Guisbezirke mit einer Gesamtfläche von 1700 Hektar, die sich aufdie Kreise Znin und Strelno im Regierungsbezirk Bromberg, Posen-Ost im Regierungsbezirk Posen und Schwetz im westpreubischenRegierungsbezirk Marienwerder verteilen. Die polnischen Besitzerder Güter sind von den: Enlschlutz der Regierung bereits der-ständigt worden und die Mitteilung der bevorstehenden Eni-eiguung wird höchstwahrscheinlich heute abend in den polnischenBlättern, natürlich mit entsprechenden Kommentaren, erfolgen.Armseliges Mittclchcn! Das Fiasko der preußischen Polen-Politik steht bereits so fest, daß selbst eine zehnmal größereZwaitgsenteignung nichts an dem Bankrott zu ändern vermag.Ein Krakeeler gegen den Krakeel.Der nationalliberale Herr Schiffer, der in dernationalliberalen Fraktion des preußischen Abgeordneten-Hauses neben Herrn Dr. Friedberg eine führende Rolle spielt,sucht auch im Reichstage eine einflußreiche Position zu er-gattern. Er gehört zu den intimsten Gegnern des HerrnBassermann, der ihm noch zu weit links stecht. Natürlich ister erst recht schlecht auf die Jungliberalen zu sprechen. Ineiner Magdeburger Versammlung führte er erst kürzlich be-wcgliche Klage über die jungliberalen„Zänkereien undStänkereien", die die Partei zerwühlten. Statt Unter-snchungen darüber anzustellen, ob ein Parteigenosse einLinks, oder Rechtsliberaler sei, und den Streit in die eigenenReihen zu tragen, solle man sich lieber sachlichen Aufgaben zu-wenden, deren es die Hülle und Fülle gebe.Daß es einem Nationalliberalen von so spezifischpreußischem Gepräge, wie Herrn Schiffer, dem Vater desSchiiiverpfaffungsgesetzes, unbequem sein muß, auf dieQualität seines Liberalismus hin geprüft zu werden, ist leichtzu verstehen. Daß aber Herr Schiffer zu allerletzt Ursachehätte, sich über„Zänkereien und Stänkereien" zu entrüsten,weist die„Volks-Ztg." nach, indem sie an die Intrigen diesesso plötzlich von ethischen Skrupeln befallenen Herrn gegenseinen Parteifreund und Fraktionsführer Bassermann er-innert. Habe doch Herr Schiffer Herrn Bassermann imFrühjahre dieses Jahres wegen seiner angeblich zu sehr nachlinks gerichteten Politik bekämpft, obwohl er, Herr Schiffer,selbst nicht nur bei der Vizepräsidentenwahl für Scheidemann,sondern bei der Präsidentenwahl auch für Bebel gestimmthabe. Auf die wiederholte Festnagelung dieses unglaublichenDoppelspiels habe sich Herr Säsiffer bisher völlig ausge-schwiegen!Die„Volks-Ztg." meint, daß die nationalliberale Partei-leitung die Pflicht habe, Herrn Schiffer endlich die Zungezu lösen, selbst auf die Gefahr hin, daß er dann offen zu denKonservativen abschwenke. Nun, der Anhang des HerrnSchiffer unter den preußischen Nationalliberalen ist denn dochzu groß, als daß es die„Links"nationalliberalen auf einesolche Kraftprobe ankommen lassen könnten.Ter bayerische Verkehrsminister als Scharfmacher.Der bayerische VerkehrSminister hat am Freitag im ReichSratsetiie Erklärungen gegen den Süddeutschen Eisenbahnerverbandwiederholt und verschärft. Inzwischen hat der Vorstand des Ver-bandes unter Umständen, die d-n Rücktritt de» Genossen Rph»haupter von der Redaktion des VerbandsorganS veranlatzten, ineiistr Erklärung die Streiks als gesetzlich unzuläsfig bezeichnet. DerMinister äußerte darauf, daß die Erklärung an seiner Stellungnahmenicht j ändere; mit dieser um Jahre zu spat kommenden Bersicherungsei die Sache nicht«lebigt. Kein Eisenbahner dürfe einer Organi-faiiön angeboren, die die Arbeitseinstellung als zulässig erachtet oderderen Verhalten die Gefahr eines AuSstandeS herbeizuführen ge«eignet ist.In der gleichen Sitzung versicherte der VerkehrSminister seineSympathie mit einer Anregung, die vierte Wagenklasse auch inBayern einzuführen, nur müsse man noch etwas damit warten.Konservativer Fortschritt.Unter dieser Ueberschrist beschäftigt sich die„KonservativeMonatsschrift" wieder urit der Frage der Reformbedürfttgkeit deskonservativen Programms, wie der konservativen Partei überhaupt.Während bisher gerade dieses Organ stark liebäugelte mit den Ideendes sogenannten KulturkonservatismuS, rückt es jetzt von der neuen..kulturkonservativen" Blattgründung weit ab. Allerdings hat sichdieses Organ sehr rasch als freikonservatives Blatt entpuppt. Daskonservative Monatsblatt schreibt:„Was dem Konservatismus nottut, daS ist nicht eine Um-Wandlung in einen sogenannten fortschrittlichen Konservatismus.von dem das Neue, das Auszeichnende seine liberale Schieläugig-keit ist. Solcher Konservatismus,>me er neuerlich feil-geboten wird, hat keinen Eigenwert, weil er den Fortschrittnicht mit konservativen Gedanken, sondern mit Anleihen beimLiberalismus zahlen möchte. Gerade der in der praktischenPolitik oft wünschenswerte Ausgleich zwischen konservativen undiiberalen Forderungen, der jenen fortschriftlichen Konservativenvorschioebt, verliert seinen besten Wert, wenn die konservativenForderungen nicht konservativ sind... Auch die vielerwähnte'..enderung des konservaftven Programms ist nicht unsere bren-nendste Sorge; wenn das Programm verstanden wird als«ineZuiammenfaffung dauernder Grundsätze, nicht aktueller Forde-r un gen. Unser Programm ist weniger schlecht als unpraktisch.wtDtnoct allgemeinste Ideen mit speziellsten Betrachtungen.Mton täte besser, sich im Programm auf eine bündige Formulie-rung der großen konservativen Grundgedanken zu beschränken,daneben aber von Wahl zu Wahl oder von Etatjahr zu Etats-jähr die konkreten Ziel«, für die die Partei kämpfen will, zuveröffentlichen. Die Neuformung de, prinzipiellen Programmsmag einstweilen unterbleiben. Aber das aktuelle Programm dergegenwärtigen Ziel«, daS Programm des konservativen Fortschritts,das brauchen wir... Im Kampf der Parteien erscheint ein«Partei nicht als Vertreterrn ibrer großen Ideen, sondern sie wirdbeurteilt nach dem, waS sie praktisch tut und fordert... DerWunsch nach konservativem Fortschritt geht nicht auf eine Aendc-rung der konservativen Ziele, sondern auf ein tatsächliches all-gemeines Heraustreten mit berechtigten konservativen Forde-rungen."Der Gedanke, die konservativen Ziele mehr in den Hintergrundtreten zu lassen, für den praktischen politischen Kampf gewissermaßenauszuschalten, und an Stelle der konservativen Anschauungen poli-tische Augenblicksforderungen zu stellen, mag taktisch sehr klug er-scheinen und könnte den Konservaftven vielleicht einigen Zulaufbringen, wenn nur nicht die konservativ-agrarische Politik nicht allzufteje Spuren in der Geschichte der letzten Zeit hinterlassen hätte.Fetzt mag man sich drehen und wenden, wie man will: die agrarisch-junkerliche Politik vermag niemand im Volke mehr zu täuschen.Fuldaer Bischofskonferenz.Wie vom Wolfffchen Telegr.-Bureau offiziös auS Fuldagemeldet wird, soll dort nun doch die verschobene Bischofs-konfexenz am 5. November unter dem Vorsitz des Kardinal-Fürstbischofs Dr. v. Kopp stattfinden.Das Bauernlegen in Schlefien.nimmt trotz aller Abl-ugnungSverfuch« der Großagrarier zu. ImKreise I a u e r hat kürzlich Graf H o ch b u r g das RitterKUt Klcd-I nitz und mehrere andere Bauerngüter und Befitzerstellen zur Ver-größerung seines jetzt schon riesengroßen Besitzes aufgekauft. Mitmehreren anderen Besitzern sind die Verhandlungen wegen Aufkaufihrer Besitzungen dem Abschluß nahe. Auf dieselbe Weise vergrößerndie übrigen Großagrarier im Kreise ihr Besitztum, so daß heute schonfast der gesamte KreisJauerim Besitz einer HandvollGrohagrarievist.Die Fürstlich Pleßsche Stalrdesverwaltung, die in Miftelschlesienschon ungeheure Flächen in ihrem Besitz hat, hat iwuerdings wiedereine 80 Morgen große Besitzung mit Gasthof in Fveudenburg auf-gekaust. Bald wird das ganze idyllisch gelegene Dorf Freudenburg,das chenrals ein« ganze Anzahl von kleinen Bauern aufzuweisenhatte, der allmächtigen Standesherrschast Fürstenstein ganz gehören.Auch Herzog Ernst Günther zu SchleSwig-Holsiein, der inSchlesien schon mächtige Besitzungen sein eigen nennt, hat neuerdingsnoch 3300 Morgen> Besitztum ausgekauft.So lange der Großgrundbesitz systematisch die kleinen Bauernund Stellenbesitzer aufkauft, um so weniger wird die deutsche Land-Wirtschast in der Lage sein, die Viehzucht zu heben.Ter strafende Militarismus!Im Jahre 1911 wurden 12 912 Angehörige der deutschen Armeewegen Zuwiderhandlungen gegen militärische und bürgerliche Straf-gesetze verurteilt. Gegenüber dem Vorjahre ist die Zahl der Ver-urteilten um 474 gestiegen. In einem Falle wurde aus Todesstrafeerkannt, in 11 Fällen auf Zuchthaus von 6 und mehr Jahren<1910: 13 Fälle), 26 Verurteilte mußten aus 2— ö Jahre ins Zuchthaus wandern<1910: 14) und 18<21) wurden darin auf 2 Jahreinterniert. Eine Verurteilung erfolgte zu lebenslänglicher Zuchthaus-strafe. Auf Gefängnis wurde 1911 gegen zusammen 5016 Personenerkannt, 1910 erlitten gleiche Strafe 4888 Personen. Festungshaftverhängten die Gerichte über 128 Verurteilte gegen 88 im Vorjahre.Auf Arrcststrafen lauteten die Urteile in 5093<4953) Fällen, aufGeldstrafen in 2463<2248) Fällen. Ehrenstrafen erlitten 2033<2018)Personen. Unter den Delikten, die zur Bestrafung führten, nehmendie sogenannten Jnsubordinationsvergehen einen hervorragendenPlatz ein. Es erfolgte Verurteilung wegen:militärischer Verbrechen u. Vergehen 1910 1911darunter:Unerlaubte Entfernung...... 727 805Fahnenflucht......... 564 578Selbslbefreiung von Gefangenen.. 12 11StrafbareHandlnngen gegen die Pflichtder Unterordnung..... 1287 1317Mißbrauch der Dienstgewalt.... 594 593Zerstörung von Dienslgegenständen. 16 27Diebstahl, Unterschlagung. Bestechung 1449 1490alschmeldungen usw....... 204 213ahrläsfige Körperverletzungen... 74 64Trunkenheit.......... 15 22Unter den sogenannten bürgerlichen Vergehen und Verbrechenvon Militärpersonen erfolgten u. a. Verurteilungen: 168<153) wegenBeleidigung, 972<943) wegen Körperverletzung, 984<938) wegenVergehen gegen das Eigentum, 245<199) wegen Spionage usw. Be-merkt mag noch werden, daß von den 593 Verurteilungen wegenMißbrauch der Dienstgewalt nur 40 auf Bayern, 44 auf Sachsenund 16 auf Württemberg entfallen. Alle anderen mehren PreußensRuhm und Ehre. Und daß bei den Jnsubordmationsvergehenmeistens der preußische Schneid die Schuld trägt, kann man darausentnehmen, daß von den 1317 Verurteilten dieser Kategorie Vergehen nur 130 auf Bayern. 70 auf Sachsen und 20 auf Württem«berg entfallen.. Preußen ist allen voraus!Staatssekretär a. D. Nieberding verstorben.Wie aus dem. ReichSanzeiger' Bekannt wird, ist am Donners-tag der frühere Staatssekretär des Reichs-JustizamteS, Nieder-ding, gestorben. Der Verstorbene hat dieses Amt 16 Jahre inne-gehabt, eine Seltenheit in einer Zeit besonders starken Ministerver-brauchs. Nieberding war im Laufe der Zeit ein recht ver-knöcherter Jurist geworden, für den nur existierte, wasin den Akten stand. Wenn er im Reichstage die Angriffeunserer Genossen auf die Klassenjustiz abzuwehren versuchte, dannkam er, der ja auch kein Redner war, über einige nichlssagendeBemerkungen nicht hinaus. Sein Fleiß wurde dagegen allseits an-erkannt.Produktionsstatistik.Im ReichSamt des Innern werden gegewvärtig für VerschiedeneGewcrbSz-weige Produktionsstatistilen veranstaltet, deren Ergebnisspäter alz Unterlagen für die Ausgestaltung der Zoll- und Handels-Politik dienen sollen. Die Unternehmer sind nicht erbaut von dieserStatistik, derm sie lassen sich nicht gern in die Karten gucken. DieSchweiniburgschen„Berliner Politischen Nachrichten" bringen des-halb ein« offiziöse Mahnung an die beteiligten Unternehmer, derStatistik keine Schwierigkeiten zu machen:„In erster Linie liegt es im Interesse der Unternehmerselbst, daß ein zutreffendes Bild von der Bedeutung ihres Ge-werbezwetges vorliegt. Denn es ist selbstverständlich, daß bei derAusgestaltung der Zoll- und Handelspolitik den einzelnen Ge-weroszweigen Berücksichtigung nach dem Grade ihrer Bedeutungfür die VolkKrirtschaft zuteil wird. Ihre Bedeutung läßt sich abernur»ach den Ergebnissen einer möglichst lückenlosen Produkftons-statistik erkennen... Es ist eine durch nichts begründete Furcht,wenn manche Unternehmer annehmen, daß die von ihnen mit-geteilten Daten aus ihren Betrieben zu anderem als dem produk-lionsstatistischen Zwecke benutzt iverdcn, oder daß sie gar weiterverbreitet werten könnten. In beiden Beziehungen sind Vorkeh-rungen für absolute Geheimhaltung getroffen. Auch ist in Aus-ficht genommen, bevor einige allgemeine Ergebnisseder ProduiftionSstaftsfik veröffentlicht werden, erst die A n-ficht der Vertretungen der einzelnen GrwerbSzweigeeinzuholen und die Bß,röffentlichun>a nach dem Gut-achten der letzteren einzurichten.Mehr können die Unternehmer wirklich nicht verlangen. Siewerden sich doch nun nicht, länger gegen die ihnen aufgedrungenenWohltaten sträuben.Landfagsersatzwahl in Mogilno-Wrongrowitz.Bei der heute im Wahlkreise Broniberg 5<Mogilno-Znin-Won-growitz> in Znin vollzogenen Landtagsersatzwahl für den verstorbenenAbg. Pellasohn<Fortschr. Bp.) wurden für Justizrat Bärwald-Brom-berg 252 und für v. Jania-Polcynski.(Pole) 220 Stimmen ab-gegeben. Bärwald ist somit gewählt.Einer von vielen.Wegen Mißhandlung eines Untergebenen hafte fich gestern derUnteroffizier Gedowski von der 2. Kompagnie des Garde-Grenadier-regimenls Nr. 5 vor dem OberkriegSgericht deS Gardekorps zu ver-antworten. Der Angeklagte hatte eine Zeitlang frühmorgens für dieeinzelnen MannschaftSstuben den Morgenkaffee auszuhändigen. EineSMorgens fehlie der Grenadier, der für Stube 83 abzuholen hatte.G. war hierüber sehr ärgerlich und ging nach der betreffenden Stube.Als er vergeblich fragte, Iver den Kaffee zu holen habe, wurde er»och aufgeregter und ließ die Mannschaft wiederholt ein- und anS-trelcn und in dem enge» Raum auf- und niederlegen. Als demStellvertreter Gottes das nicht schnell genug ging, sprang er auseinen der Soldaten zu und versetzte ihn, als„Nachhilfe" einen sowuchtigen Schlag ins Genick, daß der Getroffene zu Boden stürzte.Das OberkriegSgericht erkannte auf 14 Tage Mittelarrest.\ftenferdcb.Tic Radikalen gegen den Proporz.Paris, 11. Oktober. Der Parteilag der Radi-kalen und Sozialistisch-Radikalen in Tours nahm nachziemlich lebhafter Besprechung einen Antrag ein, in dem eineWahlreform auf Grundlage des Majoritätsprinzips befür-wortet wird, die ausschließlich von der republikanischenMajorität beider Kammern gemächt werden soll. Die Ver-h ä l t n i s w a h l und der Wahlquotient wurden a b«gelehnt.Italien.Eine Verheimlichung der Verlustliste von Zanzur?Rom, 9. Oktober.<Eig. Ber.) Nach offiziellen Angaben beliefsich die Zahl der in Zanzur am 30. September gefallenen italieni-scheu Soldaten und Offiziere auf 75, die der Verwundeten auf 200.Nach einem dem„Avanti" zugegangenen Privatbrief eines Sol-baten vom 23. Infanterieregiment wären aber über 509 begrabenworden, und es hätten beim Appell nach der Schlacht 1800 Manngefehlt. Man ist natürlich nicht imstande, diese beiden wider-sprechenden Nachrichten auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Es ist be-kannt, daß auch die Soldaten oft dazu neigen, die Verluste zu über-treiben, wo es sich um Gefechte handelt, an denen sie teilgenommenhaben. Immerhin gibt die vom„Avanti" gegebene Nachricht zudenken, einmal, weil sie auch von anderer Seite Bestätigung findet,wenigstens was die UnVollständigkeit der offiziellen Angaben be-trifft, dann, weil das Kriegsministerium bisher sich in der. Mit-teilung der Verluste nicht durch besondere Wahrhaftigkeit ausge�zeichnet hat/England.Die Homerule-Debatte.London, 10. Oktober. Unterhaus. Vor dicht besetztemHause brachte heute Premierminister Asquith die Gutllo-t i ne- R e s o l u t i o n der Regierung ein, die für die Beratung derHomerule Bill 3 4 Tage ansetzt. Ganz im Gegensatz zu der Er-Wartung, daß es zu stürmischen Szenen kommen würde, beendetensowohl Asquith wie auch der Führer der Opposition BonarLaw ihre Reden ohne Unterbrechungen. Asquith brachte die festeEntschlossenheit der Regierung zum Ausdruck, die Homerule Billnoch in der jetzigen ijAirlamentssession zu erledigen, und er-klärte, die Regierungs-Resolution gestatte, alle wichtigen Punkteder Bill in ausführlicher Weise zu erörtern. Bonar Law bekämpftedie Resolution, kam auf die Ulster-Frage zu sprechen underklärte, es habe keinen Unterschied zwischen den britischen Unio-nisten von Ulster und den britischen Unionisten gegeben, solangedem Lande nicht die Homerule Bill vorgelegt worden sei. Ulstergleiche jetzt einem Pulverfaß, das jeden Augen-blick explodieren könne.(?)Ueber die Guillotine-Resolution der Regierung entspann sicheine Debatte, in der L l o h d G e o r g e B o n a r L a w wegen seinerHaltung gegenüber Ulster heftig angriff. Bonar Law erwiderte,wenn die Regierung versuchen sollte, der Provinz Ulster die Home-rule Bill gewaltsam aufzuzwingen, ohne vorher däs Land zu be-fragen, werde er die Leute von Ulster bis zum äußersten inihrem Widerstand gegen diesen Versuch unterstützen.Nach lebhafter Debatte wurde der Antrag Bonar LawS, dersich gegen die Guillotine-Resolution der Regierung richtet, vomUnterhause mit 323 gegen 232 Stimmen abgelehnt. Sodannwurde die Fortsetzung der Beratung auf Montag vertagt.Der Porzellmtarbkiterverband im Jahre 191!.Etwas verspätet erschien vor einiger Zeit der Bericht des Po«»zellanarbefterverbandes für das Jahr 1911. Aber die Verspätungfindet eine Erklärung durch die andauernden Nachwirkungen, welchedie im Frühjahr dieses JahreS über die Porzellanärbeiterfchaftverhängte allgemeine Aussperrung für den Verband mit sich brachte.Aber heut, wo auch die letzten Wellen der Aussperrung verebbt sind.kann man mit vollem Recht sagen, daß, wenn dieser Gewaltaktder Unternehmer auch ein großes Loch in die Kassen des Verbandesgerissen hat, der Hauptzweck der Aussperrung, den die Unternehmererzielen wollten, nicht erreicht wurde. Denn die Mitgliederzahldes Verbandes stieg nach der Aussperrung stark an, so daß sie gegen-wärtig eine Höhe erlangt hat, wie nie zuvor. Wozu noch kommt,daß das Organisationsleben in den Zahlstellen des Verbandes einbedeutend regeres geworden ist und daß ein weiteres Wachsen derMitgliederzahlen durch die Reuschaffung von drei weiteren Gan,leiterstellen garantiert erscheint.Aber der vorliegende Bericht bezieht sich auf daS Jahr 1911und seine Zahlen und Ergebnisse bleiben von der Aussperrung nochunberührt. Sie weisen aber ohnedies eine erfreuliche Entwicklungdes Verbandes auf. Das zeigt sich zuerst an der Mitgliederzahl,die von 13 052 auf 16 743 stieg, also um 28 Proz. zunahm! Relativam stärksten war die Zunahme an weiblichen Mitgliedern, derenZahl von 1432 auf 2722 anwuchs, sich also fast verdoppelte!Entsprechend diesen günstigen Zahlen stiegen auch die Ziffern,die über die Einnahmen und über den Vermögensstand berichten.Die Gesamteinnahmen betrugen 582 723,06 M., darunter allein anBeiträgen 463 528,46 M.. das sind 77 622,89 M. oder 20 Proz.uiehr als im Vorjahr an Beiträgen eingenommen wurde. Diesengünstigen Einnahmen stehen an Ausgaben 432 267,35 M. gegen»über, unter denen sich iwch 66 391 M. für gekaufte Wertpapierebefinden. Den Haupiteil der Ausgaben erforderten die Unter,stützungen, für die insgesamt 259 218,63 M. ausgegeben wurden.Aber hierin wird künftig ein Wandel eintreten, da die letzt«Generalversammlung eine wesentliche Beschränkung der Unter-stützungSleistungen vorgenommen hat, die aber erst mit dem Beginndieses Jahres in Wirksamkeit trat.— Das Verbandsvermögen betrug am Schluß des Rechnungsjahres 404 153,50 M.Bedeutend waren insbesondere die Ausgaben für Differenz»Unterstützungen. Sic machten 123 128,38 M. aus. Und trotzdemwaren es fast nur kleine Kämpfe, die auszufechten waren; dennan 32 Differenzen nahmen insgesamt nur 988 Personen teil, undnur zwei Fälle, in Vordamm und Selb, iveisen eine Teilnehmer»zahl von über 100 auf! Aber das Eigentümliche der Kämpfe inder Porzellanindustrie ist deren zumeist sehr lange Dauer, durchwelche dann auch die hohen Unkosten erklärlich werden. So findenwir unter den 32 Kämpfen solche von 17-, 19-, 20-, 23-, 45-, 51- und52 wöchiger Dauer!Zu diesen beträchtlichen Ausgaben kommen dann die verhält-nismäßig namhaften Beträge, welche der Verband für Krankengeld-Zuschüsse und Sierbeaeld zu zahlen hatte. Im Jah»e 1911 warenes wieder 72 172,44 M. Schon diese Summe bietet einen Maßstab,an dem man die außerordentlich hohe Gesundheitsgefährdung, dieder Porzellanarbeitcr bei seiner Berufsarbeit ausgesetzt ist, er-kennen und abschätzen kann. Und diese Abschätzung findet nochdarin eine Stütze, wenn man aus dem Bericht ersehen kann, daßvon 88 verstorbenen Mitgliedern allein 46 einem Lungenlciden er-legen sind. Wie denn überhaupt die Tuberkulose die eigentlicheBerufskrankheit der Porzellanarbeiter ist. Schuld daran sind inerster Linie die ungesunden Zustände in den meisten Fabriken,ferner die ungenügenden Lohnverhältnisse und die dadurch be-dingte mangelhafte Ernährung sowie die schlechten Wohnverhältnissevieler Porzellanarbeiter.— Freilich, die Unternehmer behauptendaS Gegenteil, und sie haben jetzt„festgestellt", daß es keinen ge»sünderen. besseren Beruf als den der Porzellanarbeiter geben kann.Mit anderen Worten also: Von dieser Seite iverden die Porzellan-arbeiter nicht die geringste Verbesserung ihrer Verhältnisse zu er»hoffen haben. Sie müssen sich auf sich selbst'verlassen und ihrerelgenen Kraft vertrauen.Und wenn sie so wie im Jahre 1911 in ihrer Organisationweiter arbeiten und sie immer mehr festigen und ausbauen, dannwerden sie auch zu ihrem Ziel kommen.