Daraufhin lehnte der Äliiger öen Borfttzeuden, SyndikusWiescner, wegen Besorgnis der Befangenheit und Parteilichkeitab. In dem Sühnetermin habe der Vorsitzende die Beklagte ziem-lich deutlich darauf hingewiesen, Herrn Graul als Beisitzer abzu-lehnen. Dies überschreite nach Ansicht des Klägers die Befug-nisse des Vorsitzenden. Deshalb muhte er ihn als befangen ab-lehnen. Unter Hinzuziehung eines anderen Vorsitzenden wurdenunmehr über den Ablehnungsantrag beraten. Syndikus Wiesenererklärte, daß er sich nicht für befangen halte. In dem Sühne-tcrmin habe er den Kläger gefragt, wer die Klageschrift ge-schrieben habe. Dieser habe ihm dann gesagt� Herr Graul. DemVertreter der Beklagten habe er deshalb gesagt, er könne imTermin ja Anträge stellen.TaS Gericht lehnte den Antrag des Klägers ab. Da dieserauf das ihm zustehende Rechtsmittel der Beschwerde verzichtete,wurde unter Vorsitz des Syndikus Wiesener in die Verhandlungselbst eingetreten.Das Klageobjekt betrug 12 M. Diese Summe war deurKläger nach seinen Angäben bei der Entlassung vom Lohne abge-zogen worden. Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage underhob Widerklage in Höhe des vom Kläger geforderten Betrages.Der Rechtsstreit war die Folge von Disferenzen. die nach Fest-setzung der Akkordpreise entstanden waren. Der Kläger gab an. diegeforderte Summe setze sich aus einem Akkordüberschutz und einigenLohnstunden zusammen. Die Beklagte behauptete, der Kläger habebei einem früheren Akkord 12 M. zuviel bezahlt erhalten. DieseSumme fordere sie durch die Widerklage.Nach längerem Verhandeln wurde die Beklagte verurteilt, anden Kläger 12 M. zu zahlen. Der Widerklage wurde insoweitstattgegeben, datz Widerbeklagter verurteilt wurde, an die Firma4,4S M. zurückzuzahlen.Dem Ablehnungsantrag ist mit Recht stattgegeben: wer alsVertreter oder als Helfer einer Partei zwecks Durchsetzung desKlageanspruchs tätig war, kann als unbefangen bei der Urteils-findung nicht erachtet werden. In der Sache selbst ist Beklagtemit Recht verurteilt: eine Aufrechnung gegen den Lohn ist nach§ 384 B. G.-B. unzulässig. Hatte die Beklagte zu viel für eineandere Arbeit gezahlt, so kann sie nur aus Rückzahlung wegenungerechtfertigter Bereicherung klagen, nicht aber gegenrechnen.Auch in der ExekutwnSinstanz ist eine Aufrechnung unzulässig.2. Borzeitige Entlassung.Gegen den Restaurateur Winkelmann in Tempelhof klagte derKoch R. auf Zahlung von 2S0 M. wegen vorzeitiger Entlassung.Der Kläger war als Koch bei dem Beklagten durch Vertrag bis1. April 1913 verpflichtet. Am 31. Oktober sei er. führte er auS.ohne gesetzlichen Grund entlassen worden. Deshalb fordere er zu-nächst für Monat November 2S0 M. Weitere Ansprüche behalte ersich vor. Der Beklagte wendete ein. der Kläger habe seine Pflichtnicht getan. Die Gäste seines Lokales hätten sich wiederholt überdas Essen beschwert. Als das Essen trotz wiederholter VerwarnungdeS Klägers nicht besser geworden fei. habe er ihn entlassen.— DasGericht konnte nicht die Ueberzeugung gewinnen, datz der Beklagteeinen Grund hatte, den Kläger ohne Einhaltung der Kündigungzu entlassen. Es verurteilte den Beklagten daher, an denKläger 250 M. zu zahlen.Ein kommunalagrarisches Experiment.In Frankfurt a. M. ist es den wiederholten Bemühungen dersozialdemokratischen Stadtverordneten gelungen, die Gemeinde zueinem Versuch zu bewegen, durch eigene Viehzucht der Fleischnotentgegenzuwirken. Man will zunächst Rinder schlachtreif machen,und zwar im Weidebetrieb. Mit dem Kreise Westerburg wurdeein Vertrag geschlossen wegen Ueberlassung einer Fettviehweide aufzunächst sechs Jahre, mit dem Recht der VertragSverlängerung aufweitere 14 Jahre unter den gleichen Bedingungen, wenn FrankfurtLust dazu hat. Die Weide wird erst mit 40. dann 70. von 1915 abmit 100 Rindern besetzt. Weideperiode mindestens 160 Tage. Dieangegebene Biehzahl im Lebendgewicht von mindestens 8 Zentnerdas Stück, mutz auf der Weide völlige Ernährung finden und inder angegebenen Zeit schlachtreif werden. Die Stadt zahlt 50 M.Weidegeld für jedes Stück Vieh, dafür hat der Kreis Westerburgden ganzen Weidebetrieb zu leiten, das Personal, einschlietzlichTierarzt zu besolden. Schutzhütten für das Vieh zu stellen usw.Richtet der Kreis weitere Fettviehweiden ein, so hat die Stadtdarauf das Vorrecht.Das Experiment ist kommunalpolitisch und agrarwirtschaftlichinteressant. Der Westerwald enthält riesige Flächen Oedland undniagerer Weide, aus denen sich Fettweiden schaffen lietzen. sofernGemeinden und Kreise zusammenarbeiten und der Staat Hilfeleistet. Jetzt sind die Flächen meist mit Ginster und Wachholderbestanden und von schmalen Waldstreifen eingefatzt, ihr Ertrag istgleich null. Im preutzischen Teil des VogelsbergS waren von ähn-lichen, Gelände bis zum Vorjahr 1300 preutzische Morgen mit rund60 000 M. Kosten melioriert worden, Gemeinden, Regierungsbezirkund Staat und trugen je ein Drittel der Kosten. Es wurden z. B. ineiner Gemeinde auf 23 Morgen für Heu 700 M. im ersten Jahrgelöst. Günstiger noch waren die Ergebnisse des Weidebetriebsund dasselbe hat man auch auf Hof Kleeberg bei Hachenburg imWesterwald erfahren, dessen Gelände erst meist Unland in trostlosemZustande war. Der Staat hat den Hof 1902 erworben und demLandwirtschaftsinspektor Schneider zur Bewirtschaftung überlassen.Wo erst nur Ginster und Dorngestrüpp wucherte, gibt es jetztüppigen Graswuchs. Die Milchviehweiden bringen auf den Morgendurchschnittlich 1050 Liter Milch, auf den Jungviehweiden findetauf dem Morgen eine Lebendgewichtzunahme von 250 bis 300Pfund statt, bei älteren Tieren auf Fettviehweide 375 bis 400Pfund. Die Rinder tummeln sich auch im strengsten Winter jedenTag im Freien. Auch die Schweinezucht ist auf Weideernährungeingerichtet.Auf gleiche Weise lietzen sich im Sieger- und teilweise imSauerland eine Menge Viehfarmen einrichten. Aber überallmützten die Selbstverwaltungs- und Staatsorgane energisch Handin Hand arbeiten, die Gemeinden armer GebirgSbauern könnensich nicht allein helfen. Die Millionen, die der Staat hier auftvendenwürde, trügen der Volkswirtschaft reiche Zinsen und brächten einStück Hilfe zur Lösung der Fleischnot. Südwestafrika liegt in derdeutschen Heimat!Serickts- Deining.Sexuelles Messerattentat.Das mysteriöse Messerattentat. welches am 16. März auf einenitt den Grunewald verschleppten jungen Mann verübt worden ist,kam gestern zur Verhandlung vor der 2. Strafkammer des Land-gerichts Hl- Wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Mihhand-lung mittels eines Messers hatte sich der Bureaudieaer Ernst AugustHütwohl aus Köln» ein 35jähriger Mann, zu verantworten. Da essich um die Tat eines Sadisten(das ist ein Mensch, der in der Be-tätigung von Grausamkeiten sexuelle Wollust empfindet, währendinan mit Masochisten jene unglücklich veranlagten Menschen be-Zeichnet» denen das Erleiden von Grausamkeiten ein wollüstigerGenutz ist) handelte, fand die Verhandlung unter Ausschluß derOeikentlichkeit statt.Der Angeklagte traf am 16. Marz nachmittags den 17 Jahrealten Frist Przytek Unter den Linden in der Passage. Er forderterbn auf mit ihm nach dem Grunewald zu fahren und P. erklärtetick, dalu bereit Beide fuhren nach der Station Grunewald undÄÄtoSfca. D-rt 1°-»°-'- t-njungen Menschen auf, seine Brust zu entblößen und als dies geschehen war, versetzte er ihm plötzlich einen Stich in den Leib undentfloh. Der Knabe, der stark blutete, würde sich wahrscheinlich der-blutet haben, wenn ihn nicht der Wirt des Restaurants„Wald-schlöhchen", der ausgebildeter Krankenpfleger ist. gefunden undkunstgerecht verbunden hätte. Der Angeklagte wurde später alsder Unhold ermittelt. Bei seiner Verhaftung gab er an, datz er seitlangem von einem Traumbild verfolgt werde, in welchem einMann einen Knaben mit einem Messer steche. Er behauptete, datzer nicht wisse, wie er zu der Tat gekommen. Es sei ihm plötzlichschwarz vor den Augen geworden, er habe den inneren Drang ge-fühlt, zuzuswtzen und so sei die Tat geschehen- Danach sei er ohneBewuhtsein umhergeirrt. Erst durch die Mitteilung deS Vorfallesin den Zeitungen habe er fein Bewußtsein wiedererlangt und habedaraus feiner Wirtin erzählt, daß er selbst das Schreckliche voll-bracht habe. Der Angeklagte behauptete, datz er Sadist sei.Auf Antrag des Medizinalrats Dr. Hoffmann war der Ange-klagte zur Beobachtung seines Geisteszustandes der Anstalt Buchüberwiesen, wo er sechs Wochen lang verblieb. Das Gutachten dermedizinischen Sachverständigen ging dahin, datz der Angeklagte einerblich schwer belasteter Mensch sei, mit krankhaftem Sexual-empfinden, jedoch liege ein AuSschlutz der freien Willensbestimmungnicht vor, wenn auch die Tat in einem Zustande der Erregung be�gangen sei, die ihm die Besinnung nahezu geraubt habe. Der ver-letzte junge Mann ist inzwischen wieder völlig hergestellt. Sach-verständiger Dr. Hirschfeld gab sein Gutachten dahin ab, datz es sichum einen gemeingefährlichen Geisteskranken handle, der nicht in dasGefängnis, sondern in das Irrenhaus gehöre. Der Staatsanwaltbeantragte wegen Vergehens gegen Z 175 u.§ 223a 3 Jahre Gefängnis.— Das Gericht verurteilte den Angeklagten zu 6 MonatenGefängnis, unter Anrechnung von 4 Monaten Untersuchungshaft.— Der Haftbefehl wurde aufgehoben. Ter Gerichtshof nahm an.datz der Angeklagte bei dem Vergehen gegen Z 175 noch bei klaremBewußtsein gewesen, aber schließlich die Körperverletzung in einemunter K 51 fallenden Zustand verübt hat.Leute wie der Angeklagte gehören in Heilbehandlung oder inein Irrenhaus._Einen umfangreichen Ad-ptionSschwindelbetrieben zu haben, wird dem Kaufmann Alexander Knöflcr zurLast gelegt, der gestern aus der Untersuchungshast der 4. Straf-kammer des Landgerichts I vorgeführt wurde, um sich wegen ver-suchten und vollendeten Betruges in über 50 Fällen zu derant-Worten.— Der Angeklagte, der früher ein Detektiv- und Inkasso-bureau betrieben hatte, unterhielt seit dem Jahre 1909 in der Dan-ziger Straße 40 unter der Firma„Zentralnachweis für Adoptions-und Kinderpflegestellen- ein sog. Adoptionsbureau, welches, wie dieAuflage behauptet, auf schwiudelhafter Basis gegründet und be-trieben wurde. Er erließ in mehreren bürgerlichen ZeitungenInserat« des Inhalts, datz durch seine Vermittlung ein„Kind dis-kreier Geburt" gegen einen einmaligen Erziehungsbeitrag von4000 M. zu vergeben sei. Die sich meldenden Personen mutztendann für„Auskünfte, Porti und sonstige Spesen" den Betrag von5 bis 6 50 M. einsenden. Hiermit war für den Angeklagten ge-wöhnlich die Sache erledigt. Da der vom Rechtsanwalt Dr. Joffeangetretene Beweis, datz der Angeklagte talsächlich viele Adoptionenvermittelt habe, einen recht breiten Raum in der Berhand-lung einnimmt und außerdem etwa 40 kommissarische Vernehmun?gen auswärts wohnhafter Zeugen verlesen werden müssen, sind fürdie Verhandlung drei Sitzungstage in Aussicht genommen. Wirwerden das Urteil mitteilen.Mißhandlungen von Gefangenenim Strafgefängnis Plötzensee kamen in einer Verhandlung zurSprache, die die 5. Strafkammer des Landgerichts II! längere Zeitbeschäftigte. Der Kutscher Friedrich Thon, der eine Strafe inPlötzensee zu verbüßen hatte, war beschuldigt worden, den Gefäng-niSaufseheru sich widersetzt und Anord-nungeu nicht befolgt zu haben.Er hatte schon beim Schöfsengericht die Behauptung ausgestellt, beidem in Frage stehenden Vorfall von Gefangenenaufseher» miß-handelt worden zu sein. Das Schöffengericht hielt ihm jedoch desWiderstandes für überführt und verurteilte ihn unter Berücksichti-(jung der Erregung, in der er sich befunden, zu 60 M. Geldstrafe.Hiergegen hatte sowohl der Angeklagt« als auch der StaatsanwaltBerufung eingelegt. Der Konflikt, in den der Angeklagte mit Auf-sehern gekommen war. spielte sich so ab: Thon hatte am Tage vorder Abbützung seiner Strafe im Gefängnis etwas schmutzige Arbeitzu verrichten gehabt und glaubte ein Anrecht darauf zu haben, einBad nehmen zu dürfen. Er ersuchte den Aufseher Äiesow, dem In-spektor dieses Ersuchen vorzutragen. Kiesow soll aber der Ansichtgewesen sein, datz der Angeklagte ja am nächsten Tage in der Frei-beit sein Bad nehmen könne und er verwies Thon wieder in seineBaracke. Thon blieb aber vor der Baracke auf dem Hofe stehen, umden Inspektor bei dessen Rundgang abzupassen. Darüber kam eszu Auseinandersetzungen und der Angeklagte behauptet unter Be-rufung auf das Zeugnis von Mitgefangenen, daß er nun mit Ge-walt in die Arbeitsbaracke hineingeschleudert worden sei. Als erdann doch wieder aus den Hof hinausgekommen, kam es abermalszu einem erregten Auftritt, der damit endete, datz Thon von meh-reren Aufsehern gewaltsam in die Baracke getragen werden mutzte.Er behauptet, daß ihn Kiesow bei dieser Gelegenheitmit dem Schlüsselbund direkt ins Gesicht geschlagen,so datz das Blut, welches er verlor, noch einige Zeitnachher auf dem Hof« bemerkbar gewesen, umd datz der AufseherSchaefer ihn mit dem Gewehrkolben mehrere Male in de» Rückengestoßen habe. Seine Behaupt-nnaen wurden von mehreren Ge-fangcnen, die als Zeugen aus PEtzensee vorgeführt wurden, imgroßen und ganzen bestätigt. Sie bekundetien zum Teil, datz sie ge-sehen hätten, wie der Aufsoher Kiefow den Angeklagten mit demSchlüsselbund ins Gesicht geschlagen habe. Zum Beweise dafür, datzdein Kiesow so etwas auch zuzutrauer» fei, hatte sich R.-A. Dr. Rosen-feld auch noch auf einige Strafgefangene berufen, die nun überallerlei Vorgänge berichteten, bei denen eS„gehörige Dresche",„Reinigung nach Noten" usw. gesetzt haben solle. Diesen Zeugnissenstanden die Aussagen der vernommenen Gefängnisaufseher diame»trat gegenüber. Diese erklärten die allgemeinen Beschuldigungenfür gänzlich umzutreffend umd sagten ferner aus, daß der Ange-klagte den Aufseher Äiesow bei dem unter Anklage stehenden Vor-fall bei der Brust gepackt und der Anwvisumg, vom Hofe zu gehen.sich widersetzt habe, so datz er mit Gewalt habe entfernt werdenmüssen. Der Verteidiger mochte auf die unvereinbaren Gegensätzein den beeideten Aussagen aufmerksam, glaubte, datz die Aussagender Beamten, die doch ihr eigenes Interesse bei dieser ganzen Sachewahrzunehmen hätten, nicht das Ilebergewicht haben können und hieltden vom Angeklagten geleisteten Widersland nicht für erwieseiu DasGericht folgte aber der Darstellung der Gefangenenaufseher überden Vo-rfoll und erkannte auf zwei Wochen Gefängnis.Nehmt Euch in acht vor Winkelkonsulenten!In der Rolle eines..Gerichtsinspektors" hatte der Drechsler-geselle Paul Dietrich zahlreiche«chwindeleien begangen, wegen derer sich, wie wir am 17. d. M. mitteilten, seit einigen Tagen vor der2. Strafkammer deS Landgerichts II zu verantworten hatte. Nachmehrtägiger Verhandlung wurde gestern das Urteil verkündet. DerStaatsanwalt beantragte unter Einrechnung einer vorher gegenT. erkannten Strafe von 0 Dionaten eine Gesamtstrafe vonIX Jahren Gefängnis. Tos Gericht ging: da es sich um recht gemein-gefährliche Schwindeleien handele, über diesen Antrag hinaus underkannte auf 2 Jahre Gefängnis unter Anrechnung von 3 Monatender Untersuchungshaft.I Schmutzereken.Nächtliche Vorgänge in dem„Bülow-Kasino" bildeten denGegenstand einer Anklage, welche gestern das SchöffengerichtSchöneberg unter Vorsitz des Amtsgerichtsrats Bennewitz beschäf-tigte. Angeklagt wegen Erregung öffentlichen Aergernisses,Kuppelei, unerlaubter Veranstaltung öffentlicher Lustbarkeiten undUebertretung ist die frühere Inhaberin deS„Bülow-KasinoS",Helene Dillcr und der Geschäftsführer Walter Siemens.Nach der Anklage soll die Angeklagte Diller in dem HauseAülowstratze 27 ein Lokal eröffnet haben, welches lediglich einenSammelpunkt abnorm veranlagter Menschen bildete. Mehrere der-artig veranlagte Männlein und auch zahlreiche Weiblein ausBerlin W. taten sich seinerzeit zusammen und gründeten mit Hilfeeines Kapitals von 20 000 M. eine G. m. b. H., welche dann denBetrieb jenes Lokals übernahm. In dem„Kasino" soll es mituntertoll zugegangen sein. In der Verhandlung bestritten die Ange-klagten mit aller Entschiedenheit, sich irgendwie strafbar gemacht zuhaben. ES habe sich keinesfalls um ein öffentliches Lokal gehandelt.sondern das ganze Unternehmen sei eine Gründung von Personeneiner bestimmten Sinnerichtung gewesen. Der Eintritt sei auch nurdurch besondere Einlatzkarten möglich gewesen, fremde Personenseien stets abgewiesen worden.Der Vertreter der Anklage beantragte eine Gefängnisstrafe vonje 1 Monat. Rechtsanwalt Selten hielt bezüglich der den Ange-klagten zur Last gelegten Vergehen die Freisprechung für geboten,da nicht erwiesen sei. datz sie von dem Treiben in ihrem LokalKenntnis gehabt hatten. Das Gericht nahm als festgestellt an. datzin dem Lokal tatsächlich allerlei schmutzige Dinge vorgekommenseien, hielt es jedoch nicht für ausreichend festgestellt, datz die Ange-klagten davon soweit Kenntnis hatten, daß sie sich durch die Dul-dung selbst strafbar machten. Der Angeklagte Siemens wurde frei-gesprochen, die Angeklagte Diller nur wegen Uebertretung derPolizeistunde zu 50 M. Geldstrafe verurteilt.Zins aller Gleit*Kapttaliftircher Raubbau.In einem in der Womens Potitical League. SanFraneiSeo,gehaltenen Vortrage wurden die Praktiken dargelegt, die es heutemöglich machen, auf Kosten hungernder Arbeiter und bewucherterBauern Riesengewinne zu erzielen. So hat der B u t t e r t r u st inNew Jork im vorigen Jahre mebrere hunderttausendPfund bester Butter vernichtet, um den Preis zutreiben. Bei San Francisco werden täglich ganze Schiffsladungender besten Trauben und anderer Früchte ins Meer ge-warfen. All« kalifornischen Früchte werden im Osten billiger undbesser verkauft als in San Francisco selbst, wo der Abfall aus denMarkt komme. Ungeheuer sind die Preistreibereien. Wein-trauben würden zu 5— 7 Doli, die Tonne beim Farmer gekaust. Im Ladenkosteten sie 5—10 Cents das Pfund, das find 100—200 Dollars dieTonne I Für Wassermelonen erhalte der Farmer 7 Dollars dieTonne; am Ende kosteten sie 108 1 So kann der Bauer sich kaummehr ernähren und lleiden, von Kulturansprüchen gar nicht zureden.Noch übler ergebt eS denen, die das System zur Arbeits«l o f i g k e i t verdammt. Deren gab es im letzten Winter nur inSan Francisco 50000, denen alles abging. Ein Mann berichtetevon 600 Mann, die alle Nächte in einem engen Berichlag ohneBetten auf dem Boden schliefen und morgens hinauSgetrieben würden,um ihre Nahrung zu suchen. Meist fanden sie sie in denAsch Haufen! Solche Arbeitslosen gibt eS in der Union sech�Millionen— dafür aber sechs Millionen Kinder unter vier-zehn Jahren, die als Fa b r i k s k ta v e n frondendürfen, weil sie billiger albeiren als Erwachsene. Und inKalifornien und in Südamerika liegen ungeheure Strecken bestenLandes brach. Die Arbeitslosen dürfen sie nicht bebauen, weit sieim Privateigentum stehen.Und die Menschen müssen hungern und stieren. Ihre Kindermüssen hungern und in Schmutz und Elend verkommen, weil dieArbeiter einer Handvoll Kapilalisten erlauben zu sagen:.Wirhaben das Geld, das Land, die Maschinen. Alles gehört uns. B-irhaben dafür bezahlt. Ihr Arbeiter dürft nur essen, wenn wir eSEuch erlauben. Das ist Gesetz. Und Ihr Arbeiter wähltjafürunS. JhrwollteSsohaben."Ein römisches Panama.ÄuS Rom wird uns geschrieben: Der Bau deS römischen Jnstiz-palasteS, der lange Jahre hindurch wie ein Abgrund erschien, den dieitalienischen Staatsfinanzen nicht zu füllen vermochten, scheint dasPublikum jetzt für diese Eigenschaft entschädigen zu wollen, indemer zu einem unerschöpflichen Quell skandalöser Eni»büllungen wird! DaS von dem Genossen Marvafi inNeapel redigierte Wochenblatt, die„Scinlilla", hat Gelegenheit gehabt,die Dokumente einzusehen, die auf Veranlassung der parlamentarischenEnquetekommission bei den verschiedenen SubmissionSfirmen beschlag-nahmt worden find. Die Dokumente, die seinerzeit in verschiedenenGefangenenwagen transportiert werden mutzten, sind erst in letzter Zeiteiner Durchficht unterzogen worden. Bekanntlich war der Bau. deranfangs acht Millionen kosten sollte und jetzt bereit?43 Millionen gekostet hat, vor allem dadurch so verhängnisvollfür die Staatsfinanzen. datz alle schiedsgerichtlichen Enlscheldnngenbei den Konflikten zwischen dem Staate und den SubmissionS-nntenrehmern zu Ungunsten des Staates ausfielen, der fürGerichtskosten und Entschädigungssummen über 10 Millionen zahlenmutzte. Es scheint nun auS den Dokumenten hervorzugehen, datz einerder Schiedsrichter, der Abgeordnete Brunialti da? Material fürden Bau feiner Villa in Rom von derselben Firma be-zogen hat, in deren Angelegenheiten er als unparteiischerSchiedsrichter fungieren sollte. Weiter hätte ein andererSchiedSrichier. der Abgeordnete Toinmaio MoSca der Submosions-firma ein Darlehn gegeben, hätte sich also in beständiger Ge-ichäflsverbindung mit ihr befunden. Der Abgeordnete Guara-cino, der während der Zeit des BaueS auch eine ZeitlangUnter st aatSfekretär der Justiz war. ist als Rechts-Vertreter der Baufirma gegen den Staat tälig gewesen und hatdiesem zu Aderlassen von einigen Millioiten verHolsen. Es wurdenauch geheimnisvolle Dokumente beschlagnahmt, so eine Notiz.nach der ein„Präsident G. S." im ganzen 30 000 Lirevon der Firma erhalten hätte, ferner ein Brief mitunleserlicher Unterschrift, in dem zu lesen war, datz„der Bei-sitzende mit seinen Ansprüchen gar nicht zufrieden-zustellen ist". Datz die ganze Sache der Enquetekommission sehrunsauber vorkommt, geht schon daraus hervor, datz st. die römischePolizei mit Nachforschungen betraut bat. Diese soll unter andermfeststellen, ob der Abgeordnete und KassatiouSrat MoSca Geld aufWucher leiht, und mit welchen Mitteln er unlängst ein Hau« in Romgekauft hat, ob der Abgeordnete Brunialti die Banmalerialienfür feine Villa von der SubmissionSfirma bezog, während er seineTätigkeit als Schiedsrichter zwischen Firma und Staat entfaltenmutzte usw. ES heitzt, datz bei der bevorstehenden Wieder-aufnähme der Kammerarbeiten ein Abgeordneter die Regierungdarüber zur Rede stellen werde, datz die parlamentarische Enqueie-kommission die Polizei mit Beibringung von Mbterial über Ab-geordnete beauftragt hat. Wahrscheinlich scheint dem Interpellant«