politische Lage, da die Börse lange nicht mehr ihre frühere Bedeutung hat, da der Effektenhandel in den Großbanken kon- zentriert und von ihnen beherrscht wird. Gegen die Englandhetze! London , 14. Oktober. (Privattelegramm des „V o r w ä r t s".) Die Berichte über den Abbruch der Friedensverhandlungen Italiens mit der Türkei werden von dem Konstantinopeler Korrespondenten der„Daily Telegraph " als unrichtig bezeichnet. Die Streit- frage soll nur formaler Natur gewesen fein. Sonntagabend 5 Uhr 35 Minuten sei der Punkt schon erledigt gewesen und die e n d g i l t i g e Unterzeichnung des Friedensschlußvertrages stehe bevor. Dagegen erklärte Lord M o r l e y heute im Oberhause, daß die Friedensverhandlungen zwischen JtalienundderTürkeieineungünstigeWen- dung genommen hätten. Es sei jedoch unmöglich zu sagen, ob dies einem Abbruch der Verhandlungen gleich- komme. Es kann nicht früh genug auf das g e f ä h r l i ch e T r e i- ben der deutschen Panzerpatriotenpresse hingewiesen werden, deren Hetzartikel, die England als den eigentlichen interessierten Urheber des Balkankrieges hinstellen, von der hiesigen chauvinistischen Presse, wie der„Daily Mail", liebevoll aufgenommen werden. Was kann der Beweggrund dieser Hetze sein zu einer Zeit, da ein Einvernehmen zwischen Deutschland , England und Frank- reich, wie Jaurds schreibt, von den Tatsachen selbst vorge- zeichnet wird? Die Macht der Gewohnheit oder bedarf man eines neuen Stoffes für das Argument von den endlosen Lücken in den Rüstungen? England hat gewiß sein vollgerütteltMaßSchuldandemZusamnien- b r u ch der Diplomatie. Aber war irgend eine der Mächte bereit, die Machtmittel, die eine Versicherung gegen den Krieg sein sollen, nötigenfalls zur Erhaltung des Friedens gegen den raublustigcn Balkanbund oder die saumselige Türkei anzuwenden? Die törichte Legende, daß England allein den Krieg heraufbeschworen habe, wird allein schon durch die tag- lichen Nachrichten aus Indien widerlegt, nachdem dort die Mohamedauer, die Stützen der englischen Herrschaft in Indien , den Angriff des Balkanbundcs auf den Khalifen in zitternder Erregung verfolgen. Nach offizieller Nachricht aus Konstantinopel haben die Montenegriner Sienitza im S an d- sch a k N o v i b a s a r angegriffen. Aus Belgrad wird gemeldet, daß die Türken heute morgen serbische Truppen bei Nistovatz angegriffen haben. Das Gefecht entwickelte sich auf der ganzen Grenzlinie von Risto- vatz bis Vrtogosche. D i e Serben wurden über- rascht, schlugen aber den Angriff ab. Das Ge- fecht dauert noch fort. Die Cürhci und die ßalbanftaaten. Die Antwort Bulgariens . Sofia , 14. Oktober. (Meldung der Agence Bulgare .) Die Note, welche der türkischen Gesandtschaft übermittelt .wurde, zählt radikale Reformen auf. welche allein das elende Los der christlichen Bevölkerung wirklich bester ge- stalten könnten, nämlich: Autonomie der Verwaltung der "Provinzen, belgische oder Schweizer G e n e rä l g o u v e r- neure, aus Wahlen hervorgegangene Provinzial- l a n d t a g e, Landes-Gendarmerie und-Milizen und ireien Unterricht. Die Ausführung dieser Reformen soll einem Höheren Rat anvertraut werden, der sich aus Christen und Muselmanen in gleicher Zahl zu- sammensetzt und unter der Aufsicht der Botschafter der Großmächte und der Gesandtschaften der vier Balkan - sta.aten in Konstantinopel steht. Tie Pforte wird auf- gefordert, zu erklären, daß sie diese Forderungen annimmt, indem sie sich verpflichtet, die in der Note und in der beige- fügten erklärenden Ergänzungsnote enthaltenen Reformen binnen sechs Monaten durchzuführen. Außer- dem soll die Pforte als Beweis ihrer Zustimmung das Mobilisationsdekret rückgängig machen. Unmittelbar nach der Uebermittelung dieser Note über- gab der Minister des Aeußern dem Lsterreichischungarischen und dem russischen Gesandten die Antwort auf ihre ge- meinsame Note. In dieser Antwort drückt die bulgarische Regierung, die sich mit den Regierungen von Griechenland und Serbien einig ist. ihren Dank für das Interesse aus, das die Mächte zugunsten der Bevölkerung der europäischen Türkei gezeigt haben. Sie ist jedoch der Ansicht, daß es grausam wäre, nicht den Versuch zu machen, für die christ- liche Bevölkerung das ottomanischen'Kaiserreiches r a d i- kalere und bestimmtere Reformen zu erlangen. welche allein ihr elendes Los wirklich besser gestalten könnten. Daher haben die Regierungen der drei Balkanstaaten ge- glaubt, sich an die Regierung Seiner Majestät des Sultans direkt wenden zu müssen, indem sie ihm die Reformen, die einzuführen siird, und die Garantien mitteilen, die er für ihre aufrichtige Anwendung wird gewähren müssen. Die A n t w o r t n'o t e der f e r b i s ch e n R c g i e r u n g hat denselben Wortlaut. Die Türkei bleibt bei ihrem frühere» Vorschlag. Äonstantinopel, 14. Oktober. In der Antwortnote der Pforte erklärt der Minister des Aeußeren. daß die Pforte die Notwendigkeit der Durchführung von Reformen anerkannt habe, welche für. die Verwaltung des Reiches au- wendbar seien, um das Gedeihen, die Eintracht und die Har- monie unter den heterogenen Bestandteilen des Reiches zu sichern. Er glaube aber, daß eine fremdeEinmischu n g diesem Werke nicht nützlich sein werde, wenn die bis jetzt gemachten Reformversuche nicht geglückt seien, so liege die Ursache in den S t ö r u n g en, die von den bekannten Herden der Verhetzung hervorgerufen worden seien. Der Minister erklärte ferner, daß die Pforte sich vollständig den von den Mächten aufgewandten Anstrengungen an- schließen werde, um Konflikten vorzubeugen, die großes Un- glück im Gefolge haben würden und deren Ausdehnung niemand voraussehen könne. Ter Minister weist weiterhin auf die Bedeutung des Artikels 23 des Berliner Vertrages hin und erklärt, die Pforte fei entschlossen, das Gesetz von 1880 in seinem ganzen geschichtlichen Umfange anzuwenden, und werde einen entspreche ndcnGesetzentwurf bei der Eröffnung des Parlaments einbringen. Tic gegenwärtige Regierung dürfe nicht für die W i n k e l z ü g e d e r V c r- gange nheit verantwortlich gemacht werden: sie sei e n t° schlössen, mit derVer gange llheit zu brechen. Me ottomanischen Behörden würden den Befehl erhalten, uiu verzüglich das Gesetz von 1880 in Kraft treten zu lassen. Ei« griechisches Ultimatum. Athen , 14. Oktober. Die griechische Regierung beauf- tcagte ihren Gesandten Grhparis in Konstantinopel , der Pforte wegen der Beschlagnahme griechischer Handels- schiffe eine Note zu überreichen. In der Note wird unter Fest- seyung einer Frist von 24 Stunden verlangt, daß die Schiffe freigegeben und deren Eigentümer entschädigt werden. Griechische Kriegsankündigung. Einverleibung Kretas . Athen , 14. Oktober. Bei dem Wiederzusammentritt der Kammer wurden die kretischen Abgeordneten mit Beifall begrüßt. Ministerpräsident V e n i z e l o s erklärte. die Regierung nehme das unionistische Votum der kretischen Versammlung an und erkläre in aller Form, daß in Zukunft nur eine einzige Kam- merfürKretaundGriechenland bestehe, er fordere die kretischen Abgeordneten'auf, sich nach Kreta zu begeben, wo Neuwahlen gemäß der griechischen Ver- f a s s u n g vorzunehmen seien. Venizelos erklärte weiter, trotz des Wunsches nach Frie- den werde Griechenland , das sich nicht nur moralisch und materiell, sondern durch die Hilfe der verbündeten Staaten auch stark fühle, siegesgewiß allen Ge- fahren die Stirn bieten. Englische Truppen in Kreta . Malta , 13. Oktober. (Meldung des Reuterschen Bureaus.) Das zweite Bataillon des Regiments Northampton- shire hat Befehl erhalten, sich zur Einschiffung nach Kreta bereitzuhalten. Italien und die OrKei. Die Fricdensnnterhandlungen. Paris , 14. Oktober. Die Agence Havas meldet aus O u ch y: Heute nachmittag wird eine Besprechung der Friedensunterhändler stattfinden. Es scheint eine Entspannung der Lage eingetreten zu sein. In jedem Falle besteht mehr Hoffnung als gestern, daß eine friedliche Lösung zustande kommt. Paris , 14. Oktober. Wie die„Agence Havas" aus Ouchy meldet, ist die heutige Besprechung der türkischen und italienischen Tele- gierten abends um 5 Uhr geschlossen worden, ohne daß ein e n d- gültiges Ergebnis erzielt worden wäre. Eine gut unterrichtete Persönlichkeit erklärte, sie habe von der Besprechung den Eindruck bekommen, daß die Verständigung einen großen Schritt vorwärts getan habe. Erklärnngeu Giolittis. Rom , 14. Oktober. Der„S v a» t i" veröffentlicht eine Unter- r e dung mit dem italienischen Ministerpräsidenten G i o l i t t i, in der dieser bestätigt, daß die türkische Regierung, nachdem bereits eine vollständige Uebereinstimmung erreicht worden war, im letzten Augenblick wissen ließ, sie wünsche, daß die Punkte, zu denen Italien sich verpflichtet, sofort ausgeführt werden sollten, während die Ausführung der italienischen Forde- rungen, wie zum Beispiel die Zurückziehung der liby- schen Truppen und die Proklamation an die Araber auf- geschoben werden sollten. Wir konnten, sagte Giolitti, einer solchen Anmaßung nicht einmal Erwägung schenken. ES herrschte keine Meinungsverschiedenheit über den Gegenstand des Vertrages, sondern einzig und allein über den Aufschub der Durchführung der türkischen Verpflichtungen. Im Falle deS Scheiterns der Vcrhand- lungen, erklärte Giolitti, werden wir den Krieg verschärft weiter führen, nur für unsere Rechnung. Wir lassen uns einzig und allein durch unsere Interessen und unsere Ziele leiten, an denen die Ereignisse auf dem Balkan keinerlei Aenderung hervorbringen können. Auf die Frage, ob Italien mit den B a l l a n st a a t e n vor eine europäische Konferenz verwiesen werden könnte, ant- wortete der Ministerpräsident: Unsere Aktion und diejenige der Balkanstaaten haben nichts miteinander gemeinsam. Es handelt sich da um getrennte Ziele. Infolgedessen müssen auch die polt- tischen und militärischen Aktionen, die sich daraus ergeben, getrennt bleiben. Es ist jedenfalls ausgeschlossen, daß unser Konflikt mit der Türkei aus einer europäischen Konserenz be- sprocken und beraten werden könnte. Giolitti ist weiter der festen Meinung, daß man für den europäischen Frieden nicht zu fürchten brauche. Die Araber Tripolitaniens«nd der Friedensschluß. Konstantinopel , 13. Oktober. Wie es heißt, hat der Kommandant von Benghast Enver Bey an eine hohe Persönlichkeit einen Brief gerichtet, in dem er erklärt, eS werde ihm unmöglich sein, selb st nach dem Friedensschlüsse mit Italien die türkischen Truppen zurückzuziehen und die Araber im Stich zu laffen, sofern nicht diese selbst ihn freiließen. Der Brief wurde am 7. d. MtS. dem Ministerrat unterbreitet. Am folgenden Tage wurde auf Einladuung der Regierung ein großer Rat höherer Generalstabsoffiziere einschließlich Mahmud Schewket Paschas auf der Pforte zusammcnberufen. Der Rat sprach sich dahin ans. daß der Friedensschluß mit Italien angesichts der gegen- wäriigen Lage auf dem Balkan vom militärischen Gesichtspunkte aus notwendig sei. Es wird erklärt, die Pforte suche jetzt mit dem Großscheich der Senussi ein Abkommen zutreffen, wonach ihm gewisse religiöse Vorrechte zugestanden werden, damit er seinen Einfluß für die Pazifizierung der Araber von Tripolis und Benghasi gellend mache. Ausweisung des Genossen Rakowski. Wien , 14. Oktober. (Privattelegramm des „V o r w ä r t s".) Freitag abends wurde der eben in R u st- s ch u k angekommene bekannte rumänische Genosse Dr. R a z k o w s k i dort verhaftet und auf die Polizei gebracht. Ter Grund ist, daß er den Aufruf der Sozialisten Ru- inäniens und der Türkei mit unl erzeichnet hat. Auf eine Frage der hiesigen Polizei beim Ministerium des Innern in S o f i a kam die Antwort, man möge Dr. Ra- kowski morgen früh nach Giurgiewo in Rumänien überstellen und ihm das Dekret über die Ausweisung aus Bulgarien einhändigen. Bekanntlich ist seinerzeit Rakowski, der tatsächlich rumänischer Staatsbürger ist. aus Rumänien ausgewiesen worden, unter dein Vorwand, er sei Bulgaxe._ Das sPetroleummonopol. Die„Nordd. Allgem. Ztg." veröffentlicht an der Spitze ihrer letzte» Nuibmer einige Mitteilungen über die von der Negierung geplante Monopolisierung des deutschen Petroleumhandels. Sind diese Mitteilungen auch— wie es scheint, absichtlich— so gehalten, daß sie kein deutliches Bild der Einrichtung geben, so beanspruchen sie doch ein solches Interesse, daß wir ihren wichtigsten Teil hier wiedergeben. Geplant ist nicht ein Staatsmonopol, sondern ein Privatmonopol— angeblich deshalb nicht, weil ein Staatsmonopol erstens eine erheblich« Zahl VM Ssaurtefl ew fordern und zweitens die freie Betätigung von Handel und Finanz ausschalten würde, ferner aber auch, weil das Petrcüeumgeschäst seiner Natur nach allzu„spekulativ" sei. Die Regierung gc- denkt deshalb der Finanz das Geschäft zu überlassen. Wohl in erster Linie der Deutschen Bank? Es soll deshalb eine Petroleum-Vertriebsgesellschaft, eine Aktiengesellschaft, gc- gründet werden, die unter ständiger Aufsicht der Reichsverwaltung steht. Satzung und jede Aenderung der Satzung sollen der Gc- nehmigung des Reichskanzlers, Vor st and undAufsichtsrat seiner Bestätigung unterliegen. Außerdem soll e i u Reichskommissar die Geschäftsführung im ein- zeltten überwachen und für einzelne besonders wichtige Vorgänge, wie den Abschluß großer langfristiger Lieferungsverträgc, ein Vetorecht haben. Weiter ist Vorsorge getroffen, daß die Aktiei, nicht etwa in die Hände ausländischer Gesellschaften geraten, in- dem Namensaktien mit erhöhtem Stimmrecht geschaffen werden, die in den Händen eines aus den großen deutschen Finanzgesell- schasien bestehenden Konsortiums verbleiben. Sollte aber die Ver- triebsgesellschaft trotz aller dieser Vorsichtsmaßregeln ihre aus- schließliche Befugnis zum Großhandel mit Leuchtöl mißbrauchen, so ist vorgesehen, daß auch schon bor Ablauf der zu« nächst etwa auf 30 Jahre festzusetzenden Kon- zessionsdauer die Reichsverwaltung ihr jene Befugnis ent- ziehen kann. Die Gesellschaft soll sich auf den Großhandel mit Leuchtöl be« schränken, während der Kleinhandel unberührt bleibt. Sie soll etwa von Viertel- zu Vierteljahr einheitliche Preise festsetzen, zu denen von den Tankanlagen'das Leuchtöl entnommen werden kann. Unberührt bleiben ferner die Anstalten, die in Deutschland Rohöl gewinnen und zu Leuchtöl verarbeiten, sie werden nur ver- pflichtet, das Leuchtöl an die Vertriebsgesellschast abzuliefern deren ausschließliche Befugnis sich auch nicht auf die übrigen Mineralöle, wie Benzin oder Gas- und Treiböl, erstreckt, da bei den letzteren die Gefahr eines Monopols nicht besteht und im Benzingeschäft sich eine große leistungsfähige Raffination ent- wickelt hat. Der Eingriff in das wirtschaftliche Leben wird sich daher auf wenige Großhandelsgeschäfte in Leuchtöl beschränken, deren sämtliche Anlagen und Vorräte übernommen werden sollen, und zwar, falls eine gütliche Vereinbarung nicht zustande kommt, im Wege der Enteignung. Um einer Verteuerung des Petroleums durch die Vertriebs- gesellschaft vorzubeugen, sollen dieser allerlei Preis- und Gewinn- beschränkungen auferlegt werden. Das Kanzlerblatt berichtet darüber: „Es wird eine obere Preisgrenze gezogen, bei deren Ueber- schreitung sich der Gelvinn der Gesellschaft auf die landesübliche Verzinsung ihres Aktienkapitals beschränkt; erst, wenn die Preise unter dieser Grenze bleiben, darf die Gesellschaft über die Verzinsung hinaus ver» dienen', und zwar in dem Maße, als die Preise sinken. Hier- durch wird die Gesellschaft genötigt, mit allen Mitteln auf eine Verbilligung des Leuchtöls hinzuarbeiten soweit dies gegenüber den Einkaufskosten auf dem Weltmarkt möglich ist.... Ob die Unternehmung einen Gewinn abwerfen wirb und in welcher Höhe, läßt sich mit einiger Sicherheit nicht voraus- sagen, da die Preise auf dem Weltmarkt sehr schwankend sind. Wird ein Ertrag, der Wer eine Verzinsung des AktienkapiWs hinausgeht, erzielt, so wird au' i h m auch das Sic h teilnehmen, da kein Grund vorliegt, einen solchen Gewinn dem privaten Kapital allein zu überlassen; vielmehr ist er den Zwecken der Allgemeinheit nutzbar zu machen. Es ist daher eine Bestimmung dahin beabsichtigt, daß die Vertriebsgesellschast, wenn sie unter der vorgesehenen Preisgrenze bleibt. Vierfünftel ihres Gesamtgewinns an das Reich abführt; dagegen soll das Reich nichts erhalten, wenn der Preis die Grenze überschreitet. Denn es soll-durch das Gesetz unter keinen Umständen eine neue Verbrauchsabgabe ge» schaffen werden, vielmehr das Reich lediglich an dem Gewinn teilnehmen, der sich ohne eine Belastung der Verbraucher durch die Vorteile des künftigen konzentrierten Betriebes ergibt. Damit wird, falls das Unternehmen sich günstig entwickelt, eine neue Art von Einnahmequellen für das Reich eröffnet, und es werden gleichzeitig die großen Kapital- kräfte unseres Wirtschaftslebens für das Reich nutzbar gemacht, ohne daß eine weitere Vermehrung des Beamtenapparats eintritt." Zum Schluß sucht die Regierung ihr Projekt dadurch schmack- hafter zu machen, daß sie nochmals verspricht, die Erträge sollten nicht zur Tilgung der Reichsschulden, sondern für sozial« politische Zwecke verwandt werden. Eine Kritik des ganzen Planes ist vorerst kaum möglich, da die Andeutungen über die Preisfestsetzungen, die Gewinn- beschränkungen und die Gewinnbeteiligung ganz unbestimmt gehalten sind und gerade diese Einzelheiten für die Beurteilung des Ganzen vor allem in Betracht kommen. Die Sozialdemokratie ist keineswegs prinzipiell gegen die Einführung eines Monopols, aber für ein Monopol, das auf eine Verteuerung des Petroleums und eine Begünstigung großer Finanzgesellschaften auf Kosten der großen Masse der Konsumenten hinausläuft, wird sie in keinem Fall stimmen. politische deberltckt. Berlin , den 14. Ottober 1918. Religion und Verbrechen. Die„Breslauer Voltswacht" stellte jüngst das Ergebnis der jetzt beendete» sechsten Schwurgerichtsperiode in Oberschlesten fest. Danach sind eine ungemein hohe Zahl von Verbrechern abgeurteilt worden, die sich die Delikte: Raub, Mord, Totschlag usw. zuschulden kommen ließen. Die größte Aufmerksamkeit hat der MySlowitzer Mordprozeß beansprucht, in dem die beiden Schuldigen mit je IS Jahren Zuchthaus bezw. Gefängnis bestraft worden sind. Dann kam die Tat des Kmschers Schmal ans Kattowitz , der seine Frau erschosien, und des Arbeiters Cymorek miS Königshütte, der einen Mordversuch an einem seiner früheren Freunde unternommen hatte, beide traf die härteste Strafe von je 15 Jahren Zuchthaus. Verhandelt wurde insgesamt in 14 Strafsachen gegen 19 Angeklagte und zwar wegen Raubmordes, Totschlags, Mordversuchs(2 mal), Körperverletzung mit Todeserfolg, Raubes<3 mal). Notzucht(3 mal), Amtsverbrechens, Urkundenfälschung(2 mal). Nur zwei Angeklagte wurden frei- gesprochen, die übrigen 17 dagegen zu insgesamt S7 Jahren. 3 Monaten Zuchthaus und 25 Jahren, 8 Monaten Gefängnis ver- urteilt. Ein Gegenstück hierzu bildet eine Schwnrgerichtsverhandlung in Trier , über die die„Aachener Post" wie folgt berichtet: „Bor dem Schwurgericht in Trier hatte sich der Winzer- gehilfe St. aus Minbeim, Kreis Wittlich , wegen Meineid? und der Winzer K. ans Reinsport, Kreis Bernkastel , wegen Anstiitung zum Meineid zu verantworten. Vor Eintritt in die Ver- lcandlung richtete der Vorsitzende sehr charakteristische Mahnworte an die Zeugen. Er sagte unter anderem: „Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß gewisse Ort? in der Nähe Ihres Mohnsitzes sich auszeichnen durch eine befon-
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