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gr.265. 39. MM. 1. Keilqe i>ts Jotraitls" Knlim WIIisdlM Aitttstüg, 13. NsStlNber 1913. Mgeoränetenkaus. 93. Sitzung. Montag, den 11 November 1912, nachmittags 1 Uhr. Am Ministertische: Dr. L e n tz e. v. D a l l w i tz. Aus der Tagesordnung steht die dritte Beratung des Sparkassengesetzcs. Abg. Faßbender sZ.) beantragt die Beratung solange a u S- g u s e tz e n, bis die Kommission zur Beratung des Antrages Wald st e i n sBp.) Entschädigung der Sparkassen für Kursverluste ihre Arbeiten beendet hat. Abg. Winckler(!.) spricht gegen den Antrag. Abg. Waldstein sVp.) erklärt, daß der Teil seiner Freunde, die Gegner des Gesetzes seien, für den Antrag Fasibender stimmen würden. Abg. Lcinert sSoz.): Auch wir werden für den Antrag Fast- bender stimmen. Da die Regierung ein großes Interesse an der Verabschiedung des Gesetzes hat, müssen wir sie auf diese Weise zwingen, zunächst Vorschläge zu machen, wie die S ch ä d e n, die den Sparkassen durch Kursverluste an Staatspapieren erwachsen können, zu mildern sind. Die Abstimmung über den Antrag wird ein Prüfstein sein, welche Parteien den Antrag Waldstein nur als leere Dekoration angenommen haben.(Sehr wahr I bei den Sozial demokraten.) Abg. Schröder-Kassel suatl.) erklärt, der größere Teil seiner Freunde werde für den Antrag stimmen. Der Antrag wird hierauf in namentlicher Abstimmung mit 176 gegen 121 Stimmen abgelehnt. In der Generaldiskussion sprechen Abgg. Haußmann(natl.) und Dr. Faßbender(Z.) kurz gegen die Beschlüsse zweiter Lesung. ___ �Abg. Dr. Arendt(ff.) wendet sich namens eines Teils seiner Freunde ebenfalls entschieden gegen die Vorlage. Abg. Waldstein(Vp.f: Man hat gesagt, da? Gesetz sei not- wendig für den Kriegsfall. Wenn aber unsere Megsbereit- schaft wirklich von dieser Vorlage abhänge, würde es schlecht un, sie bestellt sein. Wir lehnen die Vorlage, wie sie durch den Kompromiß gestaltet ist, nach wie vor ab. Abg. Lcinert(Soz.): Eine Verbesserung der Liquidität der Sparkassen wird durch das Gesetz nicht erreicht. Es läuft darauf hinaus, die kleinen Sparer zu schädigen. Auch liegt keine besondere Not- wendigkeit für das Gesetz vor, da. wie der Minister selbst erklärte, ein großer Teil der Sparkassen ihre Gelder bereits in mündelsicheren Jnhaberpapieren angelegt haben. Wir hatten be- antragt, daß die Ueberschüsse zur Hälfte den Sparern zugute kommen müssen. In Württemberg ist das heute bereits der Fall. Sie aber haben den Antrag abgelehnt. In der zweiten Lesung wurde unserem Antrag gegenüber behauptet, die kleinen Ein- logen würden von vielen Sparkassen ohnehin höher verzinst. Ich habe bisher weder in der Praxis noch in der Literatur einen solchen Fall gefunden, sondern eher das Gegenteil, daß nämlich größere Einlagen mit längerer Kündigungsfrist höher verzinst werden.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Im übrigen hat das mit unserem Antrag betreffend die Verwendung der Ueberschüffe zu- gunstcn der Sparer nichts zu tun. Prinzipiell find wir dagegen jemand irgendwelche Zuwendungen zu machen, die er nicht erarbeitet hat, aber hier handelt es sich darunz, daß das Gesetz die Möglichkeit bietet, durch Steuerermäßigungen den reichen Leuten Vorteile zuzuwenden. Demgegenüber wollen wir, daß die Ueberschüsse der Sparkassen den kleinen Sparern zugute kommen. Nach Ablehnung dieses Antrags stimmen wir gegen das Gesetz, um so mehr, da Sie durch Ablehnung des Antrags Faßbender bewiesen� haben, daß Sie bewußt Schädigungen für die kleinen Sparer herbeiführen wollen. Um diejenigen festzulegen, die ein solches insbesondere für die kleinen Sparer schädliches Gesetz be- schließen wollen, beantragen wir, die Gesnmtabstimmung über das Gesetz namentlich vorzunehmen. Abg. Dr. Crüger-Hagen(Vp.) spricht für einen Teil seiner Freunds für das Gesetz. Die Sparkassen vor Kursverlusten schützen, hieße die Quadratur des Zirkels lösen. Damit schließt die Generaldiskussion. In der Spezialdebatte werden die ersten Paragraphen des Gesetzes unverändert nach den Beschlüssen zweiter Lesung an- genommen. Bei der Abstimmung über einen Antrag Wald- stein(Vp.) kommt es zum Hammelsprung, der seine Ab- lebnuiig ergibt. Zum§ 7 beantragt kleines feuilleton- Theater. Kgl. Schauspielhaus:Die Hermannsschlacht ". Von Kleist. Die Kleistbegeisterung, die sich in der ständig wachsenden Literatur über den Dichter kundgibt und in den Fest- artikeln zur Zentenarfeier seines Todestages den Höhepunkt erreichte. mag früherer Vernachlässigung gegenüber als Akt ausgleichender Gerechtigkeit erscheinen, schießt aber zweifellos im Ton ihrer Lob- preisungen noch weiter wie der Hebbelkultus übers Ziel.Der Prinz von Homburg " in einer Reihe von Szenen.Käthchen von Heilbronn " in einigen wenigen, aber um so schöneren, und die be- häbig breite Dorfkomödie vomZerbrochenen Krug " haben Blut und Leben aus der Bühne. DieHermannsschlacht" im Kgl. Schau- spielhauS, nach langer Pause jetzt wieder hervorgeholt, hat dagegen nur biographisches Interesse als Dokument der glühenden Leidenschast, in der der Dichter zur Zeit der napoleonischen Fremdherrschaft eine Verbindung der deutschen Stämme zum Freiheits- und Rachekrieg wider den Eroberer, herbeisehnte. Sein Stück will ein Tendenzstück, ein Aufruf zum Kampfe sein, in dem die Streiter vor keiner List und Tücke, keiner Grausamkeit sich scheuen sollen, um die verhaßten Ein- dringlinge ins Knie zu zwingen. Das Drama erschien erst ein Jahrzehnt nach seinem Tode, doch wenn das Werk, wie er es hoffte, damals den Weg zur Bühne gefunden hätte, wäre das für ihn ver- nmtlich eine neue Enttäuschung geworden. Er verachtete die Tugendbündler" als wichtigtuerische Skribenten, hielt FichtesReden an die deutsche Nation" mit ihrem ethischen Pathos, ihrem Ausblick auf eine sittlich-freiheitliche Erneuerung für ohnmächtige Ideologie. Aber der verschlagene. Intrigen spinnende Hermann und die schließlich zu' tierischen Wüten aufgepeitschte Thusnelda des Schauspiels hätten etwas wie den sehr realen Opfersini,, den Fichtes abstrakt-humaner Idealismus damals in den Herzen entzündete, wohl schwerlich ausgelöst. Heute fehlt den endlos langen Reden der Cheruskerfürsten, den, Kriegslärm, den Spuk« «rschemungen im Teutoburger Walde, den Bardenliedern und Sonnen- aufgängen jedweder Reiz des Aufregenden. Sie führen eine schwere Last von Langeweile mit sich. Auch das Publikum des Kgl. Schau- spielhauseS, das dem Verdachte eines Defizits an patriotischer Ge- finnnng gewiß nicht ausgesetzt ist, verfiel dabei in eine Lethargie. die sich kaum hier und da zu einem kleinen, pflichtgemäßen Beifalls- zeichen aufzuraffen vermochte. Unter Schwerterrasseln und Jamben- Prasseln, mit langen Verwandlungspausen abwechselnd, vollzog sich auf der Bühne eine Haupt- und Staatsaktion, die trotz verschwende- rischen Blutvergießens weder Furcht noch Mitleid in Bewegung setzte. Der ausgesuchte Hohn, mit dem der Sieger die Berufung eines zum Tode verurteilten Gefangenen auf Menschlichkeit und Recht zurück- weist, die Hinschlachtung de? wunden Barus in ungleichem Zwei- femps, die Schadenfreude der Siegenden weckte, wenn überhaupt, Abg. Reinhard(Z.), den letzten Absatz zu streichen, der die Genehmigung der Aufsichtsbehörde zur Verwendung der Ueberschüsse für bestimmte Fälle einfiihrt. Abg. Leinert(Soz.): Die tu der Kommission gestrichene Genehmigung der AufsichtS- behörde ist für die Verwendung der Ueberschüsse zur Deckung der den Gemeinden gesetzlich obliegenden Verpflichtungen wieder ein- geführt worden. Das heißt in der Praxis für fast alle Ausgaben. Wir werden daher für den Antrag Reinhard stimmen. Im übrigen stelle ich fest, daß daS Zentrum es unterlassen hat, den Gedanken unseres Antrages bezüglich der Verwendung der Ueberschüsse, den es selbst für außerordentlich sympathisch erklärte, durch Einbringung eines Antrags in dritter Lesung zu verwirklichen.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten!) Der Antrag Reinhard wird abgelehnt. Der Antrag Leinert auf namentliche Abstimmung über daS Gesetz im ganzen findet nicht die genügende Unter- stützung von 50 Mitgliedern des HanseS.(Abg. Hoffmann ruft, da sich nur wenige Zenirumsabgeordnete zur Unterstützung des Antrages erheben: Und das Zentrum?!) Das Gesetz im ganzen wird darauf angenommen. Es folgt die Beratung des Antrages Hämmer(k.) auf Erhöhung der Warenhausstener. Die Handels- und Gewerbekommission hat beschlossen, die Regierung zu ersuchen, eine Verbesserung deS Warenhaus- steuergesetzes, insbesondere hinsichtlich der Grundlage der Steuer- bemessung und in Verbindung damit ihrer Höhe sowie des Ver- Wendungszweckes in Erwägung zu ziehen. Abg. Hammer(k.): Auf Grund der Erklärungen der Regierung in der Kommission habe ich dort meinen Antrag zurückgezogen. Wir haben den Spieß umgedreht und haben nun die Regierung ersucht, uns einen Gesetzentwurf zur Regelung dieser Materie vorzulegen. Ich bitte diesem Antrag zuzustimmen, Sie tun ein gutes Werk damit.(Bravo I rechts.) Abg. Trimborn(Z.): Das Warenhaussteuergesetz hat seinen Zweck, die Entwickelung der Warenhäuser zu verlangsamen, nicht erreicht. In ihrer Fernwirkung haben sich die Warenhäuser so- gar erheblich ausgedehnt, sie lieferu per Automobil in weit entfernte Vororte. Die Steuer muß erhöht werden, aber nicht so weit, daß sie eine Strangulierung der Warenhäuser bedeutet. (Bravo I im Zentrum.) Ein Regieningskommissar betont, daß auch die Regierung ein warmes Herz für den Mittelstand habe. Aber der Vorredner hat selbst zugegeben, daß eine Erdrosselung der Warenhäuser nicht an- gängig ist; sie würde dem Prinzip der Gewerbefreiheit widersprechen. Mir ist es sehr fraglich, ob eine Erhöhung der Steuer die Ent- Wickelung solcher Warenhäuser wie W e r t h e i m und T i e tz hemmen würde. Dazu verfügen solche Häuser doch über zu große Kapitalien und find zu leicht in der Lage, die Steuer auf andere Kreise, Fabrikanten usw., abzuwälzen. Will man gegen diese Riesenwarenhäuser ernstlich vorgehen, so muß man sich schon an das Reich wenden. Daß gewisse Verbesserungen des Warenhaussteuer- gesetzeö möglich sind, ist zuzugeben. Abg. Dr. Schröder-Kassel(natl.) erklärt, daß seine Freunde dem Kommissionsantrag zustimmen würden. Abg. Dr. Barenhorst(fk.): Die Warenhäuser sind allmählich auch ein Krebsschaden für das platte Land geworden. Daher bedauern wir die wenig entgegenkommende Erklärung der Regierung, die lediglich bei den Sozialdemokraten Zustimmung gefunden hat und den Darlegungen des Verbandes der Warenhäuser ent- sprach. Abg. Dr. Pachnicke(Vp.): Das Warenhausgesetz hat seinen Zweck nicht erreicht. Die Warenhäuser wachsen der Zahl und dem Umfang nach. Die Ausführungen der Vorredner selbst waren die blutigste Krisik des Gesetzes.(Sehr wahr! links.) Wir sind bereit an das Warenhausproblem heranzutreten, aber mit geeigneten Mitteln, und die lägen in einer Reform der Gewerbesteuer. Den Kern seines Antrags hat Herr Hammer in der Kommission völlig fallen lassen müssen. Herr Trimborn hat es sehr geschickt verstanden, mit seiner Rede so gut wie nichts zu sagen.(Sehr gut! links.) Dem ganz allgemeinen Wortlaut deS KommissionSbeschlnsses stimmen auch wir zu. Abg. Hirsch-Berlin(So;.): Dem RegierunaSvertreter wurde vorgeworfen, daß er unfern Beifall gefunden habe. Ich halte das für durchaus keine Schande für die Regierung. Wir können nur wünschen, daß Regicrungs- Vertreter öfter so vernünftig reden.(Heiterteit.) Dann wird der Beifall meiner Freunde ihnen nicht fehlen. Herr Barenhorst stellte uns als Förderer der Warenhäuser hin. nur peinliche Empfindungen. Die vielberufene, abstoßend wider- wältige Szene, in der die enttäuschte Thusnelda den römischen Galan Ventidius, der ihr Goldhaar der Kaiserin als Schmuck ver- sprachen, rachsüchtig in den Bärenzwinger lockt, hatte die Regie ge» strichen. Die Darstellung wies keine überragende Leistung auf. Es wurde bald besser, bald schlechter deklamiert. Den Hermann spielte S omme r sto r ff, Frau Willig das plauderhaste, dann so er« grimmte Thuschen. Unter den Nebenrollen trat der korpulente Suevenkönig des Herrn v. Ledebur und MühlhoferS hagerer Varus in etwas markanteren Umrissen hervor. ckt. Musik. Moderne Lieder. Je berühmter ein musikalischer Virtuos, desto bekannter, unproduktiver, wohl auch sensationeller meistens sein Programm I Will man die verdienstvollste Auswahl hören, daS ist Unbekanntes, dessen Vortrag sich sachlich rechtfertigt, so muß man sich gewöhnlich ein minderwertiges Solistentum gefallen lassen. Zwei Dutzend noch� ungedruckter Lieder mit Klavierbegleitung trug kürzlich eine solche Sängerin vor. Gemeinsam ist den acht vorgeführten Komponisten ein Streben niehr nach einheitlicher Gcsamtstimmung als nach ausmalenden Details, dabei aber auch nach unrnbigem Wechsel in den Harmonien zur Erzeugung scharfer Augenblicks- eindrücke sowie ein recht geringer Ehrgeiz nach Produktivität" in den Themen und nach Reichtum im Rhythmus. Dem ungefähren Grade der Bewährtheit nach reihen sie sich etwa folgendermaßen an: P. E r t e l, hervorstechend durch ein weites Hin- und Herwogen seiner Intervalle; hervorragend seinLebensbild". E. O. Rod na gel f, von dem's Gehaltvolleres gibt als das eine Beispiel von diesmal. S. Karg-Elert, dessen üppige Modu- lationen besonders markante Stimmungswechsel geben und der noch am meisteir Detailmalerei treibt. R. K u r s ch, dessen LiedDie Ge- fallene"(An der Maschine grüßte der Tag") einschneidend durchgeführt ist. R.H.Stein mit gut ansprechendenKinderliedern. F. Fuhrmeister, der den Charakter einer sozusagen zitternden Landschaftsstimmung klanglich auszusprechen sucht. F. C r o m e, mit einer Steigerung von Eigenarten des Norwegers E. Grieg, insbesondere durch auf- fallend viel Harmoniesprünge, doch mit Volksliedähnlichem inDort oben auf dem Berge". Endlich der markant charakterisierende A. Perle berg , dessenBorbeimarsch" viel Beifall zog der Klavierbegleiter des Abends.» Ein anderes Konzert der letzten Tage, von Kammersänljcr P. Schmedes veranstaltet, brachte Lieder, die anscheinend säintlich oder größtenteils bereits veröffentlicht sind, und erweiterte die ältere Bekanntschaft zweier modernen Komponisten. Der eine war der dem Berliner Publikum einigermaßen vertraute H. H e r r ,n a n n. Ohne besondere Schärfen in der Komposition versteht er es, farbenprächtige Bilder von wohlgefälliger Art zu entwickeln, die namentlich für volkstüniliche Konzerte dankbar fein würden. Als Texte finden sich Lyriken der Gegenwart, teils besonders wirksame Einen Beweis für seine Behauptungen ist er schuldig geblieben. Ich kenne auch z. B. keine Sozialdemokraten, die an Warenhäusern beteiligt sind, während hervorragende Mitglieder anderer Parteien bekanntlich sehr stark materiell an Warenhäusern be- teiligt sind.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Wir nehmen gegen den Antrag der Kommission lediglich aus Gründen der Gerechtigkeit Stellung. Auf die Frage, ob der ursprüngliche Antrag Hammer steuertechnisch durchführbar war, brauche ich hier nicht einzugehen, nachdem der Antrag Hammer in der Kommission zurückgezogen werden mußte. Was aber den Komnasstonsantrog an langt, so bin ich nicht so optimistisch wie Herr Pachnicke, der meinte, der Antrag wolle ja nur eine Verbesserung des Gesetzes, daher könne man für ihn stimmen. In Wirklichkeit will er eine Verschlechterung, denn er verlangt eine Erhöhung der Steuer. Das Gefährliche aus dem Antrag Hammer ist also geblieben. Außerdem hat Herr Hammer ausdrücklich erklärt, wenn die Re- gierung auch nur einen Antrag auf Abänderung der Bestimmungen des Gesetzes über den Verwendungszweck der Steuer einbringen würde, deren Reformbedürftigkeit auch wir zugeben, so würden seine Freunde das benutzen, um in dies Gesetz hinein- zuschreiben, was ihnen gefällt. Daher ist es besser, ihnen diese Gelegenheit gar nicht erst zu gebe». Wir sind grundsätzlich für eine progressive Ein- kommensteuer, lverden aber niemals dafür zu haben sein, daß man bestimmte Gewerbetreibende unter ein Ausnahmegesetz stellt.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Man sagt, eine Erdrossclungssteuer will man nicht. Wenn die Herren aber ihren Zweck wirklich erreichen wollen, so können sie das gar nicht anders, als dadurch, daß sie den Warenhäusern überhaupt den Garaus machen. Am liebsten möchten sich ja die Gegner der Warenhäuser in ihrer blinden Wut über das Prinzip der Gewerbefreiheit über- Haupt hinwegsetzen. Herr Hammer sprach von gewissen Tricks der Firma Tietz. Ich halte das nicht für richtig, unter dem Schutze der Immunität hier" solche Andeutungen zu machen, als ob unreelle Handlungen auf feiten von Leuten vorlägen, die sich hier nicht ver- teidigen können. Kennt man derartige unreelle Manipulationen, so hat»»an die Pflicht, sie hier vorzubringen.(Sehr wahr I bei den Sozialdemokraten.) Es wird von der angeblichen Vernichtung des Mittelstandes durch die Warenhäuser gesprochen; derVorwärts" soll ge- schrieben haben, wie viel kleine Existenzen durch die Warenhäuser vernichtet worden sind. Das deckt sich auch vollkommen mit unseren Anschauungen, denn wir haben immer zugegeben, daß der Mittel st and schtver zu leiden hat, haben aber stets betont, daß die Schuld daran die kapitalistische Ent- Wickelung überhaupt trägt, der man nicht durch Gewalt- mittel Einhalt tun kann. Sonst könnte man ebenso gut eine Sonderbe st euerung aller Großbetriebe, auch der Landwirtschaft fordern, denn sie alle bedeuten eine schwere Konkurrenz für den Mittelstand. Wir sind selbstverständlich nicht so töricht, eine solche Sonderbesteuernng zu verlangen. UebrigenS wird der Mittelstand viel schwerer als durch die Warenhäuser durch die großen Spezialgeschäfte geschädigt, gegen die man nicht vorgeht. Und andererseits steht dem Schaden, den gewiß eine Reihe kleiner Kaufleute durch die Warenhäuser haben, ein ungeheurer Nutzen gegenüber, den die Gesamtheit hat. Das haben auch Kon- servativc wiederholt anerkannt. Gerade in der Zeit der Teuerung haben z. B. die Warenhäuser durH Lieferung billigen Fleisches noch am ehesten dazu beigetragen, die Not des Volkes zu lindern. Weshalb hebt man nur immer die Schattenseiten hervor und vergißt die Lichtseiten ganz. Die Warenhäuser sind eine höhere Stufender Entwickelung.(SxhrZ lpahr I bei den Sozial- demokraten.) Eine große Reihe von Leuten haben auch Vorteile, hon ihnen. Daß die Warenhaussteller ahgewäszt wird, ist bekannt. Gerade dadurch werden auch weite Kreise des Mittelstandes ge- schädigt, die für Warenhäuser liefern und in letzter Linie haben wieder die Arbeiter den Schaden, auf die die Fabrikanten die Steuer abwälzen. Auch die Konsumvereine werden durch die Warenhaussteuer schwer geschädigt, dieselben Konsumvereine, auf die erst vor wenigen Tagen Herr G i e S b e r t s ein hohes Loblieb ge- sungen hat. Also das Ziel, das Sie erstreben, werden Sie auch durch eine Erhöhung der Steuer nicht erreichen, wohl aber werden Sie einen verhängnisvollen Schritt rückwärts machen und zu den Fehlern des jetzigen Gesetzes neue hinzufügen.(Bravo l bei den Sozialdemokraten.) Damit schließt die Debatte. Abg. Hammer(k., Schlußwort): Tietz annoncierte, daß er russisches Fleisch noch billiger verkaufe, als die Stadt Berlin . Er kaufte einen Waggon Fleisch in Rußland , lieh ihn an die Stadt adressieren und mußte ihn, da er. was die Zollbehörde feststellte. zilianische Volkspoesien. Der andere dort vorgeführte Komponist war T h. Streicher, ein Wiener/ Kaum ein moderner Tondichter trat so gegensätzlich gegen Ueberliefertes auf wie er. Das ist allerdings schon an die 20 Jahre her und heute nicht mehr so spürbar Ivie einst. Außerdem scheint sich der Komponist im Laufe der Zeitberuhigt" zu haben; selbst eine Annäherung an Schubert, zumal an dessen sehr geschlossen zusammenhängende Klavierbegleitung, ist zu merken. So tritt er in einen Gegensatz zu den �meisten vorigen Beispielen. Ihm ist es hauptsächlich darum zu tun, niemals das Musikalische für sich über die Vernunft des sprachlichen Ausdruckes hin überwachsen zu lassen und die zahlreichen einzelnen Feinheiten in einheitlicher Gesamtbildung einzufügen. DaS paßt auch gut für seine meist aus älterer Literatur genommenen Texte(Deutsche Minne- und Liebeslieder",Aus den Liedern des Hafis "). sz. Notizen- Vorträge. Die neue Malerei, Impressionismus. Futuristen, Expressionismus, behandelt Dr. Deri in einem Licht- bildervortrag, der Dienstag, abends b'/z Uhr, im Bürgersaal des Berliner Rathauses stattfindet. M u s i k ch r o n i k. Das nächste volkstümliche Konzert deS Berliner VolkSorchcsters findet am 14. November im neuen Konzert- saal der Brauerei Happoldt statt. Dichterabende. Eine Vorlesung aus eigenen Werken veranstaltet Wilhelm H e g e l e r am Dienstag im Choralionsaal. Otto Ernst liest Mittwoch in der Singakademie eigene Dichtungen vor. In der Leitung der Sezession gehen Berändc- rungen vor sich, die eigener Art zu sein scheinen. Der bisherige Präsident C o r i n t h hat wegen allzu starker Beschäftigung sein Amt niedergelegt. Andererseits hat eine Generalversammlung der Sezession dem Kunsthändler Paul Cassirer einen Vorstandssitz an- geboten, ja ihm den Vorsitz in Aussicht gestellt. Die Sezession würde sich damit in eine reine Verkaufsvereinigung verwandeln und einen Geschäftspräsidenten haben. Ein Kinokongreß wird vom Schutzverband Deutscher' Lichtbildtheater vom 17. bis 22. Dezember veranstaltet. Damit wird eine Kinoausstellung verbunden sein. Ein Museum für Höhlenkunde. Ein eigenartiges Institut ist von dem Verein für Höhlenkunde in Oesterreich aus dem Pöstlingberge bei Linz eröffnet worden: ein Museum, in dem die Früchte der österreichischen Höhlenforschung in systematisch geordneten Sammlungen aufgestellt sind. Wie Dr. Lahner in der'.Umschau" mitteilt, sind besonders reichhaltig die-blinden Lebewesen der Höhlen vortreten, die Amphibien, Gliedertiere und Mollusken, die sich im Laufe unzähliger Generationen der ewigen Nacht ihres Aufenthaltes angepaßt haben. Eine reichhaltige Bildergalerie gibt über das Innere der Höhle, ihre Tropffteinbildunge», Wasserschlünde und cid- erfüllten Dome Ausschluß: die Ausdehnung dieser Unterwelten wird durch«ine umfangreiche Sammlung von Plänen veranschaulicht.