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Nr. 356. nbonnemtntS'Bedlngnnseo: ITOoratemcnlä- Preis ttänumeiflnho: SicrlelilS�tL 3,30 MI., mortolL 140 MI, iroöciiHiA 23 Pfg, frei ins HauZ. Sinzeine Nununer S Pfg. SonntagZ- nmnmer mit illuitrierier Sonntags- Scilage.Die Neue Welt" 10 Pfg, Post- ktkonnement: 1.10 Marl pro Monat. Eingetragen in die Poft-ZeitungS- PtcUIistc. Unter Kreuzband für Deutschland und Oesterreich- Ungarn 2 Marl, für daS übrige Ausland 8 Marl pro Monat. Postabonnements nehmen am Belgien , Dünemarl, Holland , Italien , Luxemburg . Portugal , Rumänien , Schweden und die Schweiz . 89. Jahrg. Crfdxlnt täglich anBtr montag«. Berliner Volltsblnkk. Zentralorgan der rozialdemohratifchen parte» Deutfchlande. Die TnfertlotiS'GebDIjr kcträgt für die sechZgespaltene kolonel- Zeile oder deren Raum 00 Pfg,, für politische und gewcrlschastlichc Pcrein?- und VcrfnmmmngS-Anzeigen 30 Pfg, Alclne ltnreigen", daS fettgedrulkte Wort 20 Pfg, tzuläfsig 2 fettgedruckte Worte), jedes weitere Wort 10 Pfg, Etellengcfuche und Echlnfstcllcnan- zeigen das erste Wort 10 Pfg,, jedes weitere Wort S Pfg, Worte über 15 Luch- stoben zählen für zwei Worte, Juscralc für die nächste Rümmer»lüssen bis 5 Uhr nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist bis 7 Uhr abends geöffnet, Telegramm-Adresse: SozialiUmckrat Ktrlla" Redaktion: 8Rl. 68, Lindcnatrasac 69. Fernsprecher: Amt Moritzplatz, Nr. 1383. Freitag, den 1. November 191Ä. Expedition: 8M. 68, Lindenatraaae 69. Fernsprecher: Amt Moritzplatz, Nr. 1381. IPfui! Ini Haus der Dreiklassenschmach, dessen Nennung allein in der überwältigenden Mehrheit des preußischen Volkes das Gefühl der Erbitterung und der Beschämung auslöst, ertönten in den beiden letzten Tagen wieder die stürmischen Pfuirufe und wieder galten sie einem schändlichen Ausnahmegesetz und seiner Verteidigung durch die Regierung. Diesmal war es keine Wahlrechtsdebatte, war es nicht eine Rede des preußi- scheu Ministerpräsidenten, die die Entrüstungsstürme ent- fesselten, sondern das ebenso törichte wie nichtswürdige Kapitel, über das geschrieben steht: Preußische Polen - Politik. Wir Sozialdeniokraten haben sicher nichts dagegen ein- zuwenden, wenn die preußische Regierung die Enteignung als eine unentbehrliche Waffe anerkennt und wir sind die letz- ten, die die schmarotzenden Rentenbezieher schützen wollen. Der Großgrundbesitz ist nie etwas anderes gewesen als Ra u b a m Volkseigentum und Raub und Gewalttat sind seine Grundlage. Für eine Politik der Enteignung dieser längst überflüssig gewordenen Schicht der Großgrundeigentümer sind lvir Sozialdemokraten lieber heute als morgen, und die Aufhebung des Privateigentums an Grund und Boden, seine Vergesellschaftung und Bewirtschaftung durch landwirtschaft- liche Produzcnten-Genossensckiasten ist ein Ziel, das wir aufs Innigste wünschen. Die preußische Regierung aber, diese Hörige der preußischen Junker, denkt fürwahr zuletzt daran, dem Großgrundbesitz zu Leibe zu gehen. Sie verschleudert Stuergelder. die sie dem Volk, das entrechtet ist, ohne es zu befragen, abnimmt, um eine ebenso törichte wie gehässige Politik der Quälerei gegen die Polen zu treiben. Sie ver- treibt polnische Besitzer gegen ihren Willen aus ihrem Eigen- tum und verklchrt den' sozialen Gedanken der Enteignung des Großgrundbesitzes zu einer gehässigen Zwangsmaßregel. Soll man über das Törichte der preußischen Polenpolitik erst noch ein Wort verlieren. Ihre einzige Wirkung war die sinnlose Verschleuderung einer Milliarde Steuergelder, ein künstliches Hinauftreiben der Bodenpreise, die Entfesselung einer zügellosen Bodenspekulaffon und schließlich eine außer- ordentliche Verschärfung der nationalistischen Stimmung so- wohl- bei hen Deutschen als bei den Polen . Den Polen hat diese Politik weder wi-rtschaftlich noch politisch das Geringste aijl)aben können. Im Gegenteil! Trotz der starken Gegen- fätze, die die kapitalistische Entwicklung auch in den polnischen Landesteilen geschaffen hat, hat die preußische Regierungs- Politik die Polen künstlich zusammengeschweißt und in den Bauern, Handwerkern und Arbeitern den falschen Wahn ge- nährt, daß ihre Interessen bei ihren klerikalen und adligen Wortführern am besten aufgehoben sind. Es ist nicht nur nicht gelungen, die Polen moralisch zu erobern Preußen und moralische Eroberungen!, man züchtet künstlich in Polen den Haß gegen den Staat, der ihnen nur als nationaler Unter- drücker und Feind erscheinen kann. Ist diese Politik schon in nornialen Zeiten töricht und verächtlich und nur dadurch erklärlich, daß eben die starke Steigerung der Bodenpreise wilde Erwerbsinstinkte wachgerufen hat, die auf Kosten sowohl des deutschen wie des polnischen Volkes um jeden Preis ihre Befriedigung suchen, so wird sie völlig unglaublich in so kritischen Zeiten wie den jetzigen. Vier Jahre hat man nicht gewagt, das Enteignungsgesetz anzuwenden. Selbst die Konservativen des Abgeordneten- und Herrenhauses haben gegen dieses Ausnahmegesetz starke Bedenken erhoben, wenn auch bei ihnen die nichtsnutzige nationalistische Demagogie Heydebrands die bessere Einsicht schließlich besiegt hat.- Trotz aber hakatistischen Agitations- arbeit aber hat die Regierung vier Jahre lang die Anwendung des Gesetzes abgelehnt, hat sie alle Angriffe auf ihre Haltung mit den stärksten Gründen zurückgewiesen. Und gerade jetzt dieser Umschwung! Es ist eine jener Plötzlichkeiten. wie sie bei unS gewöhnlich nur durch das Eingreifen W i l h e l m s II. zustande kommen und Graf P r a s ch m a, der Redner des Zentrums, hat ja allerlei leider nur- zu unklare Anspielungen gemacht, daß persönliche Einflüsse maßgebend gewesen seien, daß Ministersessel gewackelt hätten. Anders ist ja auch(i>ieser plötzliche Umfall nicht zu erklären. Wir müssen offen gestehen: Als wir zum erstenmal die Nachricht lasen, daß jetzt in Polen enteignet werden solle, wollten wir nicht recht daran glauben. Wir haben sicher keine gute Meinung von den politischen Fähigkeiten der Herren von Bethniann Hollweg und Kiderlcn-Waechter. Aber daß sie gerade in einem Augenblicke, wo die auswärtige Situation so gespannt ist, wo die Möglichkeit eines euro- päischen Krieges am Horizonte auftaucht, zu einer so unge- heuerlichen Provokation der Bewohner eines wichtigen Grenz- landes geraten hätten, das muß man doch für ausgeschlossen halten. Und wenn schon die Rücksicht auf Volksstimmungen preußischen Ministern fern liegt, so hätten sie doch daran denken müssen, daß die Polen Qesterreichs dort die Mit­regierenden sind, daß namentlich auch die österreichische aus- wärtige Politik nicht länger deutschfreundlich orientiert sein könnte, wenn die österreichischen Polen sich auf die Seite der übrigen slawischen Nationen Oesterreichs stellten. So bliebe dieser neueste Streich, den die preußische Re- I gierung mit ihrer Gewaltpolitik gegen die Ehre und das l Ansehen des deutschen Volkes verübt hat unbegreiflich, wenn 'man nicht eben annehmen müßte, daß die Herren Bethmann "und Kiderlen-Waechter , um nicht von ihren Ministersesseln zu stürzen, gegen ihr Gewissen, gegen ihre ibessere Ueberzeugung sich einem Machtgebot �von außen gefügt hätten. Das paßt in das Bild dieser Minister und so erscheint die Kette geschlossen. Die preußische Polenpolitik ist nur möglich aus dem Boden der Dreiklassen- schmach und sie kann nur durchgeführt werden unter den Seg- nungen des persönlichen Regiments. -1- Heber den Verlauf der gestrigen Sitzung wirb unS aus dem Abgeordneteithause noch geschrieben: Eine Probe ihres Mutes legte am Donnerstag wieder einnial die Zentrumsfraktion des Abgeordnetenhauses an den Tag. Zu dem Arsenal ihrer vergifteten Waffen gehört die fortgesetzte De- hauptung, die Sozialdemokraten hätten nichts für die Hebung der Lage der Unterbeamten getan, sie hätten überhaupt für die Beamten nichts übrig. Schon neulich hat ein Zentrumsredner diese Lüge hergestottert. Die Möglichkeit zu sofortiger Erwiderung war uns damals genommen. Um so mehr hätte man erwarten können, daß man unseren Rednern diesmal die Gelegenheit zur Antwort geben würde, zumal da derselbe Zentrumsabgeordnete-seinen Lügenfaden weiter gesponnen und eine ganz« Reihe unwahrer Behauptungen über die Sozialdemokratie in den Parlamenten und außerhalb der- selben nach dem Muster des berüchtigten Reichsverbandes hergezählt hatte. Aber der Begriff des An-standes ist dem Zentrum unbekannt. Es trieb seine Schamlosigkeit sogar so weit, daß es selbst einen Schlußontrag einbrachte, durch den die sozialdemokratischen Redner mundtot gemacht wurden. Nicht einmal die Konservativen waren für diesen Schlußantrag zu haben. Das Zentrum weiß, warum cS so operiert hat, in seiner Feigheit wollte es der Erwiderung au? dem Wege gehen, um nachher mit srommem Augenaufschlag hcuch- lerisch zu verkünden, die Sozialdemokraten hätten auf dienieder- schmetternden" Anklagen nichts entgegnen können. Aber die Herren täuschen sich, die Antwort ist zwar aufgeschoben, aber nicht aufge- hoben. Was von unserer Seite zu sagen ist, wird gesagt werden, ob das Zentrum will oder nicht. Vorher hatte das Haus die Besprechung der polnischen Jnter- pellation über die Enteignung ländlicher Besitzungen zu An- siedelungszwecken zu Ende beraten. So bequem wie es sich die haka- tistischen Redner gemacht hatten, konnten es die Gegner der Polen - polstik, die Abgg. Graf P r a s ch m a(Z.), Dr. P a ch n i ck e(Vp.), B 0 r ch a r d t(Soz.) und Nissen(Däne) nicht machen, sie konnten sich nicht mit kurzen Erklärungen begnügen, sondern mußten aus- führlich die Verfassungswidrigkeit der Polenpolitik darlegen. Bc sonders Genosse Borchardt unterzog sich dieser Aufgabe mit großem Geschick in fast einstündiger Rede, die auf allen Seiten de? Hauses mit gespannter Aufmerffamkeit verfolgt wurde. Seitens der Negierung griff Minister v. Dallwitz in die Debatte ein. Seine provokatorischen Ausführungen entfesselten bei den Polen einen Entrüstungssturm, der sich wieder in anhaltenden Pfui-Rufen Luft machte. Dem Präsidenten gelang es. ohne daß er von den Mitteln der Geschäftsordnung Gebrauch machte, ja sogar ohne An- drohung dieser Mittel, durch einige beschwichtigende Worte die Ruhe wiederherzustellen. Man sieht, es geht auch so. Die nächste Sitzung ist erst Montag. Auf der Tagesordnung stehen Initiativanträge und Petitionen. in vernichtender Schlag. Drei Tage hat daS Massenmorden gedauert und das bulgarische Heer ist Sieger geblieben. Wie groß der Sieg der Bulgaren ist, welche Widerstandskraft die geschlagene Armee noch entwickeln kann, ist allerdings nach den vorliegenden Nachrichten nicht mit'Sicherheit zu beurteilen. Bewahrheiten sich freilich die Meldungen aus Sofia und sie haben große Wahrscheinlichkeit für sich dann hat sich der Rückzug der Türken in Flucht verwandelt; die Bulgaren drängen stürmisch nach und hoffen, den Weg nach Konstanttnopel-Zarigrad offen vor sich zu haben. Das Ringen begann am Dienstag früh. Die Türken standen auf der Linie Bunar-Hissar. Ihr Heer lehnte sich mit dem rechten Flügel an das Jstnanza-Gcbirge, mit dem linken an die Flüsse Maritza und Ergene an und beschränkte sich in der Hauptsache auf die Defensive. Die bulgarische Armee griff in zwei Gruppen an. Die Ostgruppe ging an der Straße Wisasarei vor. Infolge der schlechten Wege ging der Vormarsch nur langsam vor sich und hier bei Wisa scheinen die Türken wenigstens im Anfang erfolgreichen Widerstand geleistet zu haben. Die Entscheidung erfolgte durch die Gruppe des rechten bulgarischen Flügels, der bei Lüle-Burgas das türkische Zentrum durchbrochen hat. Die Bulgaren haben hier den türkischen linken Flügel offenbar vollständig umklammert, denn ihre Kayallerie schwärmt bereits bis Rodosto am Marmarameer vor. Gelingt es, die türkische Hauptarmee hierhin abzu- drängen, so wäre ihr die Verbindung mit Konstanttnopel ab- geschnitten. Dann wäre nur noch ein letzter Widerstand auf der Tschataltschalinie denkbar. Als ob es an dem Balkanproblem noch nicht genug wäre, werden heute noch Unruhen aus der asia- tischen Türkei gemeldet und französische Kriegsschiffe haben die Ausreise nach Syrien augetreten. In der Tat kann auch die schwere Niederlage der Türkei nicht, ohne Rückwirkung in Kleinasien bleiben und zur Schicksalsfrage der europäischen Türkei werden sich bald Fragen von schwerster Bedeutung in der asiatischen Türkei gesellen. Denn daß eine aus Europa verdrängte Türkei ihre Herrschaft in Kleinasien erst neu begründen müßte, falls sie dazu überhaupt imstande ist, ist ohne weiteres klar. Aber auch hier werden die imperialistischen Bestrebungen der Großmächte sich durch- zusetzen trachen und damit einen neuen Krisenherd schaffen. Die Schlacht bei LUlc-Burgao. Wien , 31. Oktober. Der Kriegsberichterstatter der Rcichspost meldet aus dem Hauptquartier der bulgarischen Hauptarmee vom 3l). Oktober: Der Angriff begann gestern auf beiden Flügeln. Der Anmarsch der bulgarischen Armee zur Schlacht erfolgte in zwei Gruppen, die eine Gruppe des rechten Flügels ging in Richtung Lüle-Burgas Corlu vor. Zu dieser Gruppe war der größte Teil der Kavallerie vnd drei Brigaden der Armee des Generals Iwanow, der vor Adria- nopel steht, herangezogen, die ihrerseits durch Reserveforma- tionen ersetzt wurden. Stärkere bulgarische Kolonnen sind von Havsa und über Pawlokoj und Alaplje auf das südliche Ergencufer dirigiert. Die Türken sind hier nach heftigen Kämpfen bereits. in der Richtung auf Cifliköj zurückgc- wichen, sollen aber mit stärkeren Streitkräften nördlich Usun- köprü vorgehen. Die Ostgruppe ist im Vorgehen durch die Wälder an der Straße Bisa S a r a j begriffen; bei ihr ist infolge der schlechten Wege und des ungünstigen Wetter» Ciii Türken '0 5 10 15 zo 25 30 35 Wfm. Hiui i r i i i i i Tschorlu 9350; Karte zur türkisch -bulgarischen fntscheidungsschlachtfc