichren werde.(Lebhafter Beifall.) In der nunmehr folgenden Diskussion bedauert Genosse G l a h die Entscheidung des Parteitages be- treffend die Unterstützung der polnischen Parteizeitung. Daß der Sprachenparagraph beseitigt werden muß, wird doch kein Mensch bestreiten wollen, da dieser Paiagraph doch lediglich ein Ausnahme- gesctz gegen die polnischen Arbeiter sei und müsse die Reichstags- fraktion immer wieder die Aufhebung beantragen. Im Falle Hildebrand war wirklich keine Eile Vonnöten und hätte man ruhig noch ein Jahr Zeit geben können. ttl» nächster Redner meinte Genosse Melle  , daß die Einheit und Geschlossenheit der Partei ja gar nicht so vorhanden ist, wie man e» eigentlich erwarten sollte, zeigte uns doch auch der Bericht des Gonvssen Poetzsch, daß es in dieser Hinsicht sehr vieles zu verbessern gebe. Die Schuld an diesen! Dingen mißt Redner den Partei- genossen selbst zu, denn der Personenkultus in der Partei wäre wirklich nicht mehr zu übertreffen. Das letzte eingetretene Mitglied brauche bloß ein Akademiker zu sein, um dann in kürzester Zeit mit einer führenden Stellung betraut zu werden. Schier unglaub- lich sei es, daß R a d e k so lange Zeit eine solche Rolle in der Partei spielen konnte. Die Regelung der Maifeier, insbesondere die Weigerung der Angestellten den Tagesverdienst abzuführen, ver- urteilte Redner auf das allerschärfste, derartige Mitglieder gehören eben nicht in die Reihen der Sozialdemokratie. Der Nürnberger Beschluß hätte unter allen Umständen aufrecht erhalten werden müssen. Nun zum Fall Hildebrand. Wer die Beröffent- lichung der 12S imVorwärts" gelesen, müsse sich doch wirklich fragen, ob denn die Dinge so weiter gehen können. Eben erst hat der Parteitag als höchste Instanz sein Urteil gefällt, da erscheinen schon Erklärungen, die geradezu als eine Verhöhnung der Mehrheit des Parteitages aufzufassen ist. Denn Hildebrand hat sich doch selbst nur alsSozialist" bezeichnet, und von allen Parteien der Linken glaube er, den Sozialdemokratie am nächsten zu stehen. Und dann weiche doch Hildebrand in seinen Untersuchungen und Urteilen so himmelweit von unseren Grundsätzen und Pronrammsorderun- gen ab, daß dieser Mann gar nicht mehr als Sozialdemokrat ange- sprachen werden kann. Unter diesem Gesichtswinkel gesehen, be- zeichnete Melle   die Erklärung der 126 geradezu als einen Skan- dal und betont zum Schluß, daß nun endlich einmal Halt auf dieser schiefen Ebene gemacht werden muß. Durch Schlußantrag wurde die Debatte beendigt. Fünfter Wahlkreis. Den Bericht vom Parteitage erstattete der Delegierte Kasten. Er gab einen kurzen Uebcrblick über den Verlaus der Verhaud- lungen. Insbesondere schilderte er die Debatte über das Stich- wahlabkommen, die Sonderkonferenzen und den Imperialismus. Die Abstimmung über die Aufhebung des Nürnberger Maifeier- beschlusses würde ein anderes Ergebnis gebracht haben, wenn der Antrag Wels auch zur Abstimmung gekommen wäre, der die Abführung des Tagesverdienstes der Partei- und Gewerkschafts- angestellten forderte. Empörend sei es, daß sogar Parteiredakteure den Nürnberger Beschluß nicht befolgt haben. Der Ausschluß Hildebrands sei gerechtfertigt, denn Hildebrand habe ja selbst erklärt, daß er nicht auf dem Boden des Parteiprogramms stehe. Es müsse als ungehörig bezeichnet werden, daß sich jetzt eine Anzahl Genossen herausgenommen haben, gegen den Ausschluß Hilde- b r a n d s zu remonstrieren. Den Beschluß des Parteitages habe jeder Genosse zu respektieren. Es sei zu wünschen, daß der nächste Parteitag das Vorgehen der Unterzeichner der Erklärung mißbillige. Weise, der erste Redner in der Diskussion sagte u. a.: Der Beschluß über die Sonderkonferenzen habe ihn in keiner Weis« befriedigt. An den Wunsch, daß Sonderkonfe- renzen nicht mehr stattfinden sollen, werde sich niemand halten. Man werde immer einen Grund finden, in bestimmten Fällen zu sagen, daß derartige Konferenzen oder Besprechungen notwendig seien. Die jetzt veröffentlichte Erklärung zum Fall Hildebrand zeige ja, daß schon wieder eine Anzahl Genossen darauf ausgehen, den Beschluß hinfällig zu machen. Der Parteitag hätte bezüglich der Sonderkonferenzen nicht nur Wünsche aussprechen, sondern be- stimmte Direktiven geben sollen. Daß der Parteitag den Antrag D a v i d s o h n zur Alkoholfrage ablehnte, sei zu begrüßen. Ein so aggressives Vorgehen wie es David söhn unternahm, sei nicht zu billigen. Der Alkoholgenuß in Arbeiterkreisen sei seit Jahren bedeutend zurückgegangen, aber nicht infolge der Abstinenzbewegung. sondern durch die erzieherische Arbeit der Partei- und Gewerk- schaftsbewegung. Daß der Nürnberger Maifeierbeschlutz aufgehoben wurde, sei zu bedauern; noch mehr aber müsse es bedauert werden, daß der hierzu gestellte Antrag W e l s ein Begräbnis erfuhr. Man hätte erwarten sollen, daß Genosse Pfannkuch hätte sagen können. diejenigen Redakteure, die entgegen dem Nürnberger Beschluß sich weigerten, ihren Tagesverdienst abzuführen, nicht mehr auf ihrem Posten seien. Das sei leider nicht gesagt worden. Der Ausschluß Hildebrands sei durchaus gerechtfertigt. Sonnemann beantragte und begründete folgende Reso- lution: Die hier versammelten Parteigenossen erklären sich voll und ganz mit dem Beschluß des Parteitags zum Fall Hildebrand einverstanden und mißbilligen das Verhalten der Unterzeichner der in der Soilntagsnummer desVorwärts" enthaltenen Er- klärung." Dr. Weinberg bezeichnete diese Erklärung als einen Ver- stoß gegen zwei Beschlüsse des Parteitages, nämlich gegen den Beschlutz zum Fall Hildebrand und gegen den Beschlutz über die Sonderkonferenzen. Die Erklärung gegen den Ausschluß Hildebrands könne nur durch eine Sonderkonferenz zustande gekommen sein. Vom Fall Hildebrand sagte der Redner komme ich auf den Fall H i I d e n b r a n d, der sich herausgenommen hat, im württembergischen Landtag an einer monarchischen Huldi- gung teilzunehmen. Er hat dasselbe getan, was die Partei im Falle Lands berg zurückgewiesen hat. Er hat sich an einem Hoch auf den Landesherrn beteiligt. Das war besonders taktlos. nachdem der Parteitag ein derartiges Verhalten als unzulässig erklärt hat. Weiter wünscht Redner, daß der Internationale Kongreß nicht hinausgeschoben, sondern mit Rücksicht auf die gegen- wältigen politischen Ereignisse noch vor dem August 1913 abgehalten wird. Zur Alkoholfrage bemerkte der Redner, der Parteitag würde gutgetan haben, den Antrag Davidsohn anzunehmen. Die Nicbtaufnahme von Schnapsinseraten in der Parteipresse sei doch die logische Folge des Schnapsboykotts. Wenn es Gewerkschaftshäuser geben sollte, die ohne Schnapsvertrieb nicht existieren können, dann würde es nicht schaden, wenn sie aufhören zu existieren. Das wesentlichste des Parteitages sei die Debatte über den Jmpcrialis- mus gewesen. Es sei außerordentlich erfreulich, daß die in der Ab- rüstungsfrage von L e n s ch und anderen Genossen vertretenen An- schauungen, die im Grunde genommen aus revisionistische Argu- mente zurückzuführen seien, von der Mehrheit der Parteigenossen nicht gebilligt werden. Die Genossen seien gewillt, entschieden für die Rüstungsbeschränkung wie überhaupt gegen den Militarismus zu kämpfen. Gerade die gegenwärtige Zeit sei nicht geeignet für solche Debatten, wie dieLeipziger Volkszeitung" und dieBremer Bürgerzeitung" in der Abrüstungssrage eröffnet haben. Es müsse dafür gesorgt werden, daß diese Anschauungen in der Partei nicht weiter um sich greifen. Im ganzen könne man vom Parteitag sagen: Er brachte keine erhebenden Momente, aber er stand auch nicht auf einer niedrigen Stufe. Wollte man dem Parteitag eine schulmeisterliche Zensur erteilen, dann müßte man sagen:Noch genügend." Rosenblüth ersuchte am Ablehnung der Resolution Sonnemann. Man könne hier nicht entscheiden, ob der Aus- schluß Hildebrands berechtigt ist, weil man sein Buch nicht kenne. Auch gegen die Verurteilung der Unterzeichner der Er- klärung imVorwärts" wandte sich der Redner. Von einer Sonder- konferenz könne in diesem Falle nicht die Rede sein. Suhr bemerkte, es sei nickt nötig, über die Resolution Sonne   mann abzustimmen. Der Parteitag habe gesprochen, damit sei die Sache erledigt. Robert Schmidt führte unter anderem aus: Die Debatte hat sich hier sehr ins kleinliche verloren. Zu den Kleinlichkeiten gehört der Fall Hilde brand. Es ist äußerst kleinlich, daß man dem Ausgeschlossenen hier noch EsclSfntztritte versetzt. Durch den vom Parteitag beschlossenen Ausschluß ist die Angelegenheit er- ledigt. Wenn nun die Unterzeichner der Erklärung verurteilt werden sollen, so mutz man doch fragen: Soll denn niemand das Recht haben, den Wunsch auszusprechen, ein anderer Parteitag möge in dieser Sache einen anderen Beschluß fassen? Weiter besagt ja die Erklärung nichts. Ich halte die Erklärung für sehr über- flüssig, denn jeder Parteitag kann ja die Frage wieder aufrollen, ob Hildebrand wieder aufgenommen werden soll. Es liegt kein Anlaß bor  , sich mit Begeisterung über diesen Fall auszu- sprechen. ES ist immer eine Intoleranz, wenn jemand wegen seiner Meinung ausgeschlossen wird. Aber man muß auch zugeben, daß die Partei eine Grenze zu ziehen hat, und daß sie in bestimmten Fällen sagen kann: Du hast diese Grenze nicht innegehalten, Du gehörst nicht mehr zu uns. Im übrigen hat der Fall Hilde- brand nicht die Bedeutung, daß wir uns einen ganzen Abend darüber unterhalten. Genosse Weinberg hat die Vorgänge im württembergischen Landtage besprochen. Er weiß zwar noch nichts Bestimmtes darüber; aber es mutz doch darüber geredet wer- den, meint er. Die Sache liegt so: Wenn unsere Genossen im württembergischen Landtage bis zum Schlüsse an der Erledigung der Geschäfte teilnahmen, aber vor dem Hoch auf den König sich entfernen ivollen, dann.müssen sie in größter Eile den Saal ver- lassen, was sich wohl nicht immer ausführen läßt. Dasselbe was jetzt in Württemberg geschehen ist, haben unsere Genossen im sächsischen Landtag Jahr für Jahr getan. Das weiß Genosse Weinberg allerdings nicht, sonst würde er sich hier im fünften Wahlkreise auch darüber entrüstet haben. Die sächsischen Partei- genossen, die doch sehr Radikale in ihren Reihen haben, haben sichy nicht darüber entrüstet. Uebrigens liegen diese Fälle ganz anders wie der Fall Landsberg  . Die Reichstagsfraktion hat beschlossen, daß wir vor dem Kaiserhoch alle hinausgehen. Wer sich gegen diesen Beschluß auflehnt, der hat zu erwarten, daß er zur Verantwortung gezogen wird. Etwas anderes ist es, wenn die Fraktion anders beschließt. Das eilige Hinauslaufen ist nichts Erhebendes. Wenn aber unsere 119 Mann im Saale blieben, sich erheben, aber nicht in das Hoch einstimmen, das wäre eine Demonstration. Geben wir uns dock nicht immer mit diesen kleinlichen Dingen ab. Hat denn das Verhalten Perner st orffers im österreichischen Parlament eine so große Erregung unter den österreichischen Ge- nassen hervorgerufen? Oder haben sich die englischen Genossen so furchtbar entrüstet über H h n d m a n, als er für die Bewilli- gung von Kanonen sprach? Ich will diese Beispiele durchaus nicht zur Nachahmung empfehlen, aber ich säge: Halten wir uns nicht immer an so kleinliche Dinge, die für die Partei und ihre Arbeiten gar keine Bedeutung haben. Heber den Beschluß zur Alkoholfrage ist hier ein Irrtum aufgetreten. Die Wünsche, Schnapsinserate zurückzuweisen und den Schnapsausschank in Gewerkschaftshäusern zu untersagen, sind den örtlichen Organisationen zur Regelung überlassen worden, weil derartige Angelegenheiten nicht durch einen Parteitagsbeschlutz für ganz Deutschland   erledigt werden können. Es wird möglich sein, diese Wünsche nach und nach durchzuführen. Viel wichtiger wie alle diese Dinge sind die politischen Angelegen- Helten, die uns gegenwärtig beschäftigen, die Vorgänge, die der Imperialismus herbeigeführt hat und die zu ernsten Konflikten auf dem Balkan   Veranlassung gegeben haben. Es gilt, die allgemeine Aufmerksamkeit auf diese Vorgänge zu lenken und die Friedensidee in den weitesten Kreisen zu propagieren. In dieser Hinsicht sind die Debatten des Parteitages über den. Imperialismus von größter Bedeutung. Die Ansichten, welche Lensch, Henke und andere Genossen in der Abrüstungsfrage vertreten, kann man nicht damit abtun, daß man sie zum Revisionismus wirft und damit ihre Un- Haltbarkeit nachgewiesen zu haben glaubt- Es sind doch sehr ge- wichtige Momente für den Standpunkt von Lensch vorgetragen worden. Es handelt sich hier um Meinungen, die uns nicht schaden, wenn sie ruhig und sachlich zum Austrag gebracht werden. Und sachlich waren die Debatten des Parteitages. Er ist für die Ent- Wickelung der Partei von großer Bedeutung. Hierauf wurde ein Schlußantrag und dann die Resolution Sonnemann angenommen. Sechster Wahlkreis. Die in denGermaniasälen" abgehaltene Generalversamm- lung des sechsten Kreises war von 699 Delegierten, 2 Landtags- sowie dem Reichstagsabgeordneten des Kreises besucht; 86 Dele» gierte fehlten. Die Galerie war von Zuhörern stark besetzt. Als erster Punkt stand ein Antrag der 13. Abteilung auf de« Tagesordnung, der dem § 4 der Ausfllhrungsvcstimmungen folgende in der Kreiskonferenz vom 4. Juni beschlossene Fassung wiedergeben will: Außer den Delegierten haben Sitz und Stimme in der Generalversammlung: der Vorstand sowie alle zur Teilnahme an den Vorstandssitzungen Ver- pflichteten, die Stadtverordneten, Landtags- abgeordneten und der Reichstagsabgeordnete des Kreises. Antragsteller, die nicht Delegierte sind, können auf ihren An- trag zur Begründung ihrer Anträge an der Generalversammlung teilnehmen, jedoch ohne Sitz und Stimme. Zur Begründung übereinstimmender Anträge sollen, soweit nicht Delegierte damit beauftragt sind, die Antragsteller bis zur Höchstzahl von 3 zur Generalversammlung zugelassen werden." Ein Geschäftsordnungsantrag über diesen Punkt zur TageSord- nung überzugehen, wurde, nachdem Bischof dafür und L e d e- bour dagegen gesprochen, abgelehnt; ebenfalls abgelehnt wurde ein von W c i m a n n begründeter und von Ledebour bekämpf- ter Antrag, den 1. Punkt der Tagesordnung nach dem Bericht über den Parteitag zu verhandeln. Der Antrag der 13. Abteilung wurde vom Genossen Sie ff» l e r ausführlich begründet. Er gab eine Uebersicht über die Ent- stehung des Delegiertensystems zur Generalversammlung. Man könne dem Vorstand nicht unterschieben, daß er das Delegierten- shstem haben wollte; es sei vielmehr durch Urabstimmung beschlossen worden. Durch die jetzige Fassung des§ 4 der Ausführungsbestim- mungcn wäre ein Zustand geschaffen, der ungesund und deshalb un- haltbar sei. Zu allen Fragen habe der Gesamtvorstand Stellung genommen, jetzt würde er jedoch in zwei Hälften gespalten. Ob dies im Interesse der Organisation liege, müsse bestritten werden. Man solle sich doch vor Augen führen, daß bisher stets das beste Einver- nehmen zwischen Vorstand und Mitgliedern bestanden habe. Die Arbeiten der Organisation müßten in möglichst viele Hände gelegt werden; denn je größer der Apparat, um so größer sei auch die Gewähr, daß die Ickteressen-der Organisation gefördert und ver- treten werden. Wenn der Vorstand zur Zufriedenheit der Mit- glieder gearbeitet habe, so solle man ihn doch zusammenlassen und nicht teilen. Die Generalversammlung würde aber auch illusorisch gemacht, wenn z. B. der Obmann der Beschwerdekommission oder Mitglieder der Preßkommisston Bericht erstatten oder irgendeine Auskunft geben sollen, aber nicht anwesend seien. Die Abteilungs- führer, die die gefaßten Beschlüsse in erster Linie vertreten und ausführen müßten, gehören in die Generalversammlung; es gehe nicht an. daß sie sich erst auf den Zahlabcnden über das Zustande- kommen der Beschlüsse informieren lassen. Aus all dem gehe schon die Notwendigkeit hervor, daß die Mitglieder des Gesamtvorstandes in den Generalversammlungen anwesend sein müßten. Es gehe aber auch nicht an, die Mitglieder des Vorstandes erst auf die Mandats- jagd zu schicken; sie hätten doch wichtigeres zu tun. als sich erst um ein Delcgiertenmandat zu bewerben. Die Demokratie verlange aber auch, daß alle auf der Generalversammlung Anwesenden das Stimmrecht haben; allen, die mitarbeiten, müsse man auch das .Recht geben, mit zu taten. Redner appelliert eindringlich an die Versammlung, im Interesse des gesamten Organismus dem Antrage zuzustimmen. Der Vorstand dürfe nicht abseits stehen, sondern gehöre in die Reihen der Genossen. Vorsitzender Henschel machte Mitteilung von einer einge- gangenen Resolution der 18. Abteilung, die dem Vorstand Auer- kennung und Vertrauen ausspricht. Im Namen des Vorstandes ersuchte er, die Resolution zurückzuziehen, er lehne jede Debatte darüber ob. P i ch l e r begründete einen Antrag der 18. Abteilung, wonach die Mitglieder des engeren und erweiterten Vorstandes, die Stadt- verordneten, LandtagSabgeordneten und der Reichstagsabgeordnets des Kreises auf der Generalversammlung, sofern sie nicht Dele» gierte sind, nur beratende Stimme haben. Es sei gesagt worden, wenn der Antrag der 13. Abteilung nicht angenommen werde, lege der Vorstand sein Amt nieder. Dem Vorstand komme es weniger aus� das Vertrauen an, als darauf, einen Zwang auf die General- Versammlung auszuüben. Man solle sich jedoch nicht einschüchtern lassen. Wir alle vertrauen dem Vorstand. Ein persönlicher Gegen»