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Für die Hoffnung der Balkanstaaten aber charakteristisch ist der Appell, den König Ferdinand in seiner Kriegsprokla- mation an Rußland richtet. Das Andenken an Alexander II. , den Zarbefreier Bulgariens von der türkischen Herrschaft, Wird heraufbeschworen, um die russischen Machthaber daran zu erinnern, daß sie auch jetzt ihreslawischen Brüder" nicht im Stiche lassen sollen. Es ist eine geschickte Anrufung der mächtigen panslawistischen Kreise Rußlands und wer dürste sagen, daß sie wirkungslos bleiben wird. Erklärt doch jetzt schon die russische Presse mit steigendem Nach druck, daß Rußland die Balkanstaaten nicht im Stiche lassen dürfe. Und der bulgarische Zar würde kaum diese Sprache führen, wenn er nicht sicher wäre, daß sie ein starkes Echo auslösen wird. Ein Volkskrieg im Bunde mit dem Völker mordenden Zarismus I So zeigt schon der Beginn des Krieges, wie recht unsere bulgarischen und serbischen Genossen hatten, als sie den Krieg verwarfen, der kein Mittel der Be* freiung, sondern nur die Vorbereitung neuer Verknechtung sein könne. Für uns aber bedeutet diese Kriegsproklamation eine neue Warnung und einen neuen Hinweis auf die Ge- fahren, die uns bedrohen. Türkische Offensive. Koustantinopel, 18. Oktober. Die türkischen Armeen haben ten Befehl erhalten, gegen Serbien und Bulgarien die stensive zu ergreifen. Der türkische Armeebefehl. Konstantinopel , 17. Oktober. Wie verlautet, erließ das Kriegsministerium infolge Beschlusses des heutigen Minister- rats einen Armeebefehl, in dem alle an dem Kriege be- tcillgten Truppen aufgefordert werden, bei dem Einfall in feindliches Gebiet sich jeder Ausschreitung zu ent- halten. Das Ministerium des Innern beauftragte die Provinzbehörden, der muselmanischen Bewölke- r u n g anzuraten, sich aus Anlaß des Krieges nicht auf- h e tz e n zu lassen undmitdenChristeninEintracht zu leben. Die Kriegserklärungen Bulgariens und Serbiens . Sofia , 18. Oktober. Die Regierung hat ihren Gesandten in Konstantinapel Sarafow beauftragt, der Pforte folgende Mit­teilung zu unterbreiten:Da die Pforte nicht auf die identische Note geantwortet hat, die die Regierungen von Bulgarien . Serbien und Griechenland ihr am 13. Oktober überreicht haben, und da die Loge, die bereits durch die Beschlagnahme von serbischer Munition und griechischen Dampfern, die seitens der Türkei unter dem Bruch des Völkerrechts vorgenommen morden ist. sehr ernst war, durch Angriffe auf bulgarische und serbische Vorposten unter Ver- Ictzung internationaler Grundsätze und außerdem durch den Ab- brach der Beziehungen zwischen Bulgarien und dem ottomanischen Reiche noch drohender geworden ist, so hat die Regierung ihren Ge- sandten Sarafow beauftragt, der Pforte mitzuteilen, daß von dem Augenblick der Ueberreichung der Note an, Bulgarien sich im Kriegs­zustande mit der Türkei betrachte. Der Gesandte fügte hinzu, daß er, da er seine Aufgabe als beendet ansehe, so rasch als möglich K o n st a n t i n o p e l ver­lasse. Er crtlärte weiter, daß es den in Bulgarien wohnenden ottomanischen Untertanen, die daS Land verlassen wollten, frei- gestellt sei, dieses- zu tun. Diejenigen aber, die vorziehen würden, dort zu verbleiben, könnten auf den Schutz der Gesetze zählen. Die gleiche Note ließ die serbische Regierung über- reichen. Das bulgarische Kriegsmanisest. Sofia , 18. Oktober. Der K ö n i g hat folgendes M a n i- fest an die Nation erlassen: Bulgaren ! Im Lause meiner 25jährigen Negierung habe ich stets in friedlicher Kulturarbeit den Fortschritt, das Glück und den Ruhm Bulgariens erstrebt und nur in dieser Richtung habe ichchie bulgarische Nation sich beständig entwickeln sehen wollen. Aber die Vorsehung hat anders entschieden. Für die bulgarische Nasse ist der Augenblick gekommen, der es erheischt, aus dieWohltaten desFriedens zu verzichten und die Hilfe der Waffen anzurufen für die Verwirk- lichung eines großen Problems. Jenseits des Rila- und Nhodopegebirges waren unsere Blutsbrüder und Re- ligionsgenossen bis heute, dreißig Jahre nach unserer Befreiung, nicht so glücklich, ein erträgliches menschliches Da- sein zu erlangen. Alle Anstrengungen, die sowohl von den Großmächten, wie seitens der bulgarischen Regierung gemacht worden sind, um dieses Ziel zu erreichen, haben nicht die Be- dingungen geschaffen, welche diesen Christen den Genuß der Menschenrechte und der Freiheit gestatten. Der Seufzer von Millionen von Christen hat unsere Herzen er- schüttern müssen, die Herzen ihrer Stammes- und Religions- genossen, die wir unsere Freiheit und unser friedliches Leben einer großen christlichen Befreierin verdanken. Und die bulgarische Nation erinnerte sich der prophetischen Worte des Zar-Befreiers: Das heilige Werk muß zu Endegeführt werden. Unsere Friedensliebe ist erschöpft. Um der christlichen Bevölkerung in der Türkei zu helfen, bleibt uns kein anderes Mittel übrig, als uns zu den Waffen zu wenden. Wir sehen, daß dies das einzige Mittel ist, mit dem wir ihnen den Schutz des Lebens und des Eigentums sichern können. Die Anarchie in den türkischen Provinzen bedrohte selbst unser nationales Leben. Nach den Massakers in Jstip und Kotschana hat die türkische Regierung statt den Geprüften Gerechtigkeit und Genugtuung zu gewähren, wie wir es ge- fordert haben, die Mobilisierung ihrer militärischen Streit- kräfte angeordnet. Unsere Langmut ist so auf eine harte Probe gestellt worden. Tie menschlichen und christlichen Ge- fühle, die heilige Pflicht, den Brüdern zu helfen, wenn sie mit der Vernichtung bedroht sind, die Ehre und Würde Bulgariens legten mir die gebieterische Pflicht auf, die für die Verteidi- gung des Vaterlandes bereiten Söhne unter die Fahnen zu rufen. Unsere Aufgabe ist gerecht, groß und heilig. In dem Glauben an den Schutz und den Beistand des Allmächtigen bringe ich es zur Kenntnis der bulgarischen Nation, daß der Türkei zur Verteidigung der menschlichen und christlichen Rechte der Krieg erklärt worden ist. I ch b e f e h l e der tapferen bulgarischen Armee in das türkische Gebiet zu marschieren. An unserer Seite und mit uns kämpfen mit dem gleichen Ziel aegen den gemeinsamen Feind die Armeen der mit Bulgarien verbündeten Balkan st aaten, Serbien , Griechenland und Montenegro. Und in diesem Kampfe des Kreuzes gegen den Halbmond, der Freiheit aeaen die Tnrannei, werden wir die Sympathien aller derer haben welche die Gerechtigkeit und den Fortschritt lieben. Möge' gestützt auf diese Sympathien, der tapfere bulgarische Soldat der Heldentaten seiner Väter und Abnen eingedenk sein und der Tapferkeit seiner russischenLehrerund Befreier. Möge er von Sieg zu Sieg eilen.?lun bor- wärts, und Gott mit uns! Das Manifest ist vom Könige unterzeichnet und von den Ministern gegengezeichnet. Die griechische Kriegserklärung. Athen , 17. Oktober. DieAgcnee d'Athönes meldet: Serbien hat der Türkei zuerst den Krieg erklärt. Bulgarien folgte, Griechenland , das sich von seinen Lcrbündcte» nicht absondern will, hat seinen Gesandte» in Konstantinopel beauftragt, der Pforte die Kriegserklärung zu übermitteln, indem es gleichzeitig den verbündeten Nationen brüderlichen Gruß sendet. Die Grieche» überschreiten die Grenze. B o l o(Thessalien ), 18. Oktober. Drei griechische Re- gim enter haben gestern früh in der Nähe von Elassona die türkische Grenze überschritten, ohne Widerstand zu finden. Kretas Hilfe. Paris , 18. Oktober. Nach einer Blättermelbung aus Canea sind gestern 800 kretische Milizsoldaten unter Führung mehrerer Unteroffiziere an Bord des griechischen Dampfers Pinios nach dem Piräus abgegangen. Die kretische Regierung sei außer- stände gewesen, sie zurückzuhalten. Die Anwerbungen dauern fort. In Kandia sollen sich 1000 Mann Miliz - so Ida ten auf dem Dampfer Ärkadia eingeschifft haben. Kämpfe an der serbischen Grenze. Saloniki , 18. Oktober. Das Gefecht bei Podn- j e w o und P r e p o l a tz an der serbischen Grenze hat einen größeren Umfang angenommen. Auf beiden Seiten sind Verstärkungen eingetroffen. Die Türken haben alle Augriffe der Serben zurückgeschlagen. Man kämpft auf beiden Seiten mit größter Erbitterung; die Berluste find noch«n- bekannt. Wie es heißt, treffen die Serben Anstalten, in der Gegend von Novibazar den Uebergang über die Grenze zu erzwingen. Laut Nachrichten aus U e S k ü b haben die Bulgaren die türkischen Blockhäuser bei P a l a u k a sowie die bei Nalbend Tschepeler und Teoerer angegriffen. Kampfpause auf den montenegrinischen Schauplatz. Podgoritza, 17. Oktober. In dem Kampfe zwischen Monde- negrinern und Türken ist eine Pause eingetreten. Die Truppen der mittleren Kolonne versammeln sich bei T u z i, um in der Rich- tung gegenSkutari vorzugehen. Ansehnliche feindliche Streit- kräfte sind ihnen von Skutari entgegengeschickt worden. Man er- wartet eine Schlacht auf einem für die montenegrinische Armee sehr ungünstigen Terrain, nämlich dem sumpfigen ösb lichen Ufer des Skutarisees. Im Falle eine» Mißerfolges sind die Montenegriner im Rücken nicht gedeckt, da der hinter ihnen liegend« kleine See von Hum die Verbindung mit ihrem Zentrum erschwert. Von der Nordarmce sind über 300 Verwundet« hierher transportiert worden. ES macht sich bereits Mangel an A e r z t e n fühlbar. Aus Rußland laufen viele Gaben für das Rote Kreuz ein. Türkischer Gefechtsbericht. Kokistantinopel, 17. Oktober. Amtliche Meldungen des Kriegsministeriums besagen: Die Kämpfe bei Kranja in Ler Gegend von T u z i haben mit einem Erfolge der Türken geendet. Die Montenegriner haben sich zurück- gezogen. Auf türkischer Seite wurden zwei Offiziere und 15 Mann getötet, drei Offiziere und 51 Mann verwundet. Die Verluste der Montenegriner werden auf 500 Mann geschätzt. Die Kämpfe bei G u s i n j e dauern an. Die Türken haben den Posten Politzi besetzt und ein Geschütz sowie Munition genommen. Um die Gunst Englands. London , 13. Oktober. (Privattelegramm desV o r- wärt S".) Die Türken und Balkanvölker buhlen um die Gunst des englischen Volkes, das aus dem ihm täglich prüfen- tierten Wortsalat noch immer nicht recht klug wird. Nach den Staatsmännern des Balkans kommt jetzt der Sultan . Der Berichterstatter desDaily Mail" telegraphiert aus Konstanttnopel, daß er eine Audienz bei dem Sultan halt«, in dessen Verlauf sich der Sultan wie folgt äußerte:Kiamil Pascha sagte mir gestern, daß in England die öffentliche �Sympathie in diesem Kriege, in den wir verwickelt worden sind, auf unserer Seite ist. Ich schätze sehr die guten Wünsche des britischen Volkes und danke ihm von Herzen. Der Krieg, den wir führen, ist uns a u f g e. z w u n g e n worden. Die Türkei würde nie angegriffen haben, wenn man sie in Ruhe gelassen hätte. Wir haben nur daS Schwert ergriffen, um unser Gebiet und unsere gerechte Sache zu ver- teidigen. Der Sultan schloß die Unterredung mit einigen äußerst schmeichelhaften Worten für das englisch « Volk. Kiamil Pascha scheint dem Sulwn einen schönen Bären auf. gebunden zu haben, denn von einer Sympathie für die Türkei ist hier wenig zu merken. Eher könnte man von einer Sympathie für die Balkanvölker in gewissen liberalen Kreisen reden, die aber mit ihrer unbedachten Gefühls- Politik nur dem Chauvinismus in Rußland Vorschub leisten. Die Cürlm und Italien . Der Friede von Ouchy. Ouchy, 18. Oktober. Der Friedensvertrag zwischen Italien und der Türkei ist heute um 3 Uhr 45 Min. unterzeichnet worden. Der Wortlaut des Vertrages. Rock, 18. Oktober. Der heute in Ouchy unterzeichnete Frie- densvertrag zwischen Italien und der Türkei besagt im Eingange, daß der König von Italien und der Kaiser der Ottomanen, von dem gleichen Wunsche für Beendigung des Kriegszustandes zwischen ihren Ländern beseelt, folgende Bevollmächtigte ernannt haben: der König von Italien den Deputierten Pietro Bertolini . den Staats- rat Guido Fusinato und Guiseppe Volpi , der Sultan die außer- ordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Mehemmed Naby Bey. Rum Bcy Oglu und Fax Eddiu Bey. Diese Bevollmäch- tigten sind über folgende Punkte übereingekommen: Artikel 1. Die beiden Regierungen verpflichten sich, un- mittelbar nach Unterzeichnung gegenwärtigen Vertrages die not- wendigen Verfügungen zu treffen zu einer sofortigen und gleich- zeitigen Einstellung der Feindseligkeiten. Sonderg'scmdte werden in die betreikendeni Orte geschickt werden, um die Ausführung der eben genannten Verfügungen sicherzustellen. Artikel 2: Die beiden Regierungen verpflichten sich, sogleich nach der Unterzeichnung des vorliegenden Vertrages ihren Offi- zieren und Truppen den Rückb-rufungsbefehl zu geben und ebenso ihren Zivilbeamten: die ottomanische Regierung für die Cyrenaika und die italienische Regierung für die besetzten Inseln im Aegaei- schen Meere. Die tatsächliche Räumung der genannten Inseln von den italienischen Offizieren, Truppen und Zivilbeamien wird so- gleich erfolgen, ivenn die Räumung seitens der Türken in Tripoli- tanien und der' Cyrenaika durchgesührt ist. Artikel 3: Die KriegIgefcmgetlSK Lud Geiseln Eeröcn mog, lichft bald ausgetauscht werden. Artikel 4: Die beiden Regierungen verpflichten sich, voll- kommen« Amnestie zu gewähren, und zwar die königliche Regie- rung den Bewohnern von Tripolitanien und der Cyrenaika und die kaiserliche Regierung-den Bewohnern der Inseln des Aegaeischen Meeres, die Untertanen der ottomantschen Herrschaft sind und an den Feindseligkeiten teilgenommen oder sich in ihrer Stellung bloß- gestellt haben sollten, abgesehen von gemeinen Verbrechern; infolge- dessen soll niemand, welcher Klasse oder welchem Stand er auch angehören wag, in seiner persönlichen Freiheit oder seinem Besitz oder in seinen Rechten verfolgt oder beunruhigt werden wegen seiner politischen oder militärischen Handlungen oder wegen seiner -während'der Feindseligkeiten ausgesprochenen Ansichten, die auS diesem Anlaß verhafteten oder deportierten Personen werden so- gleich in Freiheit gesetzt wenden. Artikel 5: Alle Verträge und Uebercinkünste jeder Gattung, Art und Natur, die zwischen beiden vertragsschließenden Teilen vor der Kriegserklärung geschlossen oder in Geltung waren, werden un» verzüglich wieder in Kraft gesetzt, und beide Regierungen wenden. die eine gegenüber der anderen, ebenso wie die beiderseittgen Unter- tanen, in dieselbe Lage versetzt, in der sie sich vor den Feindselig- leiten befunden haben.« Artikel 6: Italien verpflichtet sich, zu derselben Zeit, wo die Türkei ihre Handelsverträge mit den anderen Wächten erneuern wird, mit der Türkei auf der Grundlage des europäischen Völker- rechts einen Handelsvertrag abzuschließen, d. h. Jtaiien ist bereit, der Türkei ihre volle wirtschaftliche Unabhängigkeit zu lassen und daS Recht, in Handels- und Zollangelegenheiten wie alle anderen europäischen Mächte zu handeln und ohne durch Kapitulationen und andere bis zum heutigen Tage geschlossenen Akte gebunden zu sein. Dabei versteht es sich, daß der genannte Handelsvertrag nur in soweit in Kraft treten wird, wie von der Pforte mit anderen Mächten auf gleicher Grundlage abgeschlossene Handelsverträge. Außerdem willigt Jtaiien in eine 11- bis ISprozentige Erhöhung der Zölle vslorem in der Türkei , ebenso stimmt es der Ein- führung neuer Monopole zu, sowie der Erhebung von Verbrauchs- steuern auf folgende fünf Arttkel: Petroleum, Zigarettenpapier, Streichhölzer, Alkohol und Spielkarten. Alles diese? unter der Be- dingung, daß dieselbe Behandlung gleichzeitig und ohne Unterschied auf die Einsuhr auch der anderen Länder angewandt wird. In soweit es sich um Artikel handelt, die einem Monopol unterliegen, ist die Verwaltung dieser Monopole gehalten, Artikel italienischer Herkunst nach einem Verhältnis zu beziehen, das der jährlichen Einfuhr der gleichen Artikel entspricht, vorausgesetzt, daß der Preis, zu dem die Monopolarttkel angeboten werden, der Marktlage im Augenblick des Kaufs entspricht. Dabei soll die Qualität der zir liefernden Ware, sowie der Durchschnittspreis der'der Kriegs- erklärung vorangegangenen 3 Jahre in Betracht gezogen werden. Außerdem versteht es sich dabei, daß, wenn die Türkei , anstatt neu« Monopole aus die oben genannten S Arttkel zu legen, sich entschlösse, sie mit Verbrauchssteuern zu belegen, diese Verbrauchssteuer in der- selben Weise aus die gleichen Produkte der Türkei und jeder anderen Nation gelegt werden müßten. Artikel 7: Die italienische Regierung verpflichtet sich, ihre im ottomanischcn Reich bestehenden Postanstalten zu derselben Zeit aufzulösen, wo die anderen Mächte, die in der Türkei eigene Post- anstalten besitzen, diese auflösen werden. Artikel 3: Da die Pforte beabsichtigt, auf einer europäischen Konferenz oder anderweitig mit den beteiligten Großmächten Ver- Handlungen anzuknüpfen, um das System der Ldapitulationen in der Türkei aufzuheben und sie durch das Regime des Völkerrechts zu ersetzen, erklärt Italien , indem es diese Absicht der Pforte als wohlbegründet anerkennt, der Türkei vom jetzigen Augenblick an in dieser Hinsicht seine volle und aufrichtige Unterstützung leihen zu wollen. Artikekv: In der Absicht, ihre Zufriedenheit mit den guten und loyalen Diensten zu bezeugen, die ihr von den in ihrer Verwal» tung angestellten italienischen Untertanen geleistet worden sind, zu deren Entlassung sie sich aus Anlaß der Feindseligkeiten gezwungen gesehen hat erklärt sich die Pforte bereit, sie in den Stellungen, die sie verlassen hatten, wieder anzustellen. Für die Monate, die sie beschäftigungslos waren, wird ihnen ein Wartegeld gezahlt; aus dieser Dienstunterbrechung wird den Angestellten, die ein Anrecht auf Pension hatten, kein Nachteil erwachsen. Im übrigen ver- pflichtet sich die türkische Negierung, ihren Einfluß bei den In- stitutionen, mit denen sie in Beziehung steht(öffentliche Schuld. Eisenbahngesellschaften, Banken usw.) geltend zu machen, daß gegen- über den italienischen Untertanen, die in deren Diensten standen und sich in ähnlicher Lage befinden, ebenso Verfahren wird. Artikel 10: Die italieniscke Regierung verpflichtet sich. jährlich an die Kasse derDette Publique " für Rechnung der kaiser - lichen Regierung ein« Summe zu zahlen, die durchschnittlich den Summen entspricht, die in jedem der drei Jahre, die der Kriegs- erklärung vorhergingen, für den Dienst der öffentlichen Schuld auS den Einnahmen der beiden Provinzen bestimmt waren-. Der Be­trag der besagten Jahressumme wird übereinstimmend von zwei Kommissaren festgesetzt, von denen einer von der königlichen, der andere von der kaiserlichen Regierung ernannt wird. Im Falle von Meinungsverschiedenheiten wird die Entscheidung einem Schieds. gericht übertragen das aus den oben genannten Kommissaren und einem Oberschiedsrichter besteht, der von den beiden Parteien ge- meinsam ernannt wird. Wird darüber keine Einigung erzielt, so bezeichnet zede Partei eine andere Macht und die Wahl des Ober- fchicdsrichterS kvird gemeinschaftlich durch die so bezeichneten Machte vollzogen. Die königliche Regierung wie die Vcrwaltnng rCi"�5! Publique" sollen durch die Vermittelung der kaiser - nch�n Regierung das Recht haben zu verlangen, daß die oben er- wahnte?ahretrente durch die Zahlung einer Summe ersetzt wird, dem kapitalisierten Betrage zum Zinsft.ße von 4 Proz. ent- 'pri.cht. Was den vorhergehenden Absatz betrifft, so erklärt die königliche Regierung, schon jetzt anzuerkennen, daß die JahreSrentc nicht gering« sein darf als zwei Millionen Lire und sie ist bereit/ der Verwaltung derDette Publique " die entsprechende kapital,- fterte Summe zu zahlen, sobald eL verlangt wird. . A\ vorliegende Vertrag wird«am Tage semer Unterzeichnung in Kraft treten. Urkundlich dessen haben die Bevollmächtigten den vorliegenden Ertrag"t"zeichnet und ihre Siegel beigefügt- Lausanne . �Oktober 1012. gez, Bertolini. Guido Fusinato Gm- seppe Volpi. Mehemmed Naby. Rum Bey. Oglu �ahreddin. Der türkische Verzicht. Rom , 17. Oktober. Die Proklamation des Sultans an die Bevölkerung T r i p o l i tanienS und der Cy. r e n a i k o hat folgende» Wortlaut: Da meine Regierung sich einer» seits in der Unmöglichkeit befindet. Euch die wirksame S i l s e zu geben, die erforderlich ist. um Euer Land zu verteidigen. da sie andererseits um Euer gegenwärtiges und zukünftiges Wohl- ergehen besorgt ist und die Fortsetzung des für Eure Familien ver- hängnisvolleu und für unser Reich geiährlicheii Krieges vermeiden will. und da sie die Absicht hat. in Eurem Laude Frieden und Wohlfahrt wieder aufleben zu lassen, verleihe ich Euch, kraft meiner Herrscher- rechte. dievolleundganzeAutonoinie. Euer Land wird nach einem neuen Gesetz und nach besonderen Ver» o r d n u n g e n regiert werden, an deren Ausarbeitung Ihr durch Euren Rat mitwirken werdet, damit sie Euren Bedürfnissen und Gewohnheiten entsprechen. Ich ernenne zu meinem Vertreter bei Euch meinen treuen Diener Cbemseddin Bey. den ich mit dem Schutz der oömanischen Interessen in Eurem Lande beauftrage. Dos Mandat, das ich ihm übertrage, hat eine Tauer von fünf Jahren. Nach dieser Frist behalte ich mir vor. sein Mandat zu er- neuern oder einen Nachfolger zu bestellen. Da eS unsere Absicht ist, daß die Bestimmiingen des ScheriatgesetzeS dauernd in Kraft bleiben, behalten«vir uns zu diesem Zweck die Ernennung eines