Der itombf wird ferner noch von den Baumwollwebsrn und deren Hilfsarbeitern in Göppingen , Schwarzenbach i. Sa., Ostritz , den Kammgarnspinnern in Mülhcrnsen im Elsatz und den Teppich- Webern einer Fabrik in Oelsnitz i. V. geführt. In Bewegung stehen Zittau und Cunewalde . Erfolgreich beendet wurde die Be- wegung in Neudamm ; die Arbeiter erhielten 5 Proz. Lohnerhöhung. Zweifellos wird der durch die Teuerung verschärfte Kampf ums Dasein in der Textilindustrie zu weiteren wirtschaftlichen Kämpfen führen. Tiusfoncl. Wendung im Mailänder Buchdruckerstreik. Rom , 31. Oktober. (Eig. Ber.) Der Streik der Mailänder Buchdrucker und Setzer hat insofern eine Wendung erfahren, als das Personal der Zeitungsdruckereien nach eintägigen! Streik aufgehört hat, mit den übrigen Berufs- kollegen gemeinsame Sache zu machen. Es ist auf den Vorschlag der Unternehmer eingegangen, einen besonderen Vertrag für das Personal der Tagesblätter abzuschliehen und verpflichtet sich in diesem Vertrag, dessen Wortlaut noch nicht bekannt ist, keinen Solidaritätsstreik zu proklamieren. Dieses Zukreuzekriechen des am besten organisierten und wirtschaftlich am günstigsten gestellten Teils der in Frage kommenden Arbeiterschaft erklärt sich daraus, daß die Unternehmer es fertig gebracht haben, dank langer Vor- bereitung die Zeitungen auch nach dem Streik erscheinen zu lassen. Diese Tatsache hat das Personal der Tagesblätter entmutigt, so daß sie sich entschlossen haben, ohne Rücksicht auf die übrigen Streiken- den Frieden zu schließen. Dadurch ist die Lage dieser letzteren wesentlich verschlechtert. Uebrigens dauern die allgemeinen Tarif- Verhandlungen zwischen den Kommissionen der Arbeiter und der Unternehmer fort, so daß eine baldige Beileauna des Ausstandes zu erwarten steht._ Hus Induftrie und Handel. Häliöhaltungsrechnungen aus einer deutsche» Großstadk. Das Statistische Amt Breslau bietet in seiner neuesten Veröffentlichung einen interessanten Sonderbericht über die im Auftrage des Statistischen Amtes auch für Breslau angestellten Er Hebungen von Wirtschaftsrechnungen minderbemittelter Familien. Das Breslauer Amt hat die Erhebungen spezialisiert und durch L2 nachträgliche Haushaltungsrechnungen für 1307 und 25 für 1908 noch ergänzt. Die Resultate bestätigen im allgemeinen die Er- gebnisse der Reichsstatisttk. Leider fehlen in der Breslauer Statistik Haushaltungsrechnungen von Arbeitern mit dem landesüblichen niedrigen Einkommen. Vielleicht die Mehrheit der schlesischen Lohn- arbetter hat weniger als 4 M. täglichen Verdienst, in der Stadt Breslau weniger als 5 M. täglich. Es befinden sich jedoch unter den 89 genau Berichtenden nur 2 mit durchschnittlich nur 782 und 20 mit durchschnittlich 1471 M. Jahreseinkommen. Dagegen be- finden sich in der Liste 10 Haushaltungsvorstände mit 2635 und 13 mit 3318 M. Jahreseinkommen. Infolgedessen beläuft sich das berechnete Durchschnittseinkommen aller zur Statistik berichtenden Haushaltungsvorstände auf 2138 M., eine Summe, die der un- geheueren Mehrheit der Breslauer Einwohnerschaft längst nicht für die Bestreitung ihres Lebensunterhaltes zu Gebote steht. Im Vergleich zu der Reichserhebung fällt der für Breslau stärkere Prozentsatz der mitverdienenden Frauen und Kinder auf. Zu dem Einkommen des ärmlichsten Haushaltes(unter 1200 Mark) trägt die Ehefrau nicht weniger wie 23 Prag , bei! Auf- fallenderweise ist dann in der Einkommenstufe von 2500— 3000 M. die mitverdienende Frau am zweitstärksten vertreten; hier tragen auch die Kinder verhältnismäßig am meisten zu den Haushaltungs- kosten bei. Augenscheinlich handelt es sich hier"nv Familien- angehörige, die als„bessere" Heimarbeiter tätig sind. Was frühere Erhebungen offenbart haben, nämlich: daß mit steigender Einnahme die Ausgaben für Nahrung und W o h- n u n g meistens prozentual abnehmen, das bestätigt auch die Bres- lauer Statistik. Von je 100 M. wurden verausgabt für Einkoinmenstuken Nahrung und Wohnung und Heizung und Elnkoinmenstufen Genußmittel Instandhaltung Beleuchtung unter 1290 M... 50.1 21,9 7.1 1200—1000„. 54,4 17,3 4,9 1600—2000„. 50,4 16,6 4.7 2000—2500„. 47,5 17,6 3,8 2500-3000„. 44,3 18,0 4,1 8000—4000„. 29,4 20,4 3,8 Tie ärmsten Familien geben den verhältnismäßig größten Teil für Nahrung, Wohnung, Heizung und Beleuchtung aus; es bleibt ihnen darum für die Befriedigung ihrer höheren Kulturbedüzfnisse und für Aufsparung eines Notgroschens so gut wie nichts übrig. Scheiden wir die unterste Einkommenstufe aus. betrachten wir die Einkommen von 1200— 1500 und die von 3000—4000 M., so ergibt sich, daß von den ersteren für Nahrung und Genußmittel, Wohnung und Instandhaltung derselben, Heizung und Beleuchtung 76,6 Proz., von den letzteren nur 66,6 Proz. verausgabt wurden. Die drei Haushaltungsgruppen mit den niedrigsten Einkommen müssen davon über 50 Proz. allein für Nahrung ausgebenl So versteht man, warum die Verteuerung der-Lebensmittel gerade die Familien mit dem geringsten Einkommen am stärksten treffen muß. Natürlich leiden die kinderreichsten Familien unter der Nah rungsverteuerung am meisten. Nach der Breslauer Statistik kamen auf den Kopf einer Familie mit 1200 M. Einkommen 154 M. Jahresausgabe für Nettonahrung(ohne Genutzmittel); die niedrigste Ausgabe pro Kopf mit 115 M. hatte eine siebenköpfige Familie mit einem Einkommen von 1200—1600 M., während eine gleich starke Familie mit 3000—4000 M. Einkommen und eine sieben- köpfige Familie mit 2500—3000 M. Einkommen 183 M. pro Kopf für Nahrung ausgeben konnte. Hier kommen interne Verhältnisse in Betracht, die von der Statistik nicht genügend erfaßt werden können. Die Regel aber ist: sinkende Ausgabe pro Kopf für Nah rungsmittel mit zunehmender Familienstärke. Darum konnten Familien von zwei Personen durchschnittlich 299— 368 M. für Nah rung ausgeben, hingegen die 7—«köpfigen Familien nur 115—116 Mark. Was speziell die Fleischteuerung anlangt, so sagt darüber der Bearbeiter der Breslauer Statistik:„Es scheint, daß das bei den Nahrungsausgaben hervortretende Gesetz der Ein- schränkung. wonach bei steigender Kopfzahl und gleichbleiben dem Einkommen die Nahrungsausgaben pro Kopf sich nicht cnt- sprechend erhöhen, besonders beim Fleischverbrauch sich kenntlich macht." So ist es denn auch nicht verwunderlich, daß bei Der- gleichen der Ausgaben pro 1907 und 1908 sich die stärkste Belastung der ärmeren Familien infolge der Preissteigerungen für Nahrungs- mittel herausstellte. Eine Familie mit 2000— 2500 M. Einkommen zahlte 1908 gegen 1907 für Ernährung mehr 7,9 Proz. des Ein kommens. wogegen eine Familie mit unter 1200 M. Einkommen 14,5 Proz. davon mehr für Nahrung verausgabte. Die Wagengestelluna in Oberschlesien . In Oberschlesien wurden laut offizieller Meldung im Oktober dieses Jahres zum Kohlenversand 290 453 Wagen gegen 232 244 in der gleichen Zeit des Vorjahres gestellt Nicht gestellt wurden 42 588 Wagen gegen 56 088. Wahrend alle anderen Kohlenbezirke über erhebliche Schädigungen durch den selten in solchem Maße hervorgetretenen Wagenmangel klagen, liefert die Königliche Eisen- bahnvcrwaltung nach Oberschlesien so viel rollendes Material, daß man in Interessentenkreisen dieser sonderbaren Erscheinung mit Kopfschütteln gegenübersteht- 2as Wagenmanko in Oberschlesi'en ist im Oktober gegenüber dem Lorjahre um 13 500 zurückgegangen. wodurch dieser Bezirk vor den anderen Kohlenbezirken außerordent- lich bevorzugt erscheint. Eine hervorragende Persönlichkeit der Kohlenindustrie äußert sich zu diesen Verhältnissen folgendermaßen: „Das Verhalten der Königlichen Staatseisenbahn gegenüber den oberschlesischen Werken ist mir unerklärlich. Man kommt geradezu auf die Vermutung, daß gewisse Persönlichkeiten ihre Beziehungen zu Regierungskreisen ausnützen. Während wir alle die größten Lieferungsunannehmlichkeiten mit unseren Abnehmern haben, während die Gesuche, die wir an die Staatseisenbahnverwaltung richten, von dieser kaum beantwortet werden, von einer Abhilfe gar nicht zu sprechen, ist es vorgekommen, daß man leere Wagen durch ganz Deutschland laufen ließ, um sie nach Oberschlesien zurückzutransportieren. Ein derartiger Zustand darf nicht an- dauern, und man muß an die Eisenbahnvertoaltung die Aufforde- rung richten, alle Bezirke gleichmäßig zu bedienen. Sollte der Wagenmangel in dem bisherigen Maße anhalten, so würde z. B. für Berlin eine Braunkohlennot die Folge sein, da die Braun- kohlenläger der Berliner Händler bereits jetzt völlig geräumt sind und bei der jetzt für den Braunkohlenhandel günstigen Witterung an ein Ansammeln bzw. Beibehalten der Bestände für den Winter nicht gedacht werden kann."— Die Wagenbevorzugung Ober schlesiens ist tatsächlich auffällig und es wird am Montag bei der Behandlung der Interpellation über den Wagenmangel der Re- gierung im Landtag Gelegenheit gegeben werden, sich zu dieser Tatsache zu äußern._ Soziales. Augen- Merkblatt. Das Bayer. Arbeiter-Museum in München veröffentlicht als lfd. Mitteilung Nr. 12. Nr. 3 des Jahres 1912 folgendes Merk- blatt: Arbeiter, schützt Eure Augen! Merkblatt, verfaßt von K. o. Univ.-Prof. Dr. O. Eversbusch und Landesgewerbearzt Dr. Fr. Koelsch. Wie für jeden Menschen, so ist auch für jeden industriellen und gewerblichen Arbeiter ein gesundes und tüchtiges Auge außer- ordentlich wichtig, zudem dies bei den gewerblichen Berufen be- sonders vielen Schäden und Gefahren ausgesetzt sein kann. Neben der nachteiligen Einwirkung zu heißer und staubiger Arbeitsräume auf das Auge und neben einer Ueberanstrengung der Augen durch feinere Naharbeit bei schlechter Beleuchtung kommen von unmittelbaren Schädlichkeiten vor allem in Betracht: 1. VeÄremmngen des Auges durch offene Feuerflammen, Pulver, heiße geschmolzene oder glühende Metalle, flüssige Schlacke, geschmolzenes flüssiges Glas, heiße oder glühende Kohlen. Holzstücke, Asche oder siedende Flüssigkeiten und Dampf. 2. Verätzungen des Auges durch Kalk, Pottasche. Soda, Seifenstein, Schwefel-, Salz-, Salpeter-, Fluß- oder Karbolsäure, durch Anilinfarbstoffe, Nitronaphthalin, Dimethhlsulfat und andere künstlich dargestellte organisch-chemische Körper. 3. Verletzungen des Auges durch stumpfe Gewalt, Explo- sion, Schutz und dergl., sowie durch Fremdkörper aller Art. Durch entsprechende Vorsicht bei der Arbeit, durch Gebrauch von Schutzmitteln und rechtzeitige ärztliche Behandlung können diese vielfachen Gefahren, wenn auch nicht immer ganz beseitigt, so doch bedeutend vermindert werden. Darum beherzigt die nachstehenden Merkworte und leset sie auch öfters durch damit Ihr völlig inne werdet, wie Ihr den für das Erwerbsleben kostbarsten Sinn gut und leistungsfähig er- halten könnt. Im einzelnen beachtet vornehmlich folgendes: 1. Macht Euch klar, bevor Ihr einen Beruf ergreift, ob Eure Augen dazu taugen. Denn nicht wenige Gewerbe und Betriebe verlangen besonders gute Augen. Befragt also darüber immer vorher einen Arzt: also den Arzt Eurer Familie, den Schularzt, je nachdem auch einen Augenarzt oder den Landesgewerbearzt I 2. Bemerkt Ihr Störungen oder eine Abnahme Eurer Seh- kraft, so laßt Euch gleich gründlich von Eurem Arzt, bezw. wenn dieser es nötig findet, von einem Augenarzt untersuchen! Kauft kein Augenglas ohne deren Rat? 3. Augenarbeit ohne genügendes Licht— also in der Dämme- rung. bei Zwielicht oder bei mangelnder künstlicher Beleuchtung — ist sehr nachteilig. Besonders gilt das für die Feinarbeiter, Schreiber und Zeichner, Lithographen, Setzer. Graveure, Fein- Mechaniker, Näherinnen, Stickerinnen und dergleichen Berufe mehr. Wollt Ihr, daß die Augen nicht kurzsichtig und schwach- sichtig werden und die etwa bei Euch schon vorhandene Kurzsich ti�keit nicht noch zunimmt, so müßt Ihr das Auge möglichst weit entfernt von dem zu bearbeitenden Gegenstand halten! Der Ab- stand Mischen ihm und den beiden Augen soll mindestens 33 Zentimeter betragen! Laßt nach getaner Arbeit, auch in den Arbeitspausen, die Augen ausruhen, besonders durch Blick in die Fern«, ins Grüne! An Sonn- und Feiertagen aber übt die Augen bei Bewegungsspielen und Fußwanderungen! 4. Blutandrang zum Kopf kann auch das Auge in Mitleiden- fchaft ziehen. Drum tragt weite Halstragen, lockere Kleidung; vermeidet gewürzte Speisen, starken Kaffee und Tee. Auch Tabak und geistige Getränke sind Gifte, die besonders bei übermäßigem Genuß die Sehnerven empfindlich und dauernd schädigen können. Sorgt auch für regelmäßigen Stuhl und warme Füße! 5. Strahlend« Hitze, wie sie besonders bei Arbeiten am offenen Feuer, an Schmelzöfen und dergl. das Auge trifft, wird wirksam durch große Schutzbrillen, Hitzeschleier, Schutzwände und dergleichen vom Auge abgehalten. 6. Sehr gefährlich wirkt auch eine zu starke Belichtung des Auges durch Sonnenlicht oder grelles Tageslicht. Von den künst- lichen Lichtquellen ist beim Hineinschauen vor allem das elektrische Bogenlicht gefährlich Auch glühende Massen, autogenes Schweißen, hell beleuchtete weiße Flecken(Schnee, Papier, Wäsche usw.)' können außer Kopf- und Augenschmerzen eine„Blendung" ver- Ursachen, die in einzelnen Fällen eine dauernde schwere Schädi- gung und sogar völlige Erblindung des Auges herbeiführen. Schützt daher die Augen vor alledem durch eine genügend große raudhgraue muschelförmige Schutzbrille oder durch Schirme und dunkle Gläser. Vermeidet es, mit ungeschütztem Auge in helles Licht zu schauen oder feine Arbeiten im Sonnenlicht zu machen. Auch die Betrachtung einer Sonnenfinsternis ohne passende Schutz- Vorrichtung kann die Sehkraft dauernd beeinträchtigen. 7. Ihr wißt, wie viele Augen schon im Kindesalter durch „Messer, Gabel, Schere und Licht" zugrunde gehen. Um wieviel mehr müßt Ihr Erwachsene Euch vor Augenverletzungen behüten. Das tut Ihr schon sehr ivirkfam, indem Ihr Euch bei den gewerb- lichen und industriellen Betrieben, bei denen Augenverletzungen besonders häufig sind, vor Staub und Rauch, die das Auge reizen, durch Reinlichkeit und durch Schutzbrillen schützt. Auch müßt Ihr deshalb Entzündungen der Bindehaut, des Lidrandes und vor allem des Tränensackes gleich sachgemäß'durch den Arzt behandeln lassen. Denn so manche anfangs anscheinend unbedeutende Verletzung des Auges geht übel aus, wenn diese Teile des Auges nicht mehr unversehrt sind. 8. Von den gewerblichen Giften vermögen das Auge zu schädigen unmittelbar Gase und Dämpfe. Ammoniak, Chlor, For- malin und ähnliches. Auch kann das Auge mittelbar durch die Folgen einer allgemeinen Vergiftung in Mitleidenschaft gezogen werden. Das ist z. B. bei Blei-, Arsen-, Schwefelkohlenstoff-, Nitrobcnzol-, Anilin- und dergl. Vergiftungen der Fall. Schützt Euch daher vor den reizenden Gasen ourch die bor - geschriebenen Schutzmasken und Schutzhelme; und vor den mittel- baren Folgeerscheinungen der Vergiftungen mit den letztgenannten Metallen und Stoffen durch die genaue Beachtung der Euch jeweils bekanntgegebenen Verhütungs- und Schutzmaßregcln. Auch eine peinliche Reinlichkeit� ist sehr wichtig. Also eßt nichts innerhalb der Blei-, Arsen- usw. haltigen Fabrikräume! Auch müßt Ihr Euch vor jeder Mahlzeit Hände und Mundhöhle auf das gründlichste waschen! 9. Für Sie erste Hilf« Sei A�AenverletzSttg« gW jtA&tSSi Selbst eine unscheinbare Verletzung eines Auges kann nicht jmi} die Sehkraft eines AugeS, sondern auch die beider Bugen gefayr> den. richtige und rasche Hilfe aber auch in schweren Fällen den» verletzten Auge die Sehkraft erhalten. Deshalb tut Ihr allemal gut, wenn Ihr bei Fremdkörpern im Auge sogleich den Arzt auf- sucht. Versucht nicht den Fremdkörper selbst herauszuholen! Auch wenn das Auge sonstwie verwundet ist, gilt das Wort:„Wog mit den Fingern, mit schmutzigen Taschentüchern, Schürzen und der» gleichen!" Laßt vielmehr das verwundete Auge unberührt und laßt Euch sogleich zum Arzt führen! Kleinere Verletzungen brauchen keinen Verband, da das Auge einen natürlichen Schutz in den Augenlidern besitzt. Ein richtiger, keimfreier Notverband ist nur nötig bei größeren Verletzungen des Auges. Bei Verätzungen mit Seifenlauge, Säuren, Kalk, Kalkmilch oder Mörtel ist es sehr nützlich, bei auseinander gehaltenen Lioern sofort längere Zeit reichlich frisches Wasser über das Auge laufen zu lassen. Der Verletzte liegt dabei auf dem Rücken! Dann ihn so schnell als möglich zum Arzt führen! Denn die Entfernung der Kalk- und Mörtelteilchen, die ins Äuge gerieten, und die Anwen- düng von Mitteln, die eine Aufhellung der dadurch bewirkten Hornhauttrübung bezwecken, kann nicht frühzeitig genug erfolgen. 10. Endlich denkt immer daran, daß auch bei den sogenannten innerlichen Krankheiten Blutarmut , Tuberkulose usw. ebenso bei und nach Haut- und Geschlechtskrankheiten das Auge früher oder später in der einen oder anderen nicht unbedenklichen Weise mit erkranken kann. Auch hierbei ist die schnellste ärztliche Hilfe immer das allerbeste. Denn nicht umsonst heißt eS im Buch der Bücher: „Das Auge ist des Leibes Licht." Eine Wohlfahrtseinrichtung. Heber die Motive industrieller WehlfahrtSeinrichtungen be, steht heute nirgends mehr ein Zweifel. Geben doch die„Wohl- täter" selber zu, daß die Wohlfahrtseinrichtungen'den Zweck hätten, die Arbeiter von der Benutzung des Koalitions- und Streikrechts abzuhalten. Wie auch solche Einrichtungen beschaffen sein mögen, immer sind sie von lohnpolitischen Erwägungen diktiert. Das gilt auch von der Schweinemästerei der Harpener Bergbaugesellschaft. Sie soll den Arbeitern billiges Fleisch garantieren, einmal, um sie arbeits- und leistungsfähig zu erhalten, dann aber auch, um dem durch fortgesetzte Verteuerung der Lebensmittel verstärkten Druck der Arbeiter nach Lohnerhöhungen entgegen zu wirken. Uns interessiert jetzt weniger die Wohlfahrtseinrichtnng, als wie Das wirtschaftliche Unternehmen. Es kann konstatiert werden, daß die Bergbaugesellschaft mit ihrer Schweinemästerei den Beweis er- bringt, daß die Viehzucht ohne Schutzzölle rentabel ist, die be- stehende Teuerung der sachlichen Grundlage entbehrt. Das Gut Geeste war bei der Uebernahme durch die Harpener Bergwerksgesellschaft zumeist Oedland . Im Berichtsjahre jedoch erbrachte es als Folge sachverständiger Behandlung eine sehr gute Kartoffel- und Roggenernte, während die Wiesen- und Weiden - ertrüge trotz großer Dürre befriedigend waren. Am 30. Juni 1912 betrug der Zuchtschweinbeftand 615 Eber und Sauen, 1055 Ferkel und 1000 Läufer. Auf Mast lagen 3587 Tiere, so daß im ganzen 6317 Schweine vorhanden waren. Die Zucht entwickelte sich gut und wird bald den Jungschweinebedarf der Mastanstalt decken können.— Neu erbaut wurden drei Zuchfftationen. eine Feld- scheune, ein Beamtenwohnhaus für drei Familien, ein großer Bureauanbau sowie eine Wurstfabrik. Ueber die Organisation des Fleischversandcs und die Ren- tabilität der Anlagen gibt der Bericht folgende interessanten Aus- künfte: „Anfang April 1911 wurden die regelmäßigen Lieferungen an einzelne Zechengruppen aufgenommen, jetzt kommen wöchcnt- lich 200 Schweine zum Versand. Im verflossenen Geschäfts- jähre sind im ganzen 7982 Schweine geschlachtet worden... Die zum Fleischverkauf geeigneten Teile werden fünf, und zehn- pfundweise in Schachteln verpackt und gehen in imserin Kühlwagen nach den Zechen. Die übrigen Teile gehen in die Wurst- fabrik und werden hier verarbeitet bezw- geräuchert und mit dem frischen Fleisch an die Zechen versandt. Den Arbeitern werden die vorher bestellten Fleisch- und Wurstwaren direkt durch Zechenbeamte ausgehändigt.... Hierdurch sind wir iir der Lage, zurzeit 25 Proz. unter Ladenpreis zu liefern und trotz- dem eine angemessene Verzinsung des Anlagekapitals zu er- zielen.... Anfang des Jahres kaufte die Gesellschaft noch 250 Hektar Fischteiche, die eine günstige Ausnutzung der Schlacht- Hausabwässer gewährleisten sollen." Wenn die Verwaltung selber sagt, daß sie eine angemessene Verzinsung erziele, dann darf man gewiß sein, daß sie über die von den Agrariern immer betonte niedrige Rentabilität der lano- wirtschaftlichen Betriebe hinausgeht. Die Gesellschaft arbeitete aber nicht nur eine angemessene Verzinsung heraus, sie verkaust auch noch um 25 Prozent unter dem üblichen Ladenpreise. Daraus kann man ersehen, was es mit der Not der Landwirtschaft auf sich hat und wie notwendig es wäre, durch Aufbebung der Futtermittelzölle die Versorgung der Bevölkerung mit billigem Fleisch zu erleichtern. Hoffentlich findet die Wohlfahrtseinrich- tung rationeller Viehzucht Nachahmung in größerem Umfange. (Siehe auch 2. Beilage.) SericKts- Deining. Kampf um die persönliche Freiheit. Wie unseren Lesern erinnerlich, wurde die Entmündigung de» gegen seinen Willen in der Dr. Weilerschen Irrenanstalt stationiert gewesenen und von dort entflohenen Ingenieurs Wahl aufgehoben. Die Entmündigung des in derselben Anstalt zurückgehaltenen Studenten Hagen ist erst kürzlich vom Amtsgericht Schöneberg zu- rückgewiesen. In beiden Fällen hatten die Aerzte Dr. Weiler und der Kreisarzt Dr. Kosten die Entmündigung un!d Zurückbehaltung der durch das Gericht für nicht geisteskrank Erklärten als geboten begutachtet. In beiden Fällen vertrat der Rechtsanwalt Dr. Ehren» fried die in ihrer Freiheit Bedrohten, und in beiden Fällen entsprach das Gericht seinen Anträgen. Irrtümer, wird man sagen, können jedem Arzt passieren, das ist nichts Auffälliges. Ganz recht. Aber ist es schon bedauerlich. wenn durch Irrtümer geistig Gesunde als Gemeingefährliche ein, gesperrt werden können und ein hinreichender Schutz gegen solche Irrtümer nicht besteht, so kommt im Fall der Doktoren Weiler und Kosten ein geradezu ungeheuerliches Nachspiel. Es hat nämlich Dr. Weiler einen ernst gemeinten Antrag auf Herbeiführung des polizeilichen Jnternierungsverfahrens gegen den Rechtsanwalt Dr. Ehrenfried beim Charlottenburger Polizeipräsidium mit der Be- gründung gestellt: Dr. Ehrenfried sei gemeingefährlich geisteskrank und querulantenwahnsinnig, weil er— gegen bie Jnternierung und Entmündigung des Ingenieurs Wvhl und des Studenten Hagen ankämpfte und einen geladenen Revolver bei sich stagx. Das Polizeipräsidium ersuchte den Kreisarzt Kosten um eine Aeuße- rung. Der Kreisarzt Dr. Kosten sandte den Jnternierungsantrag mit folgender Erklärung dem Polizeipräsidium zurück:„Der Rechts- anwalt Dr. Ehrenfried ist zweifellos geisteskrank, und zwar leidet er an Querulantenwahnsinn, nach den im vorliegenden Schreiben aufgeführten Tatsachen mutz auch Gemen»gefährlichkeit als vor- liegend erachtet werden. Das Polizeipräsidium lehnte verständiger- weise trotz dieses geradezu gemeingefährlichen Gutachtens den An- trag des Anstaltsbesitzers Dr. Weiler ab. Ob eine Person gesund oder krank rst.»nteressiert die Oeffent- lichkeit nicht ohne weiteres. Wohl hat sie aber das allerlebhafteste Interesse daran, daß derartige Gutachten unmöglich gemacht werden, deren einzige„wissenschaftliche" Grundlage eine gemeinschädliche
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