Nr.249.
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29. Jahrg.
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Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69.
Fernsprecher: Amt Morikplak, Nr. 1983.
Donnerstag, den 24. Oftober 1912.
Der Kampf um billiges Fleisch.
haben.
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Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt Moritzplak, Nr. 1984.
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morgen bei der Eröffnung kein Fleisch verkauft werden konnte. Die Erregung des Publikums über das Verhalten der Metzger war 111 groß; nur mit Mühe war die Ordnung aufrecht zu erhalten. Es ist stofuna inzwischen nach geeigneten Ersaßmännern gesucht worden, damit der Berkauf auch an den offenen Ständen baldigst beginnen kann. Falls die Megger den regelmäßigen Verlauf nicht vollziehen wollen, so wird der Magistrat durch andere oder eigene Leute den Verkauf bes Das hat wirklich gerade noch gefehlt! Seit Monaten| Hungernden, denen nun schon seit Monaten auf dem Magen werkstelligen müſſen. beherrscht eine wachsende Erbitterung die arbeitenden Massen herumgetanzt wird, sind abermals in der unverfrorenften In den Markthallen II( Lindenstraße), IV( Dorotheenstraße, dieser Stadt und ganz Deutschlands . Die Teuerung Weise genarrt worden! Immer neue Menschenmengen strömten VII( Dresdener Straße ), IX( Pücklerstraße), X( Arminiusplatz), Yaftet unerträglich auf jedem einzelnen Arbeiterhaushalt. hinzu und wollten die traurige Wahrheit nicht glauben. Die XI( Marheinikeplatz) und XIII( Wörther Straße) konnte der Verkauf Immer lauter wird der Ruf nach Deffnung der sich Bahn: Fauler Zauber... Schwindel... Schiebung die Schlächter wie die Käufer waren mit der Qualität des Fleiſches Erregung war grenzenlos. Wilde und berechtigte Empörung brach pünktlich eröffnet werden. Der Abfaz gestaltete sich sehr lebhaft; Grenzen. Aber die Regierung ist der Gefangene der und die Menge wich und wankte nicht, weil sie immer noch zufrieden; die Bestände waren in kurzer Zeit erschöpft, haben Agrarier. Namentlich ist es der millionenreiche Großgrund- hoffte, daß die Fleischtöpfe Rußlands sich doch öffnen würden. aber bei weitem nicht ausgereicht, um die überaus starke Nach befizer, der als preußischer Landwirtschaftsminister auch die in der elften Vormittagsstunde harrten vor den nördlichen frage zu befriedigen. Es hätte das vielfache Quantum umgesetzt egoistischesten und anmaßendsten Begehren der Agrarier zur und östlichen Markthallen noch immer Tausende. Nur in der werden können. Sache der über den Parteien stehenden" Regierung macht. Wörther Straße, wo in der sonst anderen Zwecken dienenden Ein unliebsamer Borfall muß noch erwähnt werden. BerUnd Herr v. Schorlemer hat ja den Erfolg für sich und die Halle teine Schlächterkonkurrenz ist, gab es schiedene Schlächtermeister, die sich an dem Verlauf des russischen Anerkennung im Hause der Dreillassenschmach ist ihm sicher. russisches Fleisch, aber auch hier bloß an einem einzigen Verkaufs- Fleisches nicht beteiligten, haben von ihren Verkaufsständen aus das Statt Hilfe gegen die Not zu schaffen, hat die Regierung sich stande und in mäßiger Menge. Schußleute und Markthallen faufende Publikum mit höhnenden Zurufen bedacht. Gegen diefe begnügt, dem armen Volfe ein paar elende Brosamen, ein beamte wurden mit Fragen bestürmt alles vergebens. Raum Schlächter wird seitens der Markthallenverwaltung energisch vorpaar Almofen zuzuwerfen und den Städten gnädigst zu erlauben, war es in der Aderstraße bekannt geworden, daß es in der gegangen werden; man erwägt, ob man ihnen nicht die VerkaufsWörther Straße Fleisch gebe, als ein wildes Jagen begann. stände entziehen soll. aus den Balkanländern, wo es der Krieg als Bundes- 3u spät längst war der kleine Vorrat ausverkauft. Inzwischen sind. sowohl gestern wie heute wieder weitere Sens genosse der Agrarier unmöglich macht, und aus Rußland In der Zeutralmarkthalle war es nicht anders. Oberbürger- dungen frischen Fleisches aus Rußland eingetroffen und für morgen frisches Fleisch zu beziehen. Die wichtigste Forderung, dem meister Wermuth und Stadtrat Berndt, die sich von dem( Donnerstag) fünf Waggons angemeldet." billigen australischen und argentinischen Fleisch die Einfuhr Fortgang des Verkaufs überzeugen wollten, mußten manche freizugeben, die verweigert aber die Regierung nach wie vor. bitteren Worte aus dem Publikum hören, obwohl beide sich Diese Darstellung des Magistrats bestätigt unsere MitUnd nun müssen es die Notleidenden und Erbitterten die größte Mühe um die Beschaffung billigen Fleisches gegeben teilungen, nach denen die Schlächtermeister durch ihr Vernoch erleben, daß eine Schar übelberatener Zwischenhändler halten die Maßnahmen der Stadtgemeinde, der Bevölkerung Am tollsten ging es am Weddingplak zu. Hier billiges Fleisch zu liefern, illusorisch machen wollen. der Obstruktion der Regierung zu Hilfe kommt und den hatten sich in der zehnten Stunde mindestens 4000 Menschen Nach der Haltung des Magistrats dürfte der Plan der Agrariern noch die Mauer macht! Die Fleischer haben angesammelt, vorwiegend Frauen. Die Erregung war auf Schlächtermeister faum gelingen. Es wäre besser gewesen, der gestern ihr dem Magistrat gegebenes Wort gebrochen und den den Siedepunkt gestiegen. Nur, dem Eingreifen beherzter Magistrat hätte von vornherein die Schlächtermeister ganz Berkauf des endlich angelangten russischen Fleisches aus den Männer und der diesmal glüdlicherweise vernünftigen Haltung ausgeschaltet und den Verkauf in eigener Regie besorgen fleinlichsten Profitinteressen verweigert. Während Hunderte des zahlreichen Schuhmannsaufgebots ist es zuzuschreiben, daß lassen. Allzu schwierig ist das nicht! Schließlich wird von Arbeiterfrauen vergeblich in den Hallen warteten, blieb erheblichere Unruhen noch ausblieben. Den ersten Anlaß zu er ohnehin genötigt werden, den von uns geforderten das russische Fleisch in den Lagern, der Gefahr des Ver- der empörten Stimmung soll hauptsächlich der in der Wedding Weg zu gehen. Aber er foll nicht auf halben derbens ausgesetzt, bloß weil ein paar Händler ihr schäbiges halle feßhafte Schlächtermeister M. gegeben haben, der sich die Wege stehen bleiben. Bei seiner Antrittsrede hat Oberbürger Privatinteresse über das der Gesamtheit zu stellen beliebten. unerhörtesten Beleidigungen erlaubt haben soll. Die Situation meister Wermuth mit allem Nachdruck erklärt, daß eine der Kann man sich eine schärfere Verurteilung der wurde kritisch, als plötzlich der Befehl kam, die beiden Markt- wichtigsten Aufgaben der Gemeinde die Versorgung der Behalleneingänge, die sofort von Schuhleuten besetzt wurden, zu völferung mit Lebensmitteln ist. Und er hat recht! Eine tapitalistischen Marktversorgung denken? schließen und die Halle zu räumen. Auf diese geniale Art Gemeinde mit einer Zweimillionenbevölkerung hat die AufEs ist erfreulich, daß der Magistrat allem Anschein nach war stundenlang der gesamte Markthallenbetrieb gabe, eine rationelle Lebensmittelversorgung zu schaffen. Auf gewillt ist, mit der gebotenen Energie gegen die Urheber des Lahm gelegt. die Dauer kann die Gemeinde sich der Erfüllung dieser Sfandals vorzugehen. Nur darf es nicht bei einer Maß- Weshalb wurde das russische Fleisch, das tatsächlich in Pflicht nicht entziehen. Der Zwischenhandel verteuert nahme gegen einzelne Händler bleiben. Wenn irgend etwas, Berlin eingetroffen ist und auf dem Viehhof lagert, zurück- bie Lebensmittel in erheblichem Maße. Besorgnis um den so beweist der heutige Vorgang, daß der Standpunkt des gehalten? In letter Stunde streikten die Zwischenhändlergewinn war auch der Grund für die Städtetages, die Lebensmittelversorgung sei keine Sache der fenigen Schlächtermeister, denen städtischerseits Schlächtermeister, das städtische Unternehmen zu nichte zu Städte, unhaltbar ist. Die Kommunen müssen endlich der Verkauf übertragen worden war. Viele haben schon am machen und es bei der Bevölkerung in Verruf zu bringen. Dienstag auf dem Viehhof erklärt, daß sie das Fleisch nicht ab- Die Herren werden sich darin täuschen und erkennen müssen, gerade dieses Gebiet energisch in Angriff nehmen und nirgends ist die Durchführung des Munizipalsozialismus nehmen wollen, weil ihnen der Verdienst- 8 M. pro Zentner- daß die Empörung der Bevölkerung sich nunmehr auch gegen zu gering sei und ihnen außerdem von Berufskollegen sie selber richtet. dringender als gerade hier. Und schon deshalb müssen die mit Ausschluß aus der Innung gedroht worden Der Magistrat aber sollte endlich das große Gebiet der Städte für die kommunale Approvisionierung Vorsorge treffen, sei. Auf alle Fälle liegt ein planmäßiges, von profitfüchtigen Lebensmittelversorgung mit allem Ernst ohne Rücksicht auf damit endlich der Regierung und den Agrariern ihre legte Meistern inszeniertes Manöver und Wortbruch vor, die Interessen des Zwischenhandels in die eigene Hand Ausrede genommen und der Kampf, ohne Ablenkungen be- von dem der Magistrat vollständig überrascht worden ist. Zum nehmen. fürchtungen zu müssen, um so energischer gegen die Haupt- Unglück für die Hungernden tam noch hinzu, daß gestern auch schuldigen geführt werden kann: gegen die Agrarier fein Tag für den Seefischverkauf war. Außerdem hatten viele und die regierenden Aushungerungspolitiker! so sicher auf das russische Fleisch gerechnet, daß sie die Frei
Der gestrige Tag, an dem mit dem Verkauf russischen Fleisches in den Markthallen begonnen werden sollte, hat weiten Kreisen große Enttäuschung gebracht. Tausende von Arbeiterfrauen, die billiges Fleisch kaufen wollten, mußtee die bittere Erfahrung machen, daß vielfach der angekündigte Verfauf nicht stattfinden fonnte, weil die Schlächtermeister, die ursprünglich zum Verkauf sich bereit erklärt hatten, in legter
bant nicht besuchten und nun auch um das minderwertige Fleisch kamen. Das Verhalten der schuldigen Schlächter, die für die Volksnot noch gemeinen Hohn übrig haben, kann nicht scharf genug gebrandmarkt werden.
Eine Darstellung des Magistrats.
Die türkische Dstarmee, die die Bulgaren durch das Marizatal bis Mustafa Pascha und weiter östlich bis vor Kirkfilisse vordringen ließ, hat jetzt den Stampf aufgenommen. Auf einer Linie von zirka 50 Kilometer Ausdehnung hat das Ringen, dessen Ausgang für den weiteren Verlauf des Krieges von größter Bedeutung ist, eingesetzt. Natürlich darf man Der Magistrat gibt folgende Darstellung der Sachlage:" Der sich bei einem Kampfe, bei dem auf beiden Seiten HundertStunde anderen Sinnes geworden waren und den Magistrat von der Stadt Berlin mit großen Opfern an Geld und Mühe unter- tausende eingesetzt werden, nicht die Vorstellung einer simplen im Stiche ließen. Die Folge war eine wachsende Empörung nommene Verkauf von frifchem, aus Rußland eingeführtem Fleisch tausende eingesetzt werden, nicht die Vorstellung einer simplen der Massen, die noch gesteigert wurde durch das unverschämte hat gestern morgen in verschiedenen Markthallen, die in den Zeitungen Gefechtsübung im Regiments- oder Brigadeverbande machen; Verhalten einzelner Schlächtermeister gegen das laufende und an den Anschlagfäulen befannt gegeben find, begonnen. Der es handelt sich vielmehr um verschiedene Schlachtfelder, auf Publikum. Andrang des Publikums und der Verkauf waren enorm, so daß die denen das Kriegsglück nicht immer auf die gleiche Seite zu Ueber die Vorgänge in den Markthallen Abnahme des Fleisches abfolut gesichert ist. Die vorhandenen fallen braucht. Das Kampffeld wird in den heutigen wird berichtet: Nichts konnte die herrschende Not beffer Vorräte hätten vielfach größer sein müssen, um der Nachfrage Striegen auch noch durch die gewaltige Fernwirkung illustrieren, als die gestrige Hunger- und Elendsparade vor genügen zu fönnen. Seitens der Stadt ist alles geschehen, der Geschütze und Gewehre gegen früher erweitert. den bekanntgegebenen Verkaufsstellen. Wir haben vor Wochen um eine glatte Abwickelung des Verkaufs zu sichern.& s Auf dem Kriegsschauplak um Adrianopel kommt noch in Begeschildert, welcher Jammer sich vor den Freibankstellen ab- ist mit der hiesigen Fleiſcherinnung ein günstiges Abkommen über tracht, daß es sich um start toupiertes Terrain mit Bergen spielt, wo viele Hunderte die ganze Nacht hindurch in Wind den Vertrieb des Fleisches geschlossen worden. Danach darf in den und Wetter ausharren, um ein paar Pfund minderwertigen in den Marthallen zur Verfügung gestellten Ständen anderes als und Flußtälern handelt. Unter diesen Umständen kann es Fleisches zu erhalten, das die allermeisten, da die Nachfrage ausländisches Fleisch nicht verkauft werden. Eine Miete für diese sehr leicht vorkommen, daß kleinere Truppendetachements, mal nicht größer als das Angebot ist, bekommen. Stände wird von der Stadt nicht erhoben und ebenso kein Wasser- besonders in vorgeschobenen Positionen, umzingelt, aufgehoben Gestern war es noch viel schlimmer. Die Tausende, geld. Die Einrichtung der Stände wird umsonst überlaffen. Die und vernichtet werden. Solche Teilerfolge, die auf bulgarischer die sich aufgemacht hatten, um russisches Fleisch zu Metzger haben nur Hacklog, Wage und das zum Berteilen des wie auf türkischer Seite verzeichnet werden können, darf man erstehen, tonnten gar nicht gezählt werden. In den Fleisches notwendige scharfe Handwerkszeug, wie das erforderliche aber nicht, wie es die Sensationspresse tut, als glänzende großen Arbeitervierteln des Nordens und Ostens standen Bapier zum Einwickeln zu stellen. Die Verkaufspreise sind so und ausschlaggebende Siege auffassen. Der Gesamterfolg des Sie Massen vor den Markthallen am Wedding , in der talkuliert, daß die Verkäufer einen angemessenen Verdienst durch den gegenwärtigen Ringens wird sich erst nach längerem Ningen Börther, Ader- und Andreasstraße in dichten Scharen schon Berlauf erzielen. 128 Metzger hatten sich bereit erklärt, den Verkauf auf dem ganzen Kampffelde herausstellen. Vorläufig wird bon 6 Uhr morgens an, obwohl erst in der neunten Stunde zu bewerkstelligen. Wider Erwarten hielt sich aber am Mittwoch vor Kirkfilisse, im Tale des Flusses Tundsa und östlich von geöffnet werden sollte. Nach der Eröffnung entstand ein morgen das Fleischergewerbe in einzelnen Markthallen von dem Ver lebensgefährliches Drängen und Schieben. Um so größer war fauf zurüd. Bon den 128 Metzgern hatten 22 ihre Zusage erfüllt, Adrianopel im Marizatale gekämpft. Ueber den Ausgang die Enttäuschung, als man die Verkaufsplakate für russisches die anderen hatten verfagt. So tam es, daß in der Zentralmarkt dieser Kämpfe ist aber noch nichts Genaueres bekannt. Fleisch an den einzelnen Ständen nirgends sah und bald halle und in den Markthallen V( Magdeburger Blag), V1( derstraße), Auf dem nordwestlichen Kriegsschauplake ist der Offensiv. merkte, daß russische Ware überhaupt nicht da war. Die VIII( Andreasstraße) und XIV( Reinickendorfer Straße) Mittwoch vorstoß der serbischen Armee von Erfolg gekrönt gewesen.