Nr. 264.
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Sonntag, den 10. November 1912.
Tm Dienst der habsburgifchen Hausmacht.
italienische Herrschaftsträume verwirklicht werden?
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nationalen Situation führen. Die Times" widmet dieser Frage heute einen offenbar inspirierten Leitartikel, in dem Herr Geschow dringend ersucht wird, seinen großen Einfluß gegen den Einzug der Truppen in KonstanEs ist also wirklich wahr, die deutsche Regierung hält es der Generalstabschef Konrad von Hözendorf, schleunigst ent- tinopel geltend zu machen. Man muß gestehen, daß die vorfür möglich, deutsches Gut und Blut, das Leben deutscher lassen werden mußte, weil er den Krieg gegen Italien gebrachten Argumente nicht sehr beweiskräftig sind. So marnt Arbeiter, die Wohlfahrt unseres Volkes an ein Spiel zu setzen, vorbereitete? Muß nicht der Widerstreit zwischen Oesterreich das Blatt die Bulgaren , daß die Atmosphäre in Konstantinopel das fremde Hände zu fremden Zweden spielen! Was und Italien durch ein autonomes Albanien , das beide auf den Geist eine entkräftigende Wirkung ausübe. Auch nur in aller Welt geht uns Albanien an, was fümmert uns werden beherrschen wollen, auf die Spike getrieben werden? eine wenige Monate dauernde Regierung in Konstantinopel werde der schwarzgelbe Größenwahn? Wie kann es die deutsche Re- In der bürgerlichen Presse herrscht heute großer Jubel über die Einfachheit des Geistes und Lebens beeinträchtigen, die gierung verantworten, die verbrecherische Friedensstörung die Befestigung des Dreibundes. Merken denn die Törichten heute ein so wertvoller Besitz der bulgarischen Rasse sei. Das Desterreichs zu stüßen, statt dafür zu sorgen, die österreichische gar nicht, daß die deutsche Regierung drauf und dran ist, Blatt versichert, daß Großbritannien in dieser unmittelbar Kriegspartei zur Räson zu bringen? dem Dreibund durch ihre Unterstügung der dringenden Frage wie auch in der mazedonischen und Die Absicht der österreichischen Regierung ist, Serbien zu österreichischen Forderungen den Todes- albanischen Frage keine selbstsüchtigen Interessen verfolge, einem österreichischen Vasallenstaat zu machen. Deshalb soll it o B zu geben? sondern lediglich das Juteresse des Friedens im Auge habe. es keinen Hafen an der Adria besitzen dürfen. Es ist eine Noch unmittelbarer aber ist die Gefahr, die durch die Der„ Daily Telegraph " meint zu dem österreichischnichtswürdige Lüge, die nur lächerlich wäre, wenn sie nicht deutsche Politik dadurch erzeugt wird, daß der Gegensatz ferbischen Sonflikt, daß die Frage gelöst werden könne, wenn Die albanische von der bürgerlichen Presse Deutschlands ernst genominen zur Triple entente noch mehr verschärft wird. Schon beide Parteien Zugeständnisse machten. würde, daß der Besitz von Durazzo oder San Giovanni di wird aus Petersburg berichtet, daß Rußland dem öster- Autonomie würde nicht beeinträchtigt werden, wenn man Medua eine Gefahr für das große Desterreich bilden könnte. reichischen Verlangen mit aller Schärfe entgegentreten Serbien einen Zugang zu einem Handelshafen an dem Als ob ein solcher Besitz des kleinen Volkes die österreichische werde und die russische Presse hetzt mit aller macht. Schwer Adriatischen Meer vermittelst einer Eisenbahn in neutraler oder italienische Seeherrschaft gefährden könnte! Aber selbst wäre es schon, den siegreichen Serben, die die anderen Die britische Sektion der Internationale beschloß gestern, Verwaltung gewährte. wenn diese Lüge Wahrheit wäre, soll das deutsche Volk auf Balkanstaaten unterstüßen müssen, das Ziel ihres Kampfes den Schlachtfeldern dafür bluten, daß österreichische oder zu entreißen, wenn die Großmächte einig wären; unmöglich am 17. November eine große Friedensdemonstration im Londoner aber ist es bei den herrschenden Gegensäßen. Und da soll Opernhaus zu veranstalten. Seit Jahren ist die österreichische Politik darauf aus Deutschland auf die Gefahr des Krieges hin die DO50Oefterreich und Serbien.190 gegangen, Serbien handelspolitisch niederzuzwingen, es um schwarz- gelben Ansprüche unterſtüßen? Köln , 9. November. ( Privattelegramm des„ Vorjeden Preis zur Kapitulation zu bringen. Erst diese österDie deutsche Sozialdemokratie erhebt wärts"). Der„ Kölnischen Zeitung " wird offiziös aus Berlin reichische Politik hat den Wunsch nach einem Zugang zum gegen diese Unvernunft schärfsten Protest. telegraphiert: Was heute über einen neuen scharfen Schritt Meer in Serbien zur unwiderstehlichen Leidenschaft werden Die österreichische Regierung, die im eigenen Staate mit ihrer Desterreichs in Belgrad gemeldet wird, ist nach unseren InLassen, zu einer Forderung nationaler Unabhängigkeit und Politik völlig wurzellos ist- denn, mit Ausnahme der formationen mit aller Vorsicht aufzunehmen. Die österreichisch Freiheit vom unerträglich gewordenen ausländischen Joch. Selerifalen, will in Desterreich keine Schicht und keine Nation ferbische Frage wird von Wien aus nicht ab irato behandelt und Jetzt hat die serbische Armee gesiegt, ist das Kraftbewußtsein von der Friedensstörung etwas wissen, die österreichische nicht überstürzt. Auch die an die Meldung von der Mission der Nation aufs höchste gesteigert, aber Desterreich will die Regierung muß Rube halten, wenn sie allein gelassen bes Herrn von Ugron in Belgrad geknüpfte Mitteilung alte Unterdrückungspolitik fortsetzen, Serbien mit Gewalt wird, wenn ihr nicht unser Gut und Blut zur Verfügung über Schritte der beiden anderen Dreibundsgefandten in Belgrad voni Balkanbund losteißen, es zu seiner Einflußsphäre gestellt wird.. Das deutsche Volk ist sicher sehr geduldig; daß im gleichen Sinne ist nicht als zutreffend anzusehen. Unbestätigt machen. Deshalb die plötzliche Sorge Desterreichs für das es sich aber in einen Krieg treiben läßt, dessen Ursachen nur ist auch die von Berliner Blättern gebrachte Nachricht, Necht Albaniens auf nationale Selbstbestimmung. Das die Hausmachtspläne einer fremdenDynastie Frankreich den Zusammentritt einer Battantonferenz Habsburger Reich und nationale Selbstbestimmung! Als ob wären, daß es in einem solchen Kriege jene Begeisterung vorgeschlagen habe. Aus Konstantinopel liegen Mitteilungen über dieses Reich nicht von jeher von der Unterdrückung der zeigen würde, ohne die ein moderner Krieg unmöglich ist, das einen Wechsel im Großwesirat vor. Nach unserer KenntNationen gelebt hätte. Eben jetzt machen die Südslawen ist doch wenig wahrscheinlich. Albanien kümmert uns nis der Dinge sind diese Mitteilungen unglaubwürdig. Obstruktion im österreichischen Budgetausschuß, herrscht in nicht, und der Balkan muß den BalkanBosnien und der Herzegowina die Diktatur, in Kroatien der völkern bleiben. Alle deutschen Interessen sprechen Ausnahmezustand, und in Ungarn schickt sich die Opposition für die Politik der Nichteinmischung, fordern die an, der Gewaltherrschaft der Majorität ihr Gegenparlament Bewahrung der striktesten Neutralität! entgegenzusetzen. In Böhmen rüdt der deutsch - böhmische Wird die internationale Situation auch zurzeit von dem Ausgleich nicht vom Fleck und in Galizien wächst die Feind- serbisch- österreichischen Gegensatz beherrscht, so wird sie nicht schaft zwischen Polen und Ruthenen jeden Tag. Von den Deutschen bis zu den Slowenen empfinden alle Nationen Desterreichs das einzige, worin sie einig sind, wie dieser Staat ihnen ihre nationale Selbständigkeit einengt, ihre Entwickelungsmöglichkeiten verkümmert. Und die Regierung dieses Staates erhebt plötzlich ihre Stimme für nationale Autonomie in- Albanien !
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Schwere Wolken verdüstern den Himmel der kapitalistischen
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daß
Numänien als Mitverschworener. Bukarest , 9. November. Epoca" verteidigt in einem Leitartikel energisch das Recht der Albanesen, bei der Lösung des Balkankonflikts gehört zu werden. Das gleiche Recht stehe auch den Ku to walachen zu, die ebensowenig wie die Albanesen gutwillig statt des türkischen das christliche och auf sich nehmen würden. Es sei ein Irrtum, aus der bisherigen Haltung Rumäniens , die in den Delegationen richtig gewürdigt worden sei, zu schließen, daß Rumänien an der Lösung der Balkanfrage nicht interNußland und Desterreich.
allein durch diesen zu einer bedrohlichen gestaltet. In London wie in Petersburg erweckt auch das künftige Schick fal Konstantinopels lebhafte Sorge. Ist es doch nicht allzu wahrscheinlich, daß der bulgarische Einmarsch in Kon stantinopel aufgehalten werden kann. Wird er aber zur Tat- eistert sei. sache, dann wird es auch fraglich, ob die Bulgaren die Stadt wieder fahren lassen werden, ob selbst, wenn die bulgarische Petersburg, 9. November. In ihrer heutigen Morgenausgabe Jeder, der auch nur oberflächlich Albanien kennt, weiß, Regierung es wollte, die Stimmung der siegreichen Armee es wird die Nowoje Wremja" einen Artikel veröffentlichen, in dem wie schwer diese Forderung selbst in normalen Beiten zu zuließe. Und hinter der Frage von Konstantinopel erhebt sich sie Oesterreichs Absicht, den Serben ein Halt zuzurufen, für unverwirklichen wäre. Albanien ist ein wildes Bergland, dessen noch drohender und kritischer die Frage der asiatischen gerechtfertigt erklärt. Desterreich dürfe den Serben ihre Bewohner noch die Reste der alten Gentilorganisation sich Türkei . Denn gerät dort die Herrschaft der gedemütigten durch ihre teuer erkauften Siege erungenen Erfolge nicht schmälern. bewahrt haben, in dem die Blutrache herrscht und unauf- und besiegten Türken ins Wanken, dann werden alle großen Regierung in dieser Frage eine energische Haltung anMit Befriedigung stellt das Blatt dann fest, daß die russische hörliche Stammesfehden. Staatliche Ordnung ist ihnen imperialistischen Gegensäge zwischen den kapitalistischen genommen habe und setzt volles Vertrauen in die Unterfremd, und der Grund ihrer unaufhörlichen Aufstände gegen Staaten lebendig und Kräfte kommen ins Spiel, noch gefähr- tükung Frankreichs und Englands. die Türkei war ihr Unwille, Steuern zu zahlen und sich auch licher und zerstörender, als die auf dem Balkan am Eine offiziöse englische Auslassung. nur im geringsten in das staatliche Gefüge einzuordnen. Werke find. Und diese Stämme, deren Psychologie man noch am ehesten London , 8. November. Wie das Reutersche Bureau erversteht, wenn man an die romantischen Schilderungen der Welt. Schweren Zeiten geht das arbeitende Volk entgegen. fährt, beansprucht die österreichisch - serbische Seite Echotten bei Walter Scott denkt, sind zudem in drei Kon- Nur einen Lichtblick gibt es, die Einigkeit und Go- der Balkankrise die schärfste Aufmerksamkeit der Mächte. Erkundigungen in diplomatischen Streisen haben erfessionen gespalten, und die Mundarten des Südens im lidarität des Arbeiterheeres, das überall den geben, daß zwar allgemein die Lage als nicht so ernst betrachtet Norden kaum verständlich. Ein autonomes Albanien , dessen Frieden will und in jedem Lande Protest erhebt gegen wird, wie sie von der Presse dargestellt wird. Dennoch verAutonomie über eine solche der Sprache, der Religion und die friedensgefährdenden Tendenzen der Herrschenden. Wir gegenwärtigt man sich, daß die Frage, wenn sie nicht sorgder Schule hinausginge, würde der unaufhörliche Herd von wollen den Frieden, den Frieden um jeden fältig behandelt wird, ernste Möglichkeiten bietet. Unruhen sein. Gerade das aber ist es, was die österreichische Preis und unter allen Umständen! unter allen Umständen! Der Unterhaltungen mit Diplomaten, deren Ansichten als dieAriegspartei will. Hofft sie doch, wenn sie ihren sauberen Balkan, das ganze Erbe der Türkei ist nicht jenigen der Tripleentente beziehungsweise des Dreibundes Plan verwirklicht hat, dann ihre längst gehegten Absichten die Knochen eines deutschen , nicht die Senochen betrachtet werden können, haben bewiesen, daß die Meinung von allen geteilt wird, daß es um so besser ist, je weniger durchzuführen und in Albanien die gebietende Macht zu wer- eines europäischen Arbeiters wert! gegenwärtig über diesen Gegenstand gesprochen wird. Man den. Dasselbe hofft allerdings Italien und deshalb unterfühlt, daß Fragen, wie die des serbischen Hafens am Adriatistüßt es Desterreich, wenn dieses den Serben in den Arm schen Meer, besser der Erörterung durch die Mächte fallen will. überlassen werden, als daß darüber zwischen einer GroßDas ist die Einigkeit des Dreibundes! London , 9. November. ( Privattelegramm des macht und einem kleinen Staate verhandelt wird. In Und nun bestaune man die schreckliche Naivität der deutschen Vorwärts"). In aller Eile wurde gestern abend eine diplomatischen Kreisen, die den Dreibund vertreten, wird Politik, welche dafür eintritt, daß ein solcher Strifenherd, Sigung des englischen Stabinetts einberufen. Wahrscheinlich angedeutet, daß die wahrscheinliche Internationaliein Krisenherd vor allem für den Dreibund handelte es sich um die Beratung des gefürchteten Ginierung von Saloniki Serbien den gewünschten selbst, mit ihrer Unterstügung geschaffen werde! Hat man zugs der Bulgaren in Konstantinopel . Man Bugang zur See bieten würde. In diplomatischen Kreisen, benn vergessen, wohin die wirklichen Absichten des nimmt an, daß die Bulgaren , wenn sie einmal die türkische druck der Sympathie für die Bestrebungen Serbiens hervorösterreichischen Thronfolgers zielen? Denkt Hauptstadt in Besitz genommen haben, Stonstantinopel nicht so gehoben, daß der sichere Weg ist, die Dinge nicht zu überman nicht mehr daran, wie die österreichische Kriegspartei leicht wieder räumen würden. Das würde aber zu einem stürzen und den natürlicherweise starken Gefühlen, die durch am Werke war, den Tripoliskrieg gegen Italien auszu- Umschwung in der Haltung Rußlands gegenüber die militärischen Erfolge hervorgerufen worden sind, Zeit zu üzen? Und wie der Vertrauensmann des. Thronfolgers, Bulgarien und zu einer äußerst gefährlichen intergeben, sich zu legen, sowie auch die allgemeineren
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