Nr. 251. 29. Jahrgang.2. Sfilngc des.Kmiirls" Strlintt üolbMSonnabend, 26. Oktober 1912.Die Teuerung.Anr Frage der Fleischeinfuhr.Die Fleischermeister sind grundsätzliche Gegner der Fleisch-einfuhr, sei es in frischem oder gefrorenem Zustand. Auf ihrenBezirkstagen unid auf dem letzten VerbandÄag in Trier haben siediese Tatsache zum Beschlutz erhoben. Sie sind im Gegensatz hierzufür die Oeffnung der Grenzen für Schlachtvieh. Warum, wird derLaie fragen sind die Fleischermeister nicht auch für die Einfuhr vonFleisch, denn dadurch wird der Preis für das einheimische Schlacht-Vieh natürlich zurückgohen? Die Fleischermeister sind aus Gründendes Profits gegen die Einfuhr von Fleisch Bei der Fleischeinfuhrkann den Fleischermeistern der Profit genau nachgerechnet werden,weil das Fleisch zu einem bestimmten Preis gehandelt wird und andem Matzstabe der Detailpreise sich der Profit des Zwischenhandelsleicht feststellen lätzt. Beim Schlachtvieh ist daZ im Gegenteil rechtschwer festzustellen, weil hier durch die Nebenprodukte, Häute, Talg,Därme, Leber, Jungem Blut, Knochen usw. außerordentlich gutePreise durch die genossenschaftliche und kapitalistische Ne«p>ertungdieser Produkte, die sich durchweg in Händen der Innungen befinden,erzielen.Wenn ein Fleischermeister als seinen Verdienst an einemStück Großvieh nur die Haut und das Innere rechnen kann, sokommt er schon sehr gut zurecht dabei. Ganz ungemütlich werdenbesonders die Fleischermeister dann, wenn von Gefrierfleisch die Redeist. Hier fürchten sie auch, daß Warenhäuser oder auch gemein-nützige Institutionen die Bevölkerung mit billigerem Fleisch versorgen könnten. Die Fleischermeister werden auch von Männern ge-führt, die agrarfreundlich gesinnt sind. Einer der Herren war früheragrarischer Redakteur, und auch der Vorsitzende des Meisterverbandessteht den Agrariern nicht ablehnend gegenüber. Im Jahre 1906, alsdie Wogen des Protestes gegen die hohen Fleischpreise schon einmalziemlich hoch gingen, fand ein Briefwechsel zwischen dem Fleischer-meisterverband und dem Oekonomierat Rind, dem Leiter der agrari-schcn Viehzentrale, statt, zu dem Zweck, die Fleisch- und Viehpreisein der Höhe zu erhaltene Der Verbandsvorsitzende der Fleischer-Meister schrieb damals an den Ockonomierrat Rind:„Ich habe diese Bestrebungen, die vor der Hand geheim ge-pflogen sind(gemeint ist damit der Protest der Fleischer gegen sieFleischpreise) gern unterstützt, denn Sie wissen ja, auf welchemStandpunkte ich stehe. Ich habe das getan, obgleich ich mir nichtverhehle, daß die Zeitverhältnisse einem solchen Beginnen äußerstgefährlich sind. Durch die Viehteuerung, die noch immer nicht ab-fällt, und in kurzer Zeit zu noch größeren Kalamitäten führenwird, ist das Fleischerhandwerk stark gereizt. Ich habe, solange eseben nur möglich war, bis persönliche Verdächtigungen den Ver-band zu zerreißen drohten, zum Matzhalten geraten. Und derDeutsche Fleischerverband hat sich auch wirklich, das werden Sieanerkennen;, äußerst zurückhaltend benommen, bis es eben nichtmehr ging. Hätte die Regierung nur ein ganz klein wenig Eni-gegenkommen gezeigt, das oberschlesische Kontingent etwas frühererhöht, wobei doch ganz gewiß nichts verloren gegangen wäre,eventuell auch eines der maßgebendsten Mitglieder des Fleischerverbandes durch Titel oder Auszeichnungen, den Verbandsmitgliedern gegenüber ihre Anerkennung gezeigt, wäre die Positionleichter geblieben."Dieser Brief zeigt deutlich, wie Fleischermeister und AgrarierVerbündete zur Ausplünderung des Volkes sind.Ein Beispiel aus neuerer Zeit:In Sachsen sind die Fleischermeister dahin übereingekommen,die Gesellen nicht mehr zu beschäftigen, die einer Stadt beim Ver-kauf des eingeführten dänischen Fleisches Hilfe geleistet haben. DieFleischermeister haben auch eine täglich erscheinend« Fachpresse, dieseit der Einfuhr von fremdem Fleisch nicht müde wird, das Fleisch soschlecht als möglich hinzustellen. Indirekt weiden die Meister auf-gefordert, sich auf den Verkauf des Fleisches nicht einzulassen, weildadurch die Gefahr besteht, daß das Fleischergewerbe ausgeschaltetkleines feuilleton.Kaiscr-Wilhelm-Ehemie. Bei der Einweihung der Kaiser-Wilhelm-Institute in Dahlem sagte der Kaiser in einer Rede:....AusAnlaß der furchtbaren Katastrophen, die in den letzten Jahren innnleren Kohlenbergwerken eingetreten sind, habe ich mich an dieChemie gewandt... und sie veranlaßt, mir Arbeiten einzu-reichen.... prophylaktische Einrichlungen..., um die unter Tagarbeitende» Leute zu schützen. Ich denke dabei an unschädlichechemische Präparate...■'Sagen wir: unschädlich gemachte. Und das würde sich auf diegematzregelten Arbeiterkontrolleure beziehen. In der Zeche Lothringenwurde der Sicherheitsmann zwei Jahre lang schikaniert und ge»schädigt, bis er eS aufgab, das Vorhandensein von Schlagwettern zubeanstanden. Dem Kaiser ist kein Vorwurf zu machen; ihm wurdeder einzige nicht.zuverlässige" Zeuge des Unfalls nicht vorgestellt;bereits die an den Türen postierten Gendarmen wiesen den Mannzurück.Diese soziale Forschung ist verlogen.Begründet mtt dem Geld adslssüchtiger Streber, werden dieKaiser Wilhelm-Jnstitute niemals mehr sein als kostbare Repräsen-tationsräume einer Wissenschaft, die um ihrer selbst willen betriebenwird. Die Bergherren bezahlen nichts für die Sicheiheit ihrerLeute und werden auch die neuen Präparate nicht bezahlen. Gesetzeund Verordnungen in Fülle, aber leine Durchführung. L6 824 Ver-letzte�jäh� keinen Schutz Pulver wert, aber weißer Rauchwirbelt auf, die bürgerliche Presse bringt die kindischen Witze unge-wandter Professoren, notiert jedes„Kolosial" des kaiserlichen Laren- und unten in der Erde Bauch hocken die Eingeschlossenen, zer-fleischen sich mit den Nägeln und heulen...Kunst und Demokratie. SnS Pari« wird uns geschrieben:Bor ein paar Wochen unternahm eine Gruppe von Pariser Chan-sonniers, die der Gruppe„La Chanson du Peuple"(das Lied desVolkes) angehören, eine Rundfahrt durch die Provinz. Ihr Strebenwar. die widerwärtige Mischung von Schweinerei und fauligerSentimentalttät, die das Programm der Tingellangel ausfüllt, durchkünstlerische Darbietungen höheren Stils und durch einen voltstüm-lichen Appell an den Idealismus der Masten zu ersetzen. Nun wirdzwar in Frankreich offiziell viel Wesens über die Verbindung von.Kunst und Demokratie" gemacht, tatsächlich aber ist, ganz wieanderswo, die Polizei, gegen Obszönitätsgeschäste viel duldsamerals gegen Unternehmungen, die das Volk rniS der kannibalischenWohligkeit des Sauglockengeläutes herausreißen könnten. In diesemFalle wurde der Vorwand zum.Einschreiten" darin gefunden, daßdie politische und soziale Tendenz einiger Miglieder der dem Kreiseder„Guerre Sociale" näherstehenden Künstleraesellschast keine Pflegedes im Cafö chantant so beliebten trivialen Chauvinismus versprach.Gleich nach den ersten Vorstellungen in Südfrankreich, die eine er-sreuliche Empfänglichkeit vor allem der Arbeiterschaft für die dar-gebotenen Proben älterer und neuerer freiheitlicher Dichtungen zeigten,setzten Verbote der Präkekten ein, die das Unternehmen schließlich zumScheitern brachten. Der Minister des Innern hatte wiederholt zugesagt,den Beschwerden Rechnung zu ttagen, aber der Leiter der Sicher-wird. Wenn durch die Einfuhr des russischen Fleisches in Berlindie Preise bei den Schlächtermeistern für hiesiges Fleisch um IS bis29 Pf. pro Pfund herabgingen, so ist hier zweifellos der Schlüsselzur billigen Fleischversorgung gegeben. Die nächste Forderung mußdie Aufhebung des§ 12 des Fleischbeschaugesetzes sein, damit auch dieEinfuhr von Gefrierfleisch möglich ist.Lebensunterhalt in Nordamerika und in England.In einem großen Lande, das feine Lebensmittel selbst erzeugt,sollten die Preise eigentlich niedriger sein als in einem Lande, dasden größten Teil der Lebensmittel erst von auswärts beziehen mutz.Unter normalen Verhältnisten müßte der Lebensunterhalt in denVereinigten Staaten erheblich billiger sein als in Großbritannien.Das Umgekehrte ist der Fall. Eine bekannte amerikanische Zeitung,„The World To-Dah", bringt nach den.Mitteilungen des Handels-vertragsvereins" hierüber neuerdings folgende bemerkenswerte Fest-stellungen:Dieselbe Menge Brot, die in London 19 Cent kostet, kostet inNew Jork 22 Cents, d. h. 129 Proz. mehr. 7 Pfd. Kartoffeln kostenin London b8/« Cents, in New Dork lSBlt Cents, d. h. 2S9 Proz.mehr. Dabei ist das Londoner Brot größtenteils hergestellt auSWeizen, der aus den Vereinigten Staaten(Dakota) eingeführt ist.Eine Familie des englischen Mittelstandes braucht zum Lebens-unterhalt mindestens 277 Pfd. Sterl. für das Jahr. Der Sekretärder Londoner Board of Trade, der diese Schätzung vorgenommenhat, stellte gleichfalls fest, daß eine amerikanische Familie bei dergleichen Lebenshaltung 999 Pfd. Sterl. jährlich brauchen würde.Diese Angaben illustrieren vortrefflich die agrarischen Lügen,daß nicht die Zölle, sondern daS Anwachsen der Produktionskostendie Lebensmittel verteuern.Den Bock zum Gärtner gemacht.Von Danzig aus wurde eines Tages die Nachricht in dieWelt gesetzt, die nach Rußland entsandte Kommission zwecks Ein-kauf« russischen Fleisches sei ergebnislos zurückgekehrt, weil siebilliges Fleisch nicht hätte auftreiben können. Inzwischen ist dieUrsache dieser vergeblichen Reise aufgeklärt; die Fleischerinnunghat nämlich strikte abgelehnt, den Verkauf russischen Fleisches zuübernehmen, und die Kommission, die von der Stadt nach Ruß-land gesandt wurde, bestand aus dem Obermeister derFleischerinnung und dem Schlachthofdirektvr. Dieser ist einHerr mit einer konservativ-agrarisch gerichteten Anschauung, dermeint, es sei gar nicht so schlimm mit der Fleischteuerung, und dieSchuld habe im wesentlichen die— Presse. Der Obermeister derInnung hat, als die Matznahmen der Regierung zur Linderungder Fleischnot bekannt wurden, in der„Fleischerzeitung" erklärt,daß er„nie und auch nicht zeitweise" für eine Einfuhr von ge-schlachtetem Vieh für den Osten des Reiches zu haben sei. UndLeute mit solchen Anschauungen, die allgemein bekannt waren undauch dem Magistrat nicht verborgen sein konnten, wurden mit demAufkauf von ausländischem Fleisch betraut!Die Kölierr Schlächtermeister lenken ein.Die Kölner Schlächtermeister haben ihren Boykott gegenüberdem von der Stadt bezogenen Fleisch aufgegeben, nachdem dieStadt daS eingeführte dänische, von den Metzgern nicht abgeholteFleisch auf der städtischen Freibank feilbieten ließ und nachdemunser Kölner Parteiorgan forderte, daß die Stadt in allen Stadt-vierteln und Vororten eigene Verkaufsstellen errichtet. DieMetzgerinnung beschloß darauf, sowohl das aus Dänemark bc-zogene Fleisch, als auch das Fleisch von den von t>er Stadt wöchent-lich aus Holland zu beziehenden hundert Stück lebenden Rindernzu verkaufen.Maßnahmen gegen die Teuerung.Da der Bezug schwedischer Ochsen sich nicht bewährte, führt dieStadtverwaltung von Hannover jetzt holländische Rinder ein.Außerdem ist erstmalig die Einfuhr von 199 holländischen Schweinenin geschlachtetem Zustande in die Wege geleitet worden. Der Ver-kauf des Fleisches erfolgt durch eine von der Schlächterinnung be-stellte Anzahl Schlächter.— Am Donnerstag beschlossen die städti-heitSpolizei im Ministerium kümmerte sich nicht um diese Ber-sprechungen, und der schwächliche Minister wagte mit dem mächtigenHüter so vieler gefährlichen Geheimniste nicht anzubinden. Wie die„Guerre Sociale" mitteilt, wird die.Chanson du Peuple" vomMinister Schadenersatz fordern.Die Affäre beweist jedenfalls, daß im heutigen Frankreich nichtmehr, wie das alte Wort sagt, alles mit einem Chanson endet:nämlich wenn dem Chanson selbst der Polizist ein Ende macht.Theater.Schiller-Theater v. WolzogenS„Kinder derExzellenz" wandern nun schon seit zwei Jahrzehnten über somanche Bühne, und man merkt es an ihren„Krähenfüßen", wieschwer es ihnen wird, umzulernen, vertrackte Standesanschauungenund Vorurteile zum alten Eisen zu werfem Heutzutage gelingtsolches verarmten Edelingen oder verschuldeten Offizieren schon weitleichter und schmerzloser, weil Vorrechte der Geburt oder einesexklusiven Standes vor dem Urteil einer demokratischen Welt nichtsmehr gelten. Was damals als soziale Dichtertat gepriesen wurde,mutet jetzt schon altmodisch an. Und das ist auch bei diesem Lust-spiel so. Immerhin kann Wolzogen einige Verdienstlichkeit dafürzugesprochen werden, daß er in verschiedenen seiner Romane, dieKinder der Exzellenz nicht zu vergesseni, die Hoch- und Edelgeborene»manchmal ziemlich unsanft gezaust hat. Was nun dies Lustspielangeht, so vermochte zwar die Aufführung nicht alles Verjährtedaran zu beseitigen. Die Figur des Literatuvagenten Eberstein istohnehin— apokryph, so emsig Max Reimer ihre Glaubhaftigkeitversicherte. Corad W i e n e als Professor war ein etwas fadigerLiebhaber. Hedwig Pauly als Generalswitwe zeigte vergilbteVornehmheit. Hilde Engel war ein quecksiwernlustiges Trudchen.Vorzügliche Charaktertypen gaben Richard W i r t h als schnauz-bärtiger Major und Paul B i ld t als in Sohn und Schwiegertochtervernarrter Musikprofessor. Das Publikum amüsierte sich anscheinendvortrefflich. e. K.Kunst.Vonber Revolution zur Klassik.(Bei Paul Cassirer,Viktoriastr. 3S.) Vor fünfzehn Jahren, als Paul Cassirer seinenSalon auftat, um die französischen Impressionisten und deren«deutsche Schüler den Berlinern nahe zu bringe», sprach man vonRevolution. Längst nennen die Jüngsten diese Richtung reaktionär.In bedeutend erweiterten Räumlichkeiten nimmt jetzt der SalonCassirer eine Parade derer von Gericault und Coufbet bis zu vanGogh und Hodler ab. Wir bekommen den Extrakt jener fünfzehn-jährigen Arbeit zu sehen. Wir empfinden es, und nicht erst seitgestern— als eine neue Klassik, würdig den Meistern aller Zeitenzugereiht zu sein. Deutlich sehen wir die EntwickelungÄinien unddamit die Notwendigkeit, daß kommen mußte, was einst ein Frevelschien. Das ist der wahrhaft große Atem, den uns diese Aus-stellung vermittelt: daß wir die unzerstörbare Verwandtschaft dergroßen Hollänider, der ruhmreichsten Italiener und der vollkommen-slen Engländer, hinzugenommen die akademisch reifsten Franzosen,mit Delacroix und Mänet zu erleben vermögen. Solche Zusammen-hänge und Entwickelungslinien noch einmal und zwar mit Werken,deren jedes herrlich und einzig ist, darzutun, wurde die Auswahlvorgenommen, wurden aber auch«die Bilder gehangen.schen Kollegien, der Stadtverwaltung weiter einen Kredit von59 999 M. zum Bezüge australischen Fleisches zur Verfügung zustellen. Bitter geklagt wurde darüber, daß die Regierung die Matz-nahmen der Städte in völlig ungenügender Weise unterstütze. DerStadtdirektor(Oberbürgermeister) Tramm meinte, die Vieh-bestände in den einzelnen Ländern, die auf die Ausfuhr in solchemUmfange plötzlich nicht vorbereitet seien, würden bald aufgekauftsein. Und da die Maßnahmen der Regierung nur.U? vorübergehende gedacht seien, so sei es nicht möglich, dauernde Verträgemit Händlern, Züchtern usw. abzuschließen. Notwendig sei zwareine gesunde Bauernpolitik, aber die Aufhebung des§ 12 desFleischbeschaugesetzes, der das auswärtige Fleisch s? gut wie ab-gesperrt, sei notwendig; ebenso die Beschränkung der großen Güterund Fidcikommisse. Die Negierung müsse dafür sorgen, daß dieFleischpreise so bemessen seien, daß den Massen die Befriedigungihres Fleischbedürfnisses gewährleistet sei.Die Stadtverordnetenversammlung in Breslau genehmigteam Donnerstag den Vorschlag der Teuerungskommission, wöchent-lich etwa S9 999 Kilogramm Fleisch aus Rußland zu beziehen. Eswurden 79 999 M. Kredit bewilligt. Der neue BürgermeisterMatting betonte, daß die Maßnahme nur Erfolg haben könne,lvenn sie nicht nur provisorisch, sondern dauernd durchgeführt werde.Freilich müsse dazu der§ 12 des Fleischbeschaugcsetzes aufgehobenwerden. Nicht geringes Aufsehen erregte es, als ein konser-vativer Stadtverordneter John ausdrücklich konstatierte:„Wirhaben zu wenig Vieh. Schuld daran ist die Rückständigkeit desGroßgrundbesitzes und seine Bauernlegerei. Für die Landwirt-schaft sei von Staats wegen gerade genug getan worden." Kleri-kale und konservative Redner bemühten sich vergebens, den Ein-druck dieses Eingeständnisses zu verwischen.ver Kortbnich der fleiichermeMer.Der vierte Wahlkreis hatte aus Anlaß der Obstruktion derFleischer zu einer Versammlung nach Kellers Festsäleneingeladen. Der große Saal mit seiner geräumigen Galerie reichtenicht im entferntesten aus, die Massen zu fassen. Alle Tische warenschon von vornherein aus dem Saale genommen— kurz nach 8 Uhrerging die Aufforderung an die Männer, den Sc»! zu verlassen,damit die Frauen Platz erhalten. Bald waren auch die in großerZahl freigewordenen Plätze durch Frauen besetzt und immer ström-ten neue Massen heran. In drangvoller Enge waren Saal undGalerie gestillt, während eine große Menge auf die Straße denSchluß der Versammlung erwartete.DaS Thema des Abends:„Der städtische Fleischver«kauf und der Versuch der Verhinderung und Ver-e k e l u n g" behandelten die Stadtverordneten Dr. AlfredB e r n st e i n und Adolf Hoffmann. Beide Redner be-schränkten sich in ihren Ausführungen auf das allernotwendigstc,um in der Diskussion besonders den Fleischermeistern Gelegenheitzu geben, sich zu äußern, ihre Obstruktion zu verteidigen. Beson-ders Adolf Hoffmann kritisierte das Verhalten, das jetzt dieHerren Fleischermeister belieben. In Köln und Frankfurtam Main habe diese Gesellschaft das eingeführte Fleisch in dieSonne gebracht, damit es schwarz werde. Dann habe man es nebendaS inländische Fleisch gelegt. Damit hier nicht auch derartige ver-wcrfliche Mittel angewandt werden könnten, habe man den Flci-scher» in den Hallen eigene Stände zur Verfügung gestellt, dorterhalten sie Licht und Wasser gratis, außerdem erklärte sich derMagistrat zu weiterem Entgegenkommen bereit. Redner teiltedann mit, mit welch großer Vorsicht man beim Aufkauf des Flei-sches zu Werke gehe und wie eingehend und oft es untersucht werde.Als man es endlich so weit hatte, daß Fleisch eingeführt wurde,schlugen die Sozialdemokraten vor, die Stadt möge das Fleisch ineigener Regie verkaufen, tüchtige Gesellen könnte sie zu jeder Zeitbekommen. Da sei es aber speziell Herr Cassel gewesen, der densozialistischen Zukunftsstaat an die Wand malte, in den die Kom-mune hineinfahre. Die Fleischerinnung habe sich dem Magistratnun angeboten und mit diesem verhandelt. Sie habe erklärt,daß ihre Mitglieder das Fleisch verkaufen würden. Nachdem siedem Magistrat das Wort gegeben hatten, wären sie auch zur Ein-lösung verpflichtet gewesen. Er(Redner) hätte es den 128 Schläch-tern nicht übel genommen, wenn sie zu Anfang erklärt hätten, sieWir treffen gar pikante Familienverhältnisse. Vor einemKarren des Gericault denkt man einen Augenblick an WauwermanS;um gleich darauf durch das Bild eines Schimmels zu erfahren, wiedas Dämonische, die Gewalt, die Nüstern zittern und die Flankendröhnen zu machen, den französischen Enthusiasten über den hol-ländischen Illustrator hinaushebt. Ein andermal, vor GericaultSmehr-als lebensgroßem Bildnis eines Kürassiers spürt man einNachwirken jenes Barock, das vom Sturm des Michel Angelo geblähtwurde; auch gleich darauf bei einem Delacroix, den„Kindern desUgolino", herrscht noch spürbar die Komposition der Hochrenaissance.Soweit zurück greift die Verwandtschaft dieser Revolutionärc.Daß sie aber wahrhast umstürzten, was nicht mehr gedeihenkonnte, und daß sie vorhandene Keime gewaltig antrieben, da?künden die Manifeste des Courbet. Dessen„Whc an der Tränke"mahnen noch an Potter; dessen„Grotte" zeigt, wie er im Sturmüber Ruhsdael gekommen ist. Durch welche Mittel? Durch die Kraftder Malerei. Wie in dieser Grotte die Materie des Steines Wesenbekam, wie das dämmernde Licht den in«die Dunkelheit sich hinein-dehnenden Raum füllt, so etwas gab eS nicht bis dahin. Courbct,der Maler, nicht irgendein Theoretiker siegte über seine Väter. Eshängt von ihm hier ein„Schoßhund"; das weiß« seidige Fell gegendas rote Kissen ist von sprühender Sinnlichkeit. Der Maler siegte;das zeigt sich umgekehrt an der Art und an dem Grad, wie etwaCorot den Leibi oder Manet den Slevogt beeinflußte, ja zeugte.Der Maler! Unsere Jüngsten aber meinen, daß sich Malerei durchWorte erneuern lasse. R. Br.Notizen.� Theaterchronik. Die Shakespeareserie de« D e u t s ch e nTheaters soll mit„Heinrich V." fortgesetzt werden. Die AuS-beutung des Erfolges von„Heinrich IV." läßt aber die Aufführungerst in der zweiten Hälfte der Saison zu.— Vorträge. Auf der Treptow-Sternwarte sprichtDir. Archenhold am Sonntagnachmittag 5 Uhr über:„EineWanderung durch das Weltall" und Montagabend 7 Uhrüber:„Die Beschaffenheit derSonne". Mit dem großenFernrohr wird der Mond abwechselnd mit dem Saturn gezeigt.— Wedekind— hostheaterfähig. Frank Wedekindist. nachdem bereits die Hosbiihnen in Dresden, Kassel, München undStuttgart Werke von ihm in ihr Repertoire aufgenommen haben,nunmehr auch in Wien hofburothcaterfähig geworden. Man willdort seinen„Kammersänger" aufführen.— Die Reversseite. Jedes Patriotenherz mutz bei demBild höher schlagen, das die erste Seite der Illustrierten Unterhaltungsbeilage des„Tag" schmückt. Man steht da den PrinzenHeinrich von Preußen, umstellt von mehreren strammstehenden Ge-Haltsbeziehern des Reichs im ostasiatischen Schutzgebiet eine Eichepflanzen. Dies kann nicht gut geschehen, ohne daß Seine KöniglicheHoheit sich zur pp. Erde zu bücken geruhen. Und hinwiederum istdie Folge solcher Körperbewegung.' daß einem hinter dem eiche-pflanzenden Sproß unseres Herrscherhauses stehenden Offizier daSEnde des prinzlichen Rückens deutlich in die Erscheinung tritt, dennauch Hohenzollern sind Menschen. Aber, so fragt der naive Be-trachter des Bildes, warum salutiert der freundlich drein-blickende Offizier diesem A— nblick? Muß das sein?? Ist auch daSim Reglement vorgesehen?